Ich lese in einem Buch von Charles Fernyhough: „Selbstgespräche – Von der Wissenschaft und Geschichte unserer inneren Stimmen.“ Deutsch von Theresia Übelhör. Ein Werk, in dem in er in faszinierender Gründlichkeit einem nahezu unmöglichen Forschungsgegenstand nachgeht, denn es geht um das, was wir denken, und wenn wir daran denken, was wir denken, dann denken wir ja nicht mehr, was wir denken, sondern etwas ganz anderes. Als hätte man ein Stöckchen in den Gedankenstrom gehalten, und schon fließt er nicht mehr normal, sondern verwirbelt sich seltsam. Das normale Denken ist schwer zu erwischen und auch dieses Buch zeigt übrigens wieder, dass es zwischen den Menschen nennenswert mehr Unterschiede im bloßen Vorgang des Denkens gibt, als man es sich wohl gewöhnlich vorstellt. Die anderen Menschen sind also noch mehr anders, als man ohnehin immer annimmt. Das ist leicht zu verstehen, aber schwer zu verdauen, glaube ich.
Bis zu 15% der Durchschnittsbevölkerung, so heißt es da etwa, hören ab und zu Stimmen, ist das nicht eine erstaunlich hohe Zahl? Also Stimmen im Kopf, die sich wie fremde Stimmen anfühlen. Ich finde 15% ziemlich beeindruckend. Fernyhough vergleicht das dann, und da wird es für die schreibenden Leserinnen interessant, mit den kreativen Prozessen. Wie kommt man eigentlich zu Ideen und zu Figuren – und reden die? Sagen die den Schreibenden etwas, kann man denen zuhören? Wer macht eigentlich die Geschichte, wer die Dialoge, die Figuren oder der Autor und wer macht genau was bei dem Prozess, was macht unser Hirn dabei und wie kommt es dazu?
Für Eltern auch interessant ist die Frage, ab wann Kinder einen eigenen und mehr oder weniger verbalisierten Gedankenstrom im Kopf haben (überraschend spät) – und was eigentlich davor ist.
Nicht die leichteste Lektüre, nicht fluffig und unterhaltsam. Aber hier und da allemal zum Weiterdenken geeignet.
Das Wort parasozial habe ich nebenbei auch gelernt, das war mir nicht geläufig. Es ist aber für mich als Bloggerin, meine männlichen Anteile sind mitgemeint, gar nicht uninteressant.
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Zwischendurch recherchiere ich auf einmal, es überrascht mich selbst, wie das kommt, Füller und Notizbücher. Ein plötzlich wieder aufwallendes Interesse, den Anfangspunkt bekomme ich nicht einmal bewusst mit, es überfällt mich hinterrücks. Ich suche mir meine Federn zusammen, die Tinten usw., ich baue alles vor mir auf. Ich finde es großartig und möchte dringend mehr von allem haben. Ich interessiere mich nicht für Kalligraphie oder Handlettering, für dieses ganze bunte Schnörkelzeug nicht, ich interessiere mich eher für das gewöhnliche und altmodische Schreiben. Schreiben mit der Hand beruhigt, noch mehr aber beruhigt es, geschrieben zu haben. Geschrieben zu haben ist ein überaus angenehmes Gefühl, Seiten gefüllt zu haben ist schön. Eine Art handwerkliche Befriedigung ist das, sinnlich und verlässlich.
Immerhin hat Sohn II diese Phase nicht zeitglich mit mir, denn dann, das haben wir beim letzten Mal gemerkt, wird es teuer. Wir verstärken unsere Leidenschaften in dem Fall geradezu fürchterlich. Wir kaufen einen ganzen Schreibwarenladen, wir horten alles, was es gibt, Papier, Schreibgeräte, Tinten und Blöcke, und wenn die Phase abklingt, zehren wir jahrelang von den Vorräten.
Ich gehe eben nachsehen, wie lange die Notizbücher wohl reichen und ob es nicht doch sicherer wäre, noch ein, zwei …
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„[…] interessant ist die Frage, ab wann Kinder einen eigenen und mehr oder weniger verbalisierten Gedankenstrom im Kopf haben (überraschend spät)“
Das finde ich wirklich interessant, ab wann denn?
@stedtenhopp:Es ist laut Buch nicht eindeutig zu beantworten, da nicht messbar, die Angaben schwankten von 3 bis 7, je nach Betrachtungsweise.