Der Geschmack toter Seesterne

Ich war vor ein paar Tagen mit Sohn I bei einem Casting für eine Fernsehserie und komme weiterhin aus dem Staunen nicht heraus, wie selbstverständlich ihm das alles ist. Hier, spiel das mal vor, und dann macht er das. Einfach so. Unerfindlich. In seinem Alter hätte wir damals höchstens darauf spekuliert, einmal Kamerakind bei Michael Schanze zu werden, aber wir hatten eben auch nichts. “Ob ihr Recht habt oder nicht, sagt euch gleich das Licht”, fällt mir bei Michael Schanze natürlich sofort ein. Ein Satz, den wir für das ganze Leben abgespeichert haben, nicht nur ich murmele das noch manchmal im Büro vor mich hin, wenn ich mich bei einem Problem frage, was da wohl die Lösung sein mag. Es soll ja übrigens auch bei Nahtoderfahrungen gewisse Lichteffekte geben, ob man da dann auch noch so einen Quatsch denkt? Vermutlich.

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In der Zahnarztpraxis kommt vor mir ein Mann aus dem Behandlungszimmer, dreht sich um, umarmt im Türrahmen die Zahnärztin und sagt: “Ich möchte mich ganz herzlich für deine Arbeit bedanken.” Und da weiß man dann als Zuhörer nicht, kennen sich die beiden irgendwie anderswoher – oder haben sich die Umgangsformen in solchen Praxen auch längst grundlegend geändert? Und man ist währenddessen ein seltsamer Kauz geworden, mit dem ganzen formalen Gehabe und Guten Tag und Händeschütteln und so, natürlich alles noch per Sie?

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Die Geschichten von den Färöer Inseln habe ich durch, gleich danach habe ich Geschichten aus Georgien gelesen, wo niemand von Klippen fällt. Dafür kommt der Tod durchs Erhängen mehrfach vor und ich frage mich jetzt, ob jedes Land oder jede Gegend eine typische Todesart in Erzählungen hat. Traumatische Schulerfahrungen gab es in dem Buch auch mehrere, Georgien also: Schlimme Schulzeit, dann erhängt. Island eher: Sie liebt mich nicht, da, die Klippe. Es lebe die Vereinfachung. “Bittere Bonbons” hieß das Buch. Ich glaube, ich suche mir noch mehr Bände mit Landesauswahlen, als nächstes liegt hier Tschechien (“Die letzte Metro”). Mal sehen, woran man da so stirbt, nach den ersten Seiten zu urteilen am Suff.

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Auf die skeptische Kinderfrage beim Abendessen, was das denn nun wieder sei, hat die Herzdame scherzhaft geantwortet: “Esst das lieber nicht, es schmeckt nach totem Seestern.” Woraufhin die Söhne mit großem Interesse und gutem Appetit gegessen haben. Darauf hätten wir auch früher kommen können.

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Auf dem Spielplatz sitzt einer dieser Radkuriere, Sie wissen schon, die mit dem großen Kasten auf dem Rücken und der unsäglich albernen Kleidung an. Er gehört aber weder zur einen noch zur anderen der beiden großen Firmen, es ist der Farbe nach zu urteilen irgendwas ganz anderes, ich kann es nicht erkennen. Der Mann sitzt auf einer Bank, hat die Beine weit von sich gestreckt und liest ein dickes Buch. Ab und zu sieht er auf sein Handy, und er ist natürlich viel zu weit weg, um es genau zu erkennen, aber diese Sitzhaltung, diese Art, wie er liest – ich glaube, er ist ganz froh, dass gerade keine Aufträge reinkommen. Zwei kleine Kinder gehen vorbei, zeigen auf den Transportkasten und reden, gehen vorsichtig einen Schritt näher, die diskutieren sicher, was da wohl drin sein mag. Der Kasten ist immerhin ganz schön groß, da könnte sich so ein Kind drin verstecken.

Der Mann guckt nicht einmal hoch, der blättert nur um und liest weiter.

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Bei der Anzahl der Todeserwähnungen hätte dieser Text eigentlich im November erscheinen müssen, merke ich gerade, im November, der sich wettermäßig auch nicht großartig von diesem Mai unterscheidet. Was hier fehlt, das ist ein Zeichen des Aufbruchs und des Lebendigen, überhaupt des Frühlings, ein nachösterlicher Schub sozusagen. Und nachdem ich mich krankheitshalber gerade zwei Tage ausgeruht habe, kann der jetzt auch gerne mal kommen, der Schub.

