Zwei Bilder nur

Carola hat neulich über schlechte Stimmung im Urlaub geschrieben, und zwar tat sie das, wenn ich es richtig gelesen habe, mit einigem Zögern. Da will ich gleich etwas anlegen, stets im Einsatz für mehr Realismus im Netz. Und zwar mache ich es andersherum. Ich schildere ihnen zwei Situationen, in denen wir uns im Urlaub vollkommen unglaublicher Weise nicht gestritten haben, Sie können dann daraus ex negativo etwas ableiten, wenn Sie möchten. Wenn nicht – macht auch nichts.

Beide Szenen beziehen sich wiederum auf den Urlaub im Jahr 2019, zu dessen Schilderung ich damals aus gar nicht lustigen Gründen nicht gekommen bin, der hier aber in Notizschnipseln immer noch durch die Dateien wabert und also nach und nach verknuspert werden will.

Zum einen haben die Herzdame und ich – zu zweit! – im Schrebergarten eines dieser riesigen Trampoline aufgebaut. Ich wollte nie so eines haben, natürlich nicht. Sie sind furchtbar hässlich, sie zerstören zuverlässig jede Gartenidylle, sie werden allzu schnell zu gar nicht malerischen Ruinen, man wird sie nie wieder los und die Kinder brechen sich die Knochen darauf, vor allem aber sind sie wirklich, wirklich unfassbar hässlich … egal. Die Söhne brauchten dringend so etwas im Garten, etwas, das Beschäftigung bot, und zwar viel davon. Alle haben ein Trampolin, wir haben jetzt auch ein Trampolin, so ist das Leben im Mainstream, es hat seine Abgründe.

Man kann so ein Trampolin, auch die in großer Größe, zu zweit aufbauen, mit mehr Personen wäre es aber deutlich einfacher und vor allem schneller. Wir waren nur zu zweit, denn wir scheuen ja keine Herausforderung, oder anders ausgedrückt, wir haben keine allzu hohen Erwartungen an so etwas und schrecken in gewohnt fatalistischer Entschlossenheit mittlerweile vor gar nichts mehr zurück.

Man muss sich dabei, wie vermutlich leicht vorstellbar ist, unentwegt abstimmen, ähnlich wie beim Aufbau von großen Schränken oder Betten, man muss sich auf Distanz etwas zurufen und dann entsprechend bewegen, weiter links, rauf, runter, mehr so, jetzt anders, und wir sind nicht gerade gut in so etwas. Wir neigen dazu, uns bei so etwas nicht zu verstehen, also nicht nur emotional nicht, sondern auch schon auf der Sachebene nicht. Ich kann es nicht recht greifen, ist es nun ein anderes Sprachverständnis, ein anderes räumliches Denken oder etwas in der Art, aber wenn die Herzdame „Mehr nach links“ sagt, dann geht das in der Regel nicht. Und ihr geht es mit mir genauso, nur dass sie nicht nur anzweifelt, ob links richtig sein könnte, sie stellt auch noch grundsätzlich in Frage, ob es überhaupt gerade um Richtungen geht. Diese Art von Problemen also. Wir können hervorragend über Erziehung oder über den Weltfrieden reden, aber zwei Stangen zusammenfügen – verdammt schwierig.

Dieses Trampolin jedenfalls– wir denken heute noch gelegentlich an diesen Tag, wenn wir daran vorbeigehen! – haben wir einfach so aufgebaut, wie ein total normales Arbeitsteam. Und es war nicht einmal einfach, es verlangte erstaunlich viel Abstimmung und Geruckel, sprachlich und auch praktisch, es war auch eine lange Weile nicht klar, wie das jetzt überhaupt aussehen sollte und ob so oben war oder so und ob nicht vielleicht alles ganz anders … Dann ging auch noch etwas kaputt, und wir haben in schönstem Frieden einfach weitergemacht. Zwischendurch sahen wir uns irritiert an, was war das jetzt? Hat jemand die Drehbuchseiten vertauscht?

Wir blieben friedlich und einträchtig und konstruktiv. Wenn man so arbeitet, dann kann alles dabei herauskommen, große Werke kann man auf diese Art stemmen. Oder man baut eben leider nur ein potthässliches Sportgerät auf. Aber egal, wir erinnern uns mit Freude. Wir haben Großes geschafft, alles ist möglich. Wenn auch eher selten.

