Dezenz und Erhabenheit

An der Zierkirsche auf dem Spielplatz vor unserem Haus hängt ein flüchtiger Hauch von Rosa, den es im Sturm fast gleich wieder zu verwehen droht. Der Rohling aus Nordwest greift danach und zieht und zerrt wüst daran herum, die Ringeltauben gucken indigniert vom Holunder aus zu. Die Mirabelle, die nie jemand als solche erkennt, weil auf Spielplätzen doch normalerweise keine Obstbäume stehen, sie ergrünt so dezent, das fällt einem erst nach Tagen auf und man fragt sich auf einmal im Vorbeigehen: “Wie hat sie das denn jetzt wieder gemacht?” Denn sie macht das jedes Jahr so. Immer ganz vorne dabei, immer ohne jedes Aufsehen.

Im Garten bildet der im letzten Jahr gepflanzte Pfirsich Blüten, sie sind noch geschlossen. Eine nur hat eine ganz kleine Öffnung, daraus leuchtet es knallpink. Von Dezenz  ist da überhaupt keine Rede, das ist eher: “Guck mal! Guck doch mal! Bald!”

Die große Purpurmagnolie steht in aller Erhabenheit ein paar Meter weiter und weiß etwas, davon hat der junge Pfirsich noch überhaupt keine Ahnung. Der wird sich noch wundern, von wegen guck mal. Das wird der dann schon merken, wo alle hingucken, in einer Woche oder so.

Für den kommenden Montag zeigt der Wetterbericht eine Schneeflocke, aber das wird nichts mehr machen. Die Herzdame studiert Gartenkataloge, liest Beschreibungen vor und träumt voraus.  Mit etwas Fantasie haben wir Mitte März. Geht doch.

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Damen mit R: Ich lese “Leinsee” von Anne Reinecke, hier eine Rezension. Die Geschichte hat Zug und liest sich wie von selbst, das ist auch mal schön.

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Der Musiktipp kommt heute nach langer Pause mal wieder von Sohn I: “Happier”. Ob die Auswahl nun etwas mit meiner Stimmung oder mit gewissen Haustierwünschen (siehe Video) zu tun hat – man weiß es nicht.


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Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

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Bei den Damen mit R

Schneeglöckchenzwiebeln für ein paar hundert Euro. Nun ja. Nicht meine Liga.

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Bei den Damen mit R in der Bücherei, ich berichtete, stand auch Lenka Reinerová, von der ich noch nie etwas gehört hatte. Das ist einigermaßen erstaunlich, denn wenn man ihren Lebenslauf liest (hier), sich für deutschsprachige Literatur und für die Flucht- und Exilzeit des letzten Jahrhunderts interessiert, dann kann man sie ja ruhig mal gelesen haben. Ich lese daher jetzt: “Das Geheimnis der nächsten Minuten”, ein schöner Titel, da geht es um das Warten. Und damit kennt sich quasi jeder aus. Wobei ihr da alle paar Absätze ein Satz in die Gedanken gerät, da guckt man zweimal oder dreimal hin, und das ist dann ein Satz, der sich nur mit so einem dramatischen Lebenslauf erklären lässt.

Frau Reinerová verwendet übrigens das Wort “einholen” für “einkaufen”, das habe ich zuletzt bei meiner Großmutter in Lübeck gehört, auch eine nette Erinnerung. Ich bin mir gar nicht sicher, ob ich es überhaupt je bei irgendeinem anderen Menschen als bei meiner Großmutter gehört habe. “Ich muss noch etwas einholen.” Da würden die Söhne aber gucken, das kennen sie sicher nicht. Nach gegoogelten Informationen gehört der Begriff ins südliche Westfalen, mit der Gegend hatte meine Großmutter allerdings nichts zu tun. Seltsam.

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In der Bücherei ging ich ansonsten wieder ziellos umher und dachte so vor mich hin, das kann man nämlich in Büchereien gut. Mir fiel wieder ein, dass ich gestern irgendwas schreiben wollte, in dem das Wort “Mahlstrom” vorkam, es fiel mir aber dummerweise nicht mehr ein, was das denn bloß gewesen sein könnte, so etwas kann mich in den Wahnsinn treiben. Mahlstrom ist doch ein eher seltenes Wort, was kann ich bloß damit gehabt haben? Und während ich da so stehe und denke, sehe ich auf den nächstbesten Buchtitel rechts von mir im Regal, und wie lautet der? “Mahlstrom”. Das Buch war dann gar nicht weiter interessant für mich, aber verwirrend war das schon. Hätte ich das mit dem Mahlstrom nach dem Sichten des Titels gedacht – alles easy und ganz normal. Aber so herum? Ich muss das dringend mit dem Freundeskreis Zufall diskutieren.

