Zielgruppe verfehlt, alles richtig gemacht (2)

Noch eine Verlagszusendung, diesmal vorher angefragt. Ob wir Interesse an einem Geo-Epoche-Heft hätten? Zum Thema Hamburg? Das habe ich reflexmäßig zugesagt, weil die Herzdame beim Thema Hamburg und Geschichte auch bei Krimis immer zuschlägt, das konnte so verkehrt für sie also nicht sein.

Geo-Epoche-Heft

 

Und dann lag das Heft eine Weile dekorativ auf dem Wohnzimmertisch herum, als würden da dauernd Coffeetablemags liegen, was hier durchaus nicht der Fall ist. Unser Konsum an Printperiodika geht eher gegen Null. Und das Heft lag und lag, die Herzdame kam nicht dazu, ich kam nicht dazu. Es war aber ganz richtig, dass es da so dauerhaft lag, denn dadurch wurde es für die Kinder interessant, die es dann durchgeblättert haben, bevor wir überhaupt dazu kamen. Sie haben es auch nicht nur einmal durchgeblättert, sie haben es ziemlich oft in der Hand gehabt und sich die Bilder sehr genau angesehen. Es sind viele Bilder und wenig Text im Heft. Und die Söhne haben nach ein paar Tagen erst angefangen, Fragen dazu zu stellen. Fragen nach den großen Seglern im Hafen, nach den armen Leuten und besonders nach den hungernden Kindern auf den Fotos. Fragen nach dem U-Bahn-Bau und nach den Naziaufmärschen und nach Hitler. Sohn I wird bald neun Jahre alt, da gibt es allmählich ein gewisses Geschichtsverständnis. Es gab auch wieder Fragen nach dem Krieg und nach den Nazis damals und heute und warum denn bloß und wie isses nun bloß möglich, was ganz zufällig das ist, was sich ihr Vater seit Monaten auch die ganze Zeit fragt.

Geo-Epoche-Heft

 

In der Folge gab es auch noch Fragen nach der Nachkriegszeit und der Sache mit der innerdeutschen Grenze und der DDR und Honecker, und es gab auch Fragen nach der allgemeinen Arschlochhaftigkeit von Diktatoren, und absurderweise genau einen Tag vor ihrem Tod wurde hier festgestellt, dass die Witwe von Honecker noch lebt und es wurde etwas beunruhigt gefragt, ob sie nicht doch noch gefährlich sei. Es gab Fragen nach dem Zeppelin, wozu ich ihnen sagen konnte, dass bei den Männern, die das Luftschiff damals bei der Landung auf den Schultern trugen, vielleicht einer ihrer Urgroßonkel mit auf diesem Bild ist, das fanden sie natürlich spannend. Es gab Fragen nach der Speicherstadt usw., das Heft hat sie wirklich zum Grübeln gebracht, und das ist pädagogisch ja oft erstrebenswert. Und wie leicht das war – einfach durch ein paar Bilder.

Geo-Epoche-Heft

 

Wobei mir aufgefallen ist, dass so ein Coffeetableding ein hervorragendes Mittel ist, um die Jungs neugierig auf ein Thema zu machen, das hat so dermaßen gut funktioniert, man sollte vielleicht öfter Bildbände wie zufällig irgendwo herumliegen lassen. Bildbände zur Geschichte, zu anderen Ländern, was auch immer. Als ich Kind war, lag im Wohnzimmer meiner Eltern so eine Sammelreihe mit Heften zur Kunstgeschichte, ein Heft pro Künstler, seitenweise Ölgemälde. Darunter auch schauderhaft detailgetreue und blutige Bilder der Kreuzigung Jesu, von Operationen mit herausgegriffenem Gedärm und von kämpfenden Gladiatoren mit offenen Wunden, das war ganz und gar nicht kindgemäß aufbereitet. Das fand ich alles hochinteressant und habe es sehr oft durchgeblättert, so oft, dass ich einige der Maler aus der Reihe heute noch an ihrem Stil erkenne. Das hat aber nur geklappt, weil es bei uns eben nur diese Reihe gab, nicht noch zehn andere, nicht hundert andere Bücher. Das war also eine Verknappung, die wir heute so nicht mehr herstellen könnten und wollten. Und dennoch – beim nächsten Büchereibesuch sehe ich mir mal ein paar große und üppig bebilderte Bände zur Geschichte für diesen Zweck genauer an. Und zwar aus der Erwachsenenabteilung. Sonst wirken sie vielleicht nicht, das ist im Grunde wie bei den Malbüchern.