Zum anderen haben wir damals in Südtirol den Stau unseres Lebens erlebt. Wir waren am Reschensee, das ist da, wo dieser Kirchturm so überaus dekorativ aus dem Wasser ragt, das kennen Sie bestimmt. Auf dem Rückweg in Richtung Eppan hatte an einer besonders schmalen Stelle eines Tals ein Apfellaster, natürlich war es ein Apfellaster, alle Klischees kommen immer hin, seine Ladung verloren. Da musste erst schweres Gerät herangeschafft werden, dann mussten einige Tausend Äpfel beseitigt werden, das war mit etwas Fegen also nicht getan. Das schwere Gerät musste aber erst noch durch andere Staus, wir standen da dann ganze viereinhalb Stunden. Wir hatten weder etwas Essbares noch genug Wasser dabei, wir hatten keine Bücher oder Zeitschriften im Auto und die Handys hatten keinen Empfang. Wir waren müde und hungrig vom Ausflug und die Söhne wollten dringend zurück zum Ferienhof, weil sie noch einmal in den Pool wollten. Es war im Grunde eine Situation wie in einem Experiment, so eine psychologische Versuchsanordnung, wir wollen doch mal sehen, wen sie jetzt zuerst essen.

Was soll ich sagen, wir haben uns viereinhalb Stunden lang einfach unterhalten. Über dies und das und in heiterem Tonfall, wie man sich vielleicht die glückliche Rama-Familie im Stau vorstellt. Auch daran denken wir noch heute manchmal zurück, damals in Südtirol, so sagen wir dann, da haben wir immerhin viereinhalb Stunden geschafft, wisst ihr noch, wir können das. Dann erinnern wir uns kurz und selig und stellen dann übereinstimmend fest, dass hier aber nicht Südtirol sei und überhaupt, und dann machen wir normal weiter.

Man kann solche Situationen nicht oder nur schwer reproduzieren. Aber man zehrt ungemein lange davon. Auf einem Diaabend, wie es sie in meiner Kindheit noch routinemäßig gab, hätte man dazu zwei langweilige Bilder gesehen, klick, ein gewöhnliches Trampolin, klick, ein Stau. Na und?

Aber irgendwer hätte dazu leise „Ja, das war schön“ gemurmelt.

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Links am Morgen

Ich habe beim Einkaufen ein Gespräch mit Hanns Zischler gehört, der eine mir angenehme Stimme hat, der mich mit “I wouldn’t start from here” zum Lachen gebracht hat und der mich vor allem an das Wort “saumselig” erinnert hat. Dafür bin ich dankbar, denn es ist ein wunderschönes Wort, ich habe es lange nicht mehr gehört oder gelesen. Saumselig! Ich will es auf der Stelle werden, dann vergesse ich das Wort nicht mehr. Oder erst recht. 26 Minuten beim NDR.

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Ein weiteres Leserinnengeschenk, ganz herzlichen Dank für Shane O´Mara: Das Glück des Gehens. Von diesem Buch aus gibt es übrigens schon wieder Bezüge zum Ruhezustandsnetzwerk, das kam doch gerade erst hier vor! Am Ende muss ich mich doch noch mehr damit beschäftigen. Fluffige Sachbuchlektüre für einen Sommersonntag jedenfalls, und danach geht man dann noch ein- bis dreimal um den Block, und zwar mit großer Begeisterung und einem sehr guten Gefühl. Empfehlung!

Ich hatte, eine kleine Ergänzung noch, ein Erlebnis mit diesem Buch, das man auch als Vielleser gar nicht so oft hat, es kam nämlich ein Satz darin vor, den ich bereits gestern in einem anderen Buch gelesen habe,in “Kaffee und Zigaretten” vom Schirach war das. Beide Autoren zitieren gleichlautend Faulkner: “Die Vergangenheit ist nicht einmal vergangen.” Im Original und komplett: “The past is not dead. It’s not even past.” 

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Giraffe: Ein Film, der mich interessiert.

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Die Söhne, ich erwähnte es, interessieren sich gerade für das Mountainbiken. Wir haben auf Youtube eine Abfahrt gesehen, eine ziemlich lange, da bekomme ich auch Lust. Ich würde allerdings dabei etwas langsamer fahren. Oder schieben. Link zu Youtube.

Die Söhne und ihre Freunde haben mir, schon wieder eine kleine Ergänzung, gerade rund um die Schrebergärten ihre “Spots” gezeigt, also Stellen, an denen man gut springen oder irgendwo runterfahren kann, wo ihre selbstgebauten Rampen hinpassen usw., das ist auch interessant, wie man dann die Stadt gleich noch einmal anders sieht, wenn sie so zum Sportgerät wird und man sich bei jedem Hubbel fragt: Ist der gut? Auf Sohn I etwa, der auch noch Parkour macht, muss alles ganz anders wirken als auf mich.

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Junge Menschen und was sie noch nie gemacht haben. Weil es sich nicht ergeben hat oder aus anderen Gründen: “That’s just how it is – some people don’t bake, some people don’t paint. I don’t read.”

