Leaving Bövinghausen

So, wieder da. Das hat Spaß gemacht, da im sommerlichen Dortmund zu lesen! Ob es aber auch dem Publikum gefallen hat, das müssen natürlich andere befinden.

Weil ich an dem Abend gefragt wurde, zwei schnelle Anmerkungen in eigener Sache. Erstens: Ja, man kann mich für Lesungen buchen, selbstverständlich doch. Das kostet dann zwar Geld, versteht sich, aber jede drittklassige Band ist teurer als ich und braucht erheblich, wirklich erheblich mehr Zeit für den Soundcheck und Musiker verbrauchen auch einfach viel mehr Platz als schreibende Menschen. Im Grunde habe ich viele Vorteile, wenn ich es recht bedenke, das ist doch auch mal ein interessanter Gedanke, so unter uns Anhängern des bestenfalls mittleren Selbstwerts.

Zweitens und apropos Wert: Nein, man kann mir nicht nur Geld über den Paypallink unter jedem Text  zukommen lassen, das geht auch auf die ganz altmodische Art mit Überweisung und so, die Älteren erinnern sich. Schreiben Sie mir eine Mail (Adresse im Impressum) ich schicke Ihnen die Daten und den Dank, versteht sich. Vielleicht könnte ich die Kontodaten auch auf der Seite veröffentlichen, das kann durchaus sein – ich habe aber nach einiger Recherche nicht vollumfänglich verstanden, ob es total normal ist, seine Kontodaten auf der Seite zu veröffentlichen oder ob es irgendwie hirnverbrannt ist. Und dann hatte ich keine Zeit mehr für das Thema, Sie kennen das.

***

Ich hatte mich vor der Lesung in Dortmund gewundert, dass es so schwer war, dort ein Zimmer zu bekommen und dass die wenigen verfügbaren so irre teuer waren, Dortmund war mir als Touristenattraktion gar nicht in Erinnerung. Des Rätsels Lösung war ein Pokémon-Festival mit etwa 100.000 Gästen, man staunt. Also nicht nur ich staune, auch die Söhne zum Beispiel, denn Pokémon? Ist das nicht lange durch? Offensichtlich nicht.

Dortmund war also ausgebucht, ich landete in Bövinghausen, viertel vor Castrop-Rauxel, wobei ich mich in der Gegend da überhaupt nicht auskenne. Ein leicht ranziges Hotel am Ende der Stadt, so fangen auch Geschichten oder Filme an, es ist dann aber gar nichts passiert. Ich bin nur am nächsten Morgen eine Stunde zu früh am mausetoten Vorstadtbahnhof gewesen. Das geschah allerdings mit Absicht, denn eine Bank am Gleis war mir immer noch lieber als der Aufenthaltsraum im Hotel, der so aussah, als hätten Menschen darin irgendwann mal Spaß gehabt, in den Achtzigern etwa. Es hat seitdem aber auch keiner mehr aufgeräumt. Ich saß also am Gleis unter Bäumen und es war sehr ruhig und sehr friedlich und geradezu schön, also wenn man etwas Ruhe mal schön finden kann. Ich bekomme ja bekanntlich wüste Aggressionen von vorgesetzter und geplanter Wellness, aber so erschlichene Stunden im Irgendwo, die kann ich gut ab. Etwas Bövinghausen zur Erholung, das geht. Das geht sogar gut.

Ich hatte von meiner Bank aus Blick auf die vollkommen uninteressante Rückseite einer Fressnapf-Filiale, auf einen ähnlich spannenden Pennymarkt von hinten und auf ein schlichtes Gebäude mir unklaren Verwendungszwecks, das einen enorm großen Sendemast auf dem Dach trug. Am Penny sagte ein rotes Schild “Auf Wiedersehen” und ich sagte ehrlich: “Ich weiß ja nicht.” Vor mir das Gleis, daneben noch ein Gleis, das wurde vor einiger Zeit aufgegeben. Durch das Gleis wuchsen lilablühende Stauden und junge Birken. Irgendwo gurrten Tauben die ich nicht sehen konnte. In der Ferne fuhr ab und zu ein Auto vorbei, aber in sehr moderater Folge, das war da eine ruhige Gegend, zumindest am frühen Sonntagmorgen. Vor dem Fahrkartenautomaten stand ein junger Mann, drückte auf dem Bildschirm herum und las, was da stand. Das machte er lange, nach einer Weile dachte ich, dass er das einigermaßen erstaunlich lange machte.Ich schrieb ganze Absätze, während er da drückte und las und drückte und las, vermutlich studierte er sämtliche Angebote der Bahn zum Thema “Leaving Bövinghausen” durch, er war in dem Alter und der Sonntagmorgen, sieben Uhr, war vielleicht auch einfach ein guter Zeitpunkt für den Aufbruch, das dachte ich ja auch.

 

Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

 

Ein Beitrag geteilt von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) am

Auf dem Gebäude mit dem Sendemast waren gesprühte Tags, die konnte ich nicht verstehen. Aus einem Einfamilienhaus schrie ein wütendes Kind, das konnte ich auch nicht verstehen, die Welt wurde mir nicht klarer in Bövinghausen, aber das störte mich nicht. Ich wollte da einfach nur sitzen, ich musste da gar nichts verstehen. Auch mal schön.

Auf dem noch befahrenen Gleis lag eine Plastiktüte, die bewegte der milde Wind von Dortmund ab und zu ganz sachte, und mehr bewegte sich nicht. Über mir die Wolken, sie hingen wie festgetackert. Der Zug fuhr alle Stunde, das ist ja eigentlich recht oft. Ich habe aber, so schön es da auch war, dann doch den nächstbesten genommen.

