Ein gewisses Überdrehen der Symbolik

Ein weiteres Update zum Thema Klimawandel und Tourismus, inkl. „Coolcation“, ohne neue Vokabeln kommen wir bei keinem Thema aus. Neulich, wo ich schon beim Vokabular bin, habe ich einen Kollegen in irgendeinem Call gehabt, der gerade auf Workation war. Er sprach von einer Insel im Mittelmeer, es war eine Erwähnung nebenbei. Und das Interessante war für mich, dass es nicht weiter interessant war. Dass Workation in dieser Saison also auch schon das neue Normal war. So schnell kann es gehen, und da haben wir sie dann schon wieder, unsere Anpassungsfähigkeit.

Die Fensterfronten im Innenhof des Sprinkenhofbaus

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Ich erwähnte neulich in etwas längerer Ausführung den Herbst und seine dekorativen Phänomene im Blog, prompt wurde in Hamburg eine weitere Woche bester Spätsommer ausgeliefert und nachgeschoben, in feinster Qualität. Ich ging an einem seltsam warmen Abend durch die benachbarte Ausgehmeile mit der schnell wiederbelebten und ausnahmslos voll besetzten Außengastro. Es war ein wenig, als hätte man ein abgelaufenes Stück schnell und spontan noch einmal auf den Spielplan gesetzt und die Kulissen fix wieder auf die Bühne geschoben, noch eben kurz abgestaubt. Ich hörte von Tisch zu Tisch beim Passieren Sätze wie:

„Jetzt ist es wieder Sommer.“

„Doch noch ein Sommerabend.“

„Das muss man jetzt aber genießen!“

„So schnell ist der Sommer nicht vorbei.“

„So kann es gerne immer weitergehen.“

Smalltalk-Elemente sind das, bei denen man sogar dann eloquent anschließen könnte, wenn man in dieser Art der Gesprächsführung eher unterbegabt ist. Nur das Wort Klima dabei besser vermeiden, denn es passt nicht in jedes Gespräch, und man kann auch nicht immer alles mitdenken, nicht einmal als Spielverderber vom Dienst.

Die Steinstraße in einem autoleeren Moment

Auf dem Platz vor der Kirche die Kreuzigungsgruppe im Freien und im letzten Sonnenschein. Die Replik eines Kunstwerks aus dem Mittelalter ist das, die drei Angenagelten aus Bronze oben auf ihren Sockeln, Maria und Johannes trauernd davor. Wenn man aus dem richtigen Winkel hinaufsieht, erkennt man ein gewisses Überdrehen der Symbolik, denn unter der linken und der rechten Achsel Jesu erkennt man emsig webende Kreuzspinnen, die seinen gequälten Körper silbrig umnetzen und offensichtlich gut Bescheid wissen, wo sie hingehören.

„Herbst ist, wenn die Spinnen überall sind“, pflegte mein Vater zu sagen, der diese Tiere ganz und gar nicht leiden konnte, und danach ist es in dieser Woche so weit. Augusttemperaturen hin oder her.

Ich erwähnte andererseits auch die Migräne im Blog und entwickelte kurz darauf heftige Kopfschmerzen, die so eine gewisse Richtung hatten, so einen bestimmten Zug ins dermaßen Abseitige und Übersteigerte, dass ich der Arbeit lieber einen Tag fernblieb und ungewöhnlich lange mitten am Tag die Augen zugemacht habe … es ist manchmal doch lästig mit diesen unweigerlich erscheinenden Interaktionen zwischen Text und Welt.

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Es gab ansonsten einen ersten Elternabend des neuen Schuljahres. Ich wurde als Vertreter der Elternvertreterinnen gewählt, mit einer Zustimmungsrate wie in besonders unverschämten Diktaturen. Man muss bei diesem Amt in aller Regel nichts machen, also tatsächlich überhaupt nichts. Und es wurde allgemein festgestellt, dass ich das in der Vergangenheit, in der ich diese fürs Protokoll doch wichtige Rolle bereits routinemäßig innehatte, gut gemacht hatte, dass mein Nichtstun also angemessen und passend war.

Auch einmal gelobt werden! Man muss immer darauf sehen, wo man es sich zusammensuchen kann.

