Gemischte Ergebnisse

Freitag, der 11. August. Ich sehe mir am Morgen Bilder von Lahaina an, der so radikal abgebrannten Stadt auf Maui. Hübsch war es da. Ich habe von dem Ort nie vorher gehört, aber auch hier gilt: Man kennt vermutlich jemanden, der jemanden kennt, der dort wohnt oder arbeitet oder Verwandte hat etc. Diesmal kommt es bei mir gleich doppelt hin. Die Verlässlichkeit, mit der das bei Nachrichten von wo auch immer funktioniert, auch bei Meldungen aus den letzten Winkeln der Welt, sie ist immer wieder beeindruckend, und ich kenne doch gar nicht besonders viele Leute, glaube ich, wie muss es da erst anderen gehen. Ich gebe mir immerhin nicht die geringste Mühe, Leute kennenzulernen, eher im Gegenteil, und dennoch greift diese Logik so oft. Gruselig faszinierend.

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Home Office. Der erste Tag, an dem mir im Job etwas wieder halbwegs Spaß macht. Ich brauche eben etwas Anlaufzeit nach dem Urlaub, und erst am Abend fällt mir ein, dass ich bei der zwischendurch vergnüglich anmutenden Arbeit vermutlich einen grandiosen Fehler gemacht habe. Nun ja. Gemischte Ergebnisse.

Am Nachmittag fahre ich in den Garten, um der Herzdame, die schon den ganzen Tag dort ist, Gemüsesuppe zu kochen, mit spontan geerntetem Zeug aus den Beeten und gekauftem Ziegenfrischkäse. Baguette dazu. Es ist trotz des guten Wetters sehr wenig los in den Gärten ringsum, die ganze Insel ist so gut wie menschenleer. Es ist immer noch Ferienzeit in Hamburg, man sieht es überall, und da auch die Vögel in den Hecken und Büschen immer stiller werden, ist die Stimmung so, als habe man bei einer Gartenszene in einem Film versehentlich den Ton ausgestellt. Irgendetwas stimmt nicht, man sitzt da und erwartet immer mehr von etwas, von Gezwitscher, von Gerede, von irgendwas, mach das doch mal lauter.

Gartenstühle unter Bäumen in einem regennassen Garten

Auf den Wegen gehört: Das Sommerinterview der Lage der Nation mit Robert Habeck. Wobei sich die Herren da diesmal an einigen Stellen nicht ausreden lassen, so etwas finde ich immer anstrengend beim Zuhören, mehrmals war ich kurz vorm Abschalten (Abschalten ist auch schon so ein Steinzeitwort geworden, nicht wahr, es klingt nach einem Drehknopf an einem alten Gerät aus dem letzten Jahrhundert, es müsste eher wegklicken heißen, weiterscrollen, als gehört markieren, wie auch immer). Mir kam es jedenfalls vor, als müssten die beiden Interviewenden mit einiger Dringlichkeit beweisen, dass sie auch alles wissen, ich wartete immer ein wenig auf ihr Fingerschnippen beim Melden. Sorry, ich höre die beiden sonst gerne und oft. Interessant war es dennoch.

Ansonsten gab es heute noch eine traurige Premiere auf dem Rückweg von der Parzelle. Erstmal seit etlichen Jahren sah ich wieder ein Drogenopfer im Hauptbahnhof liegen, das sehr jung war, viel zu jung, vielleicht im Alter von Sohn I, ja, es hätte ein Klassenkamerad von ihm sein können. Ein Teenager, ein Kind noch. Grauenvoll. Eine Gestalt wie achtlos in eine Ecke geworfen, in komatöser Bewusstlosigkeit, das Zubehör der Sucht noch in der Hand. Es riefen andere schon nach Rettungsdiensten, als ich vorbeiging, nach den Diensten, die am Bahnhof ohnehin in diesen Wochen im Dauereinsatz sind. Am nächsten Tag und nur ein paar Meter weiter, ich füge hier ein späteres Update ein, schon der nächste Junkie in diesem Alter.

Es wird zusehends herausfordernd hier, das kann ich nicht anders sagen, die Eskalation ist erschütternd.

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In Eintracht mit den Verhältnisssen

Donnerstag, der 10. August. Gestern noch gehört: Seneca, Vom glücklichen Leben. „Glücklich ist, wer in Eintracht mit seinen Verhältnissen lebt“, schreibt er, und da klappt man dann das Notebook zur Home-Office-Zeit doch gleich viel seliger auf, wenn nicht sogar happy. Nein, im Ernst, ich finde bei seinen Texten eher die Sprache attraktiv, weniger den Inhalt, fürchte ich.

Das Gekränkel der Herzdame kommt mit etwas Verspätung auch bei mir an, ich hänge auf halbmast vor den Meetings, knapp an der Krankmeldung vorbei. Nach der Arbeit lege ich mich lieber hin und denke, dass ich mich heute überzeugend so fühle, als hätte mich eine Walze überfahren, daher bleibe ich erst einmal liegen und mache und denke gar nichts mehr. Das immerhin fühlt sich richtig an.

