Raus aus der Komfortzone, rein ins Bett

Das klingt schon wieder wie ein Scherz, nicht wahr, das ist aber gar keiner. Denn meine Komfortzone ist ja hier, genau hier, am Schreibtisch, an der Tastatur. Hier fühle ich mich wohl und sicher und vertraut, hier kann mir nichts passieren. Ich suhle mich zwischen den Zeilen, ich hänge gechillt im Weißraum ab. Aber ich habe ja Urlaub, ich soll mich richtig entspannen, bitte sehr, und das geht womöglich noch besser. Meine Haltung etwa, also die des Körpers, sie ist am Schreibtisch nicht die beste, da müsste ich etwas dran tun, es würde mir guttun, mich anders zu lagern oder mich sogar zu bewegen. Und wenn ich schreibe, dann konzentriere ich mich auch dauernd, also im besten Fall, und womöglich ist es doch erstrebenswert, sich auch einmal nicht zu konzentrieren. Sie wissen schon, Ruhezustandsnetzwerk, Default Mode Network, darüber kann man so vieles nachlesen, immer klingt es interessant. Wenn der Mensch abschaltet, dann geht er an, wo habe ich das nun gerade wieder gelesen. Keine Ahnung. Ich hatte mir jedenfalls fest vorgenommen, mich im Urlaub mit der Entspannung zu beschäftigen, die Entspannung ist jetzt mein Task und meine Drei-Wochen-Challenge, und ja, ich merke es selber, vielen Dank.

Ich verlasse also einigermaßen abenteuerlustig den Schreibtisch und lege mich aufs Bett. Ich bin nicht müde, sonst wäre es ja auch einfach, denn ich schlafe immer schnell ein. Ich bin wirklich gut im Einschlafen, dafür kann ich mir dummerweise aber wieder nichts kaufen. Ich habe leider nur solche Begabungen, glaube ich manchmal. Ich kann überhaupt nichts, womit die Freunde der Realität etwas anfangen können, wofür sie einem also krachend auf die Schultern hauen, wie es früher zumindest unter Männern üblich war, vor dem März 2020. Niemand wird sich später an mich erinnern und sagen, ja, der Buddenbohm – der konnte wirklich gut einschlafen, der hatte es drauf. Aber ich schweife ab.

Ich lege mich aufs Bett. Ich lege das Handy weg, ich fasse natürlich auch kein Buch an, ich höre zu. Also der Stadt um mich herum höre ich zu, denn das soll ein guter Einstieg sein, wenn man auf irgendwas kommen will, auf andere Gedanken oder auf was weiß ich, ich kenne mich da noch nicht aus. Auf dem Hotel gegenüber sind Fahnenmasten, an den Masten hängen Fahnen, die wehen zwar nicht gerade stramm im Wind, sie schlackern aber doch so ein wenig herum, gerade genug, um dabei vertraute Geräusche entstehen zu lassen. Fahnenleine schlägt an Alumast, das klingt natürlich nach Hafen. Ich schließe die Augen und stelle mir vor, ich läge in einem Hotelbett. Das Hotel steht an einer Mole, das Bild gelingt mir sensationell gut. Frankreich, 50er Jahre, die Atmosphäre ist etwas simenon-mäßig, das gefällt mir wirklich gut. Ich sehe die Menschen am Kai in der Totalen, Gepäck wird im Hintergrund verladen, altmodische Kräne. Männer tragen weiße Anzüge, Frauen tragen blaue Kleider. Es ist eine angenehme Stimmung, es muss um Vergnügungsreisen gehen, die bunten Fahnen der Reedereien.

Dann kommt ein anderes Geräusch dazu. Das ist neu, seit kurzer Zeit erst gibt es das vor unserem Haus, seit junge Menschen entdeckt haben, dass man vor den Neubauten nebenan irgendwas mit dem Skateboard gut machen kann, ich weiß gar nicht was. Ich kann es nicht sehen, auch nicht, wenn ich aufstehe und mich aus dem Fenster beuge, ich kann es nur hören, dieses Klackern und Schrappen, manchmal Ausrufe der Freude, wenn einer etwas geschafft hat. Immer sind es männliche Stimmen, die weibliche Jugend fährt hier kein Skateboard, warum auch immer nicht. Leises Fluchen, wenn etwas nicht klappt, aber am häufigsten doch das Klackern, ich denke, wenn ein Skateboard während der Fahrt gedreht wird, jemand wieder drauf springen will und es aber nicht schafft. Und er versucht es wieder und wieder.