Und wissen Sie was, während ich das schreibe, in genau dieser Minute, zieht es sich draußen dunkelgrau zu und ein kalter Wind greift in die Linden und schüttelt die Ringeltauben durch, die sich ihre Wohnlage auch etwas sonniger vorgestellt haben.

Nächste Woche soll es endlich wärmer werden.

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Bei HONY wieder ein ganzer Roman in einem kurzen Beitrag.

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Musik! Legen Sie sich schon einmal hin, decken Sie sich zu. Die Lampen leuchten, der Tag ist aus. Hanns Dieter Hüsch auf seiner Abschiedstournee, das ist wunderschön.

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Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

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Sie können hier Geld in den nur virtuell vorhandenen Hut werfen, ganz herzlichen Dank.

 

Eine saubere Lösung

In der Anthologie von den Färöer Inseln, die ich gerade lese, falle verdammt viele Figuren die Klippen hinunter, ein wirklich auffälliges Muster. Das scheint die Standardwendung in den Erzählungen da zu sein, besonders in Verbindung mit Liebeskummer, wenn es nicht mehr weitergeht, geht es eben abwärts. Sollte ich da einmal hinreisen, ich werde mich vorsichtshalber nicht verlieben, denke ich mir – wobei ich jetzt schon wegen dieses Satzes eigentlich dringend dahin müsste, das könnte immerhin ein interessantes Reisetagebuch werden: “Der Mann, der an den Frauen vorbeisah”. Auf den Färöer Inseln, so lese ich bei der Wikipedia, gibt es die höchste senkrecht abfallende Klippe der Welt. Immer eine saubere Lösung, also zumindest nach diesen Geschichten da zu urteilen.

Da kann ich mit meinen Erfahrungen am Brodtener Steilufer natürlich nicht mithalten, auch wenn ich selbst sogar eine eigene Abwärtsgeschichte dazu beigetragen haben – wirklich tragisch war sie nicht. Und die nächstbeste einigermaßen dramatische Klippe, also die von Helgoland, hat mich bisher auch noch nicht mit solchen Geschichten versorgt. Wenn ich wieder da bin, frage ich mal nach beim Helgoländer vom Dienst, da muss es doch etwas geben.

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Beim Edeka im kleinen Bahnhofsviertel steht eine Gruppe vor mir, die vermutlich aus China kommt, wirklich sicher bin ich mir da natürlich nicht. Vier, fünf Männer, sie sind so lässig angezogen, dass es schon weit ins Vernachlässigte reicht, die Ausstrahlung ist etwas ärmlich. Sie reden sehr freundlich miteinander und der Älteste zahlt an der Kasse, wobei er ein Bündel Bargeld aus der Hosentasche holt, das die vermutlich größte Geldsumme ist, die ich je beim Einkaufen bar gesehen habe, zwei Handvoll Geld in großen Scheinen. Er legt einen Geldschein nach dem anderen ab, die Summe der Scheine ist schnell viel zu hoch, sie ist geradezu dramatisch zu hoch, aber die Kassiererin hat erhebliche Mühe, ihm das klarzumachen, zu viel, zu viel! No! Stop! Endlich versteht er und sammelt lachend alle Scheine wieder ein, ach so, man braucht hier nur einen davon. Gelächter in der Gruppe, und er stopft das Geld achtlos wieder in die Hosentasche.

Nachdem sie weg sind gucke ich noch einmal auf den Boden, aber verstreut haben sie nichts. Was da wohl für eine Gruppe war?

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“Jungs, soll ich euch noch eben was vorlesen? Was von mir?”

“Geht auch Walter Moers?”

Denn es ist und bleibt eine wirklich wichtige Regel im Leben: Man muss auch verlieren können. Wobei man gegen manche ganz gerne verliert, schon klar.

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Musik! Gepflegte Salonmusik. Auch mal schön.