Danke auch für mehrere Hinweise auf Mastodon zur zeitlichen Korrektheit der Corona-Tests, aber wir haben viele und zu allen möglichen Zeitpunkten gemacht, es blieb alles bei allen negativ und man kann sich also weiterhin und auch im Sommer einfach mal mit anderen, wie sagt man, konventionelleren Viren amüsieren.

Die Herzdame fährt währenddessen mit einem Sohn zum Baumarkt und kauft Farbe, denn ihm gefällt eine Wand in seinem Zimmer nicht mehr und er ist alt genug, um das selbst zu ändern. Erfreulich! Ich bleibe ein überzeugter Anhänger dieses Großwerdens.

Es kommt ein Brief vom Finanzamt, er ist drei Seiten lang und ich verstehe auch beim dritten Lesen so gut wie nichts, abgesehen von der Anrede. Ich bin voller Bewunderung, denn man muss es auch erst einmal hinbekommen, einen Sachverhalt, der am Ende sicherlich wie immer pappeinfach ist, dermaßen sprachlich zu verkomplizieren – man kann es vielleicht auch als Kunstwerk verstehen, aber das denke ich nur, um, wie hieß es, in Eintracht mit meinen Verhältnissen zu leben. Denn man kann es drehen und wenden wie man will, auch mit dem Finanzamt hat man nun einmal ein Verhältnis, und ich loche den Brief also und lege ihn sorgsam ab, am Ende ist er für irgendwas wichtig. Ich stelle den Ordner ins Regal zurück, adrett in die Reihe, die Optik stimmt. Immerhin.

Concordia domi, wie es in meiner Hauptstadt hieß.

Am Abend geht es mir spontan wieder besser, ich gehe noch eine Runde. Zum ersten Mal nach der Reise streife ich wieder durch die City, um nachzusehen, ob alles noch da ist und wie vertraut aussieht. Es gibt einen neuen Laden, in dem irgendwas mit viel Zimt verkauft wird, Kuchen oder etwas noch Spezielleres, das sicher nicht mehr banal Kuchen genannt wird, dieses Geschäft trägt auch im Namen irgendwas mit Zimt. Ich habe es schon wieder vergessen, wie es genau hieß, dachte im Vorbeigehen aber immerhin kurz an Bruno Schulz, denn man hat auch als lesender Mensch Leserin Verpflichtungen.

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Besser zuhause

Mittwoch, der 9. August. Gestern am Abend weiter im Briefwechsel Bachmann-Frisch gelesen. Ihren Briefen merkt man oft das Dichterische an, die Lust am Beschreiben und Schildern, am Erzeugen von Stimmungen, man liest auch großes Talent zweifelsfrei aus ihren Briefen heraus, meine ich jedenfalls, aus seinen dagegen nicht. Das sagt nichts über die Bücher der beiden aus, versteht sich, aber interessant ist es doch.

Es ist schon der dritte Werktag nach dem Urlaub, ein weiterer Sturm- und Herbsttag wird es, wieder gibt es die üblichen 12 Grad am Morgen, die hier in jeden Monat passen. Im immer noch frischen Wind wehen an einigen Fenstern im kleinen Bahnhofsviertel noch die Regenbogenflaggen vom CSD, im Kopfsteinpflaster sieht man hier und da auch noch eingetretene Reste vom Fest, Konfetti und Glitter, zerrissene Flyer, zerfetze Aufkleber mit Forderungen und Parolen. Ich bin nicht sicher, ob die Reihe der Großveranstaltungen für dieses Jahr nun durch ist, abgesehen von den Weihnachtsmärkten, aber ich denke schon.

Vor dem Hauptbahnhof geht eine ältere Frau hin und her, die nicht bei Sinnen ist und ebenso schrill wie laut nach ihrer Mutter ruft, aus Leibeskräften, immer wieder „Mama! Mama!“, man hört es sehr weit und mag sich nicht vorstellen, wie lange sie schon vergeblich nach der so sehr fehlenden Mutter schreien mag, Stunden, Tage oder sogar Jahre. Auf jedem Weg hier gibt es eine Begegnung mit dem Elend in irgendeiner Ausprägung, mit seelischem Elend, geistigem Elend, körperlichem Elend, sozialem Elend, und obwohl ich sonst nicht zur Relativierung neige – es geht mir doch gut, so vergleichsweise, es wird mir quasi stündlich neu bewiesen, ich muss nur einmal kurz vor die Tür gehen, ach was, ich muss nur den Kopf etwas drehen und aus dem Fenster sehen.

Während ich am Morgen eine Station mit der S-Bahn fahre, shuffelt mir der Streamingdienst den Titelsong von „Bilitis“ auf die Ohren, das sorgt für eine Erwartungshaltung, der die Mitreisenden an diesem Morgen kaum gerecht werden können. Niemand sieht hier nach der Besetzung eines David-Hamilton-Films aus und für Weichzeichnereffekte bin ich nicht müde genug, ich sehe viel zu klar.