Diese Geräusche passen nicht zu Südfrankreich in den 50ern, ich bekomme das Bild plötzlich nicht mehr hin, diese Geräusche sind eher Kalifornien. Das ist aber gefährlich, wer denkt schon freiwillig an Kalifornien, da lauern ja sofort California Dreaming und Hotel California, mein alberner Assoziationsautomatismus springt bei so etwas gnadenlos an und dann ist aber Schluss mit Entspannung, dann geht es augenblicklich um die bekanntlich mühsame Ohrwurmbekämpfung. Kalifornische Träumung, denkt mein Hirn, und ich stöhne auf, kann ich bitte Frankreich noch einmal sehen, aber es klackert und klackert im Hof, jemand ruft immer wieder etwas von Scheiße und das ist hier nicht Frankreich.

Ich stehe schimpfend wieder auf und ahne es schon, da wird am Ende doch auch wieder ein Text draus. Ich kann machen, was ich will, solche Muster sind stark.

Raus aus dem Bett, rein in die Komfortzone.

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Den Bach runter

Es folgte ein Tag, der so tief im Sommerloch war, wie man es sich nur vorstellen kann. Ich hatte morgens etwa eine Stunde nach dem Aufstehen schon das ganze Internet durchgelesen, es stand einfach nichts Interessantes drin. Nicht auf Twitter, nicht in den Blogs, nicht auf den Seiten der Medien. Die Söhne standen auf und stritten sich um ein fast leeres Glas Nussnougatcreme, das hätte eine vergleichsweise spannende Meldung sein können, an diesem Tag auch gerne überregional, es war sonst einfach nichts, gar nichts.

Es war regnerisch, es wurde kühler, die Woche zwischen den Reisen wirkte etwas leer, ich passte für einen Moment nicht auf und brach mir prompt die Stimmung. Und zwar tat ich das gründlich und war den Rest des Tages so fürchterlich schlecht gelaunt, dass ich allen anderen Menschen freiwillig aus dem Weg ging. Schleichwege durch den Stadtteil, Einkaufen zur Unzeit für Sonderlinge. Hätte ich ein wenig mehr Neigung zur exaltierten Aktion, es wäre ein Tag fürs permanente Händeringen und lautes Hadern gewesen, aber bitte. Contenance.

Ich griff schließlich zu einem Hausmittel, das in solchen Fällen einigermaßen verlässlich wirkt, wenn auch nur subtil und in aller Dezenz. Es ist nur zu spüren, wenn ich es auch dringend spüren möchte. Es hilft nicht richtig, aber es begradigt doch etwas, und das ist auch schön. Bei Menschen mit religiösen Neigungen hilft es womöglich wesentlich mehr, das kann ich mir gut vorstellen, aber auch bei losen Gesellen wie mir nützt sie ab und zu etwas, die Orgelmusik vom ollen Bach, mit der man auch das nie geweihte Kirchenschiff unter der Schädeldecke fluten kann. Diese Musik, über Kopfhörer reichlich eingefüllt, und damit dann um den Block gegangen, ganz so, als würde ein erhabener Soundtrack in zugegeben etwas übersteuerter Lautstärke über das alltägliche Bild wabern, und damit dann also all die PassantInnen und das ganze Großstadteben angesehen – dann wirkt es manchmal alles so, als sei es irgendwie am Ende doch sinnvoll.

Das macht natürlich nur die Musik, das ist weder eine Erkenntnis noch eine Erleuchtung, es ist schon gar keine bleibende Gewissheit, es ist eher etwas in den Melodien und Stimmen, etwas, das führend wirkt, seltsam hinleitend. Die Musik klingt so, als ginge es um etwas, und wenn man das konzentriert mit dem Bild verbindet, das da gerade vor einem abläuft, dann verschmilzt das mit etwas Glück, und dann geht es also auf einmal um etwas, wenn diese Frau dahinten über die Straße geht, dann geht es auch um etwas, wenn das eigene Spiegelbild über das Schaufenster huscht, wenn der Radfahrer dem SUV ausweicht, wenn der Bettler am Straßenrand den Becher hebt. Das stimmt noch lange nicht vergnügt, aber schlechte Laune ist nun einmal besser zu ertragen, wenn irgendwo ein Sinn dabei ist.

