Von inneren Bildungsbürgern und der spanischen Grippe

Ein langer Artikel über die spanische Grippe. Für den gepflegten Grusel zwischendurch.

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Ich habe einen englischen Gartenyoutuber mit wöchentlich erscheinenden Filmchen gefunden, der hat eine mir sehr angenehme Stimme und Betonung, von dem lasse ich mir gerne etwas erklären. Ich hätte jetzt außerdem gerne eine App, in der mir genau diese Stimme jeden Morgen in diesem betont freundlichen Tonfall erzählt, was ich heute zu tun habe, nicht nur im Garten, nein, überall. Natürlich mit Lösungsvorschlägen sowie Tipps und Tricks zu allen möglichen Ungereimtheiten und Komplikationen des Alltags, und das würde dann auch immer alles so klingen, als würde man das mit ein wenig gutem Willen schon hinkriegen. Das wäre fein.

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Die Söhne gucken morgens irgendwas auf Youtube und ich höre im Vorbeigehen nur den Satz eines Sprechers, der gerade eine Sequenz einer Spiel-Session erklärt, denn die Söhne gucken gerne Filme, in denen andere etwas auf dem Computer spielen, was auch irgendwie seltsam meta ist: Voll nice, wieviel damage man mit diesem Schwert anrichten kann.“

Und mein innerer Bildungsbürger unweigerlich so: “Is this a dagger which I see before me? The handle toward my hand? Come, let me clutch thee.”

Ein ganzes verdammtes Jahr lang haben wir Macbeth damals in der Oberstufe im Englischunterricht durchackern müssen, Zeile für Zeile, quasi jede Silbe analysiert, es verfolgt mich bis heute und neulich beim 30-jährigen Abijubiläum habe ich gemerkt: nicht nur mich, oh nein, wir haben alle Folgeschäden. Schlimm.

Und ja, dagger ist Dolch, nicht Schwert, ich weiß. Was kann ich für meine ungenauen Assoziationen?

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Morgens noch wie ein angetrunkener Pinguin über Blitzeis erst zum Feriencamp der Söhne und dann in die Firma gewatschelt, einmal quer durchs kleine Bahnhofsviertel und die benachbarte Hafencity, links und rechts von mir überall stürzende Fußgänger, schlingerne Radfahrer und schlitternde Autos – nachmittags schon die Jacke von mir geworfen und bei 11 Grad fröhlich pfeifend durch einen geradezu lauen Frühlingstag nach Hause gegangen. Ein seltsamer Tag. Zu den Radfahrern siehe übrigens auch hier, das ist alles nicht richtig so, das muss sich ändern.

“Papa, du gehst so langsam und breitbeinig, das sieht voll albern aus.“

Und nur einen halben Meter weiter hat sich der Sohn dann mit Schmackes aufs Eis gelegt. Ausgleichende Gerechtigkeit kann schon schön sein.

Die Herzdame: Experiment Tag 4

Ein Text von Maret Buddenbohm, auch bekannt als die Herzdame, die Gott sei Dank den ganzen Tag unterwegs war.

Die Söhne mit dem iPad

Für alle, die das Experiment noch einmal von Anfang an lesen möchten bitte hier entlang.

Es ist Montag, 6:30 Uhr und ich empfehle den Kindern aufzustehen. Sohn 1 springt sofort aus dem Bett, rennt zum iPad und muss dringend „anfordern“. Ich verstehe bis heute nicht so richtig, was das eigentlich ist. Es gibt eine ganze Reihe Spiele, bei denen man Belohnungen bekommt, nur weil man einmal kurz online war. Und von den Belohnungen scheint dann das ganze Leben abzuhängen, so klingt es jedenfalls immer, wenn wir die Kinder bitten, das iPad wegzulegen. Aber heute Morgen spielen diese Bitten keine Rolle.

Um 7 Uhr weise ich Sohn 2 noch mal darauf hin, dass es jetzt 7 Uhr ist. Lust aufzustehen hat er keine und Lust auf Schule noch viel weniger. Irgendwann kommt er doch aus dem Bett und gesellt sich direkt zu seinem Bruder.

Ich spiele in regelmäßigen Abständen Zeitansage, sage aber sonst nix. Innerlich bin ich mittlerweile echt genervt, weil ich pünktlich zur Arbeit muss. Gerade rechtzeitig bekommt Sohn 1 die Kurve, um noch pünktlich seinen Kumpel zur Schule abzuholen. Mit geputzten Zähnen, aber ungekämmten Haaren.

Eigentlich finde ich auch, er könnte mal wieder duschen und Haare waschen, vielleicht sogar heute Abend. Diese Empfehlung gebe ich noch schnell mit auf den Weg.

Sohn 2 hat während dessen auf der Suche nach seinen Handschuhen seinen halben Kleiderschrank rausgerissen und auf seinem Nachtlager auf dem Fußboden verteilt, in dem er seit Wochen schläft, weil er sein Hochbett nicht mag. Unter dem ganzen Wust sehe ich auch Möhrenreste und eine halbe Gurke durchschimmern. Ich bin unsicher, was ich machen soll, bleibe dann aber ruhig und spreche eine freundliche Empfehlung aus. Jetzt bloß nicht ausrasten! Ich freue mich aufs Büro.

Montags habe ich immer einen langen Arbeitstag und bin erst um kurz vor 19 Uhr zu Hause. Ich möchte mir von ihrem Tag berichten lassen, aber die Söhne kleben schon wieder oder immer noch am iPad. Ich bin so froh, dass ich das heute nicht die ganze Zeit miterleben musste.

Sohn 1 hatte spontan Besuch zum Zocken bekommen. Es scheint sich rumgesprochen zu haben, dass es bei Buddenbohms kein Limit mehr gibt. Was Sohn 2 gemacht hat, erfahre ich nicht. Der Gatte weiß es auch nicht, der war froh, dass er ungestört arbeiten konnte. Er hat den Kindern aber zwischendurch den Spaß verdorben, und festgestellt, dass unbegrenzte Medienzeit nicht für Besuchskinder gilt. Denn er kann ja nicht wissen, was deren Eltern davon halten und ob er da irgendwie die Preise verdirbt.