„Besser zuhause!“ steht dann groß auf der Seitentür eines Lieferwagens, der während der ganzen Arbeitszeit direkt vor meinem Bürofenster parkt, das ist ein wenig gemein und leider auch inhaltlich überzeugend. Mit etwas Ach und Weh gearbeitet. Aber so geht ja in der ersten Woche nach dem Urlaub häufig zu, das ist nicht schlimm.

Mittags mit Kollegen auf dem Wochenmarkt Essen am Imbiss. Wir stehen im Regen und im Wind, wir frieren, es ist nach Beweislage eindeutig Oktober. „Das wird schon noch“, sagt die Imbissverkäuferin mit Blick zum Himmel, und sie sagt es in dem Tonfall, in dem auch die Strandkorbvermieter an der Küste an solchen Tagen mit ihren zögernden Kunden reden.

Auf den Wegen weiter den Fallada gehört, die Erzählungen, Lilly und ihr Sklave.

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In Österreich, so lese ich und bleibe bei dem Thema Tourismus einfach noch etwas dran, brechen die Buchungszahlen in Kärnten und in der Steiermark nach den Unwettern schon deutlich ein. In der Ticker-Meldung direkt darunter geht es dann um die vielen Erdrutsche in Norwegen, und das kann man sich mittlerweile vielleicht als eine Art Lotteriespiel vorstellen, welches Land oder welche Region da noch heil durchkommt und von der reiseplanenden Mehrheit als sicher fürs nächste Jahr betrachtet wird. Man könnte auf einer Landkarte markieren, was vermutlich wegfallen wird.

Währenddessen gibt es in Südtirol den ersten See, für den man vor dem Besuch ein Ticket buchen muss, außerdem darf man dort nur noch mit dem ÖPNV, per Rad oder zu Fuß anreisen: Italiens Kampf gegen den Massentourismus.

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Wir winken ferner Sixto Rodriguez, er hat gerade die Bühne verlassen. In meinen Playlists wird er bleiben.

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Irgendwo hinten, irgendwo unten

Dienstag, der 8. August. Nur 12 Grad sind es am Morgen, es könnte jeder Monat sein. In der frühen S-Bahn sehe ich Menschen mit schnell improvisierter Herbstmode, aus Restbeständen und Kleiderschranktiefen zusammengesucht. Man trägt im August noch keine neuen Kollektionen für die dunkleren Jahreszeiten, man trägt nur, was sich so anfindet. Der Mann neben mir trägt einen warmen Mantel, der arg zerdrückt aussieht, der wird irgendwo hinten, irgendwo unten gelegen haben, der war sicher noch wegsortiert für Oktober, November.

Auch mal wieder ins Büro gehen, gutes altes Hammerbrook. Na ja. Wie man auf dem Foto deutlich sehen kann: Da hinten wird es heller, das norddeutsche Mantra, da haben wir es schon wieder.

Die S-Bahnstation Hammerbrook im Morgenlicht

Auf dem halben Weg ins Büro fällt mir ein, dass ich die notwendigen Schlüssel und Tür-Chips gar nicht dabeihabe, die waren noch urlaubsmäßig aus der Sicht und einigermaßen gründlich weggelegt. Ich kehre also ergeben wieder um, ich gehe noch einmal in die Wohnung zurück, in der alle anderen Familienmitglieder selig weiterschlafen. Ich suche leise fluchend mein Zeug zusammen. Es dauert eben, bis man im Hirn und im Alltag alles werktagsmäßig zum zweiten Halbjahr hochgefahren hat und wieder voll in seinen mehr oder weniger geliebten Routinen aufgehen kann. Meine Begeisterung hält sich im Moment noch in allzu engen Grenzen, denn die Option, bei Regen ganztägig auf dem Bett zu liegen und zu lesen, mit hier und da eingestreuten Spontannickerchen, sie hat mir doch gut gefallen.

Es ist jetzt später Nachmittag, und ich tippe dies, während draußen der immer wilder werdende Wind das Laub von den Bäumen fetzt und wirbelnd herumtreibt. Jagende Wolken sehe ich hinter dem Kirchturm. Wie irritiert kann man jahreszeitlich sein, wie weit ist der Sommer?

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Auf den Wegen gehört: Ein WDR-Zeitzeichen zum Geburtstag von Ringelnatz, darin auch eine kurze Sequenz mit seiner Original-Stimme, und ich denke, die kannte ich bisher nicht.

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Währenddessen in den Blogs

Mit diesem Satz noch einmal sehr weit im Kreis herum denken.

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Christian im ersten Teil des Textes über Inklusion und Faschismus, mit einer Schlussfolgerung zum Thema, die ich leider teile. Vielleicht demnächst noch etwas mehr dazu.

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Die Kaltmamsell hat den Barbie-Film gesehen. Das haben wir auch noch vor, aber mir fällt gerade auf, dass wir das wohl auch praktisch angehen müssten, damit es stattfindet, und hier scheint mir ein Problem zu liegen. Das mal angehen!