Und, fast noch besser, in die verschiedenen Stimmen, die da so daherorgeln, kann man seine diversen Stimmungen und Launen und hineindenken, dann kommen und vergehen die manchmal in kurzer Folge mit den Takten und Tönen, also manchmal jedenfalls, und man fühlt sich nach zwei, drei Stücken wie seelisch frisch durchgeharkt. Das klappt sicherlich nur deswegen, weil Bach eben ein Genie war und weil, was immer in dieser Musik ist, immer noch wirkt und greift und daher manchmal auch hilft.

Ich sehe die Titel auf dem Handy nach, die sagen mir gar nichts. Allein Gott in der Höh sei Ehr, Wachet auf uns ruft die Stimme, diese Titel sind veraltet, die Worte sind vergilbt, die Texte sagen mir nichts, die Bezüge greifen nicht. Aber die Musik ist nicht alt, die ist frisch und für ein paar Minuten wirkt auf einmal alles richtig, ob es das nun tatsächlich ist oder nicht, das finden wir in diesem Leben vermutlich ohnehin nicht heraus. Aber egal, Wirkung ist alles.

Der Radfahrer weicht dem SUV aus, der Bettler lässt den Becher sinken. Das Spiegelbild im Schaufenster hat Kopfhörer auf und wirkt nicht mehr so furchtbar schlecht gelaunt, eher einfach nur ernst. Passt schon.

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Links am Morgen

Die anderen sind auch da – ein Teil der Urlaubserzählung erschien drüben beim Goethe-Institut.

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Timmendorfer Strand will keine Tagesgäste. Ich wollte da ja schon als Jugendlicher aus Travemünde nie hin, ich war der Zeit weit voraus. Man beachte im verlinkten Text aber bitte auch den wirklich wunderschönen Imperativ: “Strömen Sie bitte nicht nur immer an die gleichen Orte.“ Auch wenn er einer Textstelle in meinem oben verlinkten Artikel glatt widerspricht. 

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Frankreich und die Hitze. Gefunden via Fau Nessy.

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Wenn es passt

Das Blog geht jetzt, da noch weiter vom Urlaub zu berichten ist, etwa 16 Tage nach. Warum auch nicht, was soll das Gehetze und Gerenne nach der Gegenwart. Ich habe Notizen, ich arbeite ab. Slow Writing! Und überhaupt, slow alles, das ist in diesem Jahr sicherlich besser so. Es sind alles Übungen in Langsamkeit, sehr gründliche Übungen sind das. Wie etwa an unserem letzten Tag in Nordostwestfalen, da wollten wir gleich nach dem Frühstück nach Hamburg fahren. Es war ein fast idealer Sommertag auf dem Land, es war eine angenehme, zum Herumsitzen im Garten einladende Außentemperatur, die noch keine brüllende Julihitze war und auch später nicht wurde. Es ging ein wenig freundlicher Wind, sanfte Brisen nur, und es war außer gelegentlichem Vogelzwitschern in den Büschen ringsum kein Laut zu hören, selten nur fuhren Autos vorbei. Es war ein ruhiger Tag, wie er im Buche steht, so ein Tag für einen überbordenden Mittagsschlaf, für einen ganz durchgelesenen Roman oder für viele Kapitel Hörbuch oder um vorbeibrummenden Insekten gelassen nachzusehen.