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Der Lichtblick des Tages kam heute per Post – ganz herzlichen Dank an eine Leserin für die Zusendung des Buches “Warum ein Garten glücklich macht” von Doris Bewernitz!

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Ansonsten habe ich mein Lieblingsmantra heute noch öfter als sonst gemurmelt. Es ist ein Mantra, das auf den ersten Blick womöglich geringfügig negativ wirkt, das gebe ich gerne zu, aber wenn man es mehrere Monate lang durchdacht oder auch durchmeditiert hat, wenn man es in geradezu buddhistischer Gründlichkeit und Ruhe in all seinen Dimensionen erfasst hat, dann wirkt es irgendwann entspannend und fördert zuverlässig den Weltfrieden und die familiäre Harmonie, finde ich: “Dieser Tag geht auch vorbei.”

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Musik! Melancholie.

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Restwintermüdigkeit

Auf dem Rückweg von der Arbeit komme ich an einem Discounter vorbei, dort werden gerade drei Männer aus Osteuropa vom Gelände vertrieben, auf dem sie angetrunken herumhängen, und weil wir in seltsam enthemmten Zeiten leben, werden sie dabei mit “Dreckspolacken” angebrüllt.

Als ich neulich bei einer Veranstaltung zum Dritten Reich und den Folgen war, wurde übrigens erwähnt, was fast immer erwähnt wird, nämlich dass die letzten Zeitzeugen sterben, wozu sich eine sehr genervte Peggy Parnass zu Wort meldete: “Ich kann das nicht mehr hören. Wir sind hier alle Zeitzeugen! Jetzt!”

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Ansonsten bin ich mit dem Wetterbericht nicht einverstanden, ich bin jetzt auf Frühling eingestellt und mit Minustemperaturen, Sturm und dergleichen muss mir keiner mehr kommen, alles unter zweistelligen Temperaturen ist im Grunde indiskutabel. Wie immer zu dieser Jahreszeit überkommt mich im ausgelaugten Restwinter eine große, eine unfassbar große Müdigkeit, ich bin so müde wie der Winter selbst, ich könnte jederzeit und überall schlafen, viel und tief und gründlich. Ich stehe morgens mit Bedauern auf, ich verlasse gegen inneren Widerstand die Wohnung, ich sitze unter Protest im Büro, ich bekoche abends widerwillig die Familie, ich gehe mit dem belastenden Wissen ins Bett, dort garantiert nicht lange genug bleiben zu können. Ich will nur eines, ich will herumliegen, am besten tagelang und ungestört. Ich erreiche dabei Dimensionen der schlechten Laune, die nie ein Mensch … Neulich hat mich ein Sohn versehentlich gesiezt. Das muss man auch erst einmal schaffen.

Na egal, das gibt sich schnell und nachhaltig mit steigenden Temperaturen und im April wird sowieso einiges anders, dazu später. Aus therapeutischen Gründen wurde derweil aber auch ein Helgolandbeschluss gefasst. Sonneninsel und so.

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Flickwerk

Was tun Sie eigentlich noch hier, Herr Glumm?!

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Ich lese Mariana Leky: “Erste Hilfe”, und ich mag es sehr, dass sie Themen variiert, dass man also etwas erkennt, was man aus einem anderen Buch von ihr kennt, außerdem gefällt mir die teils wundernahe Stimmung der Szenen. Ich möchte fast sagen: Genau mein Ding.

Davon abgesehen war ich in der Bücherei und habe festgestellt, dass im Regal mit dem Buchstaben R besonders viele Bücher von Frauen stehen, bei denen im Klappentext nicht das böse Wort präzise vorkommt. Wie isses nun bloß möglich? Warum R? So rätselt man sich durch die Tage.

Außerdem Colette mitgenommen, die fängt nicht mit R an, die lag aber im Weg.