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Nächtliche Panzerknackerbegegnungen

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Ein Bericht aus China (auch in den Texten davor mehr dazu)

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Der Bericht des Torwächters

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Man kann Blog auch lesen, um fremde Welten kennenzulernen, sei es nun örtlich oder auf einer etwas anderen Ebene, mehr inhaltlich, so geht es mir zumindest, wenn ich etwa Berichte von Menschen lesen, die sich mit Karaoke beschäftigen. Viel fremder kann es kaum werden, ich finde das mit erheblichem Grusel interessant. Es gibt ja immer diese theoretische Frage, für wieviel Geld man etwas machen würde, und mein Preis bei Karaoke wäre so hoch, Sie würden staunen. Es ist für mich vollkommen unvorstellbar, dermaßen abwegig und absurd – und andere leben das einfach so. Ich aber denke schon beim Hören des Wortes Karaoke sofort: „Dann doch lieber ins Büro“, und das will etwas heißen.

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Noch etwas über Trauerrituale in Jordanien lernen, man kommt auch mit Blogs viel herum.

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Ich nehme das Fernsehen und daher auch Typen wie Lanz oder Precht kaum noch zur Kenntnis, schon seit vielen Jahren nicht mehr, ich hatte aber doch Spaß an diesem Text.

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Über Negativspiralen

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Herbstapril im Sommer

Montag, der 7. August, der stets so schwere erste Werktag nach dem Urlaub. Morgens das Firmen-Notebook aus dem Schrank kramen, die verdrehten und verknoteten Kabel zusammensuchen und sortieren, das richtige Headset etc., Home-Office. Arbeitsbeginn bei künstlichem Licht, so spät im Jahr ist es also schon, stelle ich wie immer etwas überrascht nach dem Sommerurlaub fest. Ein grauer Morgen ist es, eher kühl, Sturm aus Nordwest ist deutlich im Anflug, „schwere Windwarnung“, sagt die Wetter-App sogar. Die Herzdame, die diesmal mit einem Sohn im Garten geschlafen hat, wird dort einen recht frischen Morgen haben, bei Standard-12-Grad. Hoffentlich bleiben die Birnen am Baum, die armen Früchtchen.

Bunte Kreideschrift auf einem Gehweg: "Frei Sein", daneben eine Plastikblumengirlande

Im Laufe des Vormittages sehe ich quertreibenden Regen über dem menschenleeren Spielplatz vor dem Balkon, es ist Herbstapril im Sommer, wie wildgeworden ist dieses Wetter. Es ist heute alles dabei, sogar eine diesmal echte Sturmflutwarnung, die doch eindeutig überhaupt nicht in diese Jahreszeit gehört, und ich bin zwischendurch kurz in Versuchung, mir einen wärmenden Pullover übers Hemd zu ziehen. Eskalationen!

Die Menschen, die in den letzten Wochen keinen Urlaub hatten, sondern nur besonders grauen und nassen Alltag in dirty old Hamburg, sie wirken etwas angeschlagen, was die Stimmung betrifft, es ist kaum zu übersehen. Man merkt es überall, ich bin in meiner Umgebung vergleichsweise gut gelaunt, und das passiert mir auch nicht gerade regelmäßig. „Du machst ja ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter“, man kann diesen Satz in Hamburg in diesen Tagen ganz neu ableiten.

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Bezüglich der Auswanderung bei rechter Machtübernahme fielen in den Timelines bisher die Staaten Dänemark, Irland und Neuseeland, mit deutlichem Vorsprung Dänemark, obwohl das in Bezug auf rechte Politik auch nicht ganz ohne Umtriebe ist, wenn ich mich recht erinnere. Egal, wir bleiben da dran, wir beobachten das und verzeichnen nebenbei auch schon einmal das Biedermeier als Ziel, immer kreativ bei der Lösungsfindung bleiben.

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Der Rest des Tages geht für die Einrichtung eines neuen Notebooks drauf und verbleibt daher vollkommen ereignislos und erlebnisfrei. Sitzen und klicken und scrollen und neu starten. Alle Einstellungen passend zurechtbiegen, Passwörter memorieren, das dauert erstaunlich lange, und dabei dann auch die ganze Zeit überlegen, was man bei einer solchen Gelegenheit loslassen und löschen könnte.

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Gehört auf den Einkaufswegen: Hans Fallada, Lilly und ihr Sklave, Erzählungen aus dem Nachlass. Gelesen von Jennipher Antoni.

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Äpfel, die auf Tische fallen

Sonntag, der 6. August, in der Laube.

Am Morgen gelesen: Wieso die deutsche Wirtschaft nicht in der Krise steckt.

Ich bin kein VWL-Experte, finde viele Krisenberichte aber zurzeit ganz erstaunlich flach, also so flach, dass sogar mir sofort Gegenargumente einfallen und ich denke, das sollte so nicht sein. Deswegen hier der Link zur abweichenden Meinung, die ist auch einmal interessant. Faszinierend finde ich auch, wie sehr einzelne Argumente aus den Wirtschaftsmeldungen und Schlagzeilen oft im Smalltalk als Verankerung für politische Positionen genutzt werden, das ist womöglich auch ein Mechanismus, der besonders in diesem Land gut funktioniert. Also der Autoindustrie geht es schlecht (was schon einmal ein sehr schwaches Statement ist, aber egal), daher müssen wir jetzt … und dann kommt ein Parteiprogramm. Erstaunlich.