Das Geo-Epoche-Heft Hamburg hat bei den Söhnen super funktioniert. Zu grauenvolle Bilder sind auch nicht darin, erklärungsbedürftige umso mehr. Für Kinder ab etwa Grundschulalter ist das Heft nach den Erfahrungen bei uns jedenfalls wesentlich interessanter, als man vielleicht zunächst annimmt.

Das Missverständnis mit den Malbüchern für Erwachsene

Nach der Blogfamilia war ich plötzlich im Besitz eines Malbuches für Erwachsene, Berlinreisen sind eben immer sehr bereichernd. Und nachdem dieses Erwachsenenmalbuch nun von mehreren Personen in dieser Familie getestet worden ist, habe ich die starke Vermutung, dass viele Menschen, besonders Eltern, sie vollkommen falsch anwenden. Und da kläre ich natürlich gerne auf, edel und hilfreich wie ich routinemäßig bin.

Es ist sehr zu empfehlen, Malbücher für Erwachsene Kindern zu geben, am besten noch mit einigen stark motivierenden Sätzen dabei, wie etwa: “Das kannst du noch nicht” oder “Das ist wirklich nur für Erwachsene” oder “Das dürfen Kinder eigentlich nicht” oder “Das ist aber meins, kapiert?” Das gesund empfindende Kind wird sich umgehend über die diffizil gestalteten Bilder hermachen, und weil es so eine feine Arbeit ja mutmaßlich noch gar nicht leisten kann, wird es sich große, wirklich sehr große Mühe geben, die winzigkleinen Felder leuchtend bunt und ästhetisch koloriert auszumalen. Durchdachte Farbgebung, saubere Arbeit. Und es wird ein besinnlicher Friede in der Wohnung sein, wie man ihn seit Wochen nicht erlebt hat. Wenn man ganz flach atmet, hört man nur gerade eben das leise Wischen des Stiftes auf dem Papier – sonst nichts. Je nach charakterlicher Ausführung des Kindes kann das verblüffend lange so gehen.

Kinder gucken nach ein paar Minuten auf ihre bereits ausgemalten zwei Quadratzentimeter und denken: “Stark, so viel habe ich schon geschafft. Und toll, noch so viel übrig!”

Es ist dagegen nicht zu empfehlen, Malbücher für Erwachsene Erwachsenen zu geben, denn sie fluchen bereits nach wenigen Minuten über schwachsinnige Motive, Stifte mit der falschen Strichstärke, die blöde Papierstruktur, eine ungesunde Sitzhaltung und die vollkommen unzumutbare Vorstellung, das ganze Ding Seite für Seite akribisch auszumalen. Sie überschlagen im Kopf die Gesamtausmalzeit, sie erfinden wildeste Ausreden, wenn sie irgendwo hektikgetrieben übermalen und sie blättern alle paar Minuten seufzend und kopfschüttelnd durch die vielen Seiten voller extrem kleinteiliger Motive, die noch vor ihnen liegen. Nach zwei farbigen Feldern erwägen sie bereits eine monochrome Ausführung, denn Vereinfachung ist bei jeglicher Arbeit immer anzustreben. Und hätte die Herzdame noch ein wenig länger irgendein byzantinisch verschwurbeltes Mandala ausgemalt, sie hätte mich womöglich zwischendurch mit Stiften beworfen, denn irgendwo muss die Aggression ja hin.