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Der Club der Toten Dichter von Reinhard Repke, von mir schon oft empfohlen, hat sich im neuesten Projekt – das war einigermaßen naheliegend – Fontane vorgenommen und Katharina Franck an Bord geholt. Hier kommt gleich ein Filmchen dazu, und wenn Sie die Truppe im Laufe des Jahres während der allfälligen Tour auf einer Bühne erleben können, dann gehen Sie doch bitte hin, es lohnt sich mit großer Sicherheit.

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Ab jetzt beginnt die Fastenzeit und Sohn II, der einen besonderen Sinn für Challenges hat, geht das sehr sportlich an. Ich kann das ruhig veröffentlichen, sagt er, dann machen vielleicht ein paar Leute mit, und dann ist ja wieder etwas gewonnen. Ganze fünf Punkte werden von ihm in der Fastenzeit bearbeitet, da kann man sich etwas aussuchen:

  • Kein Zucker an Werktagen
  • Kein oder doch immerhin viel weniger Fleisch an Werktagen
  • Mehr Obst und Gemüse als sonstiges Zeug
  • Kein Plastik kaufen, das mit etwas Einsatz vermeidbar ist
  • Weniger drinnen sein, mehr Tageslicht

Und weil er auch einen Sinn für Systematik hat, hängt hier jetzt eine große Tabelle an der Wand, in der er die Tage und die Themen jeweils mit Plus und Minus bewertet, da kann er dann auch sehen, was besonders schwer und was vielleicht auch ganz leicht ist. Denn was ganz leicht ist, so sagt er, dass kann er dann ja auch beibehalten.

Warum aber er uns so etwas vorträgt und nicht wir ihm – ich weiß es auch nicht. Am Ende haben wir wieder irgendwas falsch gemacht, wie das bei Eltern so ist.

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Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

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Vorfrühlingsgedanken

Es ist trotz der wieder etwas kühleren Tage, trotz des stark auffrischenden Windes und trotz des drohenden Regens etwas in der Luft, Sie merken es vermutlich auch. Der Frühling lässt sich nicht mehr leugnen, na gut, der frühe Vorfrühling zumindest nicht. Ich erzähle eine kleine Geschichte, die zur kommenden Jahreszeit passt, es geht um menschliche Triebstärke und menschliches Versagen, das ist ganz wie in der großen Literatur. Ich habe das vermutlich schon einmal erzählt, das macht aber nichts, ich erzähle es heute einfach anders. Ein Thema variieren, das ist auch wie in der großen Literatur, aber davon abgesehen – mir ist einfach gerade so, und das ist dann doch mehr so blogmäßig.

Vor unserem Haus liegt der Spielplatz, der ist auch ein Kirchhof, der war einmal ein Friedhof. Das ist ein Platz in handlicher Größe, nicht zu klein, nicht zu riesig, immer kann man auf einen Blick sehen, wer da alles gerade ist, wenn man ihn durch eines der drei Tore betritt. Denn das hat sich vielleicht durch die Zeiten gehalten, es gab und gibt ein Mäuerchen rund um den Platz und zwei, drei Pforten. Heute ist die Mauer rings um den Platz mannshoch, früher war sie wohl kleiner. Ich weiß das aber gar nicht genau, ich stelle mir das nur vor, so eine alte Kirchhofmauer eben, die kennt man doch von Bildern, von alten Gemälden. Heute ist es eine Mauer, über die man knapp nicht rübergucken kann, roter Backstein, wie es sich in Norddeutschland einmal überall gehörte. An einigen Stellen ist auch nur ein eiserner Zaun, aber der wächst im Frühling mit Kletterpflanzen und Bambus zu, der ist dann auch halbwegs blickdicht.

Am Abend kommen, sobald die Temperaturen und der Regen es auch nur halbwegs zulassen, Liebespaare zum Spielplatz, die kein Zuhause haben, keine erlaubte Zone oder einfach keine andere Gelegenheit. Immer sind es jugendliche Paare, Teenies oder Menschen mit knapp zwanzig Jahren, älter sind sie nie. Wenn man älter wird, dann lösen sich zwar nicht alle Probleme, aber einen Platz findet man dann in aller Regel doch irgendwo. Sie sitzen also da und warten, bis die Eltern mit den kleinen Kindern endlich weg sind, sie halten Händchen und küssen sich ab und zu, sie legen die Arme umeinander oder die Beine übereinander, sie sitzen dicht zusammen und reden leise. Wenn auch die letzten Eltern weg sind, küssen sie sich etwas mehr, und wenn es dämmert, küssen sie noch mehr und drücken sich in einer Art, dass man manchmal gleich und auch von Ferne sieht, da gibt es eine gewisse Not und Dringlichkeit.