Und über die posttraumatische Belastungsstörung der Gesellschaft. Ich sehe einen deutlichen Bezug zur Lage hier im Stadtteil, wenn nicht sogar in der Familie, in der Timeline etc. Und um bei der Wortwahl zu bleiben, die ich hier im Blog oft verwende, geht es nach Hurrelmann bei der Bewältigung des Ganzen also nicht nur ums Weitermachen, sondern um gelingendes Weitermachen. Vielleicht sollte ich meine Formulierungen auch dahingehend überprüfen, immer lernfähig bleiben.

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Am Morgen ist es in der Laube gerade eben warm genug, dass ich nicht frierend am Tisch sitze. 15 Grad sind es draußen, vermutlich auch drinnen, die Fenster waren geöffnet. Mit einem Kaffee in der Hand geht es, der Sandwichmaker glüht auch schon vor. Der Sohn schläft lange, ab und zu dreht er sich knurrend um. Er scheint gerade zu wachsen, jedenfalls leite ich das aus der Tatsache ab, dass er gestern drei Hauptmahlzeiten und danach ein halbes Vollkornbrot gegessen und spätabends dann noch die Laube nach Essbarem abgesucht hat, ich hörte es im Halbschlaf. Da muss man dann vermutlich auch lange schlafen, um alles in Ruhe zu verarbeiten.

Ich sitze am Tisch und tippe mich warm. Regen auf dem Dach, leises Taubengurren aus der alten Weide, selten nur eine verhalten zeternde Meise in der Magnolie, die wie immer als erster Baum im Garten schon ein paar gelbe Blätter hat, sie streicht besonders früh im Jahr die Segel. Die Amsel vom Dienst huscht lautlos über den Rasen vor der Hütte und sucht Würmer, ernst und emsig, ohne Zeit für Unterhaltungen. Eine Rabenkrähe landet gerade auf dem Dach, ich sehe ihren Anflugschatten aus dem Augenwinkel, ich höre ihre hüpfenden Schritte über mir, wie ein sachtes Abtasten der Dachpappe.

Um halb zehn höre ich Kirchenglocken, ich weiß gar nicht genau, woher die genau kommen, die Töne wehen aus West heran. Der Regen hört auf, ich setze mich vor die Laube. Aus dem Apfelbaum fallen mir zwei reife Äpfel auf den Tisch und möchten bitte gegessen werden, es geht hier schlaraffig zu. Auch auf dem kleinen Tisch neben der Hollywoodschaukel liegt schon Obst für mich bereit, von den Bäumen freundlich dort abgelegt.

Zwei Augustäpfel auf einem alten Gartentisch

Mehr passiert nicht, und das ist auch schön. In der Ferne, um einen alten Gag aufzugreifen, bellen währenddessen immer Hunde, muss man sich vorstellen, da das Tierheim nicht weit entfernt liegt. Je nach Wind hört man es mehr oder weniger laut. Das Tierheim ist gerade voll, lese ich später, rappelvoll, es werden keine Tiere mehr aufgenommen. Das gab es noch nie, so steht es in den Artikeln, eine Folge der Coronajahre und der Sommerferien.

Ich gehe die Blogtexte für die letzten sieben Tage noch einmal durch. Das ist nun seit etlichen Wochen mein Morgenritual und es hat sich bewährt wie kaum ein anderes. Ich habe mich selten sortierter gefühlt, ich werde für mein Gefühl immer besser darin, mir mein Leben zurecht zu schreiben, und ich halte es mittlerweile für eine herausragende Maßnahme der Psychohygiene, für Therapiesurrogatextrakt. Ich denke über die nächsten Kolumnen nach, ich denke über andere Texte nach, es ist ein ausgesprochen entspannter Morgen vor dem ersten Werktag nach dem Sommerurlaub. Vermutlich war es eine gute Entscheidung, hier im Garten zu schlafen, trotz des eher schlechten Wetters. Die Herzdame, die es vorgeschlagen hat, wird wie fast immer richtig gelegen haben. Sie wiederum ging aus und schlug sich die Nacht um die Ohren, tanzend hoffentlich, und das wird für sie auch richtig gewesen sein.

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In den Foodblogs und in den Bäckereien sehe ich bei der Morgenlektüre die Pflaumenkuchen. Das Jahr schreitet voran, ich sehe auch erste Kürbis- und Muschelrezepte.

Es gibt bei uns später Kartoffel-Kohlrabi-Suppe (eigene Ernte, eh klar).

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„Hamburg ist eine kühle regnerische Stadt, die wo im Norden liegt.“ Ingeborg Bachmann in einem Brief an Max Frisch, 3. Juli 1962. Das hat sie damals gegenüber im Hotel Atlantic geschrieben, wenige Meter von dem Sofa entfernt, auf dem ich gerade sitze und die letzten Zeilen dieses Textes schreibe.

