Von Fichten verfolgt

Ein fehlendes Bett.

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Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich das Wort Sitkafichte bis vor ein paar Tagen überhaupt noch nicht kannte, dann kamen diese Nadelbäme bei mir im Wirtschaftsteil vor (hier der Artikel über Irland) und jetzt begegnet mir die Art schon wieder. Und zwar in einem Artikel über den Beginn des Anthropozäns: Der einsamste Baum der Erde. Das Anthropozän ist demnach ungefähr so alt wie ich, was sagt mir das jetzt?

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Kurz in den Garten gefahren, der ist zwei Stadtteile weiter, also quasi irgendwo da draußen, und es ist immer wieder faszinierend, wie sehr es anderswo Winter ist, nur bei uns nicht. Da lag reichlich Schnee und alles sah nett aus, hier war am Nachmittag alles grau wie immer. Die Stadtmitte hat eben auch Nachteile.

Im Garten steht erwartungsgemäß nach wie vor der Bagger sinnlos herum. Sohn II will da jetzt einen Zettel mit einer Frist dranmachen, und wenn die Frist verstrichen ist, gehört der Bagger ihm. Das gute Kind.

Garten im Schnee

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Hier noch eine typisch hamburgische Aufforderung zum Widerstand und nein, da ist kein Schreibfehler drin.

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Auf der Straße steht der stadtbekannte Jesusbrüller und predigt vehement wie immer, die Leute weichen ihm eilig aus. Mir fällt zum ersten Mal auf, dass er die Bibel so hält, wie die jungen Leute ihre Handys halten, so ans Kinn gehoben und dann hineinredend, als sei das ein Empfangsgerät. Da er aber seine wüste Rede niemals unterbricht, um einmal zuzuhören, wirkt das ein wenig so, als würde er endlos und aufgebracht auf seinen Gott einreden, er ist der besorgte Gläubige vom Dienst mit der schier endlosen Sprachnachricht.

Nun bin ich kein religiöser Mensch, aber ich würde doch generell davon abraten, auf Gott einzureden wie auf einen lahmen Gaul, in welcher Religion auch immer. Das interessiert den Jesusbrüller aber natürlich nicht, denn er hat ja Recht, heiliges Recht sogar, und er schimpft immer weiter in seine Bibel, jedes Hallelujah eine beleidigte Belehrung. Ich weiß ja nicht recht, ich kenne mich auch nicht aus, aber das geht doch besser und sympathischer.

Was in Altona auffällt

Am Nachmittag bei einer politischen Veranstaltung gewesen. Da war ich der einzige Teilnehmer, die Veranstaltung ist nämlich erst im nächsten Monat, wie mir allerdings erst einfiel, als es da verdächtig menschenleer aussah. Egal, wenigstens einmal draußen gewesen! Wenigstens wieder einmal in Altona gewesen, lange nicht mehr gesehen. Wenn ich schon einmal da bin, kann ich mich ja auch etwas umsehen, dachte ich. Da stand in einer kleinen Nebenstraße eine einsame blühende Kirsche, liebliches Rosa, leuchtend und frisch, das war die erste Kirschblüte in diesem Jahr, an der ich vorbeikam. Und hätten die Blüten Ärsche gehabt, sie hätten sie sich abfrieren können, so kalt war das da. Mehr ist mir in Altona nicht aufgefallen.

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Mit einem Gelstift, einem Kalligraphiestift und einem Füller seitenlang probegeschrieben, ich mache ja keine halben Sachen. Stabilo Worker, den hatte hier jemand in den Kommentaren empfohlen, der ist tatsächlich deutlich besser als andere Stifte – aber leider nicht gerade hübsch anzusehen. Orange fällt doch eher unter Problemfarbe, nicht wahr, ich habe immerhin die Siebziger erlebt, ich weiß Bescheid. Mit dem Kalligraphiestift wiederum sieht vermutlich jede Schrift plötzlich interessant aus, und alles, was man damit schreibt, wirkt mit so schick aufgeedelten Bögen und Schwüngen irgendwie voll deep, das ist auch ein spannender Aspekt. Tatsächlich gefällt der mir gar nicht schlecht. Von Staedtler und nein, ich habe keine Kooperationen welcher Art auch immer mit Schreibgeräteherstellern.

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Ein seit Tagen spürbares Unwohlsein und rätselhaftes Desinteresse an Nahrungsmitteln plötzlich als Zahnschmerz identifiziert, manchmal habe ich bei so etwas eine bemerkenswert lange Leitung. Montagmorgen gleich mal zur Fachfrau! Immer mutig voran.