Es sind nicht viele Paare, die da abends sitzen. Als würden sie sich untereinander absprechen, es ist sogar meistens nur ein Paar. Wie das wohl geht, dass da nicht jeden Abend zehn mal zwei junge Menschen sitzen? Na, am Ende ist die Anzahl der Bänke auch begrenzt. Und auf einer Bank fängt es immer alles an, auf so einer Spielplatzelternbank, die auf Dauer allerdings furchtbar unbequem sein muss. Da sehe ich manchmal Positionen, die schmerzen schon beim Zusehen, wenn sich da jemand wie hingegossen nach hinten biegt, weit über das Lehnenbrett hinaus, und der andere Mensch rückt dann so drängend und gierend nach.

Ich sehe das übrigens vom Küchenfenster oder vom Balkon aus, ich gucke von oben runter auf diesen Platz, der liegt unten vor mir wie eine Freilichtbühne. Und für die Balkone und Fenster links und recht neben mir gilt das auch, der Platz ist von drei Seiten von Häusern mit vielen Fenstern eingefasst, an der vierten Seite steht die Kirche und guckt weg.

Einmal war da ein Paar, bei dem war es noch dringender als bei den anderen. So dringend war es, irgendwann zogen die beiden kichernd und etwas zögerlich zum Kletterturm aus dicken Bohlen, der damals unten eine kleine Plattform hatte, über die sich dann die ganze Konstruktion mit Rutsche, Kletterseil, Strickleiter und allem erhob. Und auf diese kleine Plattform legten sie sich, legte er sie oder legte sie ihn, das war im Gemenge kaum zu unterscheiden. Der Platz reichte nur gerade für die Oberkörper, mehr war anatomisch gar nicht möglich, aber da lagen sie dann jedenfalls und die Hände, die bis dahin nur in den Haaren und an den Armen und Hälsen waren, sie waren jetzt so ziemlich überall und schnell waren sie auch, da musste nämlich in kurzer Zeit sehr viel gefühlt und gedrückt werden. Er machte ihre Hose auf, sie drehte gerade an seinen Knöpfen, da sprang er lieber doch noch einmal auf, sah sich hektisch um – ringsum Mauer, kein Mensch zu sehen, alles okay. An die Menschen über ihm dachte er keine Sekunde lang, an die Menschen in den Fenstern und auf den Balkonen dachte er nicht, an all die Menschen auf den Rängen sozusagen. Und wer wäre man, das lächerlich zu machen. Es ist vielmehr vollkommen verständlich und sehr gut nachvollziehbar, die Liebe geht vor, die Triebe gehen vor, wer weiß, man kann das so oder so sehen und manchmal eh nicht unterscheiden. Immer aber gilt doch wohl, dass man das kennt.

Die Hosen rutschten dann tatsächlich noch ein wenig hinunter, sie drückten sich aneinander und was da im weiteren Verlauf genau stattfand, das war nicht mehr zu erkennen. Wenn es das war, was vermutlich alle gedacht haben, dann ging es schnell wie bei Tauben und leise wie bei Meisen, da stand er schon wieder sichernd vor dem Klettergerüst und sah sich um, während sie die Jeans wieder schloss und sich den Sand aus den Haaren schüttelte, denn das Liebesnest war den ganzen Tag über intensiv von den Kleinen bespielt worden, mit backe, backe Kuchen und allem.

Die Menschen auf den Balkonen standen und guckten, einige rauchten und gingen dann wieder rein, als nichts mehr zu passieren schien, denn die beiden da unten saßen jetzt nur noch da herum und flüsterten in ihrer angenommenen Abgeschiedenheit, die immerhin seelisch hoffentlich eine echte war. Zweimal Schultern und Rücken von oben, lange und kurze Haare, die ineinander übergingen, und natürlich auch wieder die gehaltenen Hände.

So geht es den Menschen im Frühling manchmal, wenn etwas in der Luft ist, und so ging es ihnen immer schon, auch schon zu den Zeiten, als das da unten noch ein Kirchhof und ein Friedhof war, wir können das einfach annehmen. Auch damals schon sind da gelegentlich zwei abends über die Mauer und haben sich da so umgesehen und hektisch gekichert, mit geröteten Wangen und verwilderten Gedanken, man kann eigentlich sicher sein, dass es so war, es waren ja auch Menschen. “Nichts bleibt, mein Herz. Und alles ist von Dauer”, so heißt es bei Kästner, und es ist eine seiner allerschönsten Zeilen.