Erwachsene sehen nach ein paar Minuten auf ihre bereits ausgemalten zwei Quadratzentimeter und denken: “Was ein Wahnsinn, das wird ja nie fertig, warum tue ich mir das an? Wer soll das schaffen? Wer hat so viel Zeit? Bin ich irre?”

Wenn man diese beiden Verhaltensweisen bedenkt, kann man Malbücher wirklich sinnvoll in der Familie einsetzen. Für Euch getestet.

Zielgruppe verfehlt, alles richtig gemacht (1)

Manchmal schicken uns Verlage etwas zu, einfach so, ohne vorher zu fragen. Wenn mir das Produkt nicht passt, wird es gleich wieder verschenkt oder irgendwo ausgesetzt, wenn es toll ist, schreibe ich vielleicht auch etwas darüber.

Und weil das gerade überall Thema ist, noch einmal eine schnelle Anmerkung zum rechtlichen Aspekt. Ich schreibe in solchen Fällen ausdrücklich immer dazu, dass ich das Ding zugeschickt bekommen habe, ich nenne es im Falle von Rezensionsexemplaren aber nicht Werbung. Denn erstens sind sie von relativ geringem Wert, zweitens habe ich keine Verpflichtung, irgendwas zu schreiben, drittens ist es gerade bei Büchern vollkommen unüblich, so etwas als Werbung zu klassifizieren. Ich finde es aber auch deswegen abwegig, diese Nebenbeitexte als Werbung zu markieren, weil man sie dann von tatsächlicher und vertraglich bestellter Werbung, bei der man honoriert und einigermaßen aufwändig Inhalte für jemanden erstellt, nicht mehr unterscheiden könnte. Es ist wirklich etwas kompliziert.

Wie auch immer, zugesandt werden dabei manchmal auch Bücher oder andere Produkte, die an der hier im Haushalt vorhandenen Zielgruppe dezent oder auch drastisch vorbeigehen. Sie sind für zu kleine Kinder, für viel zu große Kinder, für Männer, die Fußball oder Grillen mögen, für Weintrinker usw. Das passt alles nicht, das kann weg. Aber ansehen, na klar, ansehen kann man sich das ja einmal. Und manchmal gibt es dabei überraschende Effekte.

So geschehen bei dem Hamburg-ABC von Karen Lindeskov Andersen aus dem Junius-Verlag, das sich eher an deutlich jüngere Kinder richtet. Ein Tier pro Buchstabe mit einer Hamburger Attraktion, das kann man nebenbei mal eben auswendig lernen, das geht ganz fix. Und man kann sich dann mit den Kindern darüber unterhalten, was denn bloß ein Nüdelkasten ist, was ein Tüdelband, was ein Peterwagen und wo eigentlich der Isemarkt ist oder das Millerntor.

Bilderbuchbild: Nashorn mit Nüdelkasten

 

Sohn II mag das sehr, das wird auch zum Lesenüben gerne genommen. Und deswegen wird es nicht weiterverschenkt, sondern liegt gerade dauernd neben seinem Bett, das lasse ich hier jetzt als Qualitätsmerkmal einfach so stehen.

Bilderbuchbild: Zebra mit Zampelbüdel

 

Ansonsten ein schönes Buch für Hamburger Eltern mit jüngeren Kindern.

Hamburg-ABC, ein Bilderbuch

Kurz und klein

Sandman

Es ist auch irgendwie konsequent, einen Tag, den man im Blog mit einem Lied begonnen hat, mit einem weiteren Lied zu beenden. Mit einem Lied zum Abend, zur Ruhe. Die ich nicht habe, aber egal. Ich sitze fluchend am Schreibtisch, statt entspannt und vergnügt zum Lindy-Hop zu gehen, die Lage ist also angespannt, to say the least. Ruhige Musik ist dennoch gut, ich brauche so etwas einfach beim Arbeiten.