Und da machten wir einfach nichts. Weder packten wir das Auto voll, noch fuhren wir los, wir hingen da einfach nur herum, jeder für sich, und das war gut und richtig. Das hat man ja gar nicht so oft, dass man etwa in einem Garten an einem Tisch sitzt und sich denkt, dass es jetzt gerade, in genau diesem Moment, wirklich hervorragend passt, dass es gerade alles angenehm ist und es einem weder zu heiß noch zu kalt noch sonst irgendwas ist, dass die Sonne nicht blendet und sogar die Sitzhaltung stimmt und keine Gräte schmerzt, dass es passt, wie es ist. Und im Grunde ist es wohl so – das ist derartig selten, da muss man dann einfach sitzen bleiben, wenn es irgend vertretbar ist, man macht sonst einen Fehler. Er geht in Kürze von selbst vorbei, dieser besondere Moment, ohne dass man auch nur einen Finger gerührt hat. Das waren also gute Urlaubsstunden, sie waren, wie sich zeigen sollte, eine gelungene und auch notwendige Vorübung für die Woche auf Eiderstedt, die in Bezug auf das Nichtstun dann etwas speziell ausfiel.

Spät am Tag fuhren wir nach Hamburg, leer war die Autobahn. Wir gingen von der Garage in unser Haus. Vor den Eingang hatte jemand gekotzt und im Treppenhaus passierten gerade Dinge zwischen zwei Erwachsenen, die man Kindern so eigentlich nicht zeigen möchte. Dinge, bei denen keine 1,50 Meter Abstand eingehalten wurden, auch keine 1,5 Zentimeter. Da fühlten wir uns schlagartig wieder betont großstädtisch, und das ist gar nicht immer schön, wirklich nicht.

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Links am Morgen

Das am Gemeinwesen orientierte Stadtzentrum, auf das sich alle anderen Ortsteile ausrichten, ist Kern des europäischen Selbstverständnisses, im räumlichen wie im politischen Sinne. Hier liegt die Zukunft der City.

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Ich habe auf dem Weg zum Garten “Der Knacks” von Roger Willemsen gehört, also zumindest einen großen Teil davon. Der Autor liest in der hier gleich verlinkten Aufnahme selbst und live. Die SZ schrieb damals in Bezug auf dieses Buch über das “Lutschen am Lebensleid-Lolly”, eine griffige Formulierung, die man in die Spardose stecken möchte, eine passende Gelegenheit zum Ausgeben wird im Gespräch mit Freunden oder an langen Winterabenden alleine schon kommen. Man muss bei dem Text etwas genauer hinhören, ein einziger Nebengedanke und man kann Willemsens Satzbau manchmal über größere Strecken nicht mehr folgen, will es vielleicht auch nicht mehr, wenn er ein paar Etagen zu hoch steigt, also für uns alltagsdenkende LeserInnen jedenfalls – aber es lohnt sich am Ende doch. Es sind feine Stellen darin, darunter auch solche, bei denen es Sinn hätte, sie für den November vorzumerken, da passen sie besser. Vielleicht planen Sie Ihre Hörbücher weiter voraus als ich? Link zu Spotify.

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Ebenfalls als Hörbuch gehört: Stationschef Fallmerayer von Joseph Roth, wieder angenehm und souverän gelesen von Dieter Mann. Im Buch spielt der Geruch von Juchtenleder eine Rolle, ich habe mich vor Jahren, als ich es zum ersten Mal und noch auf Papier gelesen habe, schon geärgert, dass ich diesen Geruch nicht kenne, nicht erkennen könnte. Und ich kenne ihn immer noch nicht. Schlimm. Link zu Spotify.

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Trinkgeld Juli, Ergebnisbericht

Urlaubsbedingt war der Juli natürlich ein etwas anderer Monat als sonst, aber ich beginne einfach mit dem, was nicht zum Urlaub gehörte. Darunter sind auch einige Nachträge, die ich im letzten Monat schlicht vergesse habe. Noch davor aber ein dringender Dank für weitere Geschenksendungen aus der letzten Woche, diesmal mit noch mehr Blumensamen und etwas, das ich erst nachschlagen musste, weil es ein mir unbekannter Herzdamenwunsch war, der aber, so habe ich dann erkannt, auch für mich nützlich sein wird. Es handelt sich um so ein Adapterding, mit dem man am Handy gleichzeitig hören und laden kann. Bestimmt gibt es auch einen schicken Fachbegriff dafür, aber egal. Dank an die Spenderin, ausdrücklich auch für die Begleitzeilen, es war eine Freude, eine helle!