 

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Links am Morgen

Kiki schreibt über eine Überraschung. Die Gesellschaft findet beim Einkaufen statt, ich sage es ja. 

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Nicht schon wieder zuhören.

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Hier unterhalten sich Jessica und Björn über den Schulstart in Hamburg, da können die Eltern aus anderen Bundesländer sich vielleicht vorstellen, was kommt. Gefunden via Nicola Wessinghage auf Twitter. Nicola teilt übrigens viele Links, die ich interessant finde, vielleicht wollen Sie ihr auch folgen?

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Gelesen: “Kaffee und Zigaretten” von Ferdinand von Schirach (vom Wunschzettel, ganz herzlichen Dank!). Den Rezensenten der SZ hört man beim Schreiben leise stöhnen, mir hat das Buch sehr gefallen. Auch in anderen Rezensionen übrigens scheint die lose erscheinende Aneinanderreihung der Texte etwas zu verwirren und ich möchte behaupten, routinierte Leserinnen von Blogs haben damit sicher kein Problem.

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Jetzt auf dem Nachttisch: “Das Herz ist ein einsamer Jäger”, Carson Mc Cullers. Deutsch von Susanna Rademacher.

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Raus aus der Komfortzone, rein ins Bett

Das klingt schon wieder wie ein Scherz, nicht wahr, das ist aber gar keiner. Denn meine Komfortzone ist ja hier, genau hier, am Schreibtisch, an der Tastatur. Hier fühle ich mich wohl und sicher und vertraut, hier kann mir nichts passieren. Ich suhle mich zwischen den Zeilen, ich hänge gechillt im Weißraum ab. Aber ich habe ja Urlaub, ich soll mich richtig entspannen, bitte sehr, und das geht womöglich noch besser. Meine Haltung etwa, also die des Körpers, sie ist am Schreibtisch nicht die beste, da müsste ich etwas dran tun, es würde mir guttun, mich anders zu lagern oder mich sogar zu bewegen. Und wenn ich schreibe, dann konzentriere ich mich auch dauernd, also im besten Fall, und womöglich ist es doch erstrebenswert, sich auch einmal nicht zu konzentrieren. Sie wissen schon, Ruhezustandsnetzwerk, Default Mode Network, darüber kann man so vieles nachlesen, immer klingt es interessant. Wenn der Mensch abschaltet, dann geht er an, wo habe ich das nun gerade wieder gelesen. Keine Ahnung. Ich hatte mir jedenfalls fest vorgenommen, mich im Urlaub mit der Entspannung zu beschäftigen, die Entspannung ist jetzt mein Task und meine Drei-Wochen-Challenge, und ja, ich merke es selber, vielen Dank.

Ich verlasse also einigermaßen abenteuerlustig den Schreibtisch und lege mich aufs Bett. Ich bin nicht müde, sonst wäre es ja auch einfach, denn ich schlafe immer schnell ein. Ich bin wirklich gut im Einschlafen, dafür kann ich mir dummerweise aber wieder nichts kaufen. Ich habe leider nur solche Begabungen, glaube ich manchmal. Ich kann überhaupt nichts, womit die Freunde der Realität etwas anfangen können, wofür sie einem also krachend auf die Schultern hauen, wie es früher zumindest unter Männern üblich war, vor dem März 2020. Niemand wird sich später an mich erinnern und sagen, ja, der Buddenbohm – der konnte wirklich gut einschlafen, der hatte es drauf. Aber ich schweife ab.

Ich lege mich aufs Bett. Ich lege das Handy weg, ich fasse natürlich auch kein Buch an, ich höre zu. Also der Stadt um mich herum höre ich zu, denn das soll ein guter Einstieg sein, wenn man auf irgendwas kommen will, auf andere Gedanken oder auf was weiß ich, ich kenne mich da noch nicht aus. Auf dem Hotel gegenüber sind Fahnenmasten, an den Masten hängen Fahnen, die wehen zwar nicht gerade stramm im Wind, sie schlackern aber doch so ein wenig herum, gerade genug, um dabei vertraute Geräusche entstehen zu lassen. Fahnenleine schlägt an Alumast, das klingt natürlich nach Hafen. Ich schließe die Augen und stelle mir vor, ich läge in einem Hotelbett. Das Hotel steht an einer Mole, das Bild gelingt mir sensationell gut. Frankreich, 50er Jahre, die Atmosphäre ist etwas simenon-mäßig, das gefällt mir wirklich gut. Ich sehe die Menschen am Kai in der Totalen, Gepäck wird im Hintergrund verladen, altmodische Kräne. Männer tragen weiße Anzüge, Frauen tragen blaue Kleider. Es ist eine angenehme Stimmung, es muss um Vergnügungsreisen gehen, die bunten Fahnen der Reedereien.

