Schreibwarenmeldungen

Dienstag, der 13.6. Am Montag habe ich Vollzeit gearbeitet, also bis zur normalen Feierabendzeit und etwas darüber hinaus, wie es unter den meisten Büromenschen nach wie vor üblich ist. Das mache ich als Teilzeitangestellter sonst nie und es ist fast lustig, wie seltsam es sich für mich anfühlen kann, nach 17 Uhr noch in einem Büro zu sein. Auch diese Szenerie kurz darauf vor der Tür, dass da diese Hundertschaften gleichzeitig aus den Büros kommen und mit deutlicher Müdigkeit und vereinzelt auch Hitzeschäden im Gesicht zur S-Bahn streben, dabei ausgiebig und ungemein gehässig über die Menschen lästernd, mit denen gemeinsam sie sich gerade eben noch in aller Loyalität als teamfähig deklariert haben – wie fremd mir das alles geworden ist, ich bekomme das sonst nie mit. Anstrengend war es, das allerdings auch. Ich kann mir Achtstundentage in nur einem Beruf längst nicht mehr vorstellen, ich bin da schon zu lange raus und gründlich entwöhnt. Mehr als zwanzig Jahre schon, guck an.

Ein neues Notebook gab es im Büro, das immerhin ist erfreulich. Ich habe in all den Jahren, die ich in Büros und an Schreibtischen verbracht habe, nie die Freude an neuen Geräten und neuer Software verloren, ich finde das immer fein, wenn es bei Schreibwaren und Büroartikeln im allerweitesten Sinne und auch bei Software und Systemen irgendwie weitergeht. Von der ollen Olypmpia, auf der ich in der Oberstufe die Hausaufgaben und Referate getippt habe, und die noch tonnenschwer war, ein wahres Trumm von Metallklotz, auf das man mit Kraft und Kawumm einhämmern musste, bis heute, zu den fast federleichten Notebooks. Nur mir sinnlos vorkommende Updates werden mir allmählich lästiger, wie unlängst bereits irgendwo erwähnt, besonders dann, wenn sie nur dekorativen Zwecken dienen. Aber Sachen oder Programme, die tatsächlich etwas Neues können oder dieses zumindest überzeugend vorgeben – immer spannend. Das geht nicht allen Menschen so, viele sind selbst bei Bürotechnik ausgesprochen änderungsavers. Das spaltet auch wieder die Gesellschaft, wie die Medien reflexmäßig dazu schreiben würden, aber bei denen sind wir hier ja nicht. Oder nur ganz am Rande.

Neue Hardware allerdings, so stellt es sich heraus, kann gerade im Vergleich zu der Hardware vor ein paar Jahren nichts großartig anderes. Schade eigentlich. Na gut, die Kameraabdeckung ist jetzt eingebaut und wird nicht mehr aufgeklebt. Na ja. Slow clap.

Wo ich schon beim Thema bin, ich gehöre zu denen, die eine bedeutende Büroevolution erlebt haben, unvorstellbar eigentlich, was für ein Wandel das war. Wie krass, wie umfassend, wie grundsätzlich, wie sprunghaft teils auch – aber kein einziger der Entwicklungsschritte, von meinem ersten Arbeitsjahr 1987 bis heute, hat in der Berufswelt, die ich mitbekommen habe, unterm Strich Arbeitsplätze gekostet. Das mag in anderen Branchen anders sein, ich weiß es, aber für mein Umfeld gilt das, und ich kann es vielleicht in Bezug auf AI auch ein wenig beruhigend finden. Wir finden schon eine neue Beschäftigung, wenn eine alte Beschäftigung wegfällt, wir haben immer eine gefunden, auch nach der langen, langen Phase mit Lochen, Heften und Ablegen damals. Es kann kein Zweifel an unserer Fähigkeit bestehen, uns zu beschäftigen, wenn ich die letzten Jahrzehnte dabei für beweisfähig halten möchte.

Sind sie noch beweisfähig, oder müssen wir mittlerweile auch daran zweifeln? Da vielleicht auch mal drüber nachdenken.