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Unvermittelt und unwillkommen

Sonnabend, der 5. August. Ein Stadtteil in wimmelnder, bebender und erwartungsfroher Unruhe schon ab dem Morgen, es ist CSD in Hamburg mit dem Epizentrum, dem Paradenstart vor der Haustür. Es soll, so lese ich, der größte CSD werden, den es hier bisher gab, und klein waren die letzten auch nicht gerade. Ich winke freundlich vom Balkon und wünsche vom Herzen das Beste, halte mich aber diesmal von den Massen fern. Ich finde zu viel Mensch gerade unbekömmlich, aber das ist eine ganz unpolitische Befindlichkeit. Politisch, versteht sich, ist der CSD eher wieder wichtiger geworden, denn die Zeiten, sie sind so.

Da ich aber dennoch fürs Essen einkaufen muss, ziehe ich am Rande des Demo-Geschehens mit dem Hackenporsche vorbei, wie einer dieser alten Männer, die in Dokus unvermittelt und unwillkommen durchs Bild latschen. Ist schon recht, ich denke dabei an die Zeiten, als ich da noch fröhlich und partyhungrig mitgelaufen bin, einmal sogar elegant gewandet u.a. mit den hochhackigen Stiefeln der Herzdame, in die ich heute um die Waden herum gar nicht mehr hineinpasse, warum auch immer nicht.

Über Stunden wummert dann die Musik von den Wagen durch die offene Balkontür herein, dem Klang nach zu urteilen hat man viel Spaß da. Kirchliche Trauungen finden während des Zuges statt, lese ich, der Bürgermeister und seine Stellvertreterin gehen vorweg und ich finde es alles richtig so.

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Ich lese, immer noch urlaubsbedingt interessiert, eine Meldung über eine Änderung im Buchungsverhalten und finde den Link gerade nicht mehr, pardon. Man kann jetzt schon absehen, stand dort, dass für nächstes Jahr mehr Skandinavien gebucht werden wird, was mir noch nachvollziehbar vorkommt, allerdings auch mehr Kanada und mehr Nationalparks in den USA, zu denen man dann fliegen muss, was die Probleme mit dem Klima weiter verschärfen wird, das ist also wie mit den Kreuzfahrten zu den Pinguinen. Himmel nochmal. Und in Europa werden sonst wohl eher „Geheimtipps“ gebucht, so heißt es da, etwa Slowenien, es wird als einziges Land explizit genannt.

Zwei Stunden, nachdem ich das gelesen habe, kommen die Meldungen über die schweren Unwetter in Slowenien, über die Todesfälle dort, es sterben an diesem Tag Reisende und Einheimische, man kann es sich so nicht ausdenken. Wenige Tage später dann auch die Unwetter in Skandinavien, um hier ein späteres Update einzubauen. Don’t look up, don’t check the weather report.

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Die Herzdame ist währenddessen im Garten und plant ein Projekt, ich sitze zuhause und warte auf ein wichtiges Paket, welches kommen oder auch nicht kommen wird, denn wenn CSD ist, kommt man hier mit dem Auto kaum durch, wir sind für Lieferdienste dann quasi unerreichbar. Aber wenn ich in den Garten fahren würde, dann würde es dennoch kommen, das ist eh klar, dann würde sich irgendein Kurier heldenhaft durchschlagen.

Ich warte also. Ich habe sonst auch nichts vor, ich warte heute einfach nur. Ich gucke Friends, eine ganze Staffel. Ich lese was, die Bachmann-Frisch-Briefe wieder, und nach nur etwa sechs liegend verbrachten Stunden habe ich dann das vage Gefühl, ich könnte auch mal wieder irgendwas machen. Was auch immer. Womit also final dieser Urlaub als Erfolg betrachtet werden kann. Manchmal dauert es eben drei Wochen, bis dieses Gefühl eintritt, einer der Gründe, warum ich mich seit Jahren nicht mehr mit zwei Wochen zufriedengebe. Es funktioniert bei mir sonst einfach nicht.

Das Paket allerdings, es kommt heute nicht. Vielleicht am Montag, man wird sehen.

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Das Ufer der Bille mit Motorbooten an Stegen an der Billerhuder Insel

Am Abend fahre ich mit Sohn II in den Garten, um dort zu übernachten. Die Laube ist warm von den wenigen Stunden Sonne heute, und im Garten ist es ruhig, sehr ruhig. Es ist fast nichts zu hören dort, die Vögel in den Hecken singen nicht mehr, nur ab und zu, alle zehn Minuten vielleicht, das satte „Plopp“, mit dem ein reifer Apfel vor der Laube ins abendnasse Gras fällt. Mehr passiert hier nicht.

 

*Plopp*

 

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Bellagio 59

Freitag, der 4. August. Mein letzter Urlaubstag. Die Herzdame hat noch eine Woche, die Söhne sowieso noch viel mehr, familiäre Ungleichzeitigkeiten.