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Der Salat aus der Voranzucht ist währenddessen teilweise vergeilt, daher habe ich ihn sofort als Microgreen bezeichnet (“Dein Name sei Microgreen!”) und auf der Stelle verspeist. Man muss da etwas findig sein, wenn man gärtnert, und Microgreens sind sowieso total in, die macht gerade jeder. Und guck an, das schmeckt ja überraschend stark, selbst wenn es nur winzige Blättchen sind. Gleich neue Samenkörnchen nachgeworfen.

Das Basilikum kommt jetzt auch reihenweise. Wenn es so weiter wächst, ich könnte schon einmal Tomaten und Mozzarella kaufen und vor den Anzuchttöpfchen warten.

Außerdem Gemüseschutznetze gekauft, was etwas absurd ist, da ich noch gar kein Gemüse habe, es aber schon schützen kann. Bin ich auf dem Weg zum Helikopter-Gärtner?

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Die Herzdame schreibt gerade einen Blogartikel nach dem anderen (demnächst hier auf diesem Sender!) und reagiert zunehmend gereizt auf Störungen aller Art, weil sie doch so sehr versucht, sich zu konzentrieren. Ich muss mich ungeheuer zusammenreißen, nicht dauernd “KANNSTE ENDLICH MAL SEHEN, WIE DAS IST!” zu rufen und sie alle drei Minuten anzutippen, anzusprechen, anzurempeln. 

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Am späteren Abend war ich noch einmal unterwegs und kam durch den Hauptbahnhof. Und obwohl ich es gewohnt bin, durch den Hauptbahnhof zu gehen und all die Problemfälle dort zu sehen, ist mir dort noch nie eine solche Menge sichtbar leidender Menschen aufgefallen. So viele, die schief im Leben stehen, eine solche Heerschar Gescheiterter und Gefallener. Das war wie inszeniert, alle gecastet für eine dystopische Großstadtszene, immer noch eine und noch einer. All die Bresthaften, die Geschlagenen, die von der Gesellschaft oder vom Leben zerschlissenen und aufgebrauchten, die Krüppel, die Aussortierten, die Weggelaufenen. Die Kranken, die Aussätzigen, die Halbtoten. Die Alkoholiker, die Junkies, die Süchtigen aller Art. Die Obdachlosen, die Heimatlosen, die Haltlosen. Die Einäugigen, die Einarmigen, die Einbeinigen, die Könige aller Art unter anderen.

Die Irren, die Erleuchteten, die Verblendeten, drei sangen sogar von Hare Krishna, das habe ich seit Ewigkeiten nicht mehr gehört, irgendwo standen natürlich auch die mit dem Wachtturm. Wenn man sich hier lange genug umguckt, stehen sie immer irgendwo daneben, halten ihre Heftchen hoch und versuchen, einen Blick aufzufangen. In Dreiergrüppchen stehen die da, immer Rücken an Rücken. Sie halten sich für gerettet, die eilenden Passanten denken vermutlich eher das Gegenteil, aber allzulange denkt man da sowieso nicht drüber nach. Man kann sich nicht mit jedem Irrsinn beschäftigen, wo soll das hinführen, man muss sich auch selber retten. Und im abendlichen Hauptbahnhof sind sich alle Menschen gegenseitig eh nur Bilder im Vorübergehen. Seltsame, verstörende Bilder und wer weiß, wie man selbst gerade auf andere wirkt, immer Vorsicht an der Selbstbild-/Fremdbildkante.

Daran gedacht, wie ich 1987 in Hamburg ankam, in diesem Hauptbahnhof.

Kurz und klein

Eins, zwei, Polizei

Vielen Dank für die zahlreichen Kommentare zur Schreibgerätefrage gestern, es waren sehr sinnvolle Hinweise dabei. Überhaupt großartig, wie das hier mit den Kommentaren läuft, ich freue mich jeden Tag.

Ich teste mich dann mal da durch … wobei so ein Kolbenfüller von Montblanc vermutlich schon fortgeschritten exzentrisch wirkt. Egal. Und wenn Sie jetzt auch gerade Lust auf Schreibgeräte bekommen – ich bin eben ein Infüllencer.

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Goethezitate – aber mit lol am Ende. Wie heißt es auf Twitter immer: Genau mein Humor.

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Gegen die Lausemaus. Unterschreibe ich sofort.