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Freizeitarbeit

Montag, der 11.6. Ich habe am Sonntag noch einmal erneut festgestellt, dass die genau richtige Arbeit mindestens so entspannend wie alles Freizeitmäßige ist, also für mich jedenfalls. Die genau richtige Arbeit, die sich nicht nach Druck und Termin anfühlt, zu der man eine gewisse Neigung hat und für die man im exakt richtigen Umfang etwas Mühe und ruhige Zeit aufwenden muss. Sie ist allerdings verdammt schwer zu finden und nur selten im rechten Moment zur Hand. Das habe ich nicht so gut hinbekommen, wenn ich an mein Berufsleben denke. Aber so besinnlich ein wenig an einem Werk herumklicken oder tippen – schon schön jedenfalls, wenn es der Stimmung dienlich ist. Ich stelle mir vor, dass andere das dauerhaft und oft so erleben, das muss ausgesprochen nett sein, ich bin da womöglich etwas neidisch. Bilder von japanischen Schriftkünstlern im Kopf, die aufreizend langsam einen Pinsel bewegen, dabei in sich ruhend und zufrieden aussehen – so etwas. Nach ein paar Tagen wäre es mir allerdings wieder nicht aufregend genug, stelle ich mir vor. Irgendwas ist eben immer.

Die Woche beginnt mit einem Hautarzttermin am Morgen. Dies ist also wieder ein betont influencender Hinweis auf die üblichen Vorsorgetermine, fühlen Sie sich angesprochen und nachdrücklich geschubst. In den Niederlanden, haben Sie die Meldungen auch gelesen, stellen Sie jetzt Sonnencremespender auf, für die kostenlose Versorgung mit dem Zeug etwa in Parks und Grundschulen. Ein dezentes Nebenbeizeitzeichen, eine Mahnung auch. Sie werden es dort sicher gründlich durchgerechnet haben, das nämlich ist der gruselige Aspekt dieser Nachricht. Die Hautärztin stellt erfreut fest, dass ich kein Sonnenanbeter bin und wir würdigen gemeinsam die Vorteile der klassischen Herrenmode: Man trägt lang. „Das sollten Sie mal missionieren“, sagt sie, aber was soll man noch alles machen. Ein knapper Absatz muss in diesem Sinne erst einmal reichen.

Beim morgendlichen Brötchenholen an einem Kiosk in Hammerbrook fällt mir etwas auf, das sich längst eingeschlichen hat, aber hier noch einmal festgestellt werden soll. Der Verkäufer fragt mich nämlich: „Was kann ich für dich tun, mein Lieber?“ Und dieses angehängte „Mein Lieber“, das eine lustige Entsprechung zu derartigen Anredeformen in Nordengland und Schottland ist, wo ich sie auch vor langer Zeit zum ersten Mal überhaupt wahrgenommen habe, dieses „Mein Lieber“ es wäre noch vor ein paar Jahren vollkommen undenkbar gewesen. Einen wildfremden Kunden und dann noch von Mann zu Mann mit „Mein Lieber“ anreden, was für ein überaus grotesker Gedanke. Es hat sich mittlerweile hier normalisiert, es ist gekommen, um zu bleiben, und ich finde es ausgesprochen nett. Es hat etwas Entspanntes, Deeskaliertes, Verbindliches, es gefällt mir. „Hier, dein Franzbrötchen, mein Lieber.“

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Ich habe ansonsten noch angefangen, die Filmchen von dieser Konferenz in Berlin da anzusehen, auch wenn mich von den Titeln her nicht so viele ansprechen, was sicher nur an mir liegt. Tante über AI habe ich aber doch interessant gefunden. Er spricht da auch über T.I.N.A. („there is no alternative“ als Mittel der Rhetorik und PR) – das ruhig auch mal im eigenen beruflichen Kontext beobachten. Es ist eine in Konzernen und größeren Firmen ungemein beliebte Strategie der Argumentation.

Bemerkenswert ist aber sicher auch seine Spitze gegen Sascha Lobo, was für eine Verschiebung in der Wertung, in der Szene.

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Mit Smoking im Dschungel

Sonntag, der 11.6., offensichtlich bleibe ich hier halbwegs zuverlässig etwa eine Woche hinter dem Tagesgeschehen. Das wird mir bei Ereignissen aus den Nachrichten ab und zu die Gelegenheit geben, wahnsinnig reflektiert zu wirken, immer überall die Vorteile sehen. Aber, und das jetzt im Ernst, weil ich an ungefähr sieben Blogtexten gleichzeitig schreibe, die alle erst nach und nach fertig werden, ist meine Gegenwart ein wenig breiter geworden, falls mir da noch jemand folgen kann, ein wenig gedehnter und wahrnehmbarer. Slow Blogging als Lebenshilfe, jedem seine Methode.