Kirsty McGee war mir bisher kein Begriff, das ist eine Entdeckung aus meinem Spotify-Mix der Woche, der ansonsten fast schon peinliche Ähnlichkeit mit einer Kuschelrock-CD hat – der Algorithmus dahinter kann mir auch gerne mal im Mondschein begegnen.

Sandman immerhin ist ein schönes Stück. Finde ich. Das Video ist entbehrlich, dieses ewige “Frau an Pflanze” und “Frau an Wasser” kann doch keiner mehr sehen, also wirklich, aber das Lied, doch, das Lied ist schon nett.

Les Bourgeois

In meinem Internet wird über diesen Text hier diskutiert, der sicherlich richtige Gedanken enthält, wenn ich auch die Schlußfolgerung so gar nicht teile. Die Liberalen sollen es richten, ha! Haha! Gestatten Sie, dass ich mich kurz erbreche, pardon. Es stehen aber sogar in den Kommentaren noch interessante Anmerkungen, das ist ja selten genug.  Eine Leseempfehlung also auch von mir, das Thema ist jeden Gedanken wert und die Bezeichnung Öko-Bourgeoisie kann man ruhig einmal durchgrübeln.

Was ich aber eigentlich sagen wollte – man kann in diesem Kontext hervorragend Jacques Brel nachsingen, womöglich sogar ganztägig, es passt so dermaßen perfekt, er hat es so gut beschrieben. Les Bourgeois. Wie die Jungen zu den Alten werden, immer wieder und wieder, ob es sich nun um Menschen oder um Bewegungen handelt, das passt schon, wie man es auch dreht und wendet.

Eine deutsche Übersetzung findet sich hier. Die Seite ist ohnehin sehr nützlich, wenn man an Chansons herumrätselt.

Die Herzdame backt – Käsesahnetorte

Dieser Artikel wird freundlicherweise gesponsored, daher wird er hier auch als WERBUNG deklariert.

Und für dieses Sponsoring gibt es eine äußerst nette Erklärung, die ganz wunderbar zu der ebenso alten wie immer noch schönen Regel passt, dass Blogs wie Schaufenster sind. Da legt man rein, was man hat, Texte, Kolumnen, Bilder, Ideen, Formate, was auch immer – und manchmal, mit etwas Glück, kommt jemand vorbei, der das kauft. Das ist mir im Laufe der Jahre mehrfach passiert, ich finde es immer noch großartig. Viel eleganter kann Akquise nicht laufen.

Wie hin und wieder bereits bemerkt wurde, trägt die Herzdame beim Backen in der Regel geradezu irritierend schöne Kleider. Das waren meist welche von King Louie, weil die Marke nun einmal ihren halben Kleiderschrank füllt. Diese Kleider im Vintage-Look passen hervorragend zum Lindy-Hop und zum Balboa, und da die Herzdame tendenziell immer öfter tanzt, besteht da ein gewisser Bedarf an Ausrüstung. Sie sind aber nicht so vintage, dass man sie nicht auch im Büro tragen könnte. Wir hatten tatsächlich schon ein paar mal daran gedacht, die Firma anzuschreiben, wir sind dann aber nie dazu gekommen. Mussten wir auch gar nicht, denn nun haben sie uns angeschrieben, weil aus dem Blog doch einige dort im Shop gelandet sind, obwohl wir die Marke gar nicht so prominent genannt haben. Es folgten zwei, drei nette Mails und zack, diese Ausgabe der Backkolumne hat wieder einmal einen Sponsor – und zwar genau den, den wir wollten. Wir freuen uns sehr. Und nun zur Torte.

Dossenmandarinen

Es ist, da kann man gleich den höchst erwartbaren Kommentaren vorbeugen, so etwas wie eine Glaubensfrage, ob Dosenmandarinen etwas im Kuchen zu suchen haben oder nicht. Ich aber glaube an Dosenmandarinen, mehr Diskussion dazu brauchen wir also gar nicht. That was easy!