Dann kommt ein anderes Geräusch dazu. Das ist neu, seit kurzer Zeit erst gibt es das vor unserem Haus, seit junge Menschen entdeckt haben, dass man vor den Neubauten nebenan irgendwas mit dem Skateboard gut machen kann, ich weiß gar nicht was. Ich kann es nicht sehen, auch nicht, wenn ich aufstehe und mich aus dem Fenster beuge, ich kann es nur hören, dieses Klackern und Schrappen, manchmal Ausrufe der Freude, wenn einer etwas geschafft hat. Immer sind es männliche Stimmen, die weibliche Jugend fährt hier kein Skateboard, warum auch immer nicht. Leises Fluchen, wenn etwas nicht klappt, aber am häufigsten doch das Klackern, ich denke, wenn ein Skateboard während der Fahrt gedreht wird, jemand wieder drauf springen will und es aber nicht schafft. Und er versucht es wieder und wieder.

Diese Geräusche passen nicht zu Südfrankreich in den 50ern, ich bekomme das Bild plötzlich nicht mehr hin, diese Geräusche sind eher Kalifornien. Das ist aber gefährlich, wer denkt schon freiwillig an Kalifornien, da lauern ja sofort California Dreaming und Hotel California, mein alberner Assoziationsautomatismus springt bei so etwas gnadenlos an und dann ist aber Schluss mit Entspannung, dann geht es augenblicklich um die bekanntlich mühsame Ohrwurmbekämpfung. Kalifornische Träumung, denkt mein Hirn, und ich stöhne auf, kann ich bitte Frankreich noch einmal sehen, aber es klackert und klackert im Hof, jemand ruft immer wieder etwas von Scheiße und das ist hier nicht Frankreich.

Ich stehe schimpfend wieder auf und ahne es schon, da wird am Ende doch auch wieder ein Text draus. Ich kann machen, was ich will, solche Muster sind stark.

Raus aus dem Bett, rein in die Komfortzone.

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Den Bach runter

Es folgte ein Tag, der so tief im Sommerloch war, wie man es sich nur vorstellen kann. Ich hatte morgens etwa eine Stunde nach dem Aufstehen schon das ganze Internet durchgelesen, es stand einfach nichts Interessantes drin. Nicht auf Twitter, nicht in den Blogs, nicht auf den Seiten der Medien. Die Söhne standen auf und stritten sich um ein fast leeres Glas Nussnougatcreme, das hätte eine vergleichsweise spannende Meldung sein können, an diesem Tag auch gerne überregional, es war sonst einfach nichts, gar nichts.

Es war regnerisch, es wurde kühler, die Woche zwischen den Reisen wirkte etwas leer, ich passte für einen Moment nicht auf und brach mir prompt die Stimmung. Und zwar tat ich das gründlich und war den Rest des Tages so fürchterlich schlecht gelaunt, dass ich allen anderen Menschen freiwillig aus dem Weg ging. Schleichwege durch den Stadtteil, Einkaufen zur Unzeit für Sonderlinge. Hätte ich ein wenig mehr Neigung zur exaltierten Aktion, es wäre ein Tag fürs permanente Händeringen und lautes Hadern gewesen, aber bitte. Contenance.

Ich griff schließlich zu einem Hausmittel, das in solchen Fällen einigermaßen verlässlich wirkt, wenn auch nur subtil und in aller Dezenz. Es ist nur zu spüren, wenn ich es auch dringend spüren möchte. Es hilft nicht richtig, aber es begradigt doch etwas, und das ist auch schön. Bei Menschen mit religiösen Neigungen hilft es womöglich wesentlich mehr, das kann ich mir gut vorstellen, aber auch bei losen Gesellen wie mir nützt sie ab und zu etwas, die Orgelmusik vom ollen Bach, mit der man auch das nie geweihte Kirchenschiff unter der Schädeldecke fluten kann. Diese Musik, über Kopfhörer reichlich eingefüllt, und damit dann um den Block gegangen, ganz so, als würde ein erhabener Soundtrack in zugegeben etwas übersteuerter Lautstärke über das alltägliche Bild wabern, und damit dann also all die PassantInnen und das ganze Großstadteben angesehen – dann wirkt es manchmal alles so, als sei es irgendwie am Ende doch sinnvoll.