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Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

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Von Inseln weiß ich …

Passend zum etwas speziellen Wetter lese ich Geschichten von den Färöer Inseln. Harte, klare Geschichten: “Unser Glück liegt in Gottes Hand. Was vermögen wir schon? Unsere Hand reicht bis an die Reling, nicht weiter.” Das Buch heißt: “Von Inseln weiß ich …” und in der Gegend dort scheint es so zu spuken wie auf Island, nämlich normal und allgegenwärtig. Da ist vom “grauen Volk” die Rede, nicht vom kleinen, wie es wieder auf anderen Inseln heißt. Das graue Volk, der Ausdruck hat doch etwas, gleich sieht man aus dem Seenebel unscharfe Gestalten auftauchen und auf einen zukommen, jedenfalls wenn man der schier unweigerlichen Momo-Assoziation entkommen kann. Im einleitenden Kapitel wird die Inselgruppe ganz selbstverständlich als Mittelpunkt der Welt dargestellt, das fand ich schön. Also ich fand das natürlich auf diese etwas herablassende Art des wahren Kenners schön, denn der Mittelpunkt der Welt ist selbstverständlich ein gewisses kleines Bahnhofsviertel. Jedenfalls solange Sie diese Zeilen nicht lesen, denn dann ist es mit sofortiger Wirkung Ihr Viertel in Detmold oder ihre Straße in Friedrichshain, wo immer Sie gerade wohnen. Der Freundeskreis Element of Crime hat jetzt übrigens geschlossen ein Lied im Kopf, nicht wahr, dann spielen wir das auch schnell:

Die Färöer Inseln sind von Natur aus baumlos, in den Geschichten kommen dafür aber mehrmals Flechten vor, das fiel mir auf. Flechten, die hier keiner nennen oder auch nur bemerken würde, da wächst so Kleinzeug, egal. Aber auf den Färöer Inseln, da ist das eben was, wenn etwas wächst, da sieht man dann anders hin.

Derweil ist es in Hamburg am Morgen frostklar, minus 1 Grad, der Himmel ist blau. Auf den Inseln da oben, so stelle ich mir vor, wäre dies vielleicht ein angenehmer Frühlingstag, mild und bemerkenswert hell.

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Wir haben im Garten einen Staketenzaun aufgestellt, also wir haben es zumindest versucht. Theoretisch hätte uns dabei vom Arbeiten warm werden sollen, praktisch haben wir aber solange und so ergebnislos über Richtung, Neigung, Spannung und Kurvung des Zaunes diskutiert, dass wir enorm lange bewegungslos herumstanden, jeder mit einem Ende des Zaunes in der Hand und dem Recht auf seiner Seite, wobei uns in der unentwegt heranwehenden arktischen Luft dann so bitter kalt wurde, dass der Zaun nun erst einmal ein halber geblieben ist. Bei steigenden Temperaturen blüht dann auch unsere Leistungsbereitschaft wieder auf, nehme ich an.

Der Zaun hat ja, ich erwähnte es bereits, eigentlich nur dekorativen Charakter, ist also als Zaun genau betrachtet völlig sinnlos. Man muss aber doch unbedingt sicher sein, wo diese hübsche Sinnlosigkeit am meisten Sinn hat, das ist im Garten nicht anders als im restlichen Leben auch.

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Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

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Sie können hier Geld in den nur virtuell vorhandenen Hut werfen, das dient dann etwa dem Erwerb weiterer Zaunpfähle, von denen wir dezent zu wenig erworben haben. Ganz herzlichen Dank!

Rolltreppe abwärts

Mussten Sie das Buch mit dem Titel auch einmal im Deutschunterricht lesen und haben es furchtbar gefunden? Hier kommt ein Text, um davon abzulenken. Nach all den Jahrzehnten! Für manche Ausgleichsmaßnahmen braucht man eben länger.

Ich fahre die Rolltreppe zur U-Bahn am Hauptbahnhof hinunter, auf der Zwischenetage mit dem Bäcker und dem Kiosk und den Fahrkartenautomaten steht eine Frau. In der Mitte dieser Fläche steht sie, vor den beiden Buden, mitten im Gewimmel steht sie da, und sie guckt in meine Richtung und wartet und freut sich. Und zwar freut sie sich über mich. Über mich, auf den sie gewartet hat, und jetzt bin ich gleich da. Das ist ziemlich toll, das sieht man ihr an. Ihr Gesicht strahlt, die Mundwinkel wandern immer höher und ihr Blick ist, man kann es fast nicht beschreiben ohne anzugeben, geradezu verzückt, weil ich da endlich angerollt komme. Ihre ganze Körperhaltung sagt, das wird gleich eine Umarmung, die hast du auch nicht jeden Tag, einen schnellen Schritt geht sie schon auf mich zu. So eine Erwartung strahlt diese Frau also aus und das Dumme ist nur, ich habe nicht die leiseste Ahnung, wer das ist. Nie gesehen, nicht einmal ansatzweise bekannt. Selbstverständlich lächele ich aber dennoch zurück, schon aus Höflichkeit und weil stets bemüht.

