Es ist schon eine Weile her, ich komme nämlich wirklich zu gar nix, da bat mich das Nuf in diesem Artikel von ihr um eine Antwort auf mehrere Fragen. Mache ich morgen, dachte ich. Mache ich nächste Woche, dachte ich kurz darauf und mache ich bald, dachte ich dann in der Woche darauf. Wie das immer so geht.
Da sie mir aber heute noch einmal ein Stichwort an den Kopf geworfen hat, werde ich doch endlich einmal anfangen, die Fragen zu beantworten – und zwar einzeln. Die sind nämlich komplex und passen alle nicht gerade leicht in einen Satz. Ich beginne heute mit der Frage “Was hilft Dir in anstrengenden Zeiten?”
Die Frage wurde im Elternkontext gestellt, die bezieht sich also auf den familiären und beruflichen Gesamtstress, den man als Mutter oder Vater täglich erlebt. Sie nannte als Beispiel die Autonomiephase und den Schlafmangel, ich würde das aber gerne steigern, denn es braucht da keine Beispiele für Phasen. Es gibt, wenn man das einmal ehrlich betrachtet und den rosafarbenen Feenglitzerstaub aus den Elternblogs pustet, verblüffend wenig wirklich entspannte Eltern. Vielleicht ändert sich das noch mit älteren Kindern, mag sein, ich werde dann berichten. Aber fast alle Eltern, die ich kenne, haben einen Beruf und die Familie oder einen Beruf und ein zu groß geratenes Hobby. Oder sonstige Extraverpflichtungen. Oder auch einen Beruf und die dauernd nagende Sehnsucht nach einer weiteren Beschäftigung, sei es im Nähzimmer, am Klavier oder auf dem Fußballplatz, das sollte man auch nicht unterschätzen. Im Grunde haben berufstätige Eltern nie Zeit, sehr selten Ruhe, Muße schon gar nicht und Wellness ist ein Begriff aus dem Reisekatalog, mehr nicht. Wenn man zwei Kinder hat, dann haben diese sehr schnell jeweils zwei Nachmittagstermine in der Woche, wenn man selbst auch etwas macht und der Mann oder die Frau auch, dann hat man also ganz fix acht Termine in der Woche zu regeln, aus denen auch zwölf werden können, wenn man sich am Wochenende etwas vornimmt. Und wer macht das nicht.
Zwölf Termine, von denen vielleicht kein einziger zuhause stattfindet, wo es praktisch wäre, sondern in mehr oder weniger entlegenen Stadtteilen, Schwimmhallen, Schulen usw. Wenn Eltern über Termine reden oder versuchen, sich mit anderen Eltern zu verabreden, enden die Gespräche oft in hysterischem Gelächter und einem abschließenden Verweis auf das nächste Jahr, und das klingt jetzt nur nach Satire, das ist aber gar keine. Tatsächlich wacht man so gut wie nie auf und denkt: “Ach, heute mache ich mal irgendwas. Oder nichts. Mal sehen.” Was vermutlich ein guter und wohl auch gesunder Gedanke wäre. Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern. Nein, man wacht auf und denkt: Wenn ich jetzt in einer halben Stunde dies schaffe, könnte das noch klappen, so dass dann hinterher jenes knapp funktionieren könnte… und immer so weiter. Na, und was hilft nun?
Mir hilft tatsächlich dieses Blog. Mir hilft auch Twitter, mir helfen auch Facebook und Instagram, mir helfen alle sozialen Medien, in denen ich Scherze machen kann. Ich glaube tatsächlich, dass sie mich schon mehr als einmal nervlich gerettet haben. Während viele diese Medien lediglich als Zusatzbelastung und Zeiträuber zu erleben scheinen, finde ich sie befreiend, erleichternd und entspannend. Weil ich versuche, die Pointen im Leben zu bemerken und zu teilen. Und ich versuche das nicht nur nebenbei, ich versuche das mit einiger Leidenschaft und Beharrlichkeit. Ich zerbreche mir den Kopf, wenn etwas nicht lustig ist, ich möchte unbedingt herausfinden, ob nicht doch etwas daran sein könnte, was unter einem bestimmten Blickwinkel für Heiterkeit sorgen könnte. Ihre und meine, versteht sich, wobei meine gar nicht so nebensächlich ist. Wenn ich mich irgendwo unmenschlich langweile, dann wird vielleicht wenigstens ein Tweet daraus? Das muss doch gehen? Wenn ich in unmenschlich öder Gegend bin, ergibt sie vielleicht wenigstens ein brauchbares Foto? Wenn wir uns in dieser Familie hier alle wieder einmal in die Haare kriegen, weil die Zeit hinten und vorne nicht reicht und alle hektisch werden – ich kann mich vielleicht wenigstens in einem Blogartikel darüber amüsieren. Und mich darüber lustig machen. Über mich, über das Leben, über die Ansprüche, über alles.
Ich treibe das natürlich bis zum Exzess und ich habe Gott sei Dank auch die richtige Familie dafür. Ich bin der Typ, der mitten in einem erbitterten Ehestreit an den Computer springt, weil der Dialog mit der Herzdame gerade unerwartet eine prächtige Pointe ergeben hat, und nach all den Jahren weist sie mich jetzt auch schon mal darauf hin, wenn ich unaufmerksam war und eine Stelle verpasst habe. Bei uns enden Ehekrisen regelmäßig in Artikeln oder Kolumnen und warum auch nicht, irgendwo müssen sie ja enden.
“Seid zur Heiterkeit bereit”, hieß es früher bei Bugs Bunny. Tatsächlich ist das eine Aufforderung, der man nicht immer einfach so nachkommen kann. Niemand ist immer heiter, ich nicht und das Leben auch nicht. Aber so lange man nicht gerade von den ganz großen Dramen erwischt wird, hilft es doch sehr, nach den Scherzen zu suchen, die im Alltag versteckt sind wie früher die kleine Maus auf den Kinderseiten der Brigitte. Und geteilte Scherze wirken besser, viel besser.
Und wenn ich völlig zerwühlt vom hektischen Alltag, aufgerieben zwischen mehreren Deadlines, Terminen und Verabredungen, mit den Söhnen streitend und der Herzdame hinterherfluchend, vor der Eingangstür der Wohnung stehe, den Schlüssel nicht finde und die Apfelsaftflasche dabei aus dem Rucksack fällt und auf den Fliesen zerschellt, während drinnen das Telefon klingelt – natürlich kann man daran komplett wahnsinnig werden. Man kann aber auch darüber schreiben. Und dann geht es schon wieder.