Am Sonnabendabend habe ich noch Somerset Maugham gelesen, Kurzgeschichten. Da kam wieder einer der Figuren vor, die er öfter in dieser Art beschreibt, ein Kolonialbeamter, der irgendwo in dschungelähnlicher Umgebung fernab der Heimat sitzt und sich dennoch jeden Tag stoisch zum Abendessen umzieht, mit weißem Smoking, Lackschuhen etc., das volle Programm. Nirgendwo Menschen aus seiner Schicht, Bezugsgruppe oder Peer Group, die das zur Kenntnis nehmen und würdigen könnten. Davon abgesehen, dass man heute selbstverständlich beim Lesen mehr und mehr das Fatale, das Leid und das unfassbare Unrecht der Kolonialgeschichte mitdenkt, was ich als jüngerer Mensch ziemlich sicher nicht einmal annähernd getan habe, gibt es da noch eine weitere Deutungsverschiebung beim zweiten Lesen bei mir. Denn früher, ich nehme an, ich habe das mit etwa Zwanzig zum ersten Mal gelesen, habe ich Figuren wie diese des Beamten im Smoking im Dschungel nur milde irre und grotesk gefunden, heute sehe ich, wie nahe ich an diesen Menschen bin. Ich meine, wer im Anzug im Home-Office sitzt, ohne einen einzigen Video-Call im Kalender zu haben, der sollte vielleicht etwas Verständnis für solche alltagskulturellen Marotten haben, sollte er nicht?

Aber noch einmal kurz zurück zum ersten Lesen und zum Kolonialismus. Man kann sich rückblickend schon wundern, und ich schreibe „man“, weil ich glaube, dass ich es tatsächlich verallgemeinern kann, wie sehr wir auf die Sichtweise der Briten in solchen Büchern eingestiegen sind. Wenn man sich mit Kolonialismus auch nur flüchtig beschäftigt hat, gibt es kein Zurück zu dieser Art des Lesens, bei der man das Unrecht nonchalant überblättert, was gewisse Kreise jetzt wieder wild und woke finden werden. Egal.

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Wir haben den Igel im Garten rascheln gehört und dann auch noch gesehen, er ist deutlich fetter als im letzten Jahr, es fällt sofort auf. „Vielleicht ist das so, weil er ein anderer ist“, sagt die Herzdame in all ihrer so ungemein lebenstauglichen Klugheit, und es ist ein Satz, den ich zur Wiedervorlage empfehle, wenn man doch einmal wieder etwas zugenommen hat – vielleicht ja, weil man ein anderer ist.

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In der Luft nun die Flusen der Pappelwolle, der Sommerschnee, die Pflanzenflocken. Jedes Spinnennetz fällt in dieser Zeit auf, weil es weiß verklebt ist und seltsam ausfranst, zuckerwattenmäßige Fetzen wehen aus den sonst so strengen Formen. Ganze Brückengeländer sehen aus, als seien sie mit zerrissener Spitze unbeholfen von Gespenstergesindel dekoriert worden. Ich stelle es mir für die Spinnen sehr nervtötend vor, man webt da einzigartig klare Kunstwerke, filigran und mit Sorgfalt und Geschmack durchkonstruiert, und nur Minuten später werfen die Pflanzen lumpiges Zeug dort hinein, und wie viel davon. Für die Beuteinsekten wiederum ist es sicher nett, denn unauffällig sind die Netze der Jägerinnen in diesen Wochen nicht, eher im Gegenteil.

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Das Wochenende war insgesamt nicht ohne jeden Charme, stelle ich am Sonntagabend zögerlich lobend fest. Das mal so verstetigen! Na, was man sich so vornimmt.

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Währenddessen in den Blogs, Ausgabe 18.6.2023

Neues aus dem Fachblog für Bewölkung.

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Jochen hat die KI getestet, die ich neulich im Blog erwähnt habe und von der ich ihm erzählt habe, jene Variante, die auf emotionale Intelligenz hin gebaut wurde. Ich denke, er war einigermaßen beeindruckt.

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Frau Ziefle schreibt wieder, guck an. Und gleich mit Explosivstoffen.

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Weitere E-Auto-Lade-Erfahrungen.

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Zeitgemäße Geburtstagswünsche, passend dazu eine Dschungelmeldung. Wir haben das Glück, das bei uns im Garten schon Bäume standen, was in Schrebergärten eher nicht so vorgesehen ist, aber Birke, Weißdorn und Weide waren schon da, auch die alten drei Apfelbäume und die Sauerkirsche, und alle sorgen sie für Schatten. Die von uns gepflanzten Bäume fangen allmählich an, uns zu überragen und sich vor die Sonne zu schieben, so war es auch gedacht. Apropos überragen, wussten Sie, wie groß Mohn werden kann? Haben Sie schon einmal einer Mohnblüte von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden, ohne sich zu bücken? Das war eine neue Erfahrung für mich. Diese Höhe auf diesem dünnen Stängel, eigentlich kaum vorstellbar. Die Blume hat sich aber auch in aller Dezenz ein klein wenig an einen benachbarten Schneeball angelehnt. Wer so hoch hinauswill, der braucht etwas Support.