***

Im Zug nach Hamburg las ein Herr neben mir seiner Frau etwas über Thoreau vor, “der mit Walden und so.”

„Gott, wie kommst du denn jetzt auf den?”

“Na, den kenne ich eben.”

“Was du alles kennst.”

***

Ich saß im Zug und schrieb in mein Notizbuch, ein alter Mann setzte sich mir gegenüber hin und besah sich meine Aufzeichnungen: “Ist da Steno dabei? Sie schreiben ja wunderschön!” Dazu muss ich erwähnen, dass der Herr sehr schwachsichtig war, denn wunderschön schreibe ich ganz gewiss nicht, schon gar nicht im wackelnden Zug.

Dann holte der Herr auch ein Notizbuch und ein Buch heraus, wir setzten uns versetzt, so dass wir beide genug Platz hatten, und wir lasen beide und schrieben dann ab und zu einen Satz, er in Steno, ich in Krakel. Wir sprachen kein weiteres Wort, es war sehr harmonisch, beste Reisegesellschaft.

***

Noch ein Hinweis, ich habe die letzte Woche vor dem Urlaub erreicht, es wird wie immer hektisch und die letzten Werktage kommen vollgepackt wie Lastesel daher. In den nächsten vier Wochen wird hier also etwas seltener etwas erscheinen, das könnte durchaus sein. Eventuell mache ich zwischendurch auch einfach mal nichts und setze mich nur so aufs Sofa und gucke in die Luft, dann werde ich zu mir sagen: “Wie in Bövinghausen!”

***

Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

***

Sie können hier Geld in den nur virtuell vorhandenen Hut werfen, ganz herzlichen Dank!

***

Der Modus Vivendi

Ich hatte ein Gespräch mit der Herzdame, denn die Söhne sind weiterhin nicht da, wir können also einfach mal reden, sogar stundenlang, so wie normale Erwachsene es dauernd machen, also dem Hörensagen nach jedenfalls. Am Anfang des Gesprächs kamen Pferde vor, das ist wichtig. Wir haben einen Reiter in der Familie, da liegt das Thema nahe. Es ging dann aber auch noch um hundert weitere Themen, weil wir in diesen seltenen Gesprächen ja enorm viel in kurzer Zeit abhandeln müssen, es war sozusagen eine Unterhaltung mit vielen Spiegelstrichen, sie war friedlich, konstruktiv und bemerkenswert zügig. Es hakte aber irgendwann ganz seltsam, als ich gerade sagte “wir müssen da einen Modus Vivendi finden …”. Wobei es gänzlich unerheblich ist, worum es da gerade ging, jedenfalls sah die Herzdame mich auf einmal an, als hätte ich nicht mehr alle Latten am Zaun, was mir auch nach ein paar Sekunden Bedenkzeit einigermaßen unpassend erschien.

Und es dauerte dann etwas, bis wir darauf kamen, dass man nach gesprächseinleitendem Pferde-Framing den Modus Vivendi auch ganz anders verstehen kann, besonders wenn man einmal ein Mädchen mit entsprechender Literaturversorgung gewesen ist, denn dann findet man vielleicht tatsächlich eher einen Modus wie Wendy – und ich lache wahrscheinlich in ein paar Stunden immer noch darüber, ja, das ist gut möglich. Wir müssen einen Modus wie Wendy finden!  Ich kriege mich gar nicht mehr ein.

Und ich hoffe sehr, ich hör den Ausdruck in naher Zukunft nicht im beruflichen Umfeld, ich wälze mich sonst vermutlich höchst unpassend auf dem Boden vor Lachen. Meine Güte, man macht was mit.

***

Morgen lesen Vanessa und ich Dortmund etwas vor, da wird hier mit einiger Sicherheit nichts erscheinen, weil man beim Lesen ja nicht schreibt, das wäre unhöflich.

Für Kurzentschlossene hier noch einmal der letzte Terminhinweis bei der geschätzten Kollegin.

***

Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

***

Sie können hier Geld in den nur virtuell vorhandenen Hut werfen, ganz herzlichen Dank!

Moped, Roller und Rollator

Der Sommer 2019 könnte als die große Umbruchszeit in die Menschheitsgeschichte eingehen, in der das Überschreiten der Kipppunke des globalen Klimasystems evident wurde – falls in den kommenden Dekaden überhaupt noch so etwas wie Geschichtswissenschaft betrieben werden sollte.

***

Im Vorübergehen gehört, vor einem Fachgeschäft für E-Bikes:

„Alter, die Preise! Da kann ich mir ja gleich ein Moped kaufen!“

„Ja geil, ein Moped!“

***

Neues von den E-Rollern: Ich habe hier noch einen Hamburger Testbericht gefunden. Und vor unserer Tiefgarage stand heute einer wildwest abgestellt in der Einfahrt und im Weg. Den hat sich ein heimkommender Nachbar wütend gegriffen und weggestellt, wobei das ein stark beschönigender Ausdruck ist, sagen wir ehrlicher, er hat ihn zwei Meter weiter mit Schmackes gegen die Wand geknallt. So sammele ich jeden Tag einen weiteren Moment ein, positiven Szenen mit den Dingern fehlen aber nach wie vor.

***

In einer etwas stillen Nebenstraße in unserem kleinen Bahnhofsviertel kommt mir ein etwas seltsames Gespann entgegen, zwei alte Männer sind es. Einer sitzt in abenteuerlicher Haltung auf seinem Rollator, es sieht ein wenig aus, als würde er ihn gleich zureiten wollen, der andere schiebt das Ding mit vollem Einsatz, was bei beim Passieren von Kantsteinen ziemlich halsbrecherisch aussieht. Um Unwuchten auszugleichen, werden etliche Körperteile eingesetzt und bei Bedarf hochgeworfen – wenn man sich Senioren als Vertreter von Würde und Ruhe vorstellt, dann verhalten sich die beiden da eindeutig unziemlich.