Wir erwarben dann noch knapp vor dem Urlaub Holz aus dem Baumarkt für Sohn II, der brauchte nämlich dringend Baumaterial und aufgrund irgendeines Deals, an den ich mich nicht erinnern kann, schuldete ich ihm etwas. Der Verwendungszweck der Bretter ist mir leider nicht komplett bekannt, das Werkeln findet mittlerweile teils in anderen Gärten statt, ich nehme aber stark an, es geht da um etwas, über das man mit einem Mountainbike springen kann. Ab und zu sehe ich aus dem Laubenfenster und ein Sohn fliegt vorbei …

Überhaupt ging einiges von dem Geld in den Radsport der Söhne, es gibt da verblüffend viel kleines Zubehör, wenn man sich für Downhill und so etwas interessiert, wobei ich unentwegt murmele: “Wir sind damals ja einfach nur so herumgefahren, und das war auch gut.” Aber egal, andere Zeiten, andere Ausrüstung und sowieso können die Söhne ihr Geld frei verwenden. 

Es gab eine Summe, die an die Suppengruppe weitergeleitet werden sollte, das ist selbstverständlich so geschehen.

Die Herzdame liest abends seit Ewigkeiten Trixie Belden vor, das ist eine uralte Buchreihe noch aus ihrer Kindheit, die wider Erwarten auch bei einem Sohn gut ankommt, aus dieser Reihe gab es im Juli einen weiteren Band, es gibt, so glaube ich, endlos viele. Nein, nachgelesen, es gibt 22. 

Als Hörbuch haben die Herzdame und Sohn I außerdem die Känguru-Chroniken von Marc-Uwe Kling erworben, und als Hörbuch gab es auch “Der König der purpurnen Stadt” von Rebecca Gablé, die beiden finden gerade Gefallen an historischen Romanen und hören gerne gemeinsam. Sohn II las in der guten alten Buchform “Mein Leben mit Pixelkröten und Grusel Graffiti” von Christian Tielmann, das ist auch schon der xte Band einer Reihe, die kam hier bei beiden Söhnen gut an, übrigens auch wegen der Illustrationen von Zapf.

Schon vor einer Weile gekauft und hier versehentlich nicht aufgeführt: Das wirklich brauchbare Gartenbuch “Wird das was oder kann das weg”. Nützlich, enom nützlich!

Und dann kam der Urlaub, der auch in etlichen Betreffzeilen der Gelder vorkam, so dass ich jetzt beglückt sagen kann, dass wir powered by Leserinnen durch die ganzen drei Wochen, also durch Westfalen, durch die Gartenwoche und noch durch Eiderstedt kamen. Wir bezahlten von den Trinkgeldern den Sprit, die Parkplatzgebühren, den Vogelparkeintritt, das Schwimmbad in Herford, die Stützpommes, Kaffee und Kuchen und selbstverständlich mehrmals Eis, die Fischbrötchen und die Waffeln, den Strandzutritt in Sankt Peter-Ording, die Reitstunden von Sohn II, Malzbier, Chips, Flips, überhaupt die Verpflegung und auch noch ein Notfall-E-Book, weil mein nicht gerade kleiner Lektürestapel noch vor Urlaubsende komplett verbraucht war, woran man erkennen kann, der Urlaub hat funktioniert. Besonders Eiderstedt hat wieder funktioniert, ich erkläre das in Kürze noch genauer. Das E-Book übrigens war dann “Das Haus am Rande der Welt” von Henry Beston, übersetzt von Rudolf Mast. Und ich habe komplett vergessen, wie ich auf dieses Buch kam, aber es ist eine hervorragende Lektüre, wenn man ganz nah am Meer ist und nicht allzu viele Menschen um einen herum sind.

Es gab Geld für “Etwas mit Regenbogen”, da habe ich dezent getrickst, denn neben der Tankstelle bei Husum wehte die Regenbogenflagge, da fand ich das Tanken dann ganz passend, pardon. 

Und dann, es kann nicht alles nur Urlaub sein, haben wir noch die neuen Schulsachen der Söhne für das wie auch immer geartete nächste Halbjahr von den Trinkgeldern bezahlt.