Die Kinder wollen noch was von mir und räumen freiwillig die Spülmaschine aus. Ich muss irgendwie an die Pawlowschen Hunde denken, die jetzt ihre Belohnung erwarten.

Sohn 1 fällt dann noch ein, dass er lernen wollte. Und Sohn 2 möchte in seinem „Lesepass“ von der Schule weiterkommen und mir vorlesen. Eigentlich ist es dafür schon zu spät, aber wenn sie selbst dran denken, kann man doch nicht nein sagen. Oder?

Am Ende ist es schon ganz schön spät, als die Kinder im Bett liegen. Ich nehme an, sie haben Zähne geputzt, aber geduscht hat keiner mehr.

Da sich der Schrank leider nicht wieder von alleine eingeräumt hat und es auf dem Kleiderhaufen so unbequem ist, schläft Sohn 2 jetzt wieder oben in seinem Hochbett.

Ich stelle fest, dass ich heute gar nicht gemeckert habe, auch wenn ich manchmal kurz davor war. Trotz allem war es aber vergleichsweise entspannt, nur der Medienkonsum nervt mich.

Wobei ich mich schon frage, warum eigentlich? Ist doch so schön friedlich. Und was ich alles schaffen könnte, in der Zeit, in der die Kinder mit dem iPad ruhiggestellt sind! Auch wenn es ganz ohne Limit offensichtlich nicht funktioniert, warum nicht mal Fünfe gerade sein lassen? Warum nicht einfach mal die erlaubte Medienzeit von 30 Minuten pro Tag ausdehnen und die Ruhe genießen? Und vieles regelt sich dann bald durch den Frühling sowieso von selbst.

Hier noch mal alle Berichte des Experiments:

Einleitung | Tag 1Tag 2 | Tag 3 | Tag 4 | Tag 5Tag 6Tag 7 | Tag 8 | Fazit

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Da die Söhne Hauptfiguren dieser Blogartikelreihe sind, mittlerweile aber schon ziemlich gut mitlesen können und eine genaue Vorstellung davon haben, was sie von sich im Netz lesen wollen und was nicht, werden diese Artikel vor Veröffentlichung mit ihnen besprochen und lektoriert. Auch wenn ich es richtig blöd finde, wenn ein guter Witz von ihnen gestrichen wird und rausfliegt.

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Um der Verdummung durch zu viel digitale Medien entgegen zu wirken – der Sponsor dieser Reihe ist die SZ Familie.

Rausch und Roben

Der Terminkalender auf dem Smartphone sagt “Sie haben heute einen freien Tag”, eine höchst irritierende Meldung. Aber auch im Familienkalender steht rein gar nichts, es liegt nirgendwo ein halbvergessener Zettel herum und es steht auch nichts auf der Tafel in der Küche. Eine andere App sagt, dass ich heute keine Actions habe, das aber mit aufkommendem Regen und Glatteisgefahr.

Ein außerordentlich unwahrscheinlicher Fall, aber tatsächlich sieht es schwer so aus, als hätte niemand in dieser Familie heute irgendeinen Termin. Das ist gefühlt zum ersten Mal seit zehn Jahren der Fall, ich bin auf so etwas überhaupt nicht vorbereitet. Bei mir funktioniert seit langer Zeit alles nur noch aus der terminlichen Defensive heraus, im Grunde mache ich alles immer trotz irgendwas. Heute könnte ich irgendwas einfach so machen! Freiwillig! Werde also völlig ideenlos und gnadenlos überfordert stundenlang auf dem Sofa sitzen und immerzu “Jetzt” denken, “Jetzt haste mal Zeit. So ist das dann.”

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Bei SPON kommt man nicht mehr zu den Artikeln, ohne den Adblocker auszuschalten, man kann die Meldung also nicht mehr wegklicken. Ich habe den Adblocker ausgeschaltet, es erscheinen, das ist keine polemische Übertreibung, gleich drei (!) hektisch blinkende Anzeigen über und neben dem Artikel, den ich lesen wollte, es erscheinen außerdem zwei Werbebanner mitten im Text, die in Neonknallfarben gehalten sind. Ich habe gar nichts gegen Werbung, auf dieser Seite hier ist schließlich auch Werbung, ich verdiene in allen meinen Berufen Geld mit Werbung und ich schalte den Adblocker oft aus – aber man kann die Artikel da beim besten Willen so nicht lesen. Es ist einfach falsch und es wird auch nicht klappen. Niemand wird denken, ach Gott, den armen Leuten beim Spiegel fehlt Geld, da halte ich den Irrsinn eben mal kurz aus. Nein, es ist ein totes Pferd, so heißt das doch in den Präsentationen immer, bitte absteigen. Es ist ein totes Pferd, aber es blinkt noch.

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Ich bin Micha noch eine Antwort schuldig, die neulich in den Kommentaren nach den Gegenwartsbezügen im Echolot von Kempowski fragte. Es drängen sich vor allem selbst bei nur flüchtiger Lektüre die Parallelen in der Sprache des Hasses auf. Die Sprachmuster der Angst, der Aggression, der Machtgeilheit, der Selbstüberschätzung, der völligen Empathielosigkeit, die findet man ja mittlerweile alle auch in einigen Medien der Gegenwart und ebenso bei diversen Regierungen wieder, man muss überhaupt nicht lange suchen. Das rassistische Vokabular und die dahinterstehenden Denkstrukturen, die Aufteilung der Welt in Feinde und Freunde, wobei die Freunde gar keine Freunde sind, sondern nur eben gerade nicht Feinde. Die allgegenwärtige dummerhaftige Pauschalisierung, die Betrachtung anderer nur noch als Teil einer Gruppe, die Russen, die Katholiken, die Deutschen, die Juden, die Araber, die Japaner, die Volksverräter, die Untermenschen, die Übermenschen. Die Flüchtlinge. Die Sündenböcke. Die Bereitschaft, anderen stets und ständig und wider jede Logik die Schuld an allem zu geben – und am Ende kann dann niemand was für gar nichts, war auch nirgends dabei, hat gar nichts gemacht

Also ja, man kann das Echolot sehr gut auch daraufhin lesen, das ist unangenehm lehrreich, also richtig so.

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“Wer müde ist, muss schlafen.”