Die Rolltreppe schiebt mich immer weiter auf sie zu und allmählich merke ich, ihre Begeisterung über mich ist ein Scheinriese von Gefühl, denn ich beobachte ein allmähliches Erlöschen der Freude und der ganzen Munterkeit, ein langsames Sinken der Mundwinkel, eine Änderung in der Körperhaltung, je näher ich komme, desto weniger ist von dem ganzen schönen Zauber übrig, desto mehr Zeichen der Freude verblassen, bis nur noch ein ganz normales und eher ödes Warten übrig bleibt. Die kennt mich nämlich auch nicht, die hielt mich einfach für einen anderen und während ihre Freude immer kleiner und kleiner wird, wird die Enttäuschung durch mich immer größer, denn hey, ich bin es nur, also schlicht irgendwer, das ist fast schon ärgerlich. Als ich schließlich an ihr vorbeigehe, sieht sie längst angestrengt woanders hin und hat sich sicherheitshalber auch etwas weggedreht. Vielleicht kommt er ja aus einer anderen Richtung, also der andere, und sie sieht so entschlossen weg, als hätte es die gerade eben noch so vorschnell an mich verschwendete Freude nie gegeben.

Um die Umarmung war es ja etwas schade, fand ich.

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Musik! Kevin Johansen.


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Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

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Sie können hier Geld in den nur virtuell vorhandenen Hut werfen, ganz herzlichen Dank.

Grmbl

Friday for future wirkt.

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Es ist rattenkalt in Hamburg, im Wetterbericht für die Nacht steht sogar etwas von Graupeln und Schnee. Aber strebsam, wie wir sind, waren wir dennoch im Garten und haben uns wieder gefragt, was wo hin soll. Schwierige Fragen sind das, aber eine Felsenbirne wird schon noch Platz finden, haben wir beschlossen, eine Felsenbirne fehlt da.

Auf der Billerhuder Insel blüht währenddessen der Flieder in jedem Garten. Es gibt dort enorm viel Flieder, und weil gerade ein fürchterliches Tief heranrollt, riecht es gleichzeitig nach Kälte und nach Flieder, es ist äußerst merkwürdig. Wie eine Geschmackskombination auf dem Teller, die nicht ganz aufgeht, wie bei einem Nachtisch, bei dem man sich plötzlich fragt, wieso jetzt Koriander. So ist das mit diesem metallischen Kälteduft in der Fliederwolke.

Auf dem Rückweg mit dem Fahrrad hatten wir Gegenwind aus der Arktis, danach hätte ich auch Glühwein angenommen, wenn mir jemand welchen angeboten hätte, das habe ich den ganzen Winter über nicht ein einziges Mal gedacht. So ein Wetter.

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Ein Sohn liest gerade reihenweise Schlumpf-Comics und hat nach zwei, drei Bänden die dort häufig dargestellte Reaktion auf Unbill aller Art übernommen. Wenn ihm jetzt irgendetwas nicht passt, dreht er sich um, zieht die Schultern hoch, guckt entschlossen finster und sagt mürrisch: “Grmbl.” Als experimentierfreudige Familie haben wir das selbstverständlich umgehend alle nachgemacht, und seither verlaufen Familienkrachsituationen bei uns deutlich amüsanter, ich kann das wirklich empfehlen.

Wie man das aber auch im Großraumbüro, in Meetings und Telefonkonferenzen einführen kann, darüber muss ich noch ein wenig nachdenken. Ich gehe allerdings nicht davon aus, dass ich der Versuchung allzu lange widerstehen kann.

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Es war eine lange Phase, in der die Söhne keine Tretroller mehr benutzt haben, im Moment sind sie aber auf einmal doch wieder topaktuell. Ziemlich große Tretroller aus Metall, versteht sich, es sind ja längst keine Kleinkinder mehr. Mit diesen Rollern kann man auch Kunststücke machen, Sprünge und Treppenfahrten und so, wenn man Kind ist, dann kann man eh mit allem Kunststücke machen. Man kann also z.b. auch während der Fahrt abspringen und das Gerät dann abschließend so herumwirbeln – und wissen Sie, welche Höhe das so betont cool herumgewirbelte Gefährt dabei hat? Das kann man genau benennen, es hat nämlich exakt die Höhe der elterlichen Knöchel. Es trifft die Knöchel aber nicht nur, wenn ein Kind es herumwirbelt, es trifft die Knöchel auch dann, wenn man es etwa im Treppenhaus kurz am Lenker anfasst und hochhebt, weil man es etwa wegräumen möchte – zack, dreht das Ding sich ebenso selbständig wie actiongeil völlig selbständig und keilt aus.