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Frühmorgens gehe ich zum Bahnhof, da stehen zwei von der Polizei hinter einer hölzernen Fahrradgarage und lugen immer so mit langen Hälsen um die Ecke, dass man sich gleich denkt, die beobachten da doch bestimmt irgendeinen schlimmen Finger. Oder mehrere. Weswegen auch alle Passanten total unauffällig stehenbleiben und genau dahin gucken, wo auch die Polizisten hingucken, dann wieder prüfend auf die Polizisten. Blicklinie peilen, dann wieder da hinten hinsehen. Da sieht man dann aber nur eine ganz normale morgendliche Straßenszene und fragt sich daher unwillkürlich, welche dieser kreuz und quer einhergehenden Figuren zweihundert Meter weiter denn nun verdächtig sind. Und weswegen? Was haben sie wohl vor? Und merken die eigentlich nicht, dass da jetzt schon eine kleine Menschentraube gespannt herüberstarrt, alle sehr gut zu sehen, also alle außer den beiden von der Polizei, versteht sich, die verstecken sich ja. Die Rentnerin da vor dem Kiosk, wer weiß. Alles nur Tarnung, die späht da doch was aus, der Rollator ist am Ende nur Requisite. Oder die Grundschüler, die da so brav an der roten Ampel warten. Wer weiß, was die im Ranzen haben! Also ich weiß es, weil einer von ihnen mein Sohn ist und ich ihm eben noch ein Frühstücksbrot in den Ranzen gestopft habe, aber das weiß der Rest ja nicht. Würde ich den Sohn nicht kennen, er käme mir gewiss auch verdächtig vor. Schon diese verstrubbelten, ungebürsteten Haare! Bei Boygroups z.B. weiß man ja, die mit den unordentlichen Haaren, das sind immer die, auf die man besonders aufpassen muss.

Geht es den kriminellen Elementen etwa am Ende um die Sparkasse an der Ecke gegenüber? Aber die hat noch gar nicht auf, das wäre doch blöd bei einem Überfall, müsste man erst die Tür wegsprengen, was ein Aufwand.

Ein Polizist und eine Polizistin, sie hat einen blonden Pferdeschwanz, er hat eine Durchschnittskurzhaarfrisur und keinen Bart. Er ist etwas größer als sie, sie sehen aus wie Herr und Frau Mustermannn in Uniform, im Grunde sehen sie aus wie ausgedacht. Stehen da und gucken hinterm Holzverschlag hervor wie zwei Figuren auf einer Illustration in einem Kinderbuch. Auf dem alten Einband von “Emil und die Detektive” stehen die Kinder genau in dieser Pose hinter einer Litfaßsäule, ich habe das gerade noch einmal nachgesehen, wirklich exakt so. Die Polizisten sehen aus wie zwei Nebenrollen aus der Fernsehserie Großstadtrevier, wie zwei Schauspieler im Theater, in einer modernen Inszenierung des Hotzenplotz vielleicht.

Die Passanten gehen dann irgendwann weiter, man kann ja um die Zeit auch nicht ewig warten, wer da nun was macht, man muss doch zeitig ins Büro oder wo man sonst so arbeitet. Man arbeitet jedenfalls nicht hinter hölzernen Fahrradgaragen, das machen nur die von Polizei und es hat ja Gründe, dass man einen anderen Job hat, die Entscheidung ist durch und lange her, für Detektivspiele ist es nun zu spät. Schon auch schade! Aber es steht dann morgen eh in der Zeitung oder im Internet, was da nun wieder war. Wenn es denn was war.

Und mir fallen natürlich schon wieder die Achtziger ein.

Irgendwo bellte ein Kind

Wenn ein Kind nachts wie ein alter Hofhund bellt, ist es am nächsten Morgen vermutlich krank, alte Regel. Das Home-Office übernimmt aber diesmal die Herzdame, ich fahre also wie immer ins Büro, und irgendwann endet sicher auch diese Virus-Saison. Die Etappen Magen-Darm und HNO haben wir hoffentlich in Kürze bald abgehakt, wobei wir Eltern diesmal gar nicht alles mitgemacht haben, vielleicht ist das alles daher gar nicht richtig gültig und geht in eine Wiederholungsrunde, man wundert sich über gar nichts mehr. Das Kind liegt vier Stunden etwas schlapp herum, steht dann geheilt wieder auf und will sofort zum Sport. Wir Erwachsenen würden da vermutlich drei Tage brauchen. Oder mehr.

In den Wetterberichten geht es derweil bemüht hysterisch um den “Arctic Outbreak” und den heranbrausenden “Tiefkühlhammer” aus Sibirien, um den “Frostschock am Wochenende”, man möchte ab und zu gerne beruhigend auf die Texter der Wetterschlagzeilen einwirken. Tatsächlich ist es draußen ein wenig frischer als sonst. Aber hey, es ist Winter.