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Der freundliche Abrissunternehmer hat im Garten einen Zweig der Magnolie abgefahren, den haben wir mitgenommen und in der Wohnung in eine Vase gestellt. Wir haben diese Magnolie noch nicht in Blüte gesehen, denn wir haben den Garten im letzten Jahr im Hochsommer übernommen, da war sie einfach nur ein Baum mit Laub, unspektakulär.

Gestern erst fiel mir auf, dass aus diesem Zweig jetzt Blüten kommen, und zwar Blüten in einer Wahnsinnsfarbe, das Bild hier bringt das nur höchst ungenügend zum Ausdruck. Die Farbe liegt zwischen sündlila und prachtmagenta, sie sieht unverschämt teuer aus, extravagant, sie sieht nach Roben und rauschhaften Nächten aus, eine wahre Opernblüte, in diesem Ton inszeniert man Liebesdramen erster Klasse. Oder künftig unsere Laube im Frühling, auch recht.

Währenddessen fragen wir uns weiterhin, wann der Frühling überhaupt wiederkommt.

Die Herzdame: Experiment Tag 3

Ein Text von Maret Buddenbohm, auch bekannt als die Herzdame, die so langsam doch Zweifel bekommt.

Die Söhne mit dem iPad

Für alle, die das Experiment noch einmal von Anfang an lesen möchten bitte hier entlang.

Es ist Sonntag und die Söhne schlafen tatsächlich mal bis 8 Uhr. Sie kommen kurz für ein paar Minuten zu mir ins Bett, werden aber schnell unruhig, weil das iPad ruft.

Gegen 9 Uhr fragen wir ob jemand Brötchen holen könnte und uns bei der Spülmaschine hilft. Es fällt ihnen schwer, sehr, sehr schwer. Das merkt man. Aber Sohn 2 entschließt sich dann doch Brötchen zu holen und Sohn 1 hilft uns, die Spülmaschine auszuräumen.

Sie beteiligen sich auch freiwillig am Frühstück, Sohn 2 sogar, obwohl er nicht mal Hunger hat. Ich habe nicht so genau drauf geachtet, aber ich glaube Sohn 1 hat tatsächlich was „Gesundes“ gegessen.

Danach wollen sie mal kurz vor die Tür, was erledigen. Ganze 10 Minuten schaffen sie draußen an der frischen Luft. Dann ist wieder iPad angesagt. Was sonst…

Ich erinnere Sohn 1 daran, dass er noch lernen wollte. Ja, später. Irgendwann kommt er dann tatsächlich an und möchte mit dem Gatten ein bisschen Mathe lernen. Der hat aber leider gerade was anders vor. Ein paar Spiele später finden sie dann doch noch kurz zusammen.

Um 13 Uhr ist Sohn 1 mit einem Freund fürs Kino verabredet. Die ganze Familie bringt ihn dahin und fährt dann zum Garten weiter, einmal kurz nach dem Rechten schauen. Sohn 2 hatte heute keine Lust sich anzuziehen und ist im Schlafanzug mitgekommen, bei Minusgraden. Aber wie sagt man so schön? Nur die Harten kommen in den Garten. Haha.

Wieder zurück, schaut Sohn 2 von 14 Uhr bis 19 Uhr Youtubevideos, genauer Bibis Beauty Palace und knabbert nebenbei einen ganzen Sack Möhren. Er ist so begeistert, dass ich mich zu einem Video überreden lasse. Ich schaffe ein halbes. Ich bitte darum, noch ein anderes anmachen zu dürfen, vielleicht finde ich das ja lustiger. Nach drei angefangen Videos breche ich ab. Dann doch lieber Bibi und Tina. Gegen 19 Uhr ist dann auch Sohn 1 zurück und klebt sofort neben seinem Bruder am iPad. Wie die Verabredung war, erfahre ich nicht.

Bis dahin war es ein wirklich entspannter Sonntag. Aber so richtig glücklich bin ich nicht mit dem vielen Zocken und Youtube gucken. Ich hatte gehofft, dass es den Jungs nach spätestens 3 Stunden langweilig wird. Aber Fehlanzeige, es geht immer noch mehr und noch mehr.

Ich gehe in den Keller, die Wäsche hochholen. Alleine, denn niemand hat Lust mir zu helfen. Es sind drei Wäschekörbe voll und ich habe jetzt auch keine Lust, alles allein zu schleppen. Also lasse ich die Wäsche der Söhne hängen. Zurück in der Wohnung teile ich das den Kindern mit. Sie springen sofort auf und holen ihre Wäsche. Freiwillig und ohne, dass ich gemeckert habe. Ich hatte einfach nur keine Lust.

Ich empfehle den Kindern ins Bett zu gehen, da sie die letzten beiden Nächte nicht viel geschlafen haben. Es ist mir aber verabredungsgemäß auch egal, ich gehe Tatort schauen. Nein, eigentlich ist mir das nicht egal, wenn die Kinder nicht ausgeschlafen sind, aber da muss ich jetzt wohl durch.

Es dauert dann tatsächlich nicht lange bis sie schlafen und ich glaube, Zähne geputzt haben sie am Ende auch.

Hier noch mal alle Berichte des Experiments:

Einleitung | Tag 1Tag 2 | Tag 3 | Tag 4 | Tag 5Tag 6Tag 7 | Tag 8 | Fazit

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Da die Söhne Hauptfiguren dieser Blogartikelreihe sind, mittlerweile aber schon ziemlich gut mitlesen können und eine genaue Vorstellung davon haben, was sie von sich im Netz lesen wollen und was nicht, werden diese Artikel vor Veröffentlichung mit ihnen besprochen und lektoriert. Auch wenn ich es richtig blöd finde, wenn ein guter Witz von ihnen gestrichen wird und rausfliegt.

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Um der Verdummung durch zu viel digitale Medien entgegen zu wirken – der Sponsor dieser Reihe ist die SZ Familie.