Das macht natürlich nur die Musik, das ist weder eine Erkenntnis noch eine Erleuchtung, es ist schon gar keine bleibende Gewissheit, es ist eher etwas in den Melodien und Stimmen, etwas, das führend wirkt, seltsam hinleitend. Die Musik klingt so, als ginge es um etwas, und wenn man das konzentriert mit dem Bild verbindet, das da gerade vor einem abläuft, dann verschmilzt das mit etwas Glück, und dann geht es also auf einmal um etwas, wenn diese Frau dahinten über die Straße geht, dann geht es auch um etwas, wenn das eigene Spiegelbild über das Schaufenster huscht, wenn der Radfahrer dem SUV ausweicht, wenn der Bettler am Straßenrand den Becher hebt. Das stimmt noch lange nicht vergnügt, aber schlechte Laune ist nun einmal besser zu ertragen, wenn irgendwo ein Sinn dabei ist.

Und, fast noch besser, in die verschiedenen Stimmen, die da so daherorgeln, kann man seine diversen Stimmungen und Launen und hineindenken, dann kommen und vergehen die manchmal in kurzer Folge mit den Takten und Tönen, also manchmal jedenfalls, und man fühlt sich nach zwei, drei Stücken wie seelisch frisch durchgeharkt. Das klappt sicherlich nur deswegen, weil Bach eben ein Genie war und weil, was immer in dieser Musik ist, immer noch wirkt und greift und daher manchmal auch hilft.

Ich sehe die Titel auf dem Handy nach, die sagen mir gar nichts. Allein Gott in der Höh sei Ehr, Wachet auf uns ruft die Stimme, diese Titel sind veraltet, die Worte sind vergilbt, die Texte sagen mir nichts, die Bezüge greifen nicht. Aber die Musik ist nicht alt, die ist frisch und für ein paar Minuten wirkt auf einmal alles richtig, ob es das nun tatsächlich ist oder nicht, das finden wir in diesem Leben vermutlich ohnehin nicht heraus. Aber egal, Wirkung ist alles.

Der Radfahrer weicht dem SUV aus, der Bettler lässt den Becher sinken. Das Spiegelbild im Schaufenster hat Kopfhörer auf und wirkt nicht mehr so furchtbar schlecht gelaunt, eher einfach nur ernst. Passt schon.

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Links am Morgen

Die anderen sind auch da – ein Teil der Urlaubserzählung erschien drüben beim Goethe-Institut.

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Timmendorfer Strand will keine Tagesgäste. Ich wollte da ja schon als Jugendlicher aus Travemünde nie hin, ich war der Zeit weit voraus. Man beachte im verlinkten Text aber bitte auch den wirklich wunderschönen Imperativ: “Strömen Sie bitte nicht nur immer an die gleichen Orte.“ Auch wenn er einer Textstelle in meinem oben verlinkten Artikel glatt widerspricht. 

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Frankreich und die Hitze. Gefunden via Fau Nessy.

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Wenn es passt

Das Blog geht jetzt, da noch weiter vom Urlaub zu berichten ist, etwa 16 Tage nach. Warum auch nicht, was soll das Gehetze und Gerenne nach der Gegenwart. Ich habe Notizen, ich arbeite ab. Slow Writing! Und überhaupt, slow alles, das ist in diesem Jahr sicherlich besser so. Es sind alles Übungen in Langsamkeit, sehr gründliche Übungen sind das. Wie etwa an unserem letzten Tag in Nordostwestfalen, da wollten wir gleich nach dem Frühstück nach Hamburg fahren. Es war ein fast idealer Sommertag auf dem Land, es war eine angenehme, zum Herumsitzen im Garten einladende Außentemperatur, die noch keine brüllende Julihitze war und auch später nicht wurde. Es ging ein wenig freundlicher Wind, sanfte Brisen nur, und es war außer gelegentlichem Vogelzwitschern in den Büschen ringsum kein Laut zu hören, selten nur fuhren Autos vorbei. Es war ein ruhiger Tag, wie er im Buche steht, so ein Tag für einen überbordenden Mittagsschlaf, für einen ganz durchgelesenen Roman oder für viele Kapitel Hörbuch oder um vorbeibrummenden Insekten gelassen nachzusehen.

Und da machten wir einfach nichts. Weder packten wir das Auto voll, noch fuhren wir los, wir hingen da einfach nur herum, jeder für sich, und das war gut und richtig. Das hat man ja gar nicht so oft, dass man etwa in einem Garten an einem Tisch sitzt und sich denkt, dass es jetzt gerade, in genau diesem Moment, wirklich hervorragend passt, dass es gerade alles angenehm ist und es einem weder zu heiß noch zu kalt noch sonst irgendwas ist, dass die Sonne nicht blendet und sogar die Sitzhaltung stimmt und keine Gräte schmerzt, dass es passt, wie es ist. Und im Grunde ist es wohl so – das ist derartig selten, da muss man dann einfach sitzen bleiben, wenn es irgend vertretbar ist, man macht sonst einen Fehler. Er geht in Kürze von selbst vorbei, dieser besondere Moment, ohne dass man auch nur einen Finger gerührt hat. Das waren also gute Urlaubsstunden, sie waren, wie sich zeigen sollte, eine gelungene und auch notwendige Vorübung für die Woche auf Eiderstedt, die in Bezug auf das Nichtstun dann etwas speziell ausfiel.