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Nebenbei fragen wir ins, ob Firmen jetzt Katastrophenschutzpläne brauchen. Natürlich kann man sich da leicht täuschen, aber das Naheliegendste im Moment scheint mir eine Hitzewelle zu sein, bei der ich dann vor dem Problem stehe, dass sowohl das Home-Office als auch das Office-Office zu heiß sind, letzteres vielleicht zwei, drei Grad kühler, aber mir immer noch zu warm. Das ist nicht einfach, das mit den Plänen.

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Die Kaltmamsell mit dem alltagstauglichen Tipp: Listen statt Kaufen. Wende ich auch so an, funktioniert. Wobei ich das Befüllen eines Wunschzettels auch für eine Tätigkeit mit Dopaminbelohnung halte. Am nächsten Tag alles wieder von der Liste schmeißen, keinen Schaden angerichtet. Man muss sich seine Auswege suchen, ne.

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Herr Rau, eine Instanz, wenn es um das Erzählen in der Literatur geht, erzählt uns was über die Erzählinstanz.

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Der Kaffeehaussitzer bloggt auch schon zehn Jahre.

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Beste Verpflegung im Garten der Buddenbohms

Sonnabend, der 10.6. Ein Sohn hat den Garten am Abend mit seinen Freunden genutzt, es ist jetzt das Alter, in dem man Party-Locations sucht. Die Herzdame hat ein bemerkenswertes Foto der Szene gemacht, bevor sie dort nicht weiter gestört und die Bühne verlassen hat. Zumindest auf dem Smartphone sieht das Bild aus, als sei es aus einem Fotobuch, aus einem Coffeetablebook über das Nachtleben in Schrebergärten vielleicht.

Eine Hollywoodschaukel im dunklen Garten, davor ein großer Monitor und Gaming-Zubehör

Am Nachmittag des nächsten Tages, nach dem die Jugend alles wieder aufgeräumt und verstaut hat, sitze ich tippend in der Laube. Die Herzdame liegt wieder in der Hollywoodschaukel, es ist gerade unser bevorzugtes Arrangement für ein, zwei gelungene, ruhige Stunden. Zwischen uns steht die Magnolie, die seltsamerweise in diesem Jahr viel dichter belaubt ist als sonst, üppiger grün, vielleicht mag sie Trockenheit. In der Magnolie hängt ein Drahtkorb für Meisenbälle, einer ist noch darin. Aus dem Magnolienlaub kommen zwei Ärmchen und strecken sich nach unten. Das Eichhörnchen turnt mit dem Kopf nach unten zum Ball. Es sieht prüfend erst kurz nach rechts zur Herzdame und dann nach durch die offene Tür zu mir in die Laube, dann fängt es unbeirrt an zu fressen. Es knabbert mit großer Hingabe und in aller Ruhe. Der Meisenknödel geht dabei weg wie nix, beste Verpflegung wieder im Garten der Buddenbohms. Die ganze Zeit hängt das Tier dabei mit dem Kopf nach unten, in einer Haltung, in der Sie und ich eher nicht entspannt essen würden, nehme ich an. Nicht einmal meinem Lieblingsgericht würde ich mich freiwillig so nähern. Aber was ist überhaupt mein Lieblingsgericht. Egal, das führt zu weit.

Das Tier streckt sich jedenfalls dabei immer weiter, wie es sich streckt! Ich kann gar nicht in Ruhe weiterschreiben, ich muss die ganze Zeit dahin sehen. Es hat bereits etwa doppelte Eichhörnchenlänge in dieser Haltung, wenn nicht schon mehr, es sieht mindestens wieselhaft gedehnt aus. Wie weit sind denn diese Tiere ausfahrbar, das sieht man ihnen überhaupt nicht an, wenn sie zusammengekauert auf einem Ast sitzen. Eine Meise fliegt an, setzt sich auf einen Pfahl vor dem Baum und guckt indigniert. „Meisenball“, wird sie denken, „da sagt doch der Name schon alles! Mei-sen-ball!“ Wütendes Zwitschern, jede Silbe betont der Vogel. Das Eichhörnchen ignoriert das allerdings routiniert, es ist mit bösen Meisenblicken durchaus nicht zu beeindrucken. Es frisst in großer Ruhe erst einmal alles auf. Dann turnt es gemächlich und mit sichtlich vollem Bauch am Stamm der Magnolie hinunter ins Gras und kümmert sich auch noch um die heruntergefallenen Krümel. Aufräumen nach dem Essen, das gilt hier nicht nur für unsere Söhne, das gilt auch für andere Gartengäste. Allerdings wirkt das Eichhörnchen dabei deutlich bemühter als so manch anderer, wie ich als Freund der gepflegten Haushaltung sehe.