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Im Büro mache ich jetzt auch wieder öfter Notizen mit der Hand, das soll ja mnemotechnisch total super sein. Ich finde das Schreiben mit einem Kugelschreiber aber ganz schrecklich, Bleistifte liegen mir auch nicht. Was nimmt man denn dann, wenn man nicht mit einem Füller schreiben möchte, was dann doch etwas affektiert wirken würde? Ich bin bei dem Thema irgendwie raus. Lesen hier so Schönschreibleute mit? Was nehmt Ihr für ein Schreibgerät, wenn es nicht so wertvoll wie ein Kleinwagen sein soll, aber doch möglichst gut?

Es ist übrigens ein wenig mühsam, sich wieder eine verbundene Handschrift anzugewöhnen, wenn man jahrelang nur so halb unverbunden mit eingestreuter Druckschrift geschrieben hat. Aber es geht! Und man schreibt dann natürlich deutlich schneller, also wenn man es geschafft hat. Die Herzdame übt währenddessen heimlich Sketchnotes, habe ich gesehen, die ist schon wieder weiter als ich. Schlimm.

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In der SZ ein Artikel über die Deutschen, ihren Autowahn und ihre Auto-Industrie. Er enthält zwar keine Überraschungen, wenn man sich für das Thema etwas interessiert, ist aber ein gut lesbarer Rundumschlag: “Der Autoexperte Stefan Bratzel beklagt die Abgehobenheit der Branche, kritisiert das jahrzehntelange Nichtstun der Politik – und erklärt, warum Autos für jüngere Menschen immer unwichtiger werden.

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Kürzlich belauschte ich ein Gespräch im Bus; zwei ältere Frauen sprachen über „diese jungen Ingenieure“. Die hätten ja zum großen Teil gar keinen Führerschein mehr, wunderte sich eine, und wollten den auch gar nicht machen; das hätte es früher nicht gegeben. Drei Kreuze, dachte ich; es besteht wieder Hoffnung.

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“Man darf einen Menschen nicht einfach verbuddeln.” Bei SPON geht es um die Beerdigung von Menschen, die keine Angehörigen haben, zumindest keine auffindbaren. Es ist zwar verdammt lange her, aber darüber habe ich auch schon einmal geschrieben.

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Garten-Update: Ich habe keine Ahnung, wie es im Garten aussieht, wir waren gar nicht da, denn vermutlich gibt es dort eh keine Neuigkeiten, der Bagger wird immer noch herumstehen. Aber auf unserer Fensterbank treibt der Salat aus der Anzucht in faszinierender Geschwindigkeit aus, ebenso der Wasserspinat. Die Chilis und die Zwiebeln warten wohl noch etwas ab. Aber langsam und zögerlich kommt da auch ein besonders mutiger Basilikum heraus und die Dahlie im großen Topf erwacht ebenfalls programmgemäß zu neuem Leben.

Ja, andere haben Dahlien, ich weiß, ganze Beete voll sogar, wir haben “die Dahlie.” Irgendwo muss man ja anfangen.

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Und der Musikclip des Tages kommt heute von Sohn I. Was junge Leute eben so hören. Verstörend.

Mathe, Tiere, Alice

Mathematik macht schlau, da geht es um das Image und den Nutzen der Mathematik. Das schlechte Image begegnet mir gar nicht mehr so oft, es ist mittlerweile schon ganz cool, auch in Mathe was drauf zu haben. Cooler als in meiner Jugend auf jeden Fall, da war Mathe nur etwas für ausgemachte Freaks, wer in Mathe gut war, der machte auch den obersten Hemdknopf zu, solche Typen. Allerdings wird heute zumindest am Anfang der Schule, in den Grundschuljahren, Mathematik auch sinnvoller gelehrt als damals. Die Söhne haben z.B. gelernt, Ergebnisse zu schätzen, das ist sinnvoll und sofort anwendbar. Wenn ich weiß, wie weit ich in einer Stunde gehen kann, dann weiß ich auch, ob ich zu einem Ziel, das 30 Kilometer entfernt ist, zu Fuß gehen will oder nicht. Ich weiß also, wie lange ich für den Weg in etwa brauche – und diese Info reicht ja erst einmal. In Hamburg kann man so etwas praktischerweise in Alsterrunden rechnen, das versteht jeder. Wenn ich weiß, was eine Tafel Schokolade ungefähr kostet, habe ich eine Ahnung, ob ich für zehn Euro eine oder zwanzig Tafeln oder irgendwas dazwischen bekomme, das klappt und hilft sofort weiter. Wenn ich Quadratmeter schätzen kann, weiß ich, wieviel Rasensaat ich für den Garten kaufen muss usw. Keinem der Söhne kommt Mathe bisher völlig sinnlos vor, davon bin ich ganz angetan.