Zwei Updates noch! Nicht ausgegeben habe ich weiterhin die Summe für Unsinn, Schabernack & Verwegenes, dafür boten sich weder Westfalen noch Eiderstedt an, nicht ausgegeben haben wir auch das Geld für “Etwas, das Ihr Euch nie kaufen wolltet” – wir kommen einfach nicht darauf. Aber es ist amüsant, darüber ab und zu nachzudenken. Was wird das bloß werden?

Wie immer und diesmal sogar ganz besonders, vielen Dank für jeden Euro und jeden Cent, vielen Dank für diese Wochen und für diesen Urlaub, es war der bisher beste, entspannteste und erholsamste Urlaub, den wir je als Familie hatten. Und das ist ja was, besonders in diesem Jahr – ganz herzlichen Dank dafür von der Herzdame, den Söhnen und mir. 

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Hamma dös

Am ersten Tag nach dem Sommerurlaub ist es immer so, dass ich morgens so früh wie in normalen Wochen nun einmal üblich aufstehe und dann merke, aha, ich brauche um diese Uhrzeit also schon Licht. Dann finde ich das kurz ganz gemütlich, wie ich da sinnend mit dem ersten Kaffee im Licht der Küchenlampe stehe und den ersten Schluck nehme, merke aber auch, dass mich das gedanklich irgendwie schon seltsam nah an den Herbst befördert. Ich überblicke im Geiste flüchtig die Terminlage und denke an die kommenden Kindergeburtstage, die wieder vorzubereiten sind, auch wenn sie in diesem Jahr wohl etwas anders als sonst ausfallen werden. Die Geburtstage sind Anfang September, danach haben dann die ganzen Freunde der Söhne Geburtstag, das geht den ganzen September durch, wir haben da eine Serie. Dann ist schon Oktober, längst gibt es Lebkuchen und es wird auch schon merklich kühler und das tritt nach meiner Kenntnis … ist das sofort, unverzüglich.

Nun, nicht ganz. Erst kommt noch eine Hitzewelle, ich weiß. Ein wenig Hundstagegefühl, einige Wochen lastender Sommer, brütender Sommer, all das. Aber jedes Jahr wieder fühlt sich die Zeit nach dem Sommerurlaub an wie das Wildwasser des Kalenders, kaum ist man drin, kommt man schon Weihnachten raus, blickt irritiert zurück und fragt sich: „Was bitte war das denn jetzt?“

Aber es kann auch anders kommen, in diesem Jahr jedenfalls, das bisher in jeder Beziehung speziell ausfällt. Und ich habe gar nichts dagegen, wenn es anders kommt, jedenfalls was mein Zeitgefühl betrifft. Ich mochte diese immer rasender werdende Fahrt nach dem Sommerurlaub in den letzten Jahren nicht recht.

Natürlich sind die Werktage gleich wieder voll, so dass ich mühelos auch über heute einen Text schreiben könnte, dabei ist der Urlaub bisher nicht einmal zu einem Drittel erzählt, wie löse ich das nun wieder auf. Und wie kann es eigentlich sein, dass man nicht einmal von sich selbst in Ruhe berichten kann, geschweige denn vom Rest der Welt, ohne weit in der Zeit zurückzufallen, wie kann das Berichten bloß in die Stunden der Tage passen? Ich denke, es kann nicht passen, aber in diesem Jahr macht es mir nichts. Ich werde schon noch vom Urlaub weiter berichten, in diesem Jahr ist ja alles anders, warum nicht auch das, warum nicht auch ich.

Aus reiner Bockigkeit erzähle ich daher jetzt von einem Moment aus dem Urlaub 2019, das ist viele Jahre her. Da waren wir in Südtirol, man fuhr damals noch ins Ausland, die Szene spielt am Großen Montiggler See. Der ist, wenn Sie den nicht kennen, wunderschön, er ist der mit Abstand herrlichste See, den ich je gesehen habe. Malerisch wie sonstwas, ein Anblick, bei dem man, wenn man kein Herz aus Stein hat, plötzlich stehenbleibt und ein etwas schmerzhaftes Entzücken fühlt, denn man kann ja nicht öfter hin und das müsste man doch eigentlich, so sensationell sieht dieser See aus, die Mutter aller Postkartenseemotive. Alles, was in Reiseführern an Jubelarien über diesen See steht, stimmt. Die Söhne haben von einem großen Felsen am Ufer aus Fische beobachtet, sie sind dann auch selber hineingesprungen und die Fische haben an ihren Zehen geknabbert. Sie sind etwas hinausgeschwommen und sie haben gesehen, wie eine Schlange vom Ufer ins Wasser glitt und sich durch die Wellen ringelte, woraufhin sie den See in Rekordzeit verlassen haben. Kieferduft am Ufer, Sonne und Libellen. Ein Baum, der über das Wasser ragt, auf den kann man klettern wie in der Südsee auf eine Palme und dann von oben doch noch einmal ins Wasser springen – Kinderglückkonzentrat.