Dann hüpft es über den Rasen in Richtung Weide. Es kommt dicht am bloßen Fuß der Herzdame vorbei, der über dem grüngelben Gras schlenkert, es würdigt sie aber keines Blickes. Es ist wohl okay, dass wir da sind, aber mit uns reden muss es nun auch nicht, bloß nichts übertreiben. „Schönen Abend noch“, sage ich, und es dreht sich immerhin kurz um zu mir. Und das ist schon viel in diesen Kreisen.

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Ohne Segel, kein Hafen

Freitag, der 9.6. Ich beschäftige mich bei einem Projekt mit einer bibliothekarischen Aufgabe, es geht um die Klassifikation von Mediendateien. Es kommen Schiffe vor, sie haben Merkmale und Namen oder nicht, sie liegen im Hafen oder nicht, es ist Sturm oder nicht, es muss alles irgendwie erfasst werden. Nachdenken über Schlagwörter und Strukturen und Ordner und Ablagen, es ist wie Aufräumen, und ich mag Aufräumen. Sehr sogar. „Ohne Segel, kein Hafen“, das steht als Angabe unter einem Bild, es ist ein Sortierversuch. Wie traurig das klingt. Dabei kann man sich sofort muntere Bilder vorstellen, Sommerreisebilder etwa, auf denen Schiffe ohne Segel sind, die in keinem Hafen liegen. Aber wenn man nur das Negative hervorhebt, das Fehlen von etwas, wird des gleich melancholisch, ohne Segel, kein Hafen, so sad. Irgendwo in der Flaute herumdümpeln, danach klingt es. Joseph Conrad hätte so etwas glatt für ein, zwei Kapitel gereicht.

Es ist der erste Tag, an dem unsere Wohnung heiß ist, nicht nur einfach warm. Ich merke es bei der Arbeit am Schreibtisch, das Gefühl schleicht sich an und wird dann auf einmal bewusst: Es ist viel zu warm hier drin. Spontan alles von sich werfen wollen, den Ventilator im Keller suchen, die Fenster schließen, die Jalousien runterziehen, auch die Vorhänge zumachen. Alles lange nicht mehr gemacht. Es ist Juni, es passt, es wird nur jedes Jahr etwas schlimmer. Ich habe schon wieder vergessen oder verdrängt, wie anstrengend ich Hitze finde, ich werde mich erst neu daran gewöhnen müssen. Den Tagesablauf umstellen, mittags nicht mehr rausgehen und so weiter, die Bewegung in die anderen Stunden verschieben. Noch früher aufstehen oder doch einmal länger aufbleiben, irgendwas mit den Rändern des Tages machen, mit den Zonen der etwas frischeren Luft in der Stadt.

Für heute aber ergebe ich mich der plötzlichen Schwäche, und gerne sogar. Siesta, fordert der Körper nachdrücklich, dem gebe ich nach und schlafe in dem Moment ein, in dem ich das Bett berühre. Es ist viel zu warm auf dem Bett, es macht nichts. Auf den winzigen Lufthauch im Raum achten, denn den gibt es immer, man muss ihn nur wahrnehmen. Schön ist das.

Ein Sohn kommt am frühen Abend aus seinem Zimmer, er sieht aus wie nach dem Sport, er hat da aber nur vor seinem PC gesessen. „Es geht wieder los“, sagt er und „Ja“, sage ich, „das habe ich auch gemerkt. Im Kühlschrank ist noch Eis.“

Das beste Wetter ist dann, wenn ich in einem Anzug weder friere noch schwitze, wenn ich auch nicht nass werde und nicht wegwehe. Dieses Wetter ist ausgesprochen selten. Ohne Regen, kein Wind.

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Der Himmel über Altona

Donnerstag, der 8.6. Ich habe nach der Arbeit für eine andere Arbeit, so geht es nämlich zu bei den Menschen mit mehreren Berufen, noch einen Termin in Altona. Auch da war ich lange nicht mehr, schon vor Corona nicht, Bezüge zu Altona habe ich eher selten. Ich erkunde gerade nach und nach meine Stadt neu, die mir in den Pandemiejahren überraschend fremd geworden ist, wie mir immer klarer wird.