Das hölzerne Klettergerüst gibt es seit drei Jahren nicht mehr, es wurde ausgetauscht gegen eine moderne Variante aus Plastik und kaltem Metall. Die Plattform darunter ist jetzt noch viel kleiner und für gewisse Zwecke sicher völlig unbrauchbar. Vielleicht gehen die beiden von damals oder auch nur sie oder nur er da ab und zu vorbei und denken, dass sie da einmal … und sehen dann, es würde heute gar nicht mehr gehen. Aber mittlerweile sind sie auch schon älter, sie werden also längst andere Plätze gefunden haben und vielleicht auch andere Menschen. Nichts bleibt, mein Herz.

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Musik! Der Mensch an sich ist einsam.

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Termine und Levkojen

Herr von Ribbeck heute

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Patricia über die Pubertät

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“Kennen Sie sich hier aus? Wo ist denn das mit Else Lasker-Schüler?” Das fragte mich eine Dame vor unserer Haustür und mein Bücherregal meinte sie nicht, nahm ich an, obwohl das auch was mit Else Lasker-Schüler ist und sicher am nächsten gelegen war. Nach einigen weiteren Sätzen kam ich darauf, dass sie wohl eine Veranstaltung in der Kirche meinte, eine szenische Lesung, die übrigens ein Nachbar von mir inszeniert hat, wie mir dann wieder einfiel, und die ich völlig vergessen hatte. Die Plakate hatte ich mal kurz gesehen, das schon, die habe ich auch gar nicht uninteressant gefunden, den Inhalt dann aber nicht erfolgreich abgespeichert, Sie kennen das. Die Veranstaltung fand in Sichtweite vor unseren Fenstern statt, ich konnte beim Kochen das Licht des Raumes sehen, in dem da gespielt und rezitiert wurde, und in dem jetzt sicher die Dame saß und sich was vom Prinzen von Theben erzählen ließ. Ohne das Gespräch auf der Straße hätte ich das einfach nur für irgendein Licht im Kirchturm gehalten, egal. Da ist ja öfter Licht.

Wenn ich aber schon Termine nicht recht mitbekomme, die direkt vor meiner Haustür stattfinden und dort von mir bekannten Menschen veranstaltet werden, wie unendlich viel mag es wohl in dieser Stadt geben, das ich komplett verpasse? Ich bin mir manchmal nicht sicher, ob das ein tröstlicher oder ein frustrierender Gedanke ist.

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Im Garten gewesen, Knospen geguckt und ein Bäumchen verpflanzt. Das war der erbauliche Teil der Woche.

Das aktuelle Beeträtsel besteht in einer lila blühenden Staude, die laut allen Erkennungs-Apps eindeutig eine Levkoje sein soll. Ich habe aber nie Levkojen gepflanzt und sie blühen auch nicht im Februar, nie nicht, das wäre nun wirklich sehr ungehörig. Der Garten als Wundertüte.

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Es gab Fisch mit Kartoffel-Gurken-Salat und dieser Salat, ganz einfach (Chefkoch-Rezept hier) aus zerschnippelten Pellkartofffeln zubereitet, mit etwas Brühe, etwas Essig, etwas Öl, etwas roher Zwiebel, etwas Gurke, Pfeffer und Salz, war ein Gericht, das alle Familienmitglieder gleichermaßen gemocht haben. Das kommt hier so dermaßen selten vor, das ist eine Erwähnung wert und es wird jetzt also ziemlich oft Kartoffel-Gurken-Salat geben. Vielleicht klappt es bei Ihnen ja auch.

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Musik! Max Raabe.

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Kurz und klein

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Trinkgeld Februar 2019, Ergebnisbericht

Die Söhne waren im Kino und haben “Chaos im Netz” gesehen, woraus gar kein Blogartikel geworden ist, merke ich gerade. Schlendrian! Aber sie fanden den Film jedenfalls gut, daran erinnere ich mich noch deutlich.

In diesem Monat hat jemand aufgrund eines alten Scherzes ausdrücklich Geld für Dosenmais eingeworfen, an dem Sohn II eine ganz besondere, um nicht zu sagen etwas seltsame Freude hat. Das Kind fühlt sich reich beschenkt, soll ich sagen. Ab und zu sieht es nach, ob noch alle Dosen da sind, ob sich da nicht etwa jemand daran vergreift.