Der Rollator wird gerade mit Schwung hinter ein parkendes Auto geschoben, als ich die beiden erreiche, aus der Position hinter dem Wagen strecken beide Herren kichernd die Köpfe vor und fragen: „Kommt er? Kommt er? Sieht er uns?“ Es ist recht eindeutig, die spielen da Verstecken mit irgendwem, den ich jedenfalls nicht sehen kann.

Und das ist dann also die beruhigende Nachricht des Tages, man kann noch so alt und klapperig werden, das ist noch lange kein Grund, dabei nicht albern und vergnügt zu sein. Wir wollen darauf hinarbeiten, nicht wahr.

***

Ich schreibe offline in der Laube. Der Himmel ist grau und es ist windig und kühl, es ist zudem ein Werktag, in den Gärten ringsum ist kein Mensch. Nur die Herzdame und ich betrachten das hier heute als Gartenspaß, wir müssen zudem die Woche ohne Söhne unbedingt nutzen. Ich sitze drinnen und mache was mit Text, sie steht vor der Laube und entkernt kiloweise frisch geerntete Kirschen mit so einem seltsamen Gerät, das vermutlich nur die Menschen kennen, die zur privaten Marmeladengewinnung neigen. Es klackt und klackt, sie ist sehr schnell damit, und manchmal, für einige Sekunden nur, passt ihr Klacken genau zu meinem Tippen. Das ist harmonisch und schön, diese Momente muss man auch mitbekommen, das ist ganz wichtig.

1.750 Kirschen sind dann eine Kolumne. In etwa.

Dafür hat der Wind heute den Ast mit der einzigen Birne abgebrochen. Irgendwas ist immer.

***

Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

***

Sie können hier Geld in den nur virtuell vorhandenen Hut werfen, ganz herzlichen Dank!

Aus der Zeit und aus dem Hier

Frau Novemberregen parkt umsichtig

***

Zurück bleibt der Fels

***

Hier etwas Ergänzung zur Logik der dünnen Barfußschuhe.

***

Kayfabe (gefunden via Kaltmamsell)

***

Bis zum ersten Zusammenprall mit einem E-Roller hat es nicht lange gedauert, am Wochenende stieß ich als Fußgänger vor meiner Haustür mit einer Dame zusammen, die auf dem Gehweg damit ungebremst um eine Ecke fuhr, über die Lenkstange einen Stadtplan ausgebreitet. Das giftige “Mensch!”, das sie mir zuzischte, hätte deutlich eher mir zugestanden, fand ich.

Weiter habe ich gesehen, dass Rollerfahrer tatsächlich damit morgens zum Bahnhof fahren, am Eingang der Wandelhalle abbremsen, abspringen und das Ding da dann stehen lassen, genau im Eingang des Gebäudes, mittig im Weg von hunderttausend Leuten, wobei diese Zahl im Falle des Hauptbahnhofs gar keine polemische Übertreibung ist. Wirklich seltsam, was ist denn mit den Leuten los? Aber auf diese Frage kann ich meine Verwunderung über das Verhalten im Verkehr ohnehin immer wieder herunterbrechen. Ein Krückstock, sie alle zu befuchteln!

***

Gestern war Gartengeburtstag, der dritte schon. Wenn ich den Zustand mit den Bildern vom letzten Jahr vergleiche, dann können wir wohl zufrieden sein. Ein wenig was gelernt, ein wenig was zufällig richtig gemacht, ein wenig Glück gehabt. Oder weniger Pech als erwartet, das kann natürlich auch sein. Der Blick bleibt jetzt immer öfter an den Ecken hängen, die bisher noch nicht so wichtig waren, das ist wie ein Levelwechsel – da wird es dann etwas trickreicher.

Die ersten Kartoffeln geerntet, nur eine Handvoll und eher zufällig. Dicke Bohnen, rote Zwiebeln, Johannisbeeren, Himbeeren. Die Erbsen und die geschossenen Radieschen abgeräumt. Verblühtes weggeschnitten. Kirschen vom Baum gegessen, das ist auch eines der Highlights im Gartenjahr, einer der allerbesten Momente. Am Basilikum gerochen, am Salbei, am Oregano, am Thymian, an der Zitronenmelisse und am Rosmarin. Die Petersilie wiedergefunden. Die wachsende Birne bestaunt, also die eine Frucht, die da am Baum hängt. Die drei, vier Nektarinen. Die Braeburn-und die Kürbis-Babys, die schon jugendlichen Zucchinis. Über die Höhe der Echinacea gestaunt, die Sohn II immer Raketenblume nennt.

Wir waren ohne Söhne im Garten, endlich einmal Zeit, sich in Ruhe umzusehen. Ich habe in der Laube gesessen und geschrieben, das schaffe ich immer noch zu selten, das ist zu bemängeln. Aber sonst: Läuft.