Wenn es um neue Häuser und Straßen und Plätze geht, fallen die Veränderungen in Altona fast so krass aus wie in der Hafencity, wenn man nur lange genug nicht dort war, und von der S-Bahn aus müsste ich mich schon einigermaßen anstrengen, um mich an „meine“ alte Einfahrt in diesen Bahnhof zu erinnern. Wie sah es da damals aus und wann war damals eigentlich. Die Achtziger, die Neunziger, die Zehner, so in etwa, da verschwimmt eh alles längst, ein unklarer Vergangenheitsbrei. Anders war es jedenfalls, für wie lange Zeit auch immer. Da war doch diese weite, leere Fläche, die Bahnbrache, nicht als Gleise und Ödnis. So leer war es, dass ich die Erinnerungsbilder mit den Filmbildern aus „Der Himmel über Berlin“ zusammenwerfe. Urbane Karstlandschaften. Ich gehe ein wenig durch die in den letzten Jahren neu bebauten Straßen und staune. Da wohnen Menschen wie in Architekturmodellen, und sie gehen in die Häuser raus oder rein wie in Marketinganimationen, die von einer KI in Szene gesetzt wurden. Da sitzt ein Kind symbolhaft auf einer Schaukel, hier wächst ein Prospektbäumchen, so lebt man also in einer Präsentation.

Später kaufe ich im Discounter im Bahnhof Altona ein, es passt heute nicht mehr anders ins Programm, es ist eine Spontanlösung. Mir fällt etwas auf, was mir ohne meine Abokarte gar nicht in den Sinn gekommen wäre – bei Regen könnte ich hier auch absichtlich und sogar gut einkaufen. Es dauert natürlich länger, erst dorthin zu fahren, aber ich käme immerhin trocken hin und zurück, das ist auch interessant. Das mal für die regenreicheren und kälteren Saisonvarianten vormerken. Der Discounter da ist sogar größer als der bei uns im kleinen Bahnhofsviertel, es gibt mehr von allem.

Das ist nur ein winziges, ein eher lapidares Beispiel, und doch denke ich dabei gerade meine Mobilität neu. So geht das also, denke ich mir.

Der Himmel über Altona, er zeigt währenddessen die ganze Zeit das makellose Azur des allzu trockenen Sommers. Ich fahre in der S-Bahn zurück zum Hauptbahnhof, lasse mir etwas Passendes dabei vorsingen und lobpreise die Technik, die solche Lieder und Videos jederzeit auf Abruf bereithält. Man müsste sonst sicher enormen Aufwand betreiben, um den Herrn, der diesen Song geschrieben hat (mit einem Text von Vito Pallavicini), mal eben für sich singen zu lassen.

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Einen Verlag mit B finden

Mittwoch, der 7.6. Die Timelines sind voller gelborangefarbener, apokalyptisch anmutender Bilder aus New York, ein Katastrophenfilmsetting mit oscarverdächtiger Kulisse und irren Special Effects, aber wieder ohne rettenden Action-Helden oder ein herbeifliegendes Superwoman. In einem Blog sehe ich eine eher beiläufige Bestätigung für die Meldungen auf den Titelseiten, auf Tiktok sehen die Filmchen deutlich dramatischer aus. In Brandenburg brennt es auch, sehe ich nebenbei, was wieder wie ein Kurzgeschichtentitel klingt. „In Brandenburg brennt es auch“, vom Buddenbohm, wie plausibel liest sich das denn, ich habe gleich das Cover vor Augen. Einen Verlag mit B am Anfang dafür finden, eh klar. Browohlt für die Männerliteratur aus dem Verlag, ist darauf schon jemand gekommen?

Der Rasen im Garten wird währenddessen an einigen Stellen schon strohgelb, so früh im Jahr. Es ist alles staubtrocken und kein Regen ist in Sicht, weit und breit nicht. In den Wetter-Apps sehe ich durchgehendes Sonnengelb ohne einen Tropfen. 14 Tage lang geht das mindestens so, es sieht aus wie in sehr unbemüht erstellter Wetterbericht, copy and paste immer wieder, das hat doch der Praktikant gemacht. Da wir es nicht jeden Tag in den Garten schaffen können, wird wohl nicht alles durchkommen können. Immer weiter alles umsortieren und neu bepflanzen, so dass es mit Dürre halbwegs umgehen kann. Was bei Obst und Gemüse allerdings keine allzu leicht lösbare Aufgabe ist, und wie viel Salbei braucht die Welt, wie viel Lavendel.

Die erste Erdbeere sieht mittlerweile essbar aus. Vielleicht würde ihr ein weiterer Sonnentag noch guttun, vielleicht wäre das dann aber auch der Tag, an dem gewisse Tierchen wieder schneller als wir sind, die Schnecken, die Stare, die Asseln und wer weiß, wer da noch alles an Süßem interessiert ist. Unwägbarkeiten. Die Kirschen röten sich nun auch langsam deutlicher, die Glockenblumen blühen, die Rosen. Ein flüchtiger Gartenrundgang heute nur, keine Zeit, keine Zeit.