Ich habe Saatgut bestellt, wesentlich weniger als im letzten Jahr. Es gibt nämlich noch Reste – ich muss sie nur noch finden, aber das wird schon. Pflanzkartoffeln habe ich bestellt, Rote Melde (baut mehr Rote Melde an, das Zeug ist so toll! Und dekorativ!), Zuckererbsen, so etwas. Die Herzdame hat die Kartoffeln ausgesucht, sie saß da mit dem Katalog und hat gesagt: “Hier, das klingt gut, schreib Duke of York auf.” Und zwei Minuten später hat sie gesagt: “Nein, hier die klingt besser, schreib La Ratte auf”. Kurz darauf kam die nächste Korrektur und dann noch eine und noch eine, es ist nämlich ungeheuer schwer, Kartoffeln aus einem ansprechend betexteten Katalog auszusuchen. Beim Einkaufen im Supermarkt achtet man kaum auf die Sorte, aber wenn man die Dinger selbst pflanzt, dann sucht man plötzlich mit einer Sorgfalt aus, Neuwagenkauf nichts dagegen. Bestellt haben wir wieder bei Hof Jeebel, keine bezahlte Werbung, nein. Aber eine sehr gute Auswahl.

Außerdem kauften wir fünf Sack Kompost vom Recyclinghof.

Was noch? Anzuchterde in ganz kleiner Menge, wir haben einfach keinen Platz für Anzucht, es gibt in diesem Haushalt dummerweise keine einzige Fensterbank.

Bei einer Trinkgeld-Betreff stand “Nicht alles auf einmal ausgeben”, dieses Geld lege ich in sehr guten Kaffee an, aber nach und nach, ganz wie vorgegeben. Wie gesagt, ich nehme die Betreff-Zeilen stets absolut ernst.

Ich habe mir außerdem eine neue und besonders leichtgängige Tastatur von dem Geld zugelegt, meine kaputten Arme brauchen jede Erleichterung, wo es nur geht. Jetzt kann ich wieder etwas fluffiger schreiben, auch deutlich leiser, das weiß die Familie zu schätzen. Die alte Tastatur war laut wie bei einer elektrischen Schreibmaschine mit Typenrad, die Älteren erinnern sich. Warum ich die nicht viel eher getauscht habe – im Nachhinein ist es ja manchmal etwas seltsam. Es gibt einen weiteren Vorteil, die Tastatur ist jetzt genau das Modell, welches auch im Büro auf dem Schreibtisch liegt, das erspart mir die minimale Irritation, dass bei den beiden Dingern irgendwelche Tasten anders belegt oder angeordnet sind. Finde ich gut.

Der Betreff “Für etwas Schönes”  wurde in Blumen für die Herzdame umgesetzt, betont frühlingshafte Tulpen, versteht sich. Und da ich jeden Monat auch ein Buch von dem Geld kaufe, gab es „Die Haushälterin“ von Mariana Leky.

Sohn I hatte noch etwas Geld, das speziell für ihn war, das hat er in einem Laden für Graffiti-Bedarf gelassen, das gute Großstadtkind. Den März können wir jetzt damit zubringen, eine Ecke zu finden, in der er legal etwas mit dem Zeug anfangen kann. Es ist kompliziert.

Wie immer, ganz herzlichen Dank für jeden eingeworfenen Euro und natürlich auch für die Centbeträge, hier wird alles entsprechend gewürdigt und gefeiert, welche Summe auch immer. Ich habe ganz fraglos wunderbare Leserinnen, die Herren sind mitgemeint.

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Um den Block

Am Abend gehe ich noch einmal um den Block, da den ganzen Tag über nichts Blogbares passiert ist und auch keine einzige Idee im alltagsergrauten Hirn glimmt. Sohn II will überraschend mit, wir gehen und reden über das Schreiben, über Ideen und über Geschichten. Was man da braucht und wie man das macht und dass eine Handlung ja nicht alles ist, das sagt er. Dass man auch Beschreibungen braucht, Adjektive und so, sonst kann sich keiner was vorstellen und es wird auch alles zu kurz. Und er findet auch Geschichten ohne Einleitung nicht gut, wenn das da so mittendrin anfängt, also nein. Und ohne Ende – überhaupt indiskutabel.  Ich sehe das eigentlich auch so, besonders das mit dem Ende, ich mag gute Enden. Der Sohn hat einen Freund, mit dem er zusammen Geschichten schreibt. Wie die Grimms, sagt er, aber “Mädchen geht in den Wald und kämpft gegen Wolf”, das reicht so eben nicht, das muss man schon anders machen. Da sind wir uns soweit einig.