In den Gärten stehen noch alte Holzmasten, an denen Kabel hängen, Telefon und Strom, das gibt es sonst in der Hamburger Innenstadt wohl kaum noch irgendwo, das liegt sonst alles unter der Erde. Einige dieser Kabel sind vor langer Zeit etwas unordentlich an die Masten getüdelt worden, das sieht immer etwas südlich aus, dieses lässige Gestrippe, als sei man auf einmal in einem Dorf viel weiter unten auf der Karte. Oder aber irgendwo in der Vergangenheit, in den Sechzigern oder so, als noch nicht alles so streng genormt war. Von der Laube aus sehe ich zwei dieser Mastenspitzen vor irgendwann gemauerten Hauswänden, die sind noch aus einer Zeit, als die Menschen ihre Häuser selbst gebaut haben, die sind aus einem Nachkriegsirgendwann. Das sind nur ganz kleine Bildausschnitte aus den Laubenfenstern, etwas blauer Himmel, etwas Grün von Obstbäumen, Häuserecken mit ein wenig schadhaftem Flachdach und diese Masten mit den Drähten, auf dem einen Bild auch noch Weinlaub und eine alte Laterne. Zwei kleine Bildausschnitte sind das also nur, die gehen auf seltsame Art aus der Zeit und aus dem Hier heraus. Es macht ein wenig sehnsüchtig, diese Ausschnitte länger anzusehen, sehnsüchtig nach irgendwas, worauf ich nicht einmal komme – aber man muss auch gar nicht auf alles kommen. Man kann auch einfach gucken und sich unbestimmt sehnen – und dann zieht es eben etwas an einem, in diese oder in jene Richtung. Es zieht nach Süden oder nach gestern, das macht ja nichts.

***

In der Bücherei stand ein älterer Mann vor der Dame an der Auskunft, der sprach nur wenig und langsam Deutsch, es fiel ihm wirklich nicht leicht, sein Anliegen loszuwerden. Über jedes Wort musste er wohl erst einmal nachdenken und das war ziemlich anstrengend, er bekam kaum Luft dabei. Aber es musste doch sein, es musste gesagt werden: „Diese Bücherei ist sehr schön und ich wünsche ihnen alles Glück. Auf Wiedersehen.“

***

Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

***

Sie können hier Geld in den nur virtuell vorhandenen Hut werfen, ganz herzlichen Dank!

 

Trinkgeld Juni, Ergebnisbericht

Sohn II hat seinen Anteil mit etwas unglücklichem Timing für ein Skateboard ausgegeben, da hatte er nämlich nur einen Tag lang etwas davon, bevor er sich den Fuß gebrochen hat, wofür er gar kein Skateboard gebraucht hat. Die Freude ist dennoch groß und demnächst steht er schon wieder oben, da bin ich sicher.

Sohn I hat sich einen Blue-Tooth-Badezimmer-Lautsprecher gekauft, mit dem er jetzt quasi verwachsen ist. Eigentlich sollte man das Ding mittels Saugnapf duschnah an eine Kachel pappen, aber er findet es sinnvoller, die Box als wandelnde Musikanlage mit sich herumzutragen. Warum auch nicht. Das Kind ist auf diese Art wenigstens sehr leicht zu finden, immer dem Geräusch nach. Gemeinsam haben sich die Söhne etwas gekauft, was bei uns damals noch unter Wasserpistole gelaufen wäre und eher harmlos war, heute aber wie ein Requisit aus Star Wars aussieht und einen Wasserstrahl produziert, mit dem man Kleinkinder vermutlich umnieten kann. Alles entwickelt sich eben weiter.

Außerdem haben wir den Eintritt zum Hamburger Ableger der Blogfamilia vom Hutgeld bezahlt,von der Veranstaltung werde ich noch mehr berichten, ich komme ja nur zu nix.

Buchgeld wurde umgesetzt in “Thank you for being late” von Thomas L. Friedman, der Kauf war eine direkte Folge des Blogfamilia-Besuchs und wird hier sicher auch noch weitere Erwähnung finden, das ist ein sehr interessantes Buch. Und es passt so schön zu dem anderen Buch über das Nichtstun, ich erwähnte es neulich. Nichtstun und zu spät kommen, das ist so meine hochmotivierte Sommerlektüre.

Den neuen Dreier-Kajak habe ich ebenfalls bereits in einem Blogeintrag erwähnt, auch daran hatte die überaus freundliche Leserschaft Anteil, sagen wir doch einfach, Sie haben die Ruder bezahlt. Und ohne Ruder, das wäre ja nichts, wo kämen wir da hin.

Ich war mit Sohn II außerdem in Pets II und fand die Stunden im Kino ganz wunderbar, vor allem wegen der angenehmen Raumtemperatur am bisher heißesten Tag des Jahres. Der Sohn war allerdings auch vom Film begeistert.

Schließlich ist es mir tatsächlich doch noch gelungen, den Posten “Unsinn und Verwegenes” aufzulösen, das bedarf allerdings einer längeren Erklärung, nehmen Sie doch ruhig noch einen Kaffee und setzen Sie sich. Ich finde es nämlich ab und zu sinnvoll, dieses hier eingeworfene Geld so auszugeben, wie ich Geld sonst nicht ausgeben würde, sonst bringt es mich contentmäßig ja auch nicht voran. Und apropos voran, genau da gab es ein Problem. Ein total banales, ein enorm nervtötendes Problem, quasi altersgerecht, ein Fersensporn. Wirklich enorm lästig, ich bin immerhin Vielgeher, und zwar in dem Sinne, dass ich mit großer Wahrscheinlichkeit noch mehr pro Tag gehe, als Sie sich jetzt unter “viel” vorstellen. Da kann einen ein schmerzender Fuß in den Wahnsinn treiben, zumal ich doch auch wieder demnächst mit Sohn II auf die Wanderung wollte. Mit Sohn II, der jetzt aber einen Gipsfuß hat und ich so ein anderes Gebrechen, also wirklich, was soll denn das. Kurzum, der Fersensporn, alleine das Wort schon, war ein großes Übel für mich. Selbstverständlich habe ich nachgelesen, was man da denn tun kann, lustige Übungen etc., man wird ja auf Youtube und so weiter reichlich fündig. Oft wurde da das Barfußgehen empfohlen, das ist auch technisch halbwegs nachvollziehbar, finde ich. Barfuß in der Stadt fällt man aber auf, als hätte man ein Blinklicht auf dem Kopf, und solange ich nicht auf einer Bühne stehe und etwas vorlesen soll, falle ich wirklich sehr, sehr ungerne auf. Ich habe mich also über Barfußschuhe informiert, was dummerweise so klingt, als hätte man Interesse an Liegerädern oder Hanfanbau oder Zimtlatschen. Ich wollte vor allem wissen, ob es Barfußschuhe gibt, die nicht auf zweihundert Meter Abstand schon nach Barfußschuhen aussehen, die also auf gar keinen Fall diese peinlichen Zehenausschnitte vorne haben. Und die gibt es tatsächlich, sie sind von Wildling, was jetzt eine ganz und gar unbezahlte Erwähnung ist, und sie sind toll, um das schon einmal vorwegzunehmen.