Übrigens fiel mir neulich auf, dass heute schon Erstklässler ein recht genaues Verständnis von Prozentwerten haben, ganz anders als wir damals. Das kommt durch die Akku-Ladestandsanzeigen überall, die verstehen sie sehr gut.

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Auf dem gefrorenen Fleet vor dem Bürofenster liegen Taubenfedern, viele sogar, dazwischen blutige Reste eines Vogelkörpers und auch Knöchelchen. Welches Tier hier wohl auf dem schmutzigen Fleeteis Tauben reißt? Greifvögel in Hammerbrook, zwischen all den Büroklötzen, man kann es sich kaum vorstellen. Ratten? Möwen? Man müsste wie son Tierfilmer stundenlang aus dem Fenster sehen, die Kamera im Anschlag. Aber das fällt im Großraumbüro dann auch wieder unangenehm auf. Nix darf man, wie die Söhne sagen würden.

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Ich lese weiter im Echolot von Kempowski, eine anstrengende Lektüre, ich muss es zwischendurch etwas weglegen, weil die Inhalte kaum zu ertragen sind. Bei den Texten aus Leningrad geht es gerade auf das unvorstellbare Grauen der Belagerung zu – zwischendurch habe ich die Tagesschau gesehen, da geht es um die geplante Belagerung von Afrin. Der Mensch lernt vielleicht Mathe in der Schule, aber gesamt betrachtet lernt er gar nix.

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Endlich mal wieder Topinambur-Kartoffel-Pilz-Gulasch gekocht, ich habe vor Jahren einmal drüber geschrieben. Schmeckt super, auch im Wiederholungsfall. Ausdrückliche Empfehlung.

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Passend zum Eis überall gibt es heute Musik mit Russlandbezug. Das war damals, das waren die Achtziger und meine Güte, was fand ich die Dame schön.

Ein paar Jahrzehnte weiter singt sie es übrigens wie folgt. Sehr interessanter Vergleich.

Apropos Achtziger: Die Herren von Soft Cell geben ihr Abschiedskonzert. Und jetzt alle:

“Sometimes I feel I’ve got to

Run away I’ve got to

Get away from the pain that you drive into the heart of me

The love we share

Seems to go nowhere

And I’ve lost my light

For I toss and turn I can’t sleep at night.”

Lange her, nicht wahr.

Kalt, Schnaps, Triebe

Die morgendliche Kälte geht nicht nur mir, sondern auch anderen Leuten allmählich schwer auf die Nerven, man sieht es etwa daran, wie sie morgens in der S-Bahn gekleidet sind. Die tägliche Frage “Was ziehe ich denn heute an?” beantworten immer mehr offensichtlich einfach mit “Alles.” Und sitzen dann da mit einem spätwinterlich sturen Mir-doch-egal-wie-ich-aussehe-Blick, vergraben in Schals von Teppichformat, mit mehreren Jacken an und mit selbstgestrickten Mützen auf dem Kopf, die doch eigentlich längst aussortiert waren, zumindest sehen sie so aus. Die Dame mir gegenüber hatte gestern sogar einen dampfend heißen Tee dabei, das kommt natürlich öfter vor, allerdings hatte sie den in einem normalen, offenen Keramikbecher, aus dem der Teebeutel noch heraushing. Und das ist dann schon seltener, dass jemand den vom heimischen Frühstückstisch im Hinausgehen einfach so mitnimmt, weil der Mensch eben auch unterwegs etwas Warmes braucht. Aber irgendwie ist es auch recht stilvoll, den Becher da so stoisch durchs wilde Gedränge im Hauptbahnhof zu balancieren.

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Im Garten treibt trotz der Kälte die Fette Henne aus und ich habe irgendwo gelesen, dass man diese Triebe essen kann. Stimmt das? Aber wenn ich sie esse, dann habe ich ja keine Fette Henne mehr? Pflanzen die Menschen, die das essen, etwa extra welche für den Speiseplan an? Was es alles gibt! Egal, ich warte doch lieber auf den Löwenzahn. Oder was da sonst noch kommt. Giersch! Auf den ist Verlass. Noch ist kein Gemüse gepflanzt, noch steht der Bagger im Weg.

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Wenn ich demnächst einmal wieder im Heimatdorf der Herzdame bin und von da aus eher wirre Zeilen poste, es könnte daran liegen, dass meine geschätzte Schwiegermutter jetzt Spirituosen im Wohnzimmer verkauft. Man beachte im Text bitte die Verwendung des Begriffes “Schluck” für Schnaps, eine nordostwestfälische Spezialität, die ich sehr liebenswert finde.