Käsesahnetorte

Es gibt also Käsesahnetorte, und zwar nach einem für Eltern optimierten Rezept, denn weiter unten folgt ein Schritt, der nur für Menschen mit Kindern Sinn ergibt. Das bezieht sich auf die Art der Zubereitung, nicht auf die Zutaten. Die sind immer wie folgt, ob mit oder ohne Kinder in der Küche:

Für den Boden:

3 Eier

150 g Zucker

150 g Mehl

3 Pk Vanillezucker

1 TL Backpulver

Für die Käsesahne:

500g Quark

125 g Zucker

375 ml Sahne

1 Dose Mandarinen

4 TL von diesem Zeug (San-apart), das ist nun kein werbender Link, ich weiß nur nicht, wie das sonst heißt – alternativ nimmt man 1 Pk Gelatine weiß

Eier

Den Backofen auf 200 Grad vorheizen. Eine Springform einfetten und dünn mit Mehl bestäuben. Die Eier mit Zucker und Vanillezucker schaumig rühren.

Zucker

Mehl und Backpulver mischen, drüber sieben und unterheben. Den Teig in die Springform füllen und 10 bis 20 Minuten auf der mittleren Schiene backen.

Eier

Die Figur rechts hat mit den Eiern gar nichts zu tun. Wenn man Kinder hat, muss man auch mit sinnlosen Kombinationen im Dekobereich klarkommen können.

Herzdame an Herd

Wobei es übrigens gar nicht so einfach ist, hier Fotos ohne Kinder hinzubekommen. Die meisten Bilder sehen so aus:

Herzdame an Herd mit Sohn II

Stäbchenprobe

Während der Boden abkühlt, die Mandarinen abtropfen lassen, dann die Sahnefüllung anrühren.

Dosenmandarinen

Und zwar wie folgt:

Den Quark mit Zucker schaumig rühren oder rühren lassen.

Rührgerät mit Sahne

Wenn man dieses San-apart-Zeug hat, schlägt man die kalte Sahne eine halbe Minute auf, gibt dann 4 TL San-apart dazu und schlägt sie dann bis zur gewünschten Festigkeit. Anschließend die Sahne unter die Quarkmischung heben.

Herzdame und Sohn I

Gelatinevariante: Wenn man das seltsame Sahnesteifzeug nicht hat, schlägt man die Sahne steif und zieht sie unter die Quarkmischung. Dann die Gelatine quellen lassen, auflösen und auch unterrühren.

Kleid

Die Herzdame rührt Teig

Für Bilder dieser Art, um mal etwas Making-Of unterzubringen, hänge ich übrigens etwas aus dem Dachfenster, so groß ist die Küche gar nicht, dass diese Bilder einfach wären. Ich hänge rückwärtig in der Frischluft – und wenn ich mich etwas nach draußen drehe, sehe ich auf diese Art auch einmal die Stiefmüttchern in der Dachrinne. Wie auch immer die da hinkommen, egal.

Dachrinne

Bei beiden Varianten jetzt die Mandarinen vorsichtig unterheben – wenn man keine Kinder hat. Sonst erst einmal ohne Mandarinen weiter im Text.

Den abgekühlten Boden horizontal und mittig halbieren, so dass man zwei Böden bekommt, also einen Boden und einen Deckel (man sieht es dem Satz nicht an, aber alleine über diese schöne und präzise Formulierung haben die Herzdame und ich lebhaft und lange gestritten, bis sie endlich einen sinnvollen und allgemein verständlichen Satz ergab. Wir sollten definitiv keine Texte gemeinsam verfassen, das ist nicht gut für die Beziehung.)

Der Teig wird halbiert

Teigboden und Deckel

Teigboden

Um den unteren Boden einen Tortenring dengeln. (Das ist womöglich etwas nordostwestfälisch und rustikal formuliert, aber die Herzdame steht immer noch neben mir und diktiert, was soll ich machen. Es wird also gedengelt.) Dann die Quarkmasse auf dem Boden verstreichen.