Diese Regenwoche war äußerst günstig für uns, sie war wie bestellt, weil es beim besten Willen kein Wetter war um draußen, im Garten oder sonst wo etwas zu machen. Es war kein Wetter für Ausflüge nach Sylt, Husum oder an die Ostsee, kein Wetter für Orte, zu denen man immer schon einmal hinwollte, also etwa nach Stade. Die Stadt ist bei mir ein Running Gag, ich schaffe es seit nun schon 23 Jahren nicht dorthin, es hat längst etwas Symbolhaftes. Sogar auf dem Weg in ein Museum wäre man in dieser Woche sehr nass geworden. Nein, es war ein herrliches Wetter zum Herumliegen, mehr nicht. Es war daher einfach perfekt und ich habe mich jetzt an Mittagsschlaf bei rauschendem Regen vor der offenen Balkontür dermaßen gewöhnt, ich werde wohl hinterher, wenn das Wetter doch noch einmal Richtung Sommer umschlagen sollte, Naturgeräuscheplaylists testen müssen, mit Monsun, Regenwald und allem.

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Über die Hitze und die Arbeit in Griechenland, auch kurz über die Aussichten nach den Rhodos-Bränden.

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Das Titelblatt des Briefwechsels Bachmann-Frisch

Im Briefwechsel Bachmann-Frisch finde ich eine Hotelbeschreibung der Bachmann, die eine Art unstillbare Reiselust in mir auslöst, mit der ich auch das Urlaubsthema hier für diese Saison schön abschließen kann. Man kann dort allerdings nicht hin, das Ziel liegt weit in der Vergangenheit, man kann sich höchstens noch hinträumen, aber lesen Sie bitte mal eben, ist das ein Sehnsuchtsort erster Klasse? Möchte man da nicht gleich einen Koffer packen, so einen alten, wie es sie heute gar nicht mehr gibt …

Ich mache Ihnen eben zum Lesen Musik an, vom Sound her passend, vom Inhalt habe ich keine Ahnung:


Ingeborg Bachmann an Max Frisch, Bellagio, 30. April 1959.

Lieber Max, es kam also so: da die Entscheidung für den Comer See gefallen war, fuhr Nanni mich gestern nachmittag an den See, bei einem so erbärmlichen Wetter, dass man es kaum schildern kann, und unterwegs versuchten wir, kleine Alberghi anzusehen, fast hätte ich schon irgendwo ja gesagt, weil ich dachte, ich könnte Nanni nicht mehr zumuten, er war schon ganz durchnässt und musste auch zu einer bestimmten Stunde wieder in Mailand sein. All diese Zimmer, die ich sah, waren so trostlos, meist mit drei Betten, keinem Tisch, viel Stein, düster, und ich wäre bestimmt nach zwei Tagen spätestens an Melancholie und Kälte gestorben, alles ungeheizt und unwirtlich leer. Dann fuhren wir jedoch nach Bellagio, und hier versprach alles ähnlich zu verlaufen, aber als wir so herumfuhren, sah ich den Ort rechts und links aussen von je einem Riesenghotel flankiert, mit Parks, und in meiner Verzweiflung sagte ich, er solle doch einmal bei einem vorbeifahren, ich wolle nur spasseshalber fragen, und so hielten wir vor dem Grande Bretagna, das schön liegt und wie ein Schloss aussieht; viel Personal stand untätig herum und an der Reception war ein freundlicher komischer Kerl, der sagte, es gäbe da zum Beispiel ein schönes Zimmer mit Bad und kleinem Vorraum mit Fenstern zum See, und wie er den Preis nannte, dachte ich, ich hätte mich verhört, weil er so niedrig war und mit der Vollpension, es machte nur ein wenig mehr aus als die Preise, die ich vorher in diesen scheusslichen Locanden gehört hatte. Wir gingen dann nochmals weg und überlegten, was daran nicht stimmen könnte, und dann fuhren wir wieder zurück und ich nahm das Zimmer, mit der vollen Pension dazu, weil ich auch in der billigsten Trattoria niemals so billig essen kann. Das Hotel ist so komisch, totenstill, mit großen Marmoraufgängen, Spiegeln, Palmen, die grün beleuchtet sind und einer Bar, in der immer das Licht angemacht wird und das Grammophon, wenn ich hineinkommen, um einen Espresso zu trinken. Im Speisesaal, in dem alle Tische wie für Geister gedeckt sind, waren wir drei Leute, ein junges Paar mir gegenüber, Franzosen, er scheint geistesgestört zu sein, sie sieht wie eine deutsche Fürsorgerin aus und vier oder fünf Kellner machen den service und alles so ordentlich und brav, nicht wie richtige Kellner in einem Grand Hotel, sondern wie die zweite Garnitur, der man zwar alle Anweisungen gegeben hat, die aber von der Regie im Stich gelassen worden ist. Es scheint, in einem Wort, ein in Ehren verarmtes Grand Hotel zu sein, ein Monstrum das Ende des vorigen Jahrhunderts für die Thomas Manns gebaut wurde. Im Freien war ich noch nicht, weil es regnet. Hinten ist ein wüster schöner Park, vorn eine Dekoration aus Bäumen etc. vor dem See.

Im Zimmer sind Gobelins, Konfektion von 1880, aber solide, ein Bett mit rötlichem Brokatüberwurf, Brokatstühle. Im Bad läuft warmes Wasser, und das ganze Personal wartet wahrscheinlich darauf, dass ich einmal ein Glas Wasser verlange. Es ist sehr unwirklich. Und jetzt fange ich an zu arbeiten. Schreib, wie die Geister im Uetikon sich verhalten!