Lauben und Schrullen

Die Herzdame hatte einen Termin, um den Vertrag für die neue Laube zu unterschreiben. Sie ist nämlich die offizielle Pächterin der Parzelle, denn ich bin ja älter als sie und außerdem ein Mann, also vermutlich früher tot, wie sie mir mit ihrem unbedingt liebenswerten Nordostwestfalencharme sachlich und überzeugend erklärt hat. Die Laube ist tatsächlich die teuerste Anschaffung, die wir jemals getätigt haben, fällt mir gerade auf. Also abgesehen von den Kindern natürlich. Die gehen sicher auf Dauer mehr ins Geld, haben aber auch noch interessantere Features.

Die neue Laube wird etwa Mitte Mai geliefert und aufgebaut, wir müssen mal sehen, wie man die Gartenbaustelle bis dahin schon einigermaßen sinnvoll gärtnerisch bewirtschaften kann. Neuer Rasen etwa hat vermutlich keinen Sinn, da rollt dann eh noch einmal ein Laster drüber. Oder auch zwei.

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Sohn II lässt das Plattdeutsche im Moment keine Ruhe, er fragt nach Kinderbüchern op Platt – hat jemand vielleicht einen Tipp für etwa acht- bis zehnjährige Kinder? In dem Bereich kenne ich mich leider überhaupt nicht aus.

Und apropos Platt: “Aber mi is wichtig, drupp hentoweesen, dat wi in Düütsland mehrere Spraaken hebben, und dat wi in Düütsland bunt upstellt sünd.

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Ich empfehle dieses Blog, da geht es gerade wieder los:

“Und ich bin wieder hier. Hier an meiner alten Arbeitsstätte. Voller Enthusiasmus und Energie – die ich nach 4 Wochen auch schon wieder gut brauchen kann.”

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Patricia über Jugendjahre.

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Nach wie vor habe ich keine Lust, mich um SEO und ähnliches Zeug zu kümmern, aber ich lese ab und zu doch mit Interesse solche Texte wie diesen hier, da geht es um den Instagram-Algorithmus in seiner aktuellen Ausprägung. Das kann natürlich morgen schon wieder alles ganz anders sein. Und ich finde es weiterhin eher absurd, meine wie auch immer gearteten “Werke” auf eine bestimmte, fremd vorgegebene und genau abgezirkelte Art zu posten, zu taggen, zu benennen, zu kommentieren, zu beschreiben, zu verlinken usw., nur damit die Logik einer Firma sie richtig aufgreift. Ich habe da mittlerweile eine gewisse Grundbockigkeit.

Oder sagen wir es anders, auf Twitter hat der Herr Mierau einen meiner Texte gerade als “leicht schrullig” bezeichnet. Vielleicht ist es ja das, vielleicht bin ich tatsächlich schon altersbedingt leicht schrullig und habe auch deswegen keine Lust mehr, mich ausführlich mit solchen Mechanismen zu befassen. Ich möchte hier einfach nur sitzen und posten.

Egal. Nach schrullig kommt kauzig, ich arbeite daran.

Die Herzdame: Experiment Tag 2

Ein Text von Maret Buddenbohm, auch bekannt als die Herzdame, die einen sehr entspannten Tag hatte.

Die Söhne mit dem iPad

Für alle, die das Experiment noch einmal von Anfang an lesen möchten bitte hier entlang.

Obwohl die Kinder am Abend zuvor erst irgendwann zwischen 22-23 Uhr geschlafen haben, sitzt Sohn 1 am Samstag schon um 6 Uhr vorm iPad und Sohn 2 gesellt sich um 7 Uhr direkt nach dem Aufstehen dazu. Sagt der Gatte. Ich kann das nicht beurteilen, ich habe bis 8 Uhr geschlafen.

Sie spielen dann mit wenigen Unterbrechungen bis 9 Uhr. Unsere Fragen, ob jemand mitfrühstücken möchte oder gar Brötchen holen könnte, werden mit „Nein“ beantwortet. Der Gatte und ich frühstücken also ganz in Ruhe, ohne Gezappel, ohne Gesabbel und ohne dass mir jemand meinen O-Saft wegtrinkt. Wir schweigen und lesen, ganz wie in alten Zeiten ohne Kinder.

Als ich das nächste Mal auf die Uhr schaue, ist es dann 10:30 Uhr und die Kinder spielen immer noch. Oder schauen Serien, wer weiß. Geht mich auch nichts an, ist ja ihre Entscheidung.

Zwischendurch machen sie dann mal eine kurze Pause, um sich ein Honig-Toast (normalerweise bestehe ich erst mal auf ein „gesundes“ Brot und dann ein süßes hinterher, egal aktuell nicht mein Bier) zu machen, wollen dann eigentlich auch aufhören …

Es ist jedenfalls sehr entspannt und ruhig hier. Man merkt gar nicht, dass Kinder in diesem Haushalt leben. Warum haben wir das nicht schon früher angefangen? Die Diskussion über „Medien und Kinder“ scheint mir gerade völlig überbewertet.

Sohn 2 bekommt dann spontan eine Anfrage für ein Date am Vormittag, entscheidet sich aber weiter iPad zu spielen und sagt ab. Mittags hängen die Kinder immer noch am iPad. Haben es sich im Bett gemütlich gemacht, und das Süßigkeitenglas mit Bonbons geholt, glauben wohl, dass ich das nicht merke. Ich sage aber nichts. Irgendwann nach 5 Stunden stelle ich fest, dass sie schon seit 5 Stunden zocken und Serien gucken: „Wir wollten gerade aufhören und ein bisschen aufräumen.“ Aha!

Langsam mache ich mir ein bisschen Sorgen. Normalerweise bekommen sie nach zu viel Medien (also einem durchschnittlichen Spielfilm) wirklich schlechte Laune und drehen auch gerne mal richtig durch.

Es ist 13:30 Uhr, ein sehr ruhiger Tag heute, unglaublich entspannend. Die Sonne scheint, alles ist toll. Ich kann in Ruhe schreiben und habe schon 3,5 Artikel geschafft. Von den Kindern habe ich noch nicht viel gesehen. Die gucken inzwischen seit 7 Stunden Serien und zocken auf dem iPad. Mich wundert, dass es noch nicht heiß gelaufen ist. Das ist der ultimative Belastungstest, was das Gerät abkann.

Weil wir um 16 Uhr verabredet sind, teile ich um 14 Uhr mit, dass ich mich jetzt langsam fertig mache und spreche die Empfehlung aus, dass Zähneputzen so langsam mal ganz gut wäre. Die Zähne würden sich freuen. „Ja, gleich, nur noch die Runde zu Ende.“ Uff.