Rote Rosenblüten vor hellblauer Laubenwand

Am Abend ein spektakulärer Polizeieinsatz vor unserer Haustür, ein paar Meter weiter, nur eben um eine Ecke, so dass man die Action nicht sieht, nur hört, aber wie gut man die hört. Beeindruckend lautes Polizeigebrülle. Sätze, die man aus Filmen kennt, wie oft hat man das exakt so gehört, „Langsam rauskommen!“ und dergleichen, sogar „Hände hoch!“ ist dabei. Ich könnte gar nicht so laut schreien, wie der Polizist da, das ist am Ende auch so eine Sonderbegabung, in jeder Einheit braucht man vielleicht einen zum Brüllen. Aus allen Richtungen herbeilaufend Zivilpolizei, heranbrausende Autos auch, auf deren Dach noch während der Fahrt das Blaulicht geklemmt wird, die Fahrzeuge halten kreuz und quer auf den Fußwegen und auf der Kreuzung. Es sieht unfassbar krimimäßig aus und die Balkone ringsum sind fast sämtlich besetzt, in zahlreichen Fenstern sehe ich Köpfe. Man kann das nicht überhören, was da stattfindet, da siegt die Neugier dann doch und der abendliche Film findet heute vor der Haustür statt. Es ging um 20 Kilo Kokain und um andere Drogen, sehe ich am nächsten Tag in den Nachrichten. Da wird es dann schon einmal lauter.

Aber hey, gehobene Wohnlage nennt sich das hier.

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In der Sonne, am Nachmittag, in Richtung Südwest

Dienstag, der 6.6. Der Sommeranfang. Nicht kalendarisch, nicht meteorologisch, sondern de facto. Ab hier ist auf einmal etwas Neues in der Stadt, es geht als Hitze durch, als veritable Sommersituation. Noch nicht überall, auch noch nicht zu jeder Stunde, aber doch auf jeden Fall in der Sonne, am Nachmittag, in den Büros und Wohnungen mit Räumen Richtung Südwest, in den Autos im Stau, auf manchen windgeschützten Plätzen – eindeutig. Die Herzdame und ich haben einen Termin bei einer Bank in einer Straße, in der wir sonst nicht oft sind. Ein Bankmensch müht sich für uns mit der Software, er müht sich sogar sehr, es dauert und dauert, wir warten währenddessen. Vor den Fenstern, wir sitzen im Erdgeschoss, ein lange nicht mehr gesehenes Stück Stadt, das heute seltsam überzeugend südlich wirkt, es sieht nach Madrid aus, nach ganz anderer Großstadt. Dieser helle Stein der Fassaden, dieses grelle Licht, all die sommerlich gekleideten Menschen, die Schatten suchen. In der Bank läuft eine Klimaanlage, die Angestellten wirken dennoch gut durch, erschöpft und verbraucht, es ist bald Feierabend. Vor dem Fenster halten Hamburger Busse, mitten in Madrid. Mit dem Deutschlandticket kann ich jetzt bis nach Spanien fahren, denke ich.

Ein paar Meter weiter ein anderes Kundengespräch. Ein Banker spricht mit einer älteren Frau, er spricht laut, sie auch, man kann es nicht überhören. Nach zwanzig Minuten kenne ich die finanzielle Situation dieser Frau recht gut und ich weiß auch, mit wie viel Bargeld sie gleich nach Hause gehen wird, welchen Betrag sie nächste Woche holen will und was ihre nächsten Transaktionen zum Wohle der Familie sein werden. Datenschutz stelle ich mir anders vor. Auch Telefonate hören wir in der Wartezeit mit, es geht gar nicht anders, es ist in diesem Raum nicht anders vorstellbar. Es geht befremdlich oft um Vorgänge, die „in der Software aber nicht so sind“ und ich höre auch muntere Sätze wie „… aber das klappt dann schon, machen Sie sich mal keine Gedanken.“ Mein Vertrauen reduziert sich minütlich. Hätte ich Millionen, ich würde sie hier wohl eher nicht deponieren. Aber isch abe gar keine Millionen.

Am Morgen, das ist ein Zufall, habe ich mit einem Sohn noch ein Gespräch über die Verwendung von Lottogewinnen geführt. Zu meiner Überraschung gab es da überaus vernünftige Vorstellungen, was würde man mit einer Million machen, was mit zehn Millionen, was wäre dann wie. Verzinsung war ein Begriff und berechenbar, sehr sortiert klang das alles, sicher viel vernünftiger, als ich es in dem Alter ausgeführt hätte, und nach einer Weile dachte ich dann: Soll er ruhig mal gewinnen, der Herr Sohn. Ich würde sogar etwas abbekommen, wie nett ist das denn. Aber er spielt gar kein Lotto, fiel uns dann noch ein, das erschwert die Sache deutlich.