Spät am Tag fuhren wir nach Hamburg, leer war die Autobahn. Wir gingen von der Garage in unser Haus. Vor den Eingang hatte jemand gekotzt und im Treppenhaus passierten gerade Dinge zwischen zwei Erwachsenen, die man Kindern so eigentlich nicht zeigen möchte. Dinge, bei denen keine 1,50 Meter Abstand eingehalten wurden, auch keine 1,5 Zentimeter. Da fühlten wir uns schlagartig wieder betont großstädtisch, und das ist gar nicht immer schön, wirklich nicht.

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Links am Morgen

Das am Gemeinwesen orientierte Stadtzentrum, auf das sich alle anderen Ortsteile ausrichten, ist Kern des europäischen Selbstverständnisses, im räumlichen wie im politischen Sinne. Hier liegt die Zukunft der City.

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Ich habe auf dem Weg zum Garten “Der Knacks” von Roger Willemsen gehört, also zumindest einen großen Teil davon. Der Autor liest in der hier gleich verlinkten Aufnahme selbst und live. Die SZ schrieb damals in Bezug auf dieses Buch über das “Lutschen am Lebensleid-Lolly”, eine griffige Formulierung, die man in die Spardose stecken möchte, eine passende Gelegenheit zum Ausgeben wird im Gespräch mit Freunden oder an langen Winterabenden alleine schon kommen. Man muss bei dem Text etwas genauer hinhören, ein einziger Nebengedanke und man kann Willemsens Satzbau manchmal über größere Strecken nicht mehr folgen, will es vielleicht auch nicht mehr, wenn er ein paar Etagen zu hoch steigt, also für uns alltagsdenkende LeserInnen jedenfalls – aber es lohnt sich am Ende doch. Es sind feine Stellen darin, darunter auch solche, bei denen es Sinn hätte, sie für den November vorzumerken, da passen sie besser. Vielleicht planen Sie Ihre Hörbücher weiter voraus als ich? Link zu Spotify.

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Ebenfalls als Hörbuch gehört: Stationschef Fallmerayer von Joseph Roth, wieder angenehm und souverän gelesen von Dieter Mann. Im Buch spielt der Geruch von Juchtenleder eine Rolle, ich habe mich vor Jahren, als ich es zum ersten Mal und noch auf Papier gelesen habe, schon geärgert, dass ich diesen Geruch nicht kenne, nicht erkennen könnte. Und ich kenne ihn immer noch nicht. Schlimm. Link zu Spotify.

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Trinkgeld Juli, Ergebnisbericht

Urlaubsbedingt war der Juli natürlich ein etwas anderer Monat als sonst, aber ich beginne einfach mit dem, was nicht zum Urlaub gehörte. Darunter sind auch einige Nachträge, die ich im letzten Monat schlicht vergesse habe. Noch davor aber ein dringender Dank für weitere Geschenksendungen aus der letzten Woche, diesmal mit noch mehr Blumensamen und etwas, das ich erst nachschlagen musste, weil es ein mir unbekannter Herzdamenwunsch war, der aber, so habe ich dann erkannt, auch für mich nützlich sein wird. Es handelt sich um so ein Adapterding, mit dem man am Handy gleichzeitig hören und laden kann. Bestimmt gibt es auch einen schicken Fachbegriff dafür, aber egal. Dank an die Spenderin, ausdrücklich auch für die Begleitzeilen, es war eine Freude, eine helle!

Wir erwarben dann noch knapp vor dem Urlaub Holz aus dem Baumarkt für Sohn II, der brauchte nämlich dringend Baumaterial und aufgrund irgendeines Deals, an den ich mich nicht erinnern kann, schuldete ich ihm etwas. Der Verwendungszweck der Bretter ist mir leider nicht komplett bekannt, das Werkeln findet mittlerweile teils in anderen Gärten statt, ich nehme aber stark an, es geht da um etwas, über das man mit einem Mountainbike springen kann. Ab und zu sehe ich aus dem Laubenfenster und ein Sohn fliegt vorbei …

Überhaupt ging einiges von dem Geld in den Radsport der Söhne, es gibt da verblüffend viel kleines Zubehör, wenn man sich für Downhill und so etwas interessiert, wobei ich unentwegt murmele: “Wir sind damals ja einfach nur so herumgefahren, und das war auch gut.” Aber egal, andere Zeiten, andere Ausrüstung und sowieso können die Söhne ihr Geld frei verwenden. 