Ingeborg

Natürlich habe ich das gleich gegoogelt, das Hotel steht tatsächlich noch. Also zumindest die Reste. Es wurde gerade von Ritz-Carlton übernommen, lese ich, es wird restauriert und soll etwa 2026 neu eröffnet werden. Vermutlich zu etwas anderen Preisen als damals, besonders bei Vollpension. Falls ich aber doch noch Dichter und reich werde, werde ich es mir gerne einmal ansehen – der Mensch braucht Ziele.

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Ansonsten heute das erste Mal nach der Reise im Garten gewesen, der in unserer Abwesenheit in den Spätsommerstatus übergegangen ist, alles steht dort in voller Üppigkeit, in maximaler Ausdehnung und Schwellung. Es gibt Gurken, Kohlrabi, sehr viele Tomaten, Bohnen, Heidelbeeren und bunte Karotten. Es hängen noch fünf Birnen am jungen Baum, es bleibt die Hoffnung, mindestens eine am Ende essen zu können. Spannend bleibt es, denn starker Wind darf nicht aufkommen bis dahin, diese Sorte (Clapps Liebling) kann Wind nicht ab.

Frisch geerntetes Gemüse aus dem Garten

Der Hibiskus blüht wieder in pornöser Pracht, die Rosen liefern weiter nach, der Regen scheint im Garten insgesamt gut angekommen zu sein. Bestes Wetter, gerne wieder, wenn es nach den Pflanzen geht.

Das Trampolin wird von neuen Nachbarinnen mit kleineren Kindern abgeholt. Wir hätten es kein Jahr später verkaufen dürfen, es wäre dann komplett eingewachsen gewesen, wir haben es gerade noch über die von uns gepflanzten Kirschbäume bekommen.

Es gibt am Abend Spaghetti mit Tomaten und Kräutern aus dem Garten, die Parzelle mischt beim Speiseplan wieder etwas mit in dieser Jahreszeit.

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Bühnenbildwechsel

Donnerstag, der 3. August. Gestern passierte am Nachmittag das, was hier immer passiert, wenn es seltsamerweise gerade keine Termine gibt, jemand fängt an, Möbel probeweise zu rücken und das Inventar neu zu arrangieren, startet also einen Bühnenbildwechsel. Diesmal war es ein Sohn und okay, es kam in deren Räumen auch schon lange nicht mehr vor, erstaunlich lange nicht. Die Wohnung sieht eine Stunde später also aus, als wollten wir umziehen, aber es ist diesmal in Ordnung. Die Stimmung bleibt seltsam entspannt und sogar mein Behelfsschreibtisch in der Abstellkammer wird auf einmal wieder zugänglich und sieht recht einladend aus, das ist ein erfreulicher Nebeneffekt. Lange habe ich dort nicht mehr gesessen.

Ab und zu geht jemand wegen irgendwas vor die Tür und kommt dann nass wieder rein. Es regnet in dieser Woche so ergiebig, dass es schon niemand mehr anders erwartet, Rausgehen ist Nasswerden, das gehört jetzt einfach so, ein Gleichklang. Ein Sohn repariert am Nachmittag mit großem Geschick sein Fahrrad und fährt dann testweise eine kurze Runde um den Block, er kommt danach so nass wieder rein, als sei er damit quer durch die Alster gefahren. Er friert dann, die Herzdame kränkelt weiter, ich versorge alle wieder mit Hühnersuppe.

Am Abend wie neulich geplant mit der Herzdame den Film „Meine Stunden mit Leo“ gesehen und wie erwartet gut gefunden. Das war originell, denn in aller Regel schaffen wir es nicht, gemeinsam einen Film zu sehen, egal, wie sehr wir es uns vornehmen, wir kommen nie dazu. Aber jetzt doch einmal, es war quasi ein weiteres und spätes Urlaubshighlight.

Gerade fällt mir noch auf, kurz vor Urlaubsende, dass wir in Minden, München und Meran waren, wie albern klingt das denn. Wir hätten vielleicht noch Mailand mitnehmen sollen, Madrid auch.

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Obdachlose kommen in diesem Blog häufiger vor, und falls Sie sich wundern, warum das so ist, warum sie die Szenerie um uns so unübersehbar prägen, es liegt auch an der Anzahl: bis 45.000 werden es in Hamburg wohl sein, was für eine unfassbare Zahl ist das denn. Das entspricht mittlerer Stadtgröße, ein Coburg ist das etwa.

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Ich erhielt vor zwei Tagen eine Mail, dass die Garantie meines Notebooks abläuft. Ich hätte sie zur Gebühr von X Euro gerne für soundso viele Monate verlängern können. Das machte ich allerdings nicht, und heute bricht das Scharnier des Bildschirms am Morgen beim Aufklappen einfach durch. Geplante Obsolenz ist mittlerweile wohl eine erstaunlich präzise Wissenschaft geworden, guck an.

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Ein Aufkleber von Pro Asyl an einem Brückengeländer, Text: "Rassismus führt zum Verlust Ihres Mitgefühls"

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