Da ich aber nicht wusste, ob das wirklich eine so gute Idee war – also ich fand das ja einigermaßen unsinnig und verwegen. Jedenfalls für meine Verhältnisse. Ich bin eben nicht der Typ für Bungee und dergleichen. Die Dinger sind jedenfalls großartig und helfen tatsächlich, that was easy.

Falls Sie an so etwas Interesse haben, ich kann die empfehlen.

***

Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

***

Sie können hier Geld in den nur virtuell vorhandenen Hut werfen, es hat Folgen wie oben beschrieben, ganz herzlichen Dank!

 

Wie macht der Löwe

In der S-Bahn gehört, zwei Fahrschüler vor Theorie-Fragen:

“Wenn du aus dem Kreisverkehr rechts rausfährst, dann musst du blinken.”

“Alter, warum das denn.”

***

Im Vorübergehen gehört, ein Pärchen, bei dem sie schnell von ihm wegstrebte:

“Aber das hilft ja auch alles nichts, das hilft nicht uns und nicht unserer Beziehung.”

“Doch!”

“Nein!”

***

Vor einem Kiosk sitzen am Nachmittag zwei erschöpfte, verschwitzte und schwere Männer im Schatten, die fragen gerade ein kleines Mädchen, wie der Löwe macht. Und das Mädchen macht, wie der Löwe macht – und lacht und lacht. Und die Männer lachen auch, die Bäuche beben, dann strecken sie ihre müden Beine aus, heben ihre Bierdosen und stoßen an, auf den Tag und auch auf den kleinen Löwen, der doch eigentlich eine Löwin ist.

Ich bin auch Löwe, wie mache ich? Ich mache gar nicht, ich gehe da nur vorbei.

***

Eine weiße Stretchlimo fährt langsam vorbei, ein Fenster geht runter und man hört und sieht kurz, dass die fortgeschritten angeheiterten Damen darin gerade sehr falsch “Atemlos” singen und erdbeerig aussehende Cocktails in Plastikbechern in den Händen haben. Eine Limousine mieten und dann mit Plastikbechern anstoßen, was ist das bitte für ein Niveau?

Als ich einmal mit Kollegen in New York eine Limousine gemietet habe, es ist etwa hundertfünfzig Jahre her, da gab es in einem verspiegelten Fach in der Mitte des Innenraums Whiskey in einer Karaffe und feine Gläser mit Schliff und Schick. Und wir haben uns sofort als unerfahrene Touristendeppen geoutet, weil wir gefragt haben, ob das denn auch inklusive sei – denn natürlich war es das, darum ging es doch. Wir haben das dann aus Prinzip getrunken, es war billigster Fusel, eine Qualität auf dem Niveau der kleinen braunen Flaschen an Supermarktkassen. Aber an der Ampel damit mal eben affektiert Leuten aus dem Autofenster heraus zuprosten, meine Güte, was hat man für fürchterliche Peinlichkeiten hinter sich. Na egal, niemand kommt unbeschadet jenseits der 50 an.

***

In den Kleingärten machen die Hecken an den Wegen auf dicke Hose und wollen keinen mehr durchlassen, Sträucher und Bäume hängen voller Obst. Die Herzdame kocht gläserweise Kirschmarmelade, der Baum ist immer noch voll. Ich entringe den wehrhaften Stachelbeersträuchern die Ernte, dünge mit Blut und verzehre sofort, denn die mag sowieso niemand außer mir. Alles Banausen.

Der Mohn ist verblüht, er schläft vornübergebeugt auf den Zuccchinis und gehört dringend abgeräumt. Aber dafür müsste man in die Sonne, das möchte man heute nicht. Fingerhut und Rittersporn, auch alles schon durch, die sind jetzt mit Nachwuchs beschäftigt, nicht mehr mit Schönheit. Die Stockrosen rücken just in time nach, die wilden Malven nehmen neuen Anlauf und blühen und blühen, von Hummeln umtorkelt, von Bienen umschwirrt.

***

Ich wollte mit einem E-Roller zwischen Garten und Wohnung verkehren: “Kein Roller in deiner Nähe verfügbar.” Auch beim dritten Versuch nicht, das wird irgendwie nichts mit diesen Dingern und mir. Wieder auf das Stadtrad, Garten-Wohnung hin und zurück für 1,20. Das ist natürlich auch schwer zu schlagen.

***

Im kleinen Bahnhofsviertel steht eine Frau vor der Kirche und sieht verirrt aus. Ich frage, ob ich ihr helfen kann, immerhin kenne ich mich hier aus. Sie sieht mich an und zögert etwas: “Na ja, wenn Sie hier Friseure kennen …” Ich verstehe ihre Zweifel nicht, ich schüttele indigniert meine wohlfrisierten Haare, weise kundig den Weg zum gesuchten Friseur und gehe sicherheitshalber noch einige Meter mit, Pfadfinder nichts dagegen. “Das ist hier ja wie im Labyrinth”, sagt die Frau. Und ich dachte immer, es ist einfach nur die Innenstadt.