Abends höre ich Katrin Seddig aus ihrem neuen Roman „Nadine“ lesen. Ich kenne bisher nur die von ihr vorgelesenen Abschnitte aus dem Buch, ich finde sie sehr gut und möchte mehr davon, dieses Buch also mal besorgen. Ich werde wohl an anderer Stelle mehr dazu schreiben, hier belasse ich es bei einer kurzen, aber doch dringenden Empfehlung. Wenn Sie noch Ferienlektüre brauchen, denn auch diese Saison beginnt bald, merken Sie das doch bitte vor.

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Amselabende

Montag vor einer Woche, der 5.6. Wir haben die nächste Stufe des Sommers erreicht, wir schlafen wieder mit offener Balkontür. Es ist mit das Schönste am Sommer für mich, wenn diese Tür durchgehend offenbleiben kann und die Amsel um halb elf immer noch singt, fast wie in Vertretung der Nachtigall. Und wie schön sie singt, in dieser überaus freundlichen Resthelligkeit des Junitages, in der man auf dem Balkon sogar noch lesen könnte, wenn man denn unbedingt wollte, aber es ist noch viel schöner, sich von der Amsel lieblich in den Schlaf flöten zu lassen. Während im Haus gegenüber zwei, drei, vier Lichter ausgehen und nur eines an, und während die Farben im Wohnzimmer langsam zu Grau verblassen. Sehr langsam.

Am Montagmorgen dann früher Sonnenschein auf einer militärisch korrekt geordneten Ameisenparade in der Dachrinne vor dem Küchenfenster. Wie die das immer bis hier oben schaffen, es muss doch ein veritables Hochgebirgsvorhaben für ein so kleines Volk sein. Der Apfel, der für die Amsel auf dem Balkongeländer liegt, ist ihr Pendant zum Gipfelkreuz, sie arbeiten sich hoch.

Ich sehe mir die Termine im Kalender an, ich gehe danach zurück zum Fenster. Ich sehe mir die Ameisen an, die da stoisch immer weiterziehen und mit dem Abbau der gefundenen Rohstoffe beginnen, es sind eindeutig Ameisen mit Auftrag. Ich nicke, ich gehe zurück zum Notebook. Ich erledige mehrere Dinge noch vor sieben Uhr. Ich will diesmal Vorsprung vor der Woche haben. Kann man das überhaupt?

Auf dem Arbeitsweg höre ich weiter die Hoffritz, mache also weiter im Geschichtsunterricht. Es geht gerade um die Inflation im Jahr (19)23, es kommt einem alles seltsam bekannt vor. Sogar das Wort Inflationsausgleich wird erwähnt, es geht ferner um Arbeitszeitverkürzung, wie gegenwärtig ist das denn. Dabei habe ich etwas gelernt, und es schadet sicher nicht, das zu kennen, was ich im Geschichtsunterricht vielleicht nicht hatte, zumindest kann ich mich nicht ansatzweise erinnern: Das Stinnes-Legien-Abkommen. Daher und seitdem also der Achtstundentag. Weiß man das jetzt auch.

Ansonsten muntere Büroarbeit. Ich ändere die Hintergrundmarkierung einer Zelle in Excel, ich singe leise „Blau, blau, blau sind alle meine Zellen“, und da weiß ich wieder nicht, bin ich heute nur milde gut gelaunt oder schon längst reif für die Einweisung. Egal. Weitermachen. Das Blau der Excelzelle passt zufällig genau zur Farbe des Himmels vorm Bürofenster, fällt mir kurz darauf auf. Wenn ich mein Notebook hochhalte, sieht es aus, als könne ich durch diese Zellen hindurchsehen. Faszinierend. Vielleicht doch intensiver über die Einweisung nachdenken. Ich kann den Himmel in Zellen sehen, da! Man kann da durch, ins Blaue, ins Weite! „Ist gut, Herr Buddenbohm, entspannen Sie sich erst einmal.“

Aus der Schule kommen währenddessen Mails, in denen die Termine bis zum Schuljahresende gelistet werden, das ist damit also schon so gut wie durch. Wir erreichen nach den Sommerferien die Klassenstufen acht und zehn für die Söhne. Bei Sohn I bin ich aus allen Hilfsmöglichkeiten mittlerweile gründlich raus. Neulich fragte ich ihn nur interessehalber, was sie eigentlich gerade in Mathe machen: Kombinatorik. Ich weiß nicht einmal, was das ist. Verdrängt, vergessen oder damals verpasst, was weiß ich. Ich war in diesen Jahrgängen nicht sehr oft in Mathe anwesend, aber das habe ich in dem Gespräch nicht erwähnt.

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