Anzucht und Ordnung

Passend zum letzten Artikel hier habe ich drüben im Blog der GLS Bank vier Artikel zum ländlichen Idyll zusammengestellt, da kommen dann auch wieder Bienchen vor. Ich empfehle besonders den dritten Link und dort das Ende des Textes.

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Lange Zeit galt es als ausgemachte Sache, dass in der Kunst ebenso wie im Leben nur Idioten und Betrunkene laut lachen.

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Wir müssen hier morgens jetzt eine halbe Stunde mehr einplanen, da wir im Familienkreis – abzüglich der Herzdame, die macht andere Dinge – erst einmal klären müssen, wer hier wann womit welche Anzuchttöpfchen in welcher Intensität zu bewässern hat. Es ist sehr kompliziert. Aber klar ist jedenfalls – die Söhne haben das alles sehr ordentlich vorbereitet.

Währenddessen geht es im Wetterbericht um Kaltluft aus Sibirien, die sich hier gerne für längere Zeit, bis weit in den März hinein, breitmachen möchte. Hm. Murmele jetzt morgens, wenn ich vor die Tür gehe, erst einmal fortgeschritten verstimmt und gut hörbar: „Diese Luft ist nicht von hier!“ Kann sie ja ruhig merken, dass sie nicht willkommen ist. 

Anzuchttöpfe

 

Anzuchttöpfe

 

Anzuchttöpfe

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Und nun noch sieben Minuten diese Dame hier und Mozart. Ich sehe ihr ausgesprochen gerne bei der Arbeit zu.

 

Bienen, Blüten, Nachbarschaft

Im Garten gab es einen einzelnen voll aufgeblühten Krokus, krachlila leuchtend wie sonstwas hat er sich aus den ansonsten noch blassen Winterbeeten geschoben. Ich stand davor und versuchte, mit dem Handy ein Foto davon zu machen. Das klappte aber nicht gut, es war alles völlig überstrahlt von der Vorfrühlingssonne, die zwar nur mühsam ein paar Grad über Null stemmte, aber immerhin erfreulich hell war. Ein sehr frühes und noch etwas schwach wirkendes Bienchen taumelte durch die Luft, das erste Summen überhaupt in diesem Jahr, ein verheißungsvolles Geräusch. Schließlich landete sie erschöpft und nicht eben geschickt vor mir auf dem Display, mitten auf dem verschossenen Krokusbild. “Bienchen”, sagte ich, denn man soll immer nett zu Bienen sein, “Bienchen, das ist nur ein Bild der Blume, noch dazu ein nicht recht gelungenes. Du musst nach unten und dann da rechts abbiegen, da ist der echte Krokus, und er sieht wirklich gut und nahrhaft aus.” Das Bienchen flog, als wäre das einen vollkommen klare und gut verständliche Botschaft gewesen, umgehend nach unten und dann nach rechts, direkt zum Krokus.

Kennt man Dr. Doolittle eigentlich noch? Den fand ich als Kind immer sehr beeindruckend, von dem habe ich gerne gelesen. Und müsste es eigentlich wieder tun, ich glaube nämlich, die Söhne kennen den gar nicht.

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In der Kirche gewesen, ein Festgottesdienst. Der Pastor geht in den Ruhestand, er wird daher bald kein Nachbar von uns mehr sein. Das ist der Pastor, der uns damals getraut hat, er hat auch beide Söhne getauft und sie bei ihren Einschulungsgottesdiensten gesegnet, da kommt schon etwas zusammen.

Und obwohl ich kein religiöser Mensch bin, fühle ich mich doch seiner Gemeinde nachbarschaftlich verbunden, immerhin ist die Kirche genau vor unseren Fenstern, immerhin kennen wir da alle, immerhin ist es eine Stadtteilkirche im allerbesten Sinne. Weswegen ich auch eine ganz kurze Stelle im Abschiedsgottesdienst sehr mochte. Da wurde gesagt: “Er ist ja nicht aus der Welt, er ist nur ín Barmbek”, denn dort zieht der Herr Pastor jetzt hin. Und man merkte am allgemeinen Gekicher und am kollektiven Kopfschütteln in der Kirche eine Sekunde lang überdeutlich, was die ganze Gemeinde in dem Moment dachte, dass nämlich aus der Welt und Barmbek in Wahrheit vollkommen gleichbedeutend sind, zumindest wenn man es aus der Perspektive des kleinen Bahnhofsviertels betrachtet, und welche Perspektive sollten wir hier sonst haben. Denn das ist hier zwar die Mitte einer Millionenstadt, aber dennoch ist es ein Dorf, und da denkt man eben dörflich.