Teigboden

Sahne einfüllen

Wenn man Kinder hat, können diese jetzt die Mandarinen liebevoll einzeln darin versenken, das ist bei den Söhnen quasi der Hauptspaß bei diesem Rezept. Wenn man keine Kinder hat, sind die Mandarinen schon drin, das ist sehr vernünftig und erwachsen.

Dann den Deckel vorsichtig aufsetzen und die Torte kaltstellen. Setzt man den Deckel nicht vorsichtig auf, sondern so energisch wie ein etwa achtjähriges Kind, dann wird die Torte womöglich schief. Siehe Bildbeweis.

Mandarinen versenken

Deckel auflegen

Torte von der Seite mit Tortenring

Puderzucker

Wenn die Masse erstarrt ist, den Ring abnehmen und den Deckel mit Puderzucker bestäuben. Zack, fertig ist die Torte, das ist im Grunde sehr einfach.

Torte von oben

Die Herzdame an Torte

Die Herzdame schneidet Torte

Ein Tortenstück

Torte von oben

Wir weisen, wie oben angekündigt, empfehlend auf den Shop von King Louie hin.

Kin Louie Onlineshop

 

Und hier zum Schluss noch ein Tortendekorationsvorschlag von Sohn II. Die anderen Familienmitglieder waren nicht überzeugt, aber wer wird Geschmacksfragen debattieren, siehe auch Dosenmandarinen.

Torte mit Deko von Sohn II

 

Gelesen – Alex Capus: Reisen im Licht der Sterne

Das muss man Literaturinteressierten einigermaßen dringend empfehlen, das ist ein großer Spaß um einen großen Dichter. Es geht um Robert Louis Stevenson, den man von der Schatzinsel her kennen kann und von Jekyll & Hyde unbedingt kennen sollte. Es geht also um einen alten Bekannten, genauer um den letzten Abschnitt seines Lebens.

Den hat er auf Samoa verbracht, angeblich wegen des Klimas, das so einladend allerdings gar nicht ist. Da wird etwas hinterherrecherchiert und auch etwas nachgereist, was hat dieser Stevenson wann und wo gemacht, wen könnte er wo getroffen haben, wovon hatte er Kenntnis, was hat er literarisch wie verarbeitet? Und was steht ausdrücklich nicht in seinen Büchern? Fügt sich das dann zu einem möglichen Bild, das in den bekannten Biographien bisher so gar nicht vorkommt?

Da geht es um verblüffend viel Geld in Stevensons Besitz, für das es keine rechte Erklärung gibt, vom Buchverkauf wird man bekanntlich eher nicht steinreich, auch damals wurde man das nicht. Da geht es auch um einen Flaschenkobold, der äußerst fragwürdige Geschenke verteilt und um die kleine Kokosinsel, die im Laufe der Jahrzehnte von zig Schatzsuchern aus aller Welt immer wieder und vergeblich um- und durchgewühlt wurde. Es geht um den sagenhaften Kirchenschatz von Lima und auch um andere berühmte Hinterlassenschaften der Piraten mit den bekannten Namen. Und es geht natürlich um den vielleicht wahren Grund, warum Stevenson sich ein riesiges Grundstück am eher unwirtlichen Rande der Welt gekauft hat.

Es ist einigermaßen faszinierend, dass Capus dieses Thema tatsächlich spannend hinbekommt, obwohl man das Thema Schatzsuche auf den ersten Blick vielleicht nicht mehr so spannend finden mag. Das wird es dann aber doch und man kann bei der Lektüre ein wenig über sich selber lachen, wie diese alten Mechanismen wieder greifen, aufgrund derer man schon einmal – lange, lange ist es her – die Story um Long John Silver wahnsinnig spannend gefunden hat. Und wie die wieder greifen, da kann man noch so erwachsen sein, man kann eben doch wieder die Strände von Südseeinseln und Schiffe im Sturm vor Augen haben und überraschend neugierig weiterblättern, auch wenn es schon recht spät ist.