Viel schwieriger ist aber die Sache mit den Ideen, wo kommen die her? Wie kommt man überhaupt jemals auf Geschichten, auf Texte, auf irgendwas Beschreibbares? Wir gehen so herum und gucken, das mache ich ja immer so. Wir gehen die Einkaufsstraße auf und ab, wir sehen aber nichts, es ist alles geradezu nervtötend normal. Wir gehen in den Bahnhof und kaufen Blumen für die Herzdame, wir gehen da dann noch durch die Wandelhalle und gucken hier und da, wir sehen uns die Leute an, das Verkaufspersonal, die Reisenden, alle. “Man muss einfach so herumgucken”, sage ich, “mehr nicht”.  “Hm”, sagt der Sohn, aber überzeugt klingt er nicht.

Wir gehen schließlich ohne Ergebnis wieder nach Hause, so etwas kann passieren. Kurz vor unserer Haustür steht ein Paar mit einem kleinen Hund. Der Hund sitzt mitten auf dem Weg und will wohl nicht mehr weitergehen. Die Frau zieht etwas an der Leine, nur ein ganz wenig, der Hund sitzt stoisch da herum. “Der hat das doch eben gehört”, sagt der Mann, “dass wir hoffen, dass er bald stirbt, deswegen ist der jetzt beleidigt. Der bleibt da jetzt sitzen.” Die Frau sieht ihn an, zieht wieder zögerlich an der Leine. Der Hund sitzt und guckt auf den Boden. Die Frau sagt: “Also so haben wir das ja nun nicht gesagt. Nicht ganz so.”

Der Sohn und ich gehen vorbei und sehen uns an:

“Das nehmen wir, oder?”

“Genau das.”

“Aber wie traurig ist das?”

“Das kann man sich nicht aussuchen.”

“Du schreibst es auf, ich erzähle es meinem Bruder.”

Und so haben wir es dann auch gemacht.

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Lexikon, Duden und Rechentafel

Sven über Ampeln

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Wenn ich an 56 Tagen des Jahres 2019 im Schnitt etwa 3.500 Zeichen gebloggt habe, wie viele Leserinnen haben dann den jeweils zweiten Link angeklickt? Wenn Sohn II in jedem Strumpf sieben Löcher hat, welche Schuhgröße trägt er und mit wie vielen Freunden spielt er Fußball? Pardon, ich mache in Vorbereitung auf die nächste Mathearbeit seit Tagen dauernd Textaufgaben mit Sohn I und eventuell schlägt es mir allmählich doch aufs Hirn.

Wenn ich heute um zehn Uhr abends ins Bett gehe, wie tief ist der Schlaf und bis wohin reichen die Träume? Das Ergebnis kann aufgerundet werden.

Währenddessen entdeckt Sohn II seine Vorliebe für Kreuzworträtsel, er fräst sich durch ganze Stapel davon und stellt dauernd entsprechende Fragen, ich bin also gerade eine Mischung aus Lexikon, Duden und Rechentafel. Kompliziertes Verfahren mit sechs Buchstaben: Alltag.

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Kaum erwähne ich hier freudig die Absicht, mehr Bücher von Frauen lesen zu wollen, schon habe ich zwei Bücher von Männern in der Post. Nanu! Einen großen Dank an den überaus freundlichen Menschen, der mir das Buch: “Porträt eines glücklichen Menschen” geschickt hat, verfasst von Érik Orsenna, aus dem Französischen von Annette Lallemand. Da geht es um die Kunst des Gartenbaumeisters von Versailles, hier die Verlagsseite dazu. Das klingt sehr interessant, ich freue mich darauf.

Zum zweiten Buch später!

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Davon abgesehen nur Unblogbares, da merke ich wieder, dass das tägliche Schreiben gar nicht unerheblich zur seelischen Gesundheit beiträgt. Was nicht rauskann, das hängt quer.

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Musik! Lange nicht mehr gehört.

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Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

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Wenn Sie hier Geld in den Hut werfen, wer freut sich dann? Okay, das war zu einfach. Danke jedenfalls!

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