Ich weise noch zwei bis drei mal auf die Uhrzeit hin, aber es ist ja ihre Entscheidung, ob sie pünktlich fertig sind und mitkommen oder nicht. Obwohl ich es sehr schade fände wenn nicht, weil wir die Freunde seit ihrem Umzug lange nicht gesehen haben.

15:30 Uhr Abflug. Die Kinder haben bis dahin 9 Stunden fast ununterbrochen gezockt und Serien geschaut und sich ausschließlich von Honig- und Nutellabrötchen und Bonbons ernährt. Sie tragen jetzt ihre Sachen von gestern, inklusive Wäsche und Socken.

Wir kommen dann doch nicht so pünktlich los, wie ich wollte, weil die Kinder auf den letzten Drücker noch unbedingt Zähne putzen wollen. Also mir wäre das ja egal gewesen…

Es war ein wirklich schöner Nachmittag und wir kommen erst sehr spät um 23 Uhr nach Hause. Die Kinder sind wahnsinnig müde und auch unter normalen Umständen würde ich sie um diese Zeit nicht mehr zum Zähne putzen zwingen. Aber Sohn 2 kommt wie selbstverständlich mit mir ins Bad und putzt, ohne dass ich was sage, seine Zähne. Und als Sohn 1 schon im Bett liegt und ich einfach nur nachfrage, springt er noch mal auf und rennt ins Bad. Ich bin beeindruckt.

Hier noch mal alle Berichte des Experiments:

Einleitung | Tag 1Tag 2 | Tag 3 | Tag 4 | Tag 5Tag 6Tag 7 | Tag 8 | Fazit

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Da die Söhne Hauptfiguren dieser Blogartikelreihe sind, mittlerweile aber schon ziemlich gut mitlesen können und eine genaue Vorstellung davon haben, was sie von sich im Netz lesen wollen und was nicht, werden diese Artikel vor Veröffentlichung mit ihnen besprochen und lektoriert. Auch wenn ich es richtig blöd finde, wenn ein guter Witz von ihnen gestrichen wird und rausfliegt.

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Um der Verdummung durch zu viel digitale Medien entgegen zu wirken – der Sponsor dieser Reihe ist die SZ Familie.

Drogen und Vorräte

Ich habe gelesen, dass man die Knollen der Dahlie essen kann, dass man das wohl früher auch öfter getan hat, ja, es gab sogar Überlegungen, sie kartoffelähnlich deutschlandweit anzubauen. Überraschend, nicht wahr? Geschmacklich sollen sie zwischen Spargel und Schwarzwurzel liegen. Wobei die Knollen der Dahlie tatsächlich irgendwie essbar und gemüseartig aussehen, da gibt es nichts, ich habe gerade noch einmal nachgesehen, meine Dahlie steht hier gleich neben mir. Aber immer interessant, was man alles nicht weiß. Im letzten Jahr hat es mich ähnlich überrascht, dass Menschen Hortensienblüten aus Gärten stehlen, um sie zu rauchen, denn das ist angeblich besser als gar kein Rausch (don’t try this at home, es ist wohl nicht ganz ungefährlich).

Man geht an Gärten vorbei und denkt sich: wie nett, so hübsche Blümchen in den Beeten – aber nach etwas Lektüre und Weiterbildung sieht man überall nur noch Drogen und Vorräte. Schlimm.

Gelesen habe ich das mit den Dahlien übrigens in diesem Buch, das auch sonst interessant ist und dazu noch ein paar Rezepte für die Gemüseküche mitliefert, die ich mir sofort notiert habe. Kann ich also empfehlen:

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Ich war gestern beim Stadtteilbeirat, das ist eine lokalpolitischen Spezialität in Hamburg. Da wurde nämlich ein Bauvorhaben vorgestellt, das hier ein paar Meter neben uns geplant ist, damit werden wir noch einiges zu tun haben, erst Abriss mehrerer Häuser, dann Neubau in beträchtlicher Höhe, der auch uns Licht kosten wird. Da standen also der Architekt, der Bauherr, der Bauvorhabende oder wie immer seltsam sie sich neuerdings bezeichnen, der Investor. Bzw. ein Vertreter des Investors, des Architekten, des Bauherren, eh klar. Im Publikum waren Interessierte aus dem Stadtteil, darunter Vertreter einiger Parteien, Nachbarn, Leute vom Mieterverein usw. Da werden sehr heruntergekommene Häuser abgerissen, in denen billige Wohnungen waren, es werden Wohnungen neu gebaut, die selbstverständlich keineswegs billig sein werden, wie das heute so ist, alles nur kleine 2- bis 3-Zimmer-Wohnungen, Familien sind als Kunden sowieso uninteressant. Fragen zur künftigen Miethöhe wurden tatsächlich mit Grinsen und Schweigen beantwortet. Jemand fragte nach sozialem Wohnungsbau und die Gesichter der drei Herren hätte man filmen müssen, großes Kino. Erstaunte Blicke, dann Befremden, das in eher verkniffene Heiterkeit überging, denn richtig lachen durften sie ja erst hinterher draußen, beim Bier nach dem Sozialpolitklimbim, so viel Benehmen musste schon sein. Keiner im Saal hatte eine andere Reaktion erwartet, das war auch klar, aber eigentlich kann man darüber noch einmal kurz nachdenken, dass die bloße Frage nach sozialem Wohnungsbau, nach günstigen Wohnungen, hier nur noch als Scherz durchgeht, als Politkabarett von links, als Mahnung der Sozialromantiker, dass es so etwas einmal ganz selbstverständlich gab.

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Scared is scared of all the things you like. Nicht irgendein Filmprojekt.