Blick über das Nikolaifleet

Auf den Bildern im Text oben noch einmal die Fassaden des Sprinkenhofs, dann die Steinstraße in einem zäh abgewarteten autoleeren Moment, unten schließlich der Blick über den Nikolaifleet, von der Großen Johannisstraße aus.

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Das Alltägliche und das Undurchdachte

Die Kaltmamsell besprach hier „Kairos“ von Jenny Erpenbeck, gerne gelesen. Also die Rezension, nicht das Buch. Das könnte ich höchstens vormerken, aber der Stapel neben dem Bett ist bereits bedenklich hoch.

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Ich habe das Buch „Machtübernahme“ von Arne Semsrott gekauft und einem Sohn geschenkt. Man muss der nächsten Generation nach Möglichkeit etwas Sinnvolles mitgeben.

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Der andere Sohn kam mittlerweile von seiner Klassenfahrt zurück, der ganze Jahrgang war zum Segeln in Holland.

„Und, wie war es?“

„Es gab kein WLAN auf dem Schiff.“

Ein Drama in modern kurzer, minimalistischer Fassung. Nur ein Akt, ein Auftritt, ein Satz. Wie viel Aussage steckt in dieser Antwort, wie viel Bitternis auch.

Sonst war es aber super. Wenn sie auch die einzige saukalte, verregnete Woche weit und breit erwischt haben, was sich für alle Beteiligten etwas absurd anfühlte.

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Der Mittelkanal in Hamburg-Hamm

Im Bild zusammenhangslos der Mittelkanal in Hamburg-Hamm, in der Nähe des Gartens. Kein Herbst zu sehen.

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Weitere Stunden und mit großem Interesse Kempowskis „Alles umsonst“ gehört, seinen letzten Roman, vorgelesen von ihm selbst. Wie ein Profisprecher liest er, was nicht selbstverständlich für schreibende Menschen ist, immerhin ist es auch eine Langstrecke. Vielleicht liegt sein Können als Sprecher ein wenig daran, dass er Lehrer war. Ein Berufsleben lang an das möglichst gut verständliche Vortragen gewöhnt, ich kann es mir so vorstellen.

Man hört, wie er Sprache liebt und besonders einige Begriffe. Diese besonderen Bezeichnungen und Wendungen, die zu Ort und Zeit in herausragender Weise passen, die Signalwörter. Geradezu mit Lust werden sie betont. Man hört seine Freude über die richtige Wortwahl und auch über die Wiederholungen. Ich finde das aufschlussreich, wie er die Wörter dabei auflädt. Wobei die Kritik in den Feuilletons ihm diese Liebe zu Phrasen auch gerne vorgeworfen hat, allzu banal kam es einigen vor. Ich bin eher Team Kempowski, aus meiner Sicht macht er das richtig. Er beobachtet genau, erfasst treffend und ja, es konzentriert sich vieles in Phrasen und Begriffen, denn wir alle neigen zur Wortmagie. So ist es für mich auch in der Wirklichkeit und wird daher korrekt abgebildet.

Fast möchte ich seine früheren Romane erneut anlesen, mit dieser Stimme und dieser Betonung im Ohr. Es ist doch zu und zu faszinierend.

Im Roman geht es um die letzten Szenen vor dem Kriegsende 1945, um die Flucht aus Ostpreußen, dargestellt an einem überschaubaren Figurengrüppchen, die meisten überleben die Handlung nicht. Und Kempowski macht, was sonst literarisch nicht oft in dieser Deutlichkeit gemacht wird, er bricht die Entscheidungen zum Guten oder Bösen, die den Nachgeborenen später tragisch, groß und geschichtsentscheidend vorkommen werden, fast bis auf Launen und Stimmungen herunter. Auf das Alltägliche und das Undurchdachte, auch darauf, dass man als handelnde Person eben immer irgendwas macht. Und das fällt dann so oder so aus, auch bei Wind von vorn, um im Kontext und Sprachgebrauch zu bleiben.

Es ist aber selten im theatralischen Sinne konzipiert, durchdacht und geplant, was da von uns Menschen im Wirrwarr des geschichtlichen Ablaufs inszeniert wird. Es scheint sich in den meisten Fällen eher einfach zu ergeben, und nur mit viel Glück ist es im kritischen Rückblick nach Jahren noch in Ordnung. Vermutlich ist es das eher nicht, und darüber schweigt man dann. Was meine Generation bekanntlich so überaus gründlich erlebt hat – was wurde uns alles nicht erzählt.