Da also standen wir gerade am Ufer, als ein Rudel Mountainbiker angefahren kam. Sie hielten in einer Staubwolke, einer ein wenig weiter vorne als die anderen, das kennt man auch aus Western und weiß also, das ist der Chef. Stattliche Burschen waren das, Sportler durch und durch. Standen da auf oder an ihren Rädern, nassgeschwitzt, atmeten heftig und guckten über den See, der von dieser Stelle aus auch am schönsten war. Der Chef mit den Händen in den Hüften, breitbeinig, auch das wie im Western. Besah sich den See, eine Minute vielleicht. Dann stieg er wieder auf, drehte sich zu seinen Männern um und rief ein entschlossenes „Hamma dös!“, was ich hier nur bemüht lautmalerisch wiedergeben kann, also ein „Haben wir das“. Und dann trat er gewaltig in die Pedale, die anderen machten es ihm natürlich nach und fort ging die wilde Jagd.

Was ich aber nur erzähle um, den folgenden Texten etwas vorgreifend, den Sommerurlaub 2020 mit einem natürlich nicht ganz so kernigen „Hamma dös!“ zu beenden. Ich erzähle in Kürze dennoch weiter davon.

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Links am Morgen

Ich verstehe die Entscheidung nicht, auf Masken und Abstand zu verzichten.” Na, es bleibt spannend, wobei spannend ein viel zu nettes Wort ist.

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Derweil auf dem Land: Ein Konzertbericht.

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Weiter durch Westfalen

Wobei mir einfällt, ich habe versucht, halbwegs passend zum Aufenthalt in der Gegend etwas Droste-Hülshoff zu hören, „Bei uns zu Lande auf dem Lande“, das kam mir dann aber arg langweilig vor. Wiedervorlage in etwa einem Jahr, manches braucht ja mehrere Versuche und ich gebe so schnell nicht auf. Droste-Hülshoff habe ich überhaupt wenig gelesen bisher, ich behalte so etwas gerne im Blick und bei Schriftstellerinnen ist der Nachholbedarf, nicht nur meiner, ohnehin riesig.

Wir fuhren zu den Externsteinen, darüber schreibe ich an anderer Stelle. Der Link folgt dann, es dauert noch etwas. Wir fuhren „zum Willem“, wie man in Nordwestfalen sagt, das ist der hier. Ein Denkmal für einen Kaiser, zu seinen Füßen ein neues Restaurant mit erheblicher Aussicht. Man kann da Kaffee und Kuchen in der üblichen deutschen Ausflugszielqualität zu sich nehmen, um es einmal neutral zu formulieren. Wenn man noch Kind genug ist, kann man auch etwas an der Basis des Denkmals herumklettern, das ist aber sicher verboten, es hat also niemand gemacht, und falls es jemand gesehen hat, ich kenne diese Kinder überhaupt nicht. Selbstverständlich kann man auch auf Schildern und Erklärtafeln nachlesen, was es mit dem Herrn da auf dem Sockel nun auf sich hat, wann das Ganze erbaut wurde und von wem und warum, das Ganze hat so Wandertagsqualitäten. Man könnte im Schulausflugsfall hinterher einiges abfragen oder in der Klasse ein halbwegs heiteres Quiz veranstalten. Irgendwas bleibt doch immer hängen.