Und da mich so ein gottverdammtes Ding gestern zum gefühlt hundertsten Mal getroffen hat, möchte ich noch kinderlose Menschen, die Nachwuchs nicht vollkommen ausschließen, freundlich darauf hinweisen, dass man sich auf diese höchst speziellen und auch erstaunlich intensiven Schmerzen sinnig vorbereiten kann. Bitten Sie dazu einfach den Lieblingsmenschen an Ihrer Seite, sich ein schönes Stück Moniereisen zu besorgen, so etwas liegt an jeder Baustelle herum, und ihnen damit dann einmal kräftig auf den Knöchel zu zimmern. Dann können Sie in etwa abschätzen, was auf die zukommt und ob Sie das wirklich abkönnen. Bitte sehr, das bleibt hier ja serviceorientiert.

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Musik! Ane Brun. Eine grandiose Cover-Version.


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Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

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Sie können hier Geld in den nur virtuell vorhandenen Hut werfen, dann wird die Felsenbirne gleich noch wahrscheinlicher. Ganz herzlichen Dank.

Trinkgeld April, Ergebnisbericht

Ich habe mich von dem Trinkgeld auf dem Katamaran und auf Helgoland verpflegt. Sie erinnern sich, Helgoland, das ist schon wieder Monate her, also gefühlt. Imbissessen, Pizza usw., ich habe außerdem davon die Überfahrt zur Düne bezahlt (falls Sie das nicht kennen, Helgoland besteht aus zwei Teilen ohne Landverbindung) und mehrere sehr gute Latte Macchiato im “Kaffeeklatsch” gleich am Anfang des Lung Wai, der Haupteinkaufsstraße. Wer einmal nach Helgoland fährt, der merkt sich das bitte vor, man wird keinen besseren Kaffee dort finden, und so etwas ist ja elementar wichtig.

Sohn II hat sich von seinem Geld zwei Bände vom “Marsupilami” gekauft, und das ist doch mal eine richtig vernünftige Geldanlage.

Für den Garten gab es noch einmal ein paar Kilo Rasensamen, wovon wir jetzt soviel versenkt haben, der Boden kann eigentlich nur noch aus einer recht starken Schicht Rasensamen bestehen. Vielleicht wird irgendwann noch etwas Grünes daraus, wer weiß. Im Prinzip geht es aber jedesmal so, dass wir Rasen säen und uns nach getaner Arbeit zufrieden umsehen. Dann hören wir ein mittlerweile schon bekanntes Flügelgeräusch und ein Stockentenpaar landet, um sofort grußlos mit dem von uns angerichteten Festmahl zu beginnen. Man lernt im Garten nämlich immer was, etwa dass Stockenten Rasensamen essen. Viele Rasensamen, wer ahnt denn so etwas. Und als Vogelscheuche, das muss hier auch einmal festgestellt werden, als Vogelscheuche nehmen sie mich nicht ernst. Nicht einmal ansatzweise. Ist das schon ein Kompliment?

Etwas mehr haben wir in ein paar Meter Staketenzaun investiert, mit dem wir die Gemüsebeete vom Rest abtrennen werden, Bildbeweise folgen dann. Der Garten ist ein langes, langes Rechteck und muss dringend untergliedert werden. Räume schaffen, wie es in den Gartenzeitschriften immer heißt, und da haben Sie wohl auch Recht. Wir planen also in diesem Jahr etwas neu und und versuchen, etwas mehr Kuscheligkeit herzustellen und auch die Pflanzen sinniger zu positionieren. Ob wir damit aber weit kommen, das ist noch nicht ganz abzusehen.

Ich habe mir außerdem, um contentnah zu bleiben, ein Notizbuch gekauft, das ein wenig edler ausgefallen ist, weil gutes Papier und dergleichen mit gerade Spaß machen, Leinenrücken, marmorierte Pappe, Stifthalterung. Die Notizen werden dadurch leider nicht einmal ansatzweise lesenswerter oder geistreicher, aber wenn es doch so schön ist! Und das war dann auch schon das Buchgeld des Monats, ein leeres Buch also diesmal, warum auch nicht.

Ferner gab es wieder Eis für alle, versteht sich.

Noch ausstehend ist eine Ausgabe für den Betreff: „Unsinniges und Verwegenes“, ich denke seit Wochen darüber nach.