Wenn es darum geht, Geschichte verständlich und nachvollziehbar zu machen, sie vom Sockel zu holen, scheint mir dies einer der geeigneteren Romane zu sein, und Kempowski hat für mich da etwas mit Fontane gemeinsam. Menschen und ihre Handlungen so zu schildern, dass man die Epochen an diesen Beispielen zu verstehen meint, das haben beide vermocht. Siehe auch etwa bei Heinrich Mann mit seinem Untertan oder bei Joseph Roth mit dem Radetzkymarsch etc., und mit denen kommt man weit durch die deutsche Geschichte, hat alles recht nachvollziehbar vor sich und wundert sich manchmal etwas weniger.

Für die westdeutsche Gegenwart dann vielleicht noch Gerhard Henschel anlegen, den man als Chronisten kaum unterschätzen kann, der reicht dann bis weit in unsere Zeit (der nächste Band der bereits umfangreichen Martin-Schlosser-Reihe, sehe ich gerade, erscheint im November: Frauenroman, da haben wir dann die Neunziger abgebildet).

Bei der ostdeutschen Variante der Geschichte unseres Staates bin ich allerdings nicht kundig.

Und aus der Zeit nach der Wiedervereinigung habe ich wegen der im Laufe der Jahre zunehmenden Gegenwartsaversion nicht genug gelesen, kenne mich also kaum aus. Vielleicht ist es bedauerlich, aber man kann sich auch nicht für alles interessieren.

Ich habe mir passend zum Kempowski-Roman noch etwas Doku-Material zur Flucht aus Ostpreußen angesehen, danach dann aber Albträume wie lange nicht mehr gehabt. Quasi in lehrbuchmäßiger Ausprägung, und wer braucht schon besondere Qualität bei Albträumen. Meine Güte, was kann die Fantasie im Schlaf leisten.

Der Innenhof des Sprinkenhofs im Hamburger Kontorhausviertel

Im Bild der Innenhof des Sprinkenhofs, Stichwort Backsteinexpressionismus, Weltkulturerbe und alles.

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Was wissen wir schon

Gesehen: Diese Doku über Annie Lennox auf arte.

Mein Lieblingssong von ihr bleibt das folgende Cover. Für mich ist es immerhin zweitbeste Cover des Songs, nach der allerdings unschlagbaren Version von Dan Reeder:

Von diesem Video aus kann ich zwanglos und bildgesteuert wie die Generation MTV zu Vaya con Dios assoziieren. Damals auch die Aufnahmen in der Manege, wie gut das passt. Womöglich habe ich, fällt mir gerade auf, eine ausgeprägte Schwäche für starke Frauen mit markanten Stimmen, die im Zirkus singen.

Nicht bei allen Neigungen ist es immer leicht und einladend, ihnen nachzugehen.

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In den Foodblogs sehe ich nun die beginnenden Reihen der endlosen Kürbisrezepte, den ganzen Winter hindurch werden sie uns dort erscheinen. Auf Instagram sehe ich entsprechend die ersten gestylten Kürbisbilder aus den USA, aus England, Schottland und Irland. Jetzt wird dort alles herbstlich voll aufgedreht. Das Indian-Summer-Gold der Bäume und das Hokkaido-Orange im Interieur-Dekobereich, alles in barockem Übermaß und schönstens gestaltet. Wer jetzt keinen Kürbis hat …

Klickt man versehentlich irgendetwas davon an, bedienen einen die Algorithmen noch wochenlang mit Edinburgh im Regen. Mit Halloween-Dekor aller Art und Dark-Academia- oder Cottage-Core-Ambiente in sämtlichen nur denkbaren Ausprägungen der herbstlichen Art: Auf allen Bildern regnet, dunkelt oder nebelt es. Und immer ist es schön, stehen draußen Hirsche oder Rehe im dämmernden Garten, dampft Tee oder Kaffee freundlich in edlen Tassen, funkelt Rotwein im alten Glas, liegt beruhigende Trostschokolade bereit. Immer brennen die Kerzen auf den silbernen Ständern aus dem Familienerbe, liegen die ästhetisch angegilbten Klassiker der Weltliteratur aufgeschlagen herum, und stets pianiert jemand dezent im zugespielten Soundhintergrund etwas aus einer Playlist mit Titeln wie „Klassik zum Einschlafen“, „Cozy autumn“ und dergleichen.