***

Vom Balkon aus höre ich, wie jemand Ukulele übt. Das höre ich jetzt öfter und es stört gar nicht, das klingt so sommerlich und leicht und wenn Sie also auch einmal mit der Ukulele anfangen wollen, nehmen sie doch bitte die heißesten Tage des Jahres, da passt das.

Aber es hört noch jemand den Ukulelespieler, das ist die Amsel, die neuerdings jede Scheu vor Menschen abgelegt hat und von der Regenrinne vor unserem Küchenfenster aus abendlich den Spielplatz beschallt. Ich kann beim Kochen rausgucken, dann sitzt sie da und guckt, wie ich gucke und fliegt nicht weg. Sie guckt sogar eher etwas aufmüpfig und singt dann noch lauter und hebt den Schnabel dabei so hoch wie sehr standesbewusste Menschen manchmal das Kinn. Ihr Blick wirkt auch manchmal etwas herablassend, besonders nachdem ich ihr aus Spaß einmal etwas zugepfiffen habe, was sie ganz sicher nicht gelungen, sondern vermutlich eher plebejisch fand. Es ist die Arroganzamsel vom Dienst.

Nein, sie ist wirklich nicht der jovialste Vogel, aber immerhin singt sie sehr schön zur Ukulele.

***

***

In der Eisdiele (zwei Kugeln, Karamell-Salz und Cold-Brew-Coffee, man ist ja soweit durchgentrifiziert) heißt der Eisbecher des Monats: Bananarama. Und das muss ich den Söhnen dann auch wieder erst einmal erklären.

***

Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

***

Sie können hier Geld in den nur virtuell vorhandenen Hut werfen, für gentrifiziertes Eis oder für anderes, ich richte mich ganz nach Ihrem Betreff, herzlichen Dank. Über die Verwendung der Summen im Juni wird morgen natürlich ausführlich berichtet.

Gefangene Gießkannen

Bedrückender Wandel

***

In der Heimat der Herzdame, im wilden Nordostwestfalen, geht das Wasser zur Neige, und wenn man diese Hitzewelle dem Klimawandel zuordnet, dann hat der jetzt Folgen im Detail, auf die man erst einmal gar nicht kommt. Wie meine Schwiegermutter berichtete, sind auf dem Friedhof im Nachbardorf jetzt die Gießkannen angebunden, damit die Leute nicht mehr die Grabbepflanzungen wässern können, das Wasser muss eben überall gespart werden. Wenn man ein wenig Vorstellungsvermögen oder vielleicht sogar Schreibinteresse hat und sich den erstaunten Dialog vorstellt, den zwei ältere Besucherinnen oder Besucher eines Friedhofs vor diesen auf einmal gefangenen Gießkannen am Brunnen führen, dann hat man schon Literatur zur Klimakrise im Sinn.

“Jetzt kann man wohl nicht mehr gießen, was.”

“Dann geht mir doch alles ein.”

***

In Hamburg scheint währenddessen die rigide Regelung der E-Scooter-Parkzonen nicht zu klappen. Da sollte eigentlich über die Apps gesteuert werden, dass man die Roller in stark besuchten Zonen nicht abstellen kann, also Fahrten nicht beenden kann, und von diesen Zonen gibt es viele in der Stadt. Dort stehen die Roller jetzt aber dennoch, da spielt die Technik noch nicht mit. Den Gesprächen, die man in der S-Bahn etc. so mitbekommt, kann man eine gehörige Grundskepsis gegenüber dem neuen Verkehrsmittel entnehmen, mit dem oft wiederholten Argument, die Stadt sei doch eh schon so voll – und wo soll das denn alles noch hin. Wogegen ich als Bewohner des kleinen Bahnhofsviertels nichts einwenden kann, ich bin viel mehr an weniger Autos als an neuen Verkehrsmitteln interessiert. Dennoch habe ich so ein App installiert und mache demnächst mal eine Testfahrt, sonst kann ich das ja nicht richtig beurteilen. Beim ersten Versuch war mir der einzig verfügbare Roller aber zu weit weg, denn das ist dann doch albern, wenn ich zu meinem Verkehrsmittel erst einen ausgedehnten Spaziergang machen muss, dazu wohne ich nicht neben dem Hauptbahnhof.

In diesem Zusammenhang eine aktuelle Kinderfrage: “Papa, warum sind Moias eigentlich immer leer?”

Ja, warum? Und sind sie es überhaupt wirklich? Die betreibende Firma sagt nein, die eigene Erfahrung beweist eher das Gegenteil und wenn man so herumfragt, reden alle nur von leeren Fahrzeugen. Ab und zu sieht man mal einen einzelnen Fahrgast, von Auslastung kann aber überhaupt keine Rede sein. Ist das nun ein riesiger Stichprobenfehler oder was passiert da? Wo fährt denn diese Auslastung herum?

***

Apropos Verkehr. Mein Fahrrad hatte einen Platten, und da es noch diverse andere Probleme hatte, es ist immerhin ein sehr altes Fahrrad, brachte ich es in eine Fahrradwerkstatt. Wo man mir freundlich beschied, das könne und dürfe man gar nicht reparieren, der Rahmen sei doch aufgesprungen, da unten, gucken Sie mal: “Das hätte jederzeit unter ihnen wegbrechen können.”