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Beim Verlassen der Kirche einen Satz in der Unterhaltung zweier Damen im Rentenalter gehört:

“Ich bin zum ersten Mal seit dreißig Jahren allein, das ist schön. Das ist ganz, ganz großartig.”

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Abschließend noch ein Zitat aus dem Tagebuch von Katherine Mansfield aus dem Jahr 1907: “Ich danke dem Himmel, daß ich im Augenblick, obwohl es verdammenswert ist, in niemanden außer in mich selbst verliebt bin.”

Die Herzdame hat eine neue Heckenschere

Ein Text von Maret Buddenbohm, auch bekannt als die Herzdame, die ihre neue Akku-Heckenschere von Bosch eingeweiht hat. Keine bezahlte Werbung, nein, aber mit zwei Affiliate-Links am Ende.

Diese Warterei macht mich ganz wahnsinnig, uns alle. Die Familie scharrt schon mit den Hufen, will Laube und Beete und Wege bauen und es geht einfach nicht weiter.

Erst haben wir Monate darauf gewartet, dass die Stadt den Abriss der alten Laube freigibt. Dann, dass der Stromanschluss erfolgt. Und nun, dass sowohl der Abriss vollzogen wird, wie auch auf den Finanzierungsvertrag für die neue Laube. Als nächstes werden wir auf die gesetzlich vorgeschriebene Rücktrittsfrist bezüglich des Laubenvertrages warten und dann auf die Lieferzeit und den Aufbau. Und zum Schluss darauf, dass endlich etwas wächst.

Allen, denen wir unser Leid klagen, meinen „seid froh, dass Ihr kein Haus gebaut habt, das ist noch viel schlimmer“. Ich weiß, deshalb haben wir auch kein Haus gebaut.

Um nun aber die Wartezeit mit etwas Sinnvollem zu überbrücken, habe ich dann mal meine neue Heckenschere gezückt und mich über den zweiten Teil der Hecke hergemacht, deren Schnitt ich im Herbst mal angefangen hatte. Jetzt wo das Haus weg ist, kann man die halb und etwas seltsam gestutzte Hecke auch nicht mehr leugnen.

https://www.instagram.com/p/BfTE5fQnbde/?taken-by=hildchen77

Die Heckenschere hatte ich mir im Dezember zum Geburtstag gewünscht, was wahrscheinlich eine ziemlich günstige Zeit war, denn ich habe gesehen, dass sie schon wieder ein paar Euro im Preis gestiegen ist.

Da ich von nichts eine Ahnung hatte, habe ich in meinen sozialen Netzwerken mal etwas rumgefragt, Produkttestergebnisse studiert und irgendwie versucht rauszufinden, was ich brauche.

Jetzt so als „Gartenblogger“ (*hüstel*) sehe ich mich in der Pflicht, Euch meine Erkenntnisse mitzuteilen. Also:

Kabel, Akku oder Benzin

Erstmal stellt sich die Frage, wie soll die Heckenschere betrieben werden. Der Vorteil von strombetriebenen Scheren gegenüber benzinbetriebenen Modellen ist, sie sind leichter, leiser und pflegeleichter in der Wartung.

Benzinbetriebene Modelle sind leistungsstärker, was sinnvoll bei großen und langen Hecken sowie sehr dicken Ästen sein kann.

Bei den strombetriebenen Modellen kann man zwischen Akku und Kabel wählen. Das Schöne von Akku-Geräten ist, dass man frei beweglich ist und nicht ständig Angst haben muss, dem Gatten das Gerät in die Hand zu geben, der dann unter Umständen im Eifer das Kabel durchschneidet.

Auf der anderen Seite sind Akku-Modelle teurer und auch ein bisschen schwerer, weil der Akku ja auch etwas wiegt. Ich habe gelesen, dass die Leistung der Geräte nicht so gut sein soll, kann das aber nicht bestätigen.

Ich habe mich für eine Akku-Heckenschere entschieden, weil bei uns lange Zeit die Stromsituation nicht klar war. Außerdem ist unser Garten ziemlich langgestreckt, da möchte ich kein Kabel.

Schnittlänge

Je nach Höhe, Breite und Länge der Hecke sollte die Schnittlänge gewählt werden. Mit einer höheren Schnittlänge ist man schneller durch und kommt besser an große Hecken. Aber Achtung, Ladies, je länger desto schwerer! Wenn man zwei Stunden damit arbeitet, macht sich das durchaus in den Armen bemerkbar.

