Es ist vielleicht nur ein Zufall, aber ich habe am Freitag, nach einem zu langen Arbeitstag, einen seltsam überzeugenden Dreiklang in meinen immer mehr zerfransenden Timelines. Da schreibt eine, sie sei urlaubsreif wie nie, eine andere postet kurz darauf, sie sei müde wie nie und dann kommt noch, etwas weiter unten, jemand mit der Formulierung „durch wie nie“, alles innerhalb von etwa zehn Minuten. Am Ende ist es auch wieder ein mehrheitsfähiger Zustand, man möchte nun allgemein am liebsten seitlich aus dem Jahr kippen. Und erst einmal eine Weile ruhig liegenbleiben.
In meinem Umfeld viel Krankheit, sehr viele Infektionen, viel Stress und arg wenig Weihnachtsstimmung, und es fällt doch auf, wie wenig irgendeine Vorfreude erwähnt wird. Nicht auf das Fest, nicht auf irgendeine Art von Besinnlichkeit und bisher in keinem einzigen Fall auf das nächste Jahr. Das spiegelt sich auch in Umfragedaten, sehe ich, die Gesellschaften, nicht nur die in diesem Land, sind eher skeptisch, vorsichtig, misstrauisch, eine hoffnungsvolle Haltung geht anders. Und ich sehe nicht, dass sich das in absehbarer Zeit ändern wird, man wird zu einem fundamentalen seelischen „Dennoch“ finden müssen.
Eine kleine Szene aus den Tagen davor noch. Da saß ich zwischendurch am Schreibtisch und zweifelte wieder einmal erheblich sowohl an meinem eigenen als auch am Verstand aller anderen, so viel misslingende Kommunikation fiel da gerade an, so viele logische Brüche fielen mir auf. Ich stand irgendwann mit dem Standardgedanken „Alle bekloppt“ auf und ging kurz zum Fenster, denn manchmal hilft es noch, hinauszusehen und zu atmen. Unten ging gerade jemand die Straße entlang, der kräftig gegen jede Autotür trat, an der er vorbeikam. Gründlich machte er das, mit Schwung. Er brüllte dabei nicht herum, er gestikulierte nicht, er war nur ernsthaft mit zügigem Gehen und Treten beschäftigt. Passanten riefen schon die Polizei, sah und hörte ich, was ihn allerdings nicht störte, er war viel zu beschäftigt.
Mit anderen Worten, es hilft nicht immer, einen Moment aus dem Fenster zu sehen und bloß durchzuatmen. Man muss sich manchmal etwas anderes suchen, das noch hilft, aber einfach ist das nicht immer. Denn am Ende werden wir gerade tatsächlich alle bekloppt und man steht allzu lange und auch zu tief grübelnd vor der Frage: Würde man es eigentlich merken wollen?
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Im Tagesbild immerhin noch einmal ein Beleg für die Nützlichkeit des Hafens in dieser Stadt – die Farben der Schiffe leuchten auch an den durchgehend grauen Tagen noch. „Sei wie ein Schiffslack“, das mal irgendwo ins Poesiealbum schreiben. Vielleicht vorher noch irgendwas drumherum reimen.
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