In einem Rutsch durchgelesen, ein wunderbares kleines Buch.

 

Diese Farbe

Und überhaupt war ich ja noch gar nicht fertig mit Helgoland. Die Tage springen mir hier wie kalendarische Kastenteufel um die Ohren und zack, ist so eine Reise schon wieder eine gefühlte Ewigkeit her. Schlimm! Heute aber doch immerhin eine Kleinigkeit.

Wir kamen bei den Spaziergängen auf der Insel mehrfach an dem formschönen Gebäude auf dem folgenden Bild vorbei (es handelt sich um die rückwärtige Ansicht der Schwimmhalle) und wussten nicht recht, wie die Farbe im oberen Bereich zu benennen ist.

Helgoland

Die ansonsten nahezu allwissende Isa war bei “bordeauxgrau”, ich war eher bei “used pink”. Und irgendwie dämmerte mir, dass man den Ton auch aubergine nennen kann – aber warum eigentlich? Auberginen sehen doch ganz anders aus?

Helgoland

Laut dem Fachblatt für Schattierungen (Schöner Wohnen, die hatten damals auch etwas mit der Lagunen-Aktion in unserer Küche zu tun) ist die Farbe Aubergine übrigens etwas “für sinnliche Romantiker” und wird gerne kombiniert mit Nadelstreifen auf der Tapete. Hilft einem das weiter? Haben sinnliche Romantiker die Schwimmhalle auf Helgoland angestrichen? Und wieso gibt es überhaupt Tapeten mit Nadelstreifen? Sind denn wirklich alle bekloppt?

Egal. Morgen weiter mit der Farbe Blau. Warum auch nicht.

Gelesen – Alex Capus: Der Fälscher, die Spionin und der Bombenbauer

Da wird das, was ich beim letzten Capus schon geschriebe habe, noch einmal geradezu lehrbuchmäßig durchdekliniert, dieser fließende Übergang zwischen Geschichte im historischen Sinne und Geschichte im Sinne von Literatur. Es geht etwa um den Atomphysiker Felix Bloch, also um jemanden, der historisch sehr greifbar ist, es geht aber um auch um Stücke seines Lebensweges, die keineswegs für uns greifbar sind. Es geht um ein junges Mädchen (übrigens das Kopftuchmädchen auf dem Umschlag, man kann so etwas ja nicht oft genug betonen), das Sängerin werden möchte und Spionin gegen die faschistischen Mächte wird, es geht um einen Jungen mit Extrembegabung in der Kunst, der ein großer Fälscher wird, alle drei Personen sind historisch belegt. Sie leben zur selben Zeit, sie laufen sich nicht oder vermutlich nicht über den Weg, von einer winzigen Szene abgesehen, aber in der liegt es eben, dass es dieses Buch so geben kann. Capus hat einen Faible für Lebenswegschilderungen und er beschreibt sie so, dass man diese Leidenschaft am liebsten mit ihm teilen möchte, man bekommt direkt Lust, den Lebenswegen seiner Vorfahren oder anderer Figuren hinterherzudenken, das tut man vermutlich überhaupt viel zu selten. “Faktentreues Träumen” nennt das der Verlag, das ist eine ganz wunderbare Beschreibung von dem, was in den Büchern passiert.

Und die Lebenswege beschreibt Capus in einem Romandeutsch, das ich ganz wunderbar, ich möchte fast sagen vorbildhaft finde. Eine Erzählsprache, die ganz ohne Marotten auskommt, mit einem Maß an Deutlichkeit und Plastizität, das mir für solche historisch-erzählenden Zwecke ideal erscheint. Nie zu viele Details, nie zu wenig Information. Das muss man auch erst einmal können, ich bewundere das. Hier ein Video, in dem Alex Capus etwas über das Buch und seine Schreibweise erzählt.

Und der nächste Capus ist schon in Arbeit, es ist mir ein Fest. Da geht es dann um Herrn Stevenson, den mit der Schatzinsel.