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Von einem Sohn gehört, dass sie in der Grundschulklasse ein Ritual haben, das sie “warme Dusche” nennen. Da wird ein Kind ausgelost und alle anderen sagen, was sie gut an ihm finden, eine Prozedur, die sie in der Klasse alle sehr mögen. Auf diese Art erfährt also jemand, dass er nett ist, lustig ist, ein toller bester Freund ist, sehr gut malen kann, gut im Tor ist, hilfsbereit ist und dergleichen mehr, da freuen sich die Ausgelosten dann hinterher noch tagelang wie Bolle über all die guten Botschaften. Natürlich gibt es auch bei den Kindern welche, die sich gegenseitig schwer unsympathisch finden, aber da werden dann Lösungen gefunden. Sie haben eine Weile drüber gegrübelt und sich etwas ausgedacht, was man in solchen Fällen sagen kann, mit einem wirklich faszinierenden Ergebnis. Das endet dann nämlich in Sätzen wie “Du hast einen schönen Ranzen.” Guck an, was Kinder heute so lernen. Stark.

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Im Wetterbericht steht – also wenn man weit genug nach unten scrollt jedenfalls – wieder etwas von steigenden Temperaturen und Regen. Guter alter Regen! Da wird einem als Hamburger sofort ganz warm ums Herz. Regen ist hier ein wichtiges Stück Heimat, für uns müsste es folgerichtig ein Regenministerium geben, da würde niemand spöttisch und herablassend nach dem Sinn fragen. Oder zumindest viel seltener und leiser als bei einem “Heimatministerium”. Ja, manchmal müssen so in die Luft gemalte Gänsefüßchen schon sein.

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Sven mit naheliegenden Gedanken zu den Fahrverboten in Hamburg, die mich zugegebenermaßen auch etwas verwirren. Kiki denkt da ebenfalls drüber nach, hat aber zusätzlich ein Chili-Rezept anzubieten, das man nachkochen kann. Immer auf den Mehrwert achten!

Und dann noch das Neusprech-Blog zum schönen Wort “Fähigkeitslücke”.

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In Kürze übrigens wird es abends wieder lieblichen Amselgesang geben, akustischer Schmelz über Dächern im warmen Abendrot, auch wenn man es sich gerade noch überhaupt nicht vorstellen kann. In ein paar Wochen nur! Und welches Lied fällt uns bei Amselgesang ein? Genau.

 

Die Herzdame: Experiment Tag 1

Ein Text von Maret Buddenbohm, auch bekannt als die Herzdame, hat zwei ganz neue Kinder.

Die Söhne mit dem iPad

Kurz vorweg, wir freuen uns, dass wir das Familienmagazin der Süddeutschen Zeitung als Werbekunden für diese Reihe gewinnen konnten, siehe ganz unten.

Freitag nach der Schule berufen der Gatte und ich den Familienrat ein und stellen den Söhnen unser Experiment vor. Erst mal etwas gelangweilte Blicke, an der Stelle mit „unbegrenzte Medienzeit“ dann leuchtende Augen. Und beim Hinweis zu „Eigenverantwortung“ Schulterzucken und Gähnen.

Alles in allem aber zwei durchaus interessierte Experiment-Teilnehmer. Und je länger wir darüber sprechen, desto mehr bringen sie sich mit ein, was für unsere Kinder eher ungewöhnlich bei einem Familienrat ist. Normalerweise kann sich Sohn 1 dabei vor Müdigkeit kaum auf dem Stuhl halten und Sohn 2 macht demonstrativ desinteressiert etwas anderes und hört gar nicht erst zu.

Die Möglichkeit, viele Dinge selbst zu entscheiden, also ohne elterliche Vorträge, scheint sie offensichtlich sehr zu motivieren. Sohn 2 äußert dann doch etwas sorgenvoll seine Bedenken, dass er möglicherweise zu spät zur Schule kommen könnte und wir ihn bitte weiterhin morgens ermahnen sollen. Wir können uns dann aber darauf einigen, dass ich ihn ab und zu freundlich auf die Uhrzeit hinweise, mich dann aber nicht weiter aufrege und ihn ansonsten alleine machen lasse.

Auch bei anderen Themen kommen wir überein, dass der Gatte und ich den Kindern freundliche Empfehlungen geben, sie dann aber selbst entscheiden lassen, ob sie denen nachkommen wollen oder nicht.

Zum Thema „Hilfe im Haushalt“ halten wir fest, dass wir Eltern um Hilfe bitten, sie aber ebenfalls entscheiden, ob sie Lust dazu haben oder nicht. Wenn wir allerdings am Ende vor Erschöpfung umfallen, weil wir alles alleine machen mussten, können sie nicht erwarten, dass wir noch irgendwas für sie tun.

Gesunde Zähne, gesundes Essen, ausreichend Schlaf, saubere Wäsche, gute Noten – das sind alles Entscheidungen, für die die Söhne eine Woche lang selbst verantwortlich sein wollen.

Und das geht dann tatsächlich auch gleich gut los. Der Gatte und ich verteilen den restlichen Tag nur freundliche Hinweise und die Söhne überschlagen sich vor verantwortungsvollem Verhalten.

Sohn 2 hat am Ende des Tages eher weniger Medienzeit als mehr, obwohl er sich durchaus mehr hätte gönnen können. Ganz ohne Gezeter der Eltern. Er hilft mir auch ganz freiwillig beim Wäsche aufhängen. Und als wir aus dem Keller wieder in die Wohnung kommen, putzt sich Sohn 1 schon die Zähne und hat abends (!) freiwillig (!) eine Bürste in der Hand, mit der er sein Vogelnest auf dem Kopf bearbeitet.

Sie bieten an, alleine ins Bett zu gehen und als Sohn 2 auch noch seine Haare gebürstet haben möchte, übernimmt das Sohn 1. Ich bin wirklich fassungslos, zwei Brüder, die sich gerade ziemlich doof finden, einträchtig im Wohnzimmer sitzend und Haare bürstend.

Als ich mich dann ins Bett zurückziehe und langsam in den Schlaf sinke, höre ich sie noch lange einträchtig reden, was sie schon seit ewigen Zeiten nicht mehr getan haben.

Es ist schon interessant, was so ein bisschen mehr Freiheit ausmachen kann. Das sind nicht meine Kinder! Aber wie lange das anhält – warten wir es ab.

Pia Ziefle hat ähnliche Probleme und einen etwas anderen Ansatz. Auch sehr interessant.