Wie immer, ganz herzlichen Dank für jeden eingeworfenen Euro und auch für jeden Cent!

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Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

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Sie können hier Geld in den nur virtuell vorhanden Hut werfen. Herzlichen Dank!

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Wie fliehendes Wild

Im Vorübergehen gehört, der Dialog eines ungeheuer betrunkenen und sehr heruntergekommenen Pärchens, das kurz neben mir herschaukelte:

“Wir haben es doch noch immer geschafft, auch wenn wir nichts hatten. Wir haben ja uns. Weißt du? Wenn wir uns nicht hätten!”

“Dann!”

“Aber echt.”

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Beim NDR gibt es ein Filmchen über die Regionalwert AG und die Hobenköök.

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Da mir doch wieder der Gedanke kam, dass mich der Alltag körperlich einfach nicht genug bewegt und meine ganzen Fußwege dafür irgendwie auch dann nicht ausreichen, wenn sie bei durchschnittlich zehn Kilometern am Tag liegen, bin ich neulich doch wieder gelaufen. Also gejoggt, und alle wissen vermutlich, wie sehr ich das hasse. Aber nun, andere Sportvarianten sind ja eher noch grässlicher, beim Joggen ist man wenigstens allein, braucht sehr wenig Zubehör und ist terminlich flexibel, ja, ja, geschenkt. Ich finde es dennoch scheußlich. Überaus scheußlich.

Wobei das ”allein” ja auch so eine Sache ist. Das fängt damit an, dass ich kurzentschlossen in einer Sporthose in der Wohnung stehe, mir darin überaus albern vorkomme und die Herzdame sofort sagt: “Ich komme mit.” Das ist heikel, denn die Herzdame gehört zu den mir grundsätzlich suspekten Leuten, die komplett um die Alster laufen können, ich weise also erst einmal darauf hin, dass ich es vermutlich nur um den Block schaffe, und das auch nicht mit Sicherheit lebendig. “Ist gut”, sagt die Herzdame und zieht sich um. “Ich möchte hier einfach nur laufen”, denke ich, aber nun, man ist ja soweit verheiratet. Das denkt die Herzdame allerdings auch, die läuft nämlich neben mir los und fängt sofort an zu reden, einfach so. Beim Laufen. Ich bringe zwischen den Laufschritten äußerst mühsam ein “Nicht reden!” heraus, denn ich kann mich nicht gleichzeitig auf das Laufen, auf das Atmen und auf ein Gespräch konzentrieren, das ist nun wirklich völlig abwegig. “Macht nichts”, sagt die Herzdame nach einem etwas zu mitleidigen Seitenblick, “dann rede eben nur ich.” Und sie spricht einfach weiter , es perlt nur so aus ihr heraus, all die Themen, die sie schon immer mal mit mir besprechen wollte, bei denen meine Meinung aber vermutlich eh nicht gefragt war. Ich kann aber auch nicht beim Laufen zuhören, dann atme ich immer irgendwie völlig falsch, wobei ich eh nicht weiß, wie man beim Laufen richtig atmen soll, das habe ich nie herausgefunden. Im Grunde widersprechen sich Atmen und Laufen bei mir komplett. Es gibt kein richtiges Atmen im falschen, Adorno und der Laufsport, denke ich, Adorno wäre übrigens auch als Turnschuhmarke gut, und ich stolpere keuchend so herum.

“Also noch einmal zur Ferienplanung”, sagt die Herzdame gerade, aber ich biege einfach ab und lasse sie alleine weiter um die Alster ziehen. Im Rahmen der achtsamen Beziehungspflege wäre es womöglich ein klein wenig geschickter gewesen, dieses Abbiegen vorher zumindest ansatzweise zu erklären, aber das muss man ohne Sauerstoff auch erst einmal können. Die Herzdame läuft stoisch weiter, Menschen aus Nordostwestfalen haben es nicht so mit plötzlichen Richtungsänderungen. Vielleicht spricht sie dabei auch weiter, aber das höre ich natürlich nicht mehr.

Ich trabe also alleine weiter. Ich bin ein altes Brauereipferd, Brauereipferde sprechen nicht bei der Arbeit. Gut, denke ich, alleine geht es doch gleich einfacher, es ist auch viel weniger peinlich, immerhin biete ich einen Anblick des Grauens, nehme ich jedenfalls an. Ich mag ja selbst keine anderen Menschen beim Jogging beobachten, die sehen immer alle schrecklich aus, also abgesehen von den ganz wenigen Exemplaren, die sensationell toll laufen können, so leicht wie fliehendes Wild, diese Leute haben ja alle einmal gesehen. Aber eben in der Regel nicht im Spiegel.