Es gab eine Summe, die an die Suppengruppe weitergeleitet werden sollte, das ist selbstverständlich so geschehen.

Die Herzdame liest abends seit Ewigkeiten Trixie Belden vor, das ist eine uralte Buchreihe noch aus ihrer Kindheit, die wider Erwarten auch bei einem Sohn gut ankommt, aus dieser Reihe gab es im Juli einen weiteren Band, es gibt, so glaube ich, endlos viele. Nein, nachgelesen, es gibt 22. 

Als Hörbuch haben die Herzdame und Sohn I außerdem die Känguru-Chroniken von Marc-Uwe Kling erworben, und als Hörbuch gab es auch “Der König der purpurnen Stadt” von Rebecca Gablé, die beiden finden gerade Gefallen an historischen Romanen und hören gerne gemeinsam. Sohn II las in der guten alten Buchform “Mein Leben mit Pixelkröten und Grusel Graffiti” von Christian Tielmann, das ist auch schon der xte Band einer Reihe, die kam hier bei beiden Söhnen gut an, übrigens auch wegen der Illustrationen von Zapf.

Schon vor einer Weile gekauft und hier versehentlich nicht aufgeführt: Das wirklich brauchbare Gartenbuch “Wird das was oder kann das weg”. Nützlich, enom nützlich!

Und dann kam der Urlaub, der auch in etlichen Betreffzeilen der Gelder vorkam, so dass ich jetzt beglückt sagen kann, dass wir powered by Leserinnen durch die ganzen drei Wochen, also durch Westfalen, durch die Gartenwoche und noch durch Eiderstedt kamen. Wir bezahlten von den Trinkgeldern den Sprit, die Parkplatzgebühren, den Vogelparkeintritt, das Schwimmbad in Herford, die Stützpommes, Kaffee und Kuchen und selbstverständlich mehrmals Eis, die Fischbrötchen und die Waffeln, den Strandzutritt in Sankt Peter-Ording, die Reitstunden von Sohn II, Malzbier, Chips, Flips, überhaupt die Verpflegung und auch noch ein Notfall-E-Book, weil mein nicht gerade kleiner Lektürestapel noch vor Urlaubsende komplett verbraucht war, woran man erkennen kann, der Urlaub hat funktioniert. Besonders Eiderstedt hat wieder funktioniert, ich erkläre das in Kürze noch genauer. Das E-Book übrigens war dann “Das Haus am Rande der Welt” von Henry Beston, übersetzt von Rudolf Mast. Und ich habe komplett vergessen, wie ich auf dieses Buch kam, aber es ist eine hervorragende Lektüre, wenn man ganz nah am Meer ist und nicht allzu viele Menschen um einen herum sind.

Es gab Geld für “Etwas mit Regenbogen”, da habe ich dezent getrickst, denn neben der Tankstelle bei Husum wehte die Regenbogenflagge, da fand ich das Tanken dann ganz passend, pardon. 

Und dann, es kann nicht alles nur Urlaub sein, haben wir noch die neuen Schulsachen der Söhne für das wie auch immer geartete nächste Halbjahr von den Trinkgeldern bezahlt.

Zwei Updates noch! Nicht ausgegeben habe ich weiterhin die Summe für Unsinn, Schabernack & Verwegenes, dafür boten sich weder Westfalen noch Eiderstedt an, nicht ausgegeben haben wir auch das Geld für “Etwas, das Ihr Euch nie kaufen wolltet” – wir kommen einfach nicht darauf. Aber es ist amüsant, darüber ab und zu nachzudenken. Was wird das bloß werden?

Wie immer und diesmal sogar ganz besonders, vielen Dank für jeden Euro und jeden Cent, vielen Dank für diese Wochen und für diesen Urlaub, es war der bisher beste, entspannteste und erholsamste Urlaub, den wir je als Familie hatten. Und das ist ja was, besonders in diesem Jahr – ganz herzlichen Dank dafür von der Herzdame, den Söhnen und mir. 

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Hamma dös

Am ersten Tag nach dem Sommerurlaub ist es immer so, dass ich morgens so früh wie in normalen Wochen nun einmal üblich aufstehe und dann merke, aha, ich brauche um diese Uhrzeit also schon Licht. Dann finde ich das kurz ganz gemütlich, wie ich da sinnend mit dem ersten Kaffee im Licht der Küchenlampe stehe und den ersten Schluck nehme, merke aber auch, dass mich das gedanklich irgendwie schon seltsam nah an den Herbst befördert. Ich überblicke im Geiste flüchtig die Terminlage und denke an die kommenden Kindergeburtstage, die wieder vorzubereiten sind, auch wenn sie in diesem Jahr wohl etwas anders als sonst ausfallen werden. Die Geburtstage sind Anfang September, danach haben dann die ganzen Freunde der Söhne Geburtstag, das geht den ganzen September durch, wir haben da eine Serie. Dann ist schon Oktober, längst gibt es Lebkuchen und es wird auch schon merklich kühler und das tritt nach meiner Kenntnis … ist das sofort, unverzüglich.