Hier noch mal alle Berichte des Experiments:

Einleitung | Tag 1Tag 2 | Tag 3 | Tag 4 | Tag 5Tag 6Tag 7 | Tag 8 | Fazit

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Da die Söhne Hauptfiguren dieser Blogartikelreihe sind, mittlerweile aber schon ziemlich gut mitlesen können und eine genaue Vorstellung davon haben, was sie von sich im Netz lesen wollen und was nicht, werden diese Artikel vor Veröffentlichung mit ihnen besprochen und lektoriert. Auch wenn ich es richtig blöd finde, wenn ein guter Witz von ihnen gestrichen wird und rausfliegt.

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Um der Verdummung durch zu viel digitale Medien entgegen zu wirken – der Sponsor dieser Reihe ist die SZ Familie.

Slieken im Snee

Ein Sohn war im Ohnsorg-Theater und hat dort fast alles verstanden, auch Vokabeln, die er bisher gar nicht kannte. Etwa Slieken für Schleichen, solche Begriffe. Wieso versteht er das so spontan? Alle Kinder kamen da wohl nicht mit bei dem Stück. Das hat ihn überrascht und er erklärt sich das jetzt so, dass er Plattdeutsch eben von Natur aus verstehen kann, weil so viele seiner Vorfahren Norddeutsche waren.

Jo, so is dat wohl.

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Ich habe wieder um einen Gastbeitrag im Blog der GLS Bank gebeten, diesmal hat Alu von Große Köpfe über Arbeit geschrieben, bitte hier entlang.

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Schnee am Montagmorgen, viel Schnee sogar. Jetzt ist Dienstag, der Schnee ist immer noch da. Das ist auch alles durchaus von einer gewissen Hübschigkeit da draußen, zugegeben, aber ich sehe mir das dennoch lieber durchs Fenster an. Oder auch gar nicht. Und Sohn II fragte mit skeptischem Blick und einem vorsichtigen Finger im Schnee: “Das war früher also öfter so? Wirklich?”

Denn das kann er sich einfach nicht vorstellen. Seine Jahreszeiten sind nicht meine Jahreszeiten, das ist auch einmal festzustellen, dazwischen liegen mittlerweile erhebliche Differenzen, wir assoziieren ganz verschiedene Naturerlebnisse damit. Er kennt ja nicht einmal diese endlosen Rodelnachmittage, an denen wir damals, längst durchgefroren wie die Eiszapfen, immer noch nicht reingehen wollten, obwohl es schon desaströs dunkel wurde, aber wir mussten doch unbedingt noch einmal und dann auch noch einmal den Hügel runter, auf dem Rücken, auf dem Bauch, im Sitzen vorwärts und rückwärts und hockend ging auch irgendwie und kniend! Und stehend! Nein, das ging nicht. Aber probiert haben wir es mit großer Selbstverständlichkeit. Oft. Und auf dem viel zu späten Heimweg haben wir dann bitterlich geheult, weil die kalten Füße so verdammt wehtaten und die Handschuhe längst nass waren und auch sonst überhaupt nichts mehr wärmte und auch weil der Weg für heutige Verhältnisse sportlich weit war, da wurde ja noch nicht hinterhergehelikoptert, von niemandem. Nein, diesen Spezialspaß aus dem letzten Jahrhundert kann er sich noch nicht einmal ansatzweise vorstellen, der Sohn. Egal, Opa erzählt vom Winter, und da bin ich noch gar nicht bei 78/79 angekommen, das kann hier eh keiner mehr hören.

Sohn I hat sich dagegen heute immerhin seine ganz eigene Rodelerinnerung gebastelt und ist mit dem Schlitten gegen einen Metallzaun gefahren, wonach wir den Rest des Nachmittages beim Zahnarzt verbringen durften, da er mit den Frontzähnen gebremst hat. Man macht was mit.

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Apropos Opa erzählt von früher, in der Gegenwart haben sie auch nicht mehr alle Latten am Zaun: “Gut jeder dritte Social-Media-Nutzer in Deutschland kann sich das Leben ohne soziale Netzwerke nicht mehr vorstellen.”

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Die letzte Sonntagskolumne aus der Reihe “Der moderne Mann” für die Lübecker Nachrichten abgeschickt, nach immerhin 189 Folgen wird die Folge dort beendet. Das ist einerseits etwas traurig, andererseits aber vielleicht auch ganz gut so. Denn kein Format ist für die Ewigkeit und Wechsel kann wohltuend sein. Und natürlich hat man so Platz für Neues. Also sowohl die Zeitung als auch ich.

Die Kolumne bestand immer aus 1.750 Zeichen und ich hatte einen gewissen Ehrgeiz, sie stets mit genau 1.750 Zeichen abzugeben, keines mehr, keines weniger. Das hat mir immer Spaß gemacht, am Text so lange herumzuschrauben, bis alles auf das Zeichen genau gepasst hat, das wird mir doch ein wenig fehlen. Man lernt etwas über das Texten, wenn man auf diese Art schraubt, was man im Blog oder generell online nicht lernen kann. Allerdings fand das die Familie auch oft lästig, wenn ich am Sonntag stundenlang verbissen Zeichen geschubst habe. Irgendwas ist immer.

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Zwischendurch schnell in die Bücherei gerannt und den nächsten Band von Kempowskis Echolot geholt, das liest sich nämlich überraschend schnell. Nach den Grauen von Leningrad jetzt also direkt zu Stalingrad, man träumt nicht unbedingt gut nach diesen Büchern. Schon gar nicht, wenn man einen Sinn für die Gegenwartsbezüge hat, die schier zahllos sind.

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Ich stecke musikalisch übrigens immer noch in den Achtzigern fest und gucken Sie mal, damals hatte man noch Zeit für lange Intros. Auch schön! Wobei die Stücke von der Dame sowieso vergleichsweise würdevoll gealtert sind, die muss man nicht verstecken.

 

Die Herzdame startet ein Experiment

Ein Text von Maret Buddenbohm, auch bekannt als die Herzdame, die keine Vorträge mehr halten will.

Die Söhne mit dem iPad

Im Moment haben wir zu Hause wieder eine ganz furchtbare Phase. Es klappt nichts.