Ich trabe alleine weiter, nach zehn Metern treffe ich Bekannte, die ihre Gesichter zwar im Griff haben, aber vermutlich vor Lachen zusammenbrechen, kaum dass ich sie passiert habe. Zwanzig Meter weiter treffe ich Leute aus dem Schrebergarten, dreißig Meter weiter andere Eltern aus dem Stadtteil, dann einen Kollegen, dann eine Nachbarin und wirklich, dieser Stadtteil ist manchmal doch entschieden zu dörflich für mich.

Vielleicht mache ich das mit dem Sport künftig doch besser morgens um 5 oder so. Da sind sicher nur Irre unterwegs, da füge ich mich dann harmonisch ein.

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Musik! Cher and The Osmonds. Die Siebziger waren auch etwas speziell, waren sie nicht?


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Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

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Stets bemüht

Im Keller.

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Das Füchslein.

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Fragwürdige Verflechtungen. Lobbyismus, ne. Das Grauen.

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Zu dem Kinderworkshop auf dem Europacamp gibt es hier einen Radiobeitrag vom Deutschlandradio, darin auch gegen Ende ein Satz von Jojo zur Rolle der Medien.

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Apropos Medien, die Nachrichten sind voll von seltsam grauenvollen Begriffen, und es sind nicht nur die normalen und bekannten Gruselausdrücke, es sind gerade auch eher neu dabei. Schlecker-Kinder musste ich da etwa mehrmals lesen, Schlecker-Kinder, Schlecker-Kinder, ein Wortpaarung des Grauens. Es klingt nicht nach Erwachsenen und es klingt nicht nach einem Nachnamen, es ist einfach nur schrecklich. Und wo wir schon bei Grauen sind, auch die “FDP-Paarung” kam in der letzten Woche gleich auf mehreren Seite vor, man weiß gar nicht, was schlimmer ist und möchte es sofort und dringend alles wieder ungelesen machen – aber den Knopf gibt es leider nicht.

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Am Morgen kommt der Herzdame und mir auf dem Fußweg ein SUV entgegen. Der Fahrer fand den Stadtverkehr vor unserer Haustür wohl unerträglich langsam und hat sich spontan an “off road” erinnert. Manche Verhaltensweisen im Verkehr muss man hier mittlerweile recht eindeutig als Kampfhandlung bezeichnen. Siehe dazu auch: “Die Deutschen müssen das Auto loswerden.”

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Zu den guten Nachrichten: Bei unserem Edeka wird das Zeug an der Frischetheke jetzt nur noch in Papier verpackt, ohne drei Lagen Plastik drumherum und dazwischen. Das scheint auf einmal zu gehen. Und auf dem Europacamp gab es die Limo für Jojo im Lokal mit Pappstrohhalm, das Wort muss für Ausländer auch seltsam aussehen, fällt mir gerade auf. Der Pappstrohhalm taugte allerdings als Ersatzprodukt nichts, der hat sich viel zu schnell aufgelöst. Aber eigentlich braucht der Sohn für eine Limo auch keinen Strohhalm.

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Am Abend habe ich mich wieder mit den Niederungen der Lokalpolitik befasst. Wenn man sonst schon alles für kompliziert hält, ist die Lokalpolitik ein gutes Gegengewicht, die ist nämlich irrwitzig kompliziert. Und mein Durchblick lässt weiterhin erheblich zu wünschen übrig, wenn ich mir da mal ein Zeugnis ausstellen soll. Herr Buddenbohm war stets bemüht.

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Musik! Andrew Bird.

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Bemerknisse auf dem Europacamp (2)

Ich habe einen Vortrag von Aral Balkan gehört, es ging da um Überwachungskapitalismus, also um die Art, in der Konzerne mit unseren Daten umgehen, was daraus werden kann und was daraus bereits geworden ist.