Wenn ich mir jetzt überlege, wie oft ich in den letzten Wochen knapp neben SUVs und Lieferwagen hergefahren bin – hoppla.

***

Musik! The book of love is long and boring, no one can lift the damn thing. It’s full of charts and facts and figures and instructions for dancing.

Was für eine grandiose erste Strophe.

***

Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

***

Sie können hier Geld in den nur virtuell vorhandenen Hut werfen, ganz herzlichen Dank.

 

Es ist nichts

Ich kolumnisiere hier wieder in erstaunlich fehlerfreiem Englisch.

***

Wir lernen eine neue Vokabel: Plastikruste mit einem k.

***

Ich lese “Nichtstun” von Billy Ehn und Orvar Löfgren, aus dem Englischen von Michael Adrian. “Eine Kulturanalyse des Ereignislosen und Flüchtigen” – ist das nicht ein toller Untertitel? Ich bin ganz entzückt. Es ist eine eher wissenschaftliche Untersuchung dessen, was der Mensch macht, wenn er nichts macht, ein feines Thema. Ich habe das in letzter Zeit wieder ab und zu gemacht, tatsächlich nichts. Also nicht einmal dieses besinnliche Innehalten, weil man auf eine tolle Idee kommen will oder zu mehr Ausgeglichenheit, was auch immer das ist, nein, ich meine das nackte Nichtstun, das blankblöde Herumsitzen. Auch mal interessant! Wobei es schwer ist, sich dem hinzugeben ohne schon wieder Fragen zu stellen. Was ändert sich denn, wenn man nichts macht? Wenn ich mit dem Machen gerade nicht weiterkomme, komme ich vielleicht mit dem Nichtsmachen weiter oder ist es durch diesen bloßen Gedanken schon im Ansatz versaut und mit Sinn kontaminiert? Ist das eigentliche Nichts nicht sinnfrei? Und schon denkt man so herum und es ist wieder Essig mit dem Nichtstun – aber das darf ich so eigentlich auch nicht sehen, denn ich wollte ja nicht meditieren, ich wollte gar nichts. Währenddessen weht der Vorhang vor dem Fenster sachte hin und her und mehr immerhin passiert nicht. Es ist ein Näherungswert.

Aber, schon klar, es geht auch darum, sich und alles einfach mal auszuhalten. Und ob das nun ein heroisches Unterfangen oder ein läppischer Zeitvertreib ist – richtig Antwort musse feife inne Wind, wie Wiglaf Droste einst sang.

***

Ich habe in Berlin noch etwas gesehen, das ich so nicht kannte. Und zwar einen Menschen ohne Beine in einem Rollstuhl, was bis dahin noch nicht seltsam ist, aber der Rollstuhl war eine Art Segway, also auf nur zwei Rädern, er kam mir sehr schnell und wendig vor. Da steht man dann als Mensch aus der Hamburger Provinz und denkt sich anerkennend: Schon toll, was es hier alles gibt.

***

 

Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

 

Ein Beitrag geteilt von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) am

***

Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

***

Sie können hier Geld in den nur virtuell vorhandenen Hut werfen, ganz herzlichen Dank.

 

Und du mal nicht

Es mag aus heutiger Sicht merkwürdig klingen, aber in den Siebzigerjahren wechselten viele Deutsche ihre Unterwäsche nur alle drei oder vier Tage. Das Zitat mutet ganz lustig an, der dahinterstehende Gedanke, wie die Gesellschaft Konsum vorgibt und wir es nicht recht merken, der ist aber zwei, drei Minuten wert.

***

Eisfreie Gletscher

***

Kaffee auf

***

Nah am Wasser gebaut

***

Nach “Fridays for future” gibt es jetzt eine Unzahl von Institutionen und Berufen, die mit einem angehängten “for future” da irgendwie mitmachen, Unternehmer, Programmierer, Ärzte, Lehrer, Landwirte. Blogs for future scheint es noch nicht zu geben, das ist eigentlich erstaunlich. Aber hier, vor unserer Haustür an der Kirche:

 

Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

 

Ein Beitrag geteilt von maximilian buddenbohm (@buddenbohm) am

***

Wir haben einen Dreier-Kajak gekauft, ein aufblasbares und dabei unfassbar schweres Modell und ja, ich weiß, dass wir vier Personen sind. Der Kauf war ein wenig merkwürdig, da wir mit zwei Kindern im Geschäft standen, der eine den linken, der andere den rechten Fuß in reichlich Verbandsmaterial, das nicht nass werden darf – aber dann ganz viel Zeug für Wassersport erwerben, die spinnen doch, die Buddenbohms.

Ich: “Könnt ihr dann beim Fahren bitte ab und zu Oh Captain! My Captain! zu mir sagen?”

Sohn I: “Na klar, das machen wir doch gerne.”

Wobei, ich habe das gerade noch einmal nachgelesen, in dem Gedicht ist der Captain leider bereits tot. Hm. Vielleicht fällt mir noch etwas anderes ein.

Wenn die Söhne wieder voll einsatzbereit sind, dann testen wir das jedenfalls mal und berichten dann. Oder die Herzdame und ich testen das heimlich, während die Söhne ohne uns auf Reisen sind, das ist auch eine schicke Option.

***

Wir haben die ersten E-Roller im kleinen Bahnhofsviertel gesichtet, also die ersten, die man per App mieten kann. Eine halbe Stunde kostet allerdings 5,50, das finde ich nicht so günstig, dass ich es ganz dringend dauernd machen müsste, zumal beim überall schnell verfügbaren Stadtrad die erste halbe Stunde kostenlos ist, da greifen dann doch gewisse Geiz-Reflexe. Die ersten drei Roller, es war ja quasi ein historischer und also bemerkenswerter Anblick, wurden auf der Straße gefahren und hatten jeweils modelschöne Hipsterfahrer, ganz wie aus einem Werbeprospekt für die Dinger, alle drei mit einem seltsam blasierten Gesichtsausdruck: Ich habe einen Roller und du mal nicht. Das Gefühl haben andere Menschen mit etwa fünf Jahren schon hinter sich. Aber gut, jetzt geht eben einiges wieder auf Anfang.