Nun, nicht ganz. Erst kommt noch eine Hitzewelle, ich weiß. Ein wenig Hundstagegefühl, einige Wochen lastender Sommer, brütender Sommer, all das. Aber jedes Jahr wieder fühlt sich die Zeit nach dem Sommerurlaub an wie das Wildwasser des Kalenders, kaum ist man drin, kommt man schon Weihnachten raus, blickt irritiert zurück und fragt sich: „Was bitte war das denn jetzt?“

Aber es kann auch anders kommen, in diesem Jahr jedenfalls, das bisher in jeder Beziehung speziell ausfällt. Und ich habe gar nichts dagegen, wenn es anders kommt, jedenfalls was mein Zeitgefühl betrifft. Ich mochte diese immer rasender werdende Fahrt nach dem Sommerurlaub in den letzten Jahren nicht recht.

Natürlich sind die Werktage gleich wieder voll, so dass ich mühelos auch über heute einen Text schreiben könnte, dabei ist der Urlaub bisher nicht einmal zu einem Drittel erzählt, wie löse ich das nun wieder auf. Und wie kann es eigentlich sein, dass man nicht einmal von sich selbst in Ruhe berichten kann, geschweige denn vom Rest der Welt, ohne weit in der Zeit zurückzufallen, wie kann das Berichten bloß in die Stunden der Tage passen? Ich denke, es kann nicht passen, aber in diesem Jahr macht es mir nichts. Ich werde schon noch vom Urlaub weiter berichten, in diesem Jahr ist ja alles anders, warum nicht auch das, warum nicht auch ich.

Aus reiner Bockigkeit erzähle ich daher jetzt von einem Moment aus dem Urlaub 2019, das ist viele Jahre her. Da waren wir in Südtirol, man fuhr damals noch ins Ausland, die Szene spielt am Großen Montiggler See. Der ist, wenn Sie den nicht kennen, wunderschön, er ist der mit Abstand herrlichste See, den ich je gesehen habe. Malerisch wie sonstwas, ein Anblick, bei dem man, wenn man kein Herz aus Stein hat, plötzlich stehenbleibt und ein etwas schmerzhaftes Entzücken fühlt, denn man kann ja nicht öfter hin und das müsste man doch eigentlich, so sensationell sieht dieser See aus, die Mutter aller Postkartenseemotive. Alles, was in Reiseführern an Jubelarien über diesen See steht, stimmt. Die Söhne haben von einem großen Felsen am Ufer aus Fische beobachtet, sie sind dann auch selber hineingesprungen und die Fische haben an ihren Zehen geknabbert. Sie sind etwas hinausgeschwommen und sie haben gesehen, wie eine Schlange vom Ufer ins Wasser glitt und sich durch die Wellen ringelte, woraufhin sie den See in Rekordzeit verlassen haben. Kieferduft am Ufer, Sonne und Libellen. Ein Baum, der über das Wasser ragt, auf den kann man klettern wie in der Südsee auf eine Palme und dann von oben doch noch einmal ins Wasser springen – Kinderglückkonzentrat.

Da also standen wir gerade am Ufer, als ein Rudel Mountainbiker angefahren kam. Sie hielten in einer Staubwolke, einer ein wenig weiter vorne als die anderen, das kennt man auch aus Western und weiß also, das ist der Chef. Stattliche Burschen waren das, Sportler durch und durch. Standen da auf oder an ihren Rädern, nassgeschwitzt, atmeten heftig und guckten über den See, der von dieser Stelle aus auch am schönsten war. Der Chef mit den Händen in den Hüften, breitbeinig, auch das wie im Western. Besah sich den See, eine Minute vielleicht. Dann stieg er wieder auf, drehte sich zu seinen Männern um und rief ein entschlossenes „Hamma dös!“, was ich hier nur bemüht lautmalerisch wiedergeben kann, also ein „Haben wir das“. Und dann trat er gewaltig in die Pedale, die anderen machten es ihm natürlich nach und fort ging die wilde Jagd.

Was ich aber nur erzähle um, den folgenden Texten etwas vorgreifend, den Sommerurlaub 2020 mit einem natürlich nicht ganz so kernigen „Hamma dös!“ zu beenden. Ich erzähle in Kürze dennoch weiter davon.

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