Ich habe mir mit einer Schwertlänge von 50 cm ein Modell im mittleren Bereich ausgesucht. Da unsere Hecke lange nicht geschnitten worden ist und ziemlich hoch war, hatte ich hiermit zwar ordentlich Mühe, an alle Äste dranzukommen. Für die Zukunft bin ich aber optimistisch, dass 50 cm die richtige Wahl gewesen ist.

Schnittstärke

Je nach Dicke der Äste richtet sich die Schnittstärke, also der Abstand zwischen den einzelnen Messern. Für Buchsbaum zum Beispiel reicht eine kleine Schnittstärke. Mit 20 mm Messerabstand habe ich mir eine Heckenschere im mittleren Bereich ausgewählt. Für den oberen Teil unserer Hecke hat das absolut ausgereicht und da waren auch einige dickere Äste dabei. Würde ich unsere Hecke noch weiter stutzen wollen, bin ich mir allerdings nicht mehr so sicher, ob dieses Modell das weiterhin so mühelos schafft, da die Äste weiter unten schon ziemlich verdickt sind.

Leistung

Wie fast überall gilt natürlich auch hier: Je mehr Power, desto besser, desto teurer. Was soll ich dazu noch sagen? Außer dass mit mehr Power dicke Äste und größere Flächen leichter zu bewältigen sind.

Gewicht

Wie zwischendurch schon mal erwähnt, spielt das Gewicht auch eine Rolle. Das Gewicht hängt unter anderem sehr von der Schnittlänge ab und auch davon, ob das Gerät mit Kabel, Akku oder Benzin betrieben wird. Meine Akku-Heckenschere ist mit 2,6 Kilo schon relativ leicht, viel schwerer darf sie aber auch nicht sein. Ich habe immer noch Muskelkater in den Armen und kann kaum tippen.

Bedienung und Qualität

Hier kommen noch weitere Faktoren zusammen, die eine gute Heckenschere ausmachen.

Wichtig ist zum Beispiel noch die Qualität und Schärfe der Klingen. Bei schlechterer Qualität werden dickere Äste eher „abgerubbelt“ als sauber durchtrennt. Und das Gerät bleibt öfter mal im Gestrüpp hängen. Außerdem sollen die Klingen ja auch viele Einsätze halten, ohne dabei sofort stumpf zu werden.

Die Lautstärke wird oft genannt. Ein Benzinmotor ist natürlich lauter und auch bei billigen Modellen wird in den Tests oft bemängelt, dass sie rappeln.

Bei der Handhabung ist es wichtig, auf einen runden Griff zu achten, damit man das Gerät auch seitlich halten kann, sonst verrenkt man sich schnell die Arme. In einem Test sind die Produkttester immer wieder darauf eingegangen, wie gut austariert das Gerät ist. Keine Ahnung, ob das eine große Rolle spielt.

Es gibt noch endlose weitere tolle Features, die ich allesamt schon wieder vergessen habe, vielleicht waren sie dann auch nicht so wichtig.

Es empfiehlt sich, seine Heckenschere vorher mal in die Hand zu nehmen und zu schauen, wie sich der Umgang damit anfühlt. Leider war die Auswahl in den Baumärkten nicht so groß, was an den Baumärkten oder auch an der falschen Jahreszeit gelegen haben könnte. Deshalb habe ich sie am Ende dann doch online bestellt.

Akkulaufzeit

Ich bin oft nach der Akkulaufzeit gefragt worden. Wie lang sie wirklich ist, kann ich nicht sagen. Der limitierende Faktor waren eher meine Arme, die nach 2,5 Stunden aufgaben. Der Akku hätte noch länger gereicht.

Hersteller

Bei meiner Umfrage nach dem bevorzugten Hersteller wurde mir in den sozialen Medien am häufigsten Bosch genannt. Es gab auch ein paar Nennungen von Black&Decker, Makita, Oregon, Ryobi und Husqvarna.

Von besonders günstigen Geräten wurde sowohl hier wie auch bei sämtlichen Produkttests einheitlich abgeraten.

https://www.instagram.com/p/BfTFI8OnbBw/?taken-by=hildchen77

Fazit

Nach langen Recherchen habe ich mir nun eine Akku-Heckenschere von Bosch im mittleren Bereich schenken lassen, mit der ich bisher sehr zufrieden bin und zwar diese hier.

Eine kostengünstige und umweltfreundliche Alternative wäre dann dieses Gerät, welches Sohn 2 zum achten Geburtstag bekommen hat.