In Berlin, wo ich vorgestern ganz kurz war, sah ich auch das, wovor gerade alle warnen, nämlich wild in der Gegend herumliegende E-Roller. Schlimm! Das erinnerte mich an die früheren Warnungen vor in der Gegend herumhängenden Jugendlichen, die wurden auch einmal als sehr störend wahrgenommen. Als ich 1987 in der Sozialforschung anfing, Opa erzählt vom Krieg, waren sie noch eine feste Kategorie in den  Fragebögen zum Thema Angst und Alltag, diese überall in Gruppen herumhängenden Jugendlichen, von denen man als etwas konservativerer oder auch nur älterer Mensch schwer genervt war oder vor denen man sich gefürchtet hat, dabei war das Cornern zu der Zeit noch gar nicht erfunden. Und damals hat sich das natürlich noch niemand träumen lassen, dass die Jugendlichen einmal durch elektrisch betriebene Roller ersetzt werden und man heute krückstockfuchtelnd vor denen steht. Aber so ist das mit der technischen Entwicklung, auch sinnfrei herumhängen können irgendwelche Geräte jetzt besser und billiger als wir.

Apropos E-Scooter – schon einmal was von Juicern gehört?

***

Musik! Noch einmal die Dame. Was für eine herrlich beruhigende Stimme. Es wäre mir auch nicht unangenehm, wenn sie abends kurz zum Singen an der Bettkante vorbeikommen könnte. Also nur mal ganz kurz, nur eben bis ich eingeschlafen bin. Na, das sind so die bescheidenen Wünsche.

***

Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

***

Sie können hier Geld in den nur virtuell vorhandenen Hut werfen, ganz herzlichen Dank.

Fünf Stunden Grau

Heuchler auf Reisen

***

Im Garten waren Himbeeren reif, die Herzdame und ich waren gerade ohne die Söhne im Garten. Das war sehr gut, so konnten wir die Ernte völlig streitfrei unter uns aufteilen, es bekam nämlich jeder genau eine Himbeere. Nicht jede Ernte fällt überwältigend aus.

***

Am Donnerstag habe ich, nachdem die Kollegen im südlichen Teil des Landes seltsamerweise sämtlich nicht erreichbar waren, zum etwa dreißigsten Mal im Leben nachgelesen, was zum Teufel es denn noch einmal mit diesem Fronleichnam auf sich hat. Ich merke heute, einen Tag später allerdings schon, wie dieses Wissen zügig wieder in Vergessenheit gerät und nehme jetzt an, man braucht eine speziell katholische Lebenserfahrung, um sich das merken zu können. Aber für norddeutsche Menschen wie mich – es hat einfach keinen Bezug zu gar nichts. Nächster Feiertag 3. Oktober, den kann ich. Toll.

***

Dialog am Vormittag, per Chat:

Ich: “Ich kann hier gerade nicht arbeiten, die Software klemmt.”

Die Herzdame: “Das ist gut, dann kannst du ja in das Krankenhaus fahren, in das dein Sohn gerade nach einem Sportunfall in der Schule eingeliefert wird.”

Ich: “Welcher Sohn?”

Die Herzdame: “Der andere.”

Und dann verlässt man eben das Büro, fährt umgehend ins Krankenhaus und überschlägt als Improvisationstalent vom Dienst schon einmal einen stark geänderten Ablauf der nächsten Wochen. Es gab fünf Stunden Wartezeit und dann war der Fuß nur verstaucht! Ich finde ja, nach fünf Stunden Wartezeit sollte in Kinderkrankenhäuser immer irgendwas gegipst werden, und zwar schon aus Prinzip.

Es hat den Sohn beim Fußball erwischt, ich habe den verdammten Sport ja nie gemocht. Und weil er vom Rasen weg direkt ins Krankenhaus kam, hatte er auch kein Handy dabei, während mein Handy nur noch ganze 5% Akku hatte. Wir haben also fünf Stunden lang lediglich eine monochrome Krankenhausflurwand angestarrt und da war sie dann also endlich, die u.a. von Jesper Juul geforderte “Fadisierung” des Alltags. Denn so richtig große, graue und gruselige Langeweile kennt die Jugend von heute ja nicht mehr, die ist auch gar nicht so einfach herzustellen. Da haben wir also wieder etwas abgehakt, wie schön ist das denn. Man muss auch die kleinen Erfolge zu würdigen wissen.

***

Ich lese Gunter Duecks “Flachsinn – ich habe Hirn und will hier raus”, weil es mir in der Bücherei neulich direkt nach einem mehr als seltsamen Arbeitstag über den Weg lief, und es gibt eben Stimmungen, da wird man empfänglich für solche Titel. Ich finde, so glaube ich zumindest nach dem ersten Drittel, vermutlich kaum etwas darin, was mir wirklich vollkommen neu ist, ich kenne auch schon einiges von ihm, aber ich finde doch vieles, was ich ruhig auch noch ein zweites oder drittes Mal überdenken kann. Und das ist ja so schlecht nicht.

***

Musik! Noch einmal Bedouine. Herbstlich, aber wunderschön.

***

Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

***

Sie können hier Geld in den nur virtuell vorhandenen Hut werfen, ganz herzlichen Dank.