Der Kaiser hat die rechte Hand erhoben und weist damit in die Lande oder grüßt diese, was auch immer. Ich hörte eine Kinderfrage, von einem etwa Zehnjährigen, warum denn Denkmäler von Leuten mit Hitlergruß noch herumstehen, was das denn solle? Darüber kann man ob der Verdrehung der Chronologie natürlich leise lächeln, ich kann aber noch etwas anfügen, nämlich eine Erläuterung und eine Frage. Zur Erläuterung für Menschen, die vielleicht keine Schulkinder haben, nur kurz der Hinweis, dass es ziemlich lange dauert, bis Kinder in diesem Land einen geschichtlichen Überblick haben, schon gar, wenn es um die jüngere deutsche Vergangenheit geht. Man muss ja erst durch die Steinzeit, durch Ägypten, durch Griechenland und Rom usw., das dauert, und wie das dauert. Die Frage, die sich mir, der ich natürlich schulpädagogisch weitgehend kenntnisfrei bin, zum wiederholten Male stellte, ist, ob es nicht vielleicht auch sinnig wäre, mit der Geschichte in der Gegenwart anzufangen und dann so rückwärts … ob das so aus Kindersicht nicht viel logischer wäre und auch aufschlussreicher und interessanter? Aber wie gesagt, ich verstehe davon gar nichts, ich finde es nur etwas unglücklich, dass die Gegenwart und das letzte Jahrhundert so irre lange gar nicht vorkommen. Nein, ich finde es nicht etwas unglücklich, ich finde es fatal.

In Detmold etwa, wir sind da an einem anderen Tag noch einmal durchgelaufen, fiel dem Nachwuchs auf, wie eine Altstadt aussieht, die nicht zerbombt wurde, und da machte es noch einmal hörbar Klick in den Köpfen und es war auch so, dass sie das dann noch einmal wissen wollten, wieso einige Städte jetzt so unangenehm nachkriegshässlich sind und andere nicht. Das ist doch ein naheliegender Ansatz?

Wir waren auch noch beim Hermann, der die Herzdame und mich schon dadurch irritierte, dass wir uns beim besten Willen nicht erinnern konnten, ob wir schon einmal da waren oder nicht und wenn ja, zusammen oder mit wem? Es blieb im Dunkeln. Wir sind aber auch schon eine ganze Weile zusammen, wir zwei, da verliert sich allmählich einiges im Dickicht der Geschichte. Der Hermann hat, das fiel Sohn II auf, einen Helm auf, der mit Hasenohren dekoriert ist. Das stimmt zwar nur aus einem bestimmten Blickwinkel, ansonsten sind das schon zweifellos Flügel auf dem Helm, aber wenn man diesen Blickwinkel einmal hatte, dann vergisst man den sicher nicht mehr und der Hermann wirkt dann etwas albern, mit diesen lustigen Öhrchen. Die Söhne diskutierten dann auch über die Flügel, denn warum bitte macht man Flügel auf einen Helm? Geht’s noch? Sie würden das eher nicht machen, sagten sie. Wir sprachen etwas darüber, dass zu anderen Zeiten andere Dinge und Dekoartikel anders gewirkt haben, ich kann etwa als Kind der 60er und 70er auch ein Lied davon singen, ich habe auch ziemlich schlimme Sachen getragen. So schlimm wie Flügel auf dem Helm? Darüber kann man wohl lange diskutieren.

Diese Flügel da, sie waren jedenfalls einmal ein Zeichen von Würde, von Macht vermutlich auch, man muss das historisch und kulturgeschichtlich einordnen und im Kontext interpretieren – oder nein, wenn man Kind ist, muss man das vielleicht nicht. Sohn II jedenfalls kam auch nach längerer Diskussion und ausführlicher Belehrung zu einem Schluss, den ich gerne so stehenlassen möchte, denn vielleicht war er schon durch alle Zeiten richtig und geradeaus denkende Menschen wie Sohn II haben es auch schon zu allen Zeiten gewusst:

„Alter, mit Flügeln auf dem Helm siehst du einfach immer bescheuert aus.“

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Ungenügend. Ein Text mit Hamburg-Bezug, aber auch für Eltern aus anderen Bundesländern interessant, nehme ich an. Sohn I hat am Donnerstag Schulbeginn, Sohn II am Montag in einer Woche. Es bleibt spannend und es erinnert fatal an die Situation im März. 

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Noch eine Ergänzung zum Nachdenken über Notizen.

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