Die Wünsche der Söhne (8 und 10 Jahre) und unsere Wünsche gehen gerade komplett auseinander. Die Kinder wollen mehr iPad, mehr Spieleapps, mehr Serien, mehr Fernsehen, mehr Youtube-Videos, mehr Hörspiele, mehr Abhängen, mehr Chillen, mehr Süßigkeiten, mehr Tiefkühlpizza. Außerdem lieber weniger frische Luft, weniger Hausaufgaben, weniger Lernen, weniger gemeinsame Mahlzeiten, weniger gesundes Essen, weniger Tischdeckaufgaben, weniger Spülmaschineausräumen, weniger Müllrunterbringen, weniger Zähneputzen, weniger Körperpflege. Genau genommen all das am liebsten gar nicht. Und alleine ins Bett gehen schon mal überhaupt nicht.

Die Eltern wollen logischerweise das genaue Gegenteil.

Wir alle haben es zurzeit nicht leicht miteinander. Die gegensätzlichen Wünsche führen zum Beispiel dazu, dass sich die Kinder die Freiheit nehmen, mehr Medienzeit zu nutzen als vereinbart wurde. Es reicht nicht die „eine Runde noch zu Ende“ zu spielen, nicht 5 oder 10 Minuten mehr, nicht eine Stunde mehr, nein, es ist nie genug.

Die fürsorglichen Eltern erinnern erst daran, dass die Zeit um ist. Mahnen dann, dass nun wirklich genug sei. Sagen dann auch, dass sie es richtig blöd finden, dass die vereinbarten Regeln nicht eingehalten werden. Stehen dann irgendwann zeternd und meckernd vor den Kindern, die auf Durchzug geschaltet haben, bis dann früher oder später das Wort „iPad-Verbot“ fällt. Aha! Jetzt schauen sie wenigstens mal kurz hoch. Um dann aber wieder aufs iPad zu starren. Nur eben noch die Runde zu Ende …

(Pädagogisch wertvoller Tipp übrigens: wenn man sich wieder mal kein Gehör verschaffen kann, aus welchen Gründen auch immer, einfach mal ganz leise das Wort „iPad-Verbot“ flüstern und schon hat man alle Aufmerksamkeit der Welt.)

Oder ein anderes Beispiel, die stressgeplagten Eltern bitten die Kinder: „Ihr liebsten Söhne, beste Kinder der Welt, wäret ihr so gnädig die Spülmaschine auszuräumen? Ach nein, es reicht schon, wenn ihr den Esstisch abräumen könntet. Stellt die Teller einfach auf die Spülmaschine.“ Keine Reaktion, die Kinder sitzen schon lange nicht mehr am Esstisch. Nichts regt so sehr die Verdauung an, wie eine gemeinsame Mahlzeit mit der Familie. Also am Ende wieder Vorträge über Hilfe im Haushalt und Geschimpfe. Die meisten Eltern werden das irgendwie kennen.

Mittlerweile bin ich schon selbst so richtig genervt von meinen ewigen Vorträgen. Und kann mein eigenes Gemecker auch nicht mehr ertragen. Ich will das so nicht mehr! Und der Gatte auch nicht. Deshalb habe ich ein Experiment vorgeschlagen: eine Woche ohne Vorträge und Meckern.

Eine Woche sollen die Kinder die Verantwortung für ihr Handeln selbst übernehmen. Ich mische mich nicht ein, ich rege mich nicht auf. Sie können sich so viel Medienzeit nehmen, wie sie es für richtig halten. Wenn sie nichts lernen wollen, dann eben nicht. Ich bin keine Zeitansage in Dauerschleife, wenn sie morgens zu lange trödeln, dann kommen sie eben zu spät in die Schule. Ich gehe jedenfalls pünktlich um 7:45 Uhr zur Arbeit. Wenn sie keine Lust auf Zähneputzen haben – die Quittung kommt, wenn sie das erste Gehalt gleich in das erste Implantat statt in den ersten Urlaub investieren müssen. Nicht mehr meine Baustelle. Sie haben keine Lust, mit uns am Tisch zu sitzen? Egal, so können der Gatte und ich uns endlich mal wieder in Ruhe unterhalten. Wo der Kühlschrank steht, das wissen sie ja, und Brote schmieren können sie auch. Ihre Schmutzwäsche liegt nicht im Wäschekorb? Dann kann ich sie leider auch nicht waschen. Schade für sie, weniger Arbeit für mich. Lieber Schokolade statt Apfel – egal, Kinder werden auch unter viel schlimmeren Lebensbedingungen groß.

Wenn die Wohnung mit Kinderkram zugemüllt ist – auch egal, ich rege mich nicht auf. Ich schmeiße einfach alle Sachen ins Kinderzimmer auf einen Haufen, und wie es da aussieht ist mir sowieso egal. Hauptsache MEIN Wohnbereich ist ordentlich und ich kann mich wohlfühlen. Zum Gute-Nacht-Kuss komme ich pünktlich um 20:15 Uhr nach der Tagesschau, WENN die Kinder dann komplett bettfein im Bett liegen. Und über löchrige Socken und nicht angezogene Winterjacken rege ich mich ohnehin schon lange nicht mehr auf.

So die Theorie … Natürlich müssen sie nicht alles allein machen. Wir werden weiterhin für sie einkaufen, kochen und dergleichen, aber uns eben eine Woche lang auch nicht mehr Arbeit machen und aufregen als nötig.

Was meint Ihr, klappt das?

Es war tatsächlich Zufall, aber dieses Experiment passt hervorragend zum Interview des Gatten drüben bei Patricia.

Hier noch mal alle Berichte des Experiments:

Einleitung | Tag 1Tag 2 | Tag 3 | Tag 4 | Tag 5Tag 6Tag 7 | Tag 8 | Fazit

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Da die Söhne Hauptfiguren dieser Blogartikelreihe sind, mittlerweile aber schon ziemlich gut mitlesen können und eine genaue Vorstellung davon haben, was sie von sich im Netz lesen wollen und was nicht, werden diese Artikel vor Veröffentlichung mit ihnen besprochen und lektoriert. Auch wenn ich es richtig blöd finde, wenn ein guter Witz von ihnen gestrichen wird und rausfliegt.

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Um der Verdummung durch zu viel digitale Medien entgegen zu wirken – der Sponsor dieser Reihe ist die SZ Familie.