Das war eine recht verheerende Dystopie, was da geschildert wurde, und allzu übertrieben oder polemisch überzogen kam es mir nicht vor, wobei ich das sicher nicht sachkundig beurteilen kann. Getreu meiner Nachschlagregel habe ich über den Herrn hinterher online gelesen – ich kannte ihn vorher nicht – und einen Artikel von 2016 von ihm in der Zeit gefunden (hier), der ist inhaltlich nach wie vor die Grundlage seiner Vorträge, scheint mir, es ist alles in den letzten Jahren nur schlimmer geworden, wen wundert es. So weit, so trostlos. Es ging aber auch um Alternativen zu großen Konzernen, wenn es um die Daten auf unseren Geräten geht, erwähnt wurde da etwa die Seite Switching Social, die kannte ich auch nicht. Da werden Möglichkeiten gelistet, online Dienste zu nutzen, die vielleicht etwas sympathischer sind, ethischer, wie es dort heißt, also moralisch vertretbaren Überlegungen folgend, was man natürlich im weiteren Sinne verstehen muss, denn da wird es so leicht keine Einigkeit geben. Wenn man auch diesen Diensten online hinterhersucht, findet man zu jedem mehrere Meinungen und wüste Lagerkämpfe und Kritik, versteht sich.

Interessanterweise kannte ich aber einige der Alternativen gar nicht, deswegen schreibe ich das überhaupt, denn Ihnen geht es ja vielleicht auch so. Man kann sich diese anderen Möglichkeiten ja immerhin mal ansehen. Und dann kann man dort an der Usability scheitern oder daran, dass dort noch keiner ist von den Freunden, die man drüben bei den großen Konzernen aber doch hat und so weiter und so weiter, die Gründe sind sicher zahlreich, aber wie gesagt, gucken kann man ja mal. Wie man sich überhaupt immer wieder fragen kann, wo man gerade die richtige Wahl trifft, denn ich finde ja, wer sich das fragt, der tut schon viel. Ganz unabhängig vom Ergebnis.

Davon abgesehen kann Aral Balkan sehr schnell, frei, fokussiert und inhaltsreich sprechen, so etwas finde ich immer wieder bewundernswert, weil es nicht allzu viele Menschen können. Der Durchschnittstyp an sich ist ja doch eher ein lahmer Folienvorleser. Und man merkt oft erst an den Ausnahmen, wie lahm man geistig selbst ist.

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Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

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Bemerknisse auf dem Europacamp (1)

Um ganz vorne anzufangen, also wirklich noch vor dem Anfang, fiel mir bereits im Programm-Flyer zur Veranstaltung etwas auf, es ist nur ein Umstand ganz am Rande, eine Winzigkeit, aber wie schon tausendmal festgestellt – es sind die Kleinigkeiten. Unter Anreise stand da also, und das habe ich noch nie so gesehen, unter Bus/Bahn und dem üblichen Zeug auch als ganz normale Rubrik: StadtRad. Mit Verweis auf die nächste Station. Das ist in der Tat eine Petitesse, schon klar, aber irgendwo fängt der Wandel eben an.

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Dann habe ich wieder gemerkt, dass ich aufgrund meiner Schreibart Probleme mit solchen Veranstaltungen habe, besonders dann, wenn ich sie gut finde. Es gibt Menschen, die gehen da hin, hören sich etwas an, schreiben etwas mit, gehen nach Hause und verfassen eine feine Zusammenfassung. Schulaufsatz nichts dagegen, womit ich das jetzt nicht herabsetzen will, ich habe das nämlich schon in der Schule nicht gekonnt. Ich gehe dahin, sehe beim Reinkommen einen interessanten Typen, höre im Weitergehen einen seltsamen Satz und habe genug für zwei Blogeinträge. Also auf meine Art, nicht dass das zwingenderweise gut wäre. Aber ich könnte dann auch wieder gehen. Und spätestens nach zwei Stunden platzt mir der Kopf und ich bin ob der Fülle komplett ratlos, was ich überhaupt schreiben könnte.

Das geht mir übrigens auch auf Reisen so, nein, da ist es noch schlimmer, weswegen es mir nie gelingt, Ausflüge oder Urlaube komplett wiederzugeben und jedes Mal ein erheblicher Anteil der Notizen ungenutzt veraltet, wie sehr ich mich auch bemühe.

Ich habe mir gestern zwei Vorträge angehört, einer inhaltsreicher und interessanter als der andere, dazu in Kürze mehr. Jetzt ist das hier nämlich schon wieder so lang geworden und ich fahre gleich erst einmal wieder hin, denn heute hat Jojo da seinen Job, er wird dann später auch darüber schreiben.

Der seltsame Satz im Vorübergehen übrigens:

„Ich kenne zu viele Leute in dieser Stadt.“

„Ja, es ist ein Dorf.“

 

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Man ist immer irgendwas.

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