Schaurig ist’s, durch den Herbst zu gehen. Aber eben auch attraktiv.

Es ist aber in Wahrheit noch recht grün, was da bei uns ganz unseptembrig weiterhin an den Bäumen hängt. Und es blüht auch noch hier und da in den Beeten, sommersüße Himbeeren ernen wir weiterhin auf der Parzelle.

Rosafarbene Blüten des Phlox, dazwischen ein grünschwarzes Schneckenhaus

In der Schreberkolonie wird noch kein Laub geharkt, es lohnt sich nicht. Etwas gammelndes Fallobst kann man aufsammeln, und das muss dann erst einmal reichen für die Besinnlichkeit des endenden Sommers.

Die duchbrochen zermodernde Hülle einer Lampionblume, kunstwerkähnlich fein ziseliert

Nur die Eicheln fallen in diesen Tagen passend und üppig im ausgesprochen sonnigen, trockenen Hamburg und zerknacken mir auf den Spaziergängen hell unter den Füßen. Immerhin Septembergeräusche.

Auf dem Spielplatz sitzen am frühen Morgen Eichhörnchen und Eichelhäher fast traut nebeneinander, ich sehe es beim Kaffeekochen aus dem Küchenfenster, es sieht wie eine kurze Dienstbesprechung der beiden aus. Sie stecken förmlich die Köpfe zusammen, wenn auch nur kurz. Vielleicht gibt es bei ihnen Vereinbarungen à la „Du von links, ich von rechts.“ Und dann fangen sie bei der großen Eiche neben der Schaukel an. Da eben alles wegräumen und irgendwo einlagern, bevor wieder die so sehr störenden Kinder kommen und die Arbeit behindern.

Vielleicht stimmt man sich bei diesen Tieren viel höflicher ab, als wir denken.

Was wissen wir schon.

Blick über den Mittelkanal in Hamm, noch sommerliche Anmutung, grüne Bäume am Ufer

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Weil das Leben ist doch hart genug

Neulich erwähnte ich, hier war es, die so früh geschlossenen Geschäfte im Hamburger Bahnhof Dammtor, darunter sogar der Kiosk mit den Presseprodukten. Es war vermutlich gegen 18 Uhr, je nach Betrachtung war es noch nicht einmal Abend. Im Grunde sah ich da eine fast komplett geschlossene Bahnhofshalle, nur die Systemgastronomie war noch geöffnet. Dazu war irgendwas mit dem Deckenlicht nicht in Ordnung, es war teils kaputt oder falsch geschaltet, was weiß ich. Es war jedenfalls deutlich zu dunkel im Bahnhof.

Dunkel und geschlossen, man kann es sich wieder als Bild abspeichern für die länger werdende Reihe „Zeichen des Niedergangs“, deren Symbole man allzu leicht übersieht. Weil sie einem schnell, viel zu schnell selbstverständlich vorkommen. Wegen unserer unfassbar leistungsstarken Anpassungsfähigkeit, die es uns so schwer macht, derartige Veränderungen ausreichend zu würdigen. Dabei sind sie gravierend und geschichtlich relevant.

Man muss zurückdenken, einige Jahre mindestens, vielleicht bis 2019, um sich wieder klarzumachen, was sich hier dreht und wie signifikant dieser Wandel ist. Im Sinne des Assoziationsdominos hier anzulegen ist der Hautbahnhof von München, wie ich ihn bei der Sommerreise beschrieben habe, an und in dem praktisch alles kaputt war, und das nicht nur baustellenbedingt.

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Abends vor dem Einschlafen lese ich gerade ein, zwei Texte von Adelheid Duvanel aus „Fern von hier“, mehr schaffe ich davon nicht. Kurze und intensive Erzähltexte sind das, die wie Gedichte zu lesen sind, meine ich zu verstehen. Man kann nicht alles gleich einsortieren, man kann vielleicht auch nicht alle Bilder deuten, es klingt etwas an oder nicht. Es bleibt manchmal etwas im Abgang, tatsächlich wie bei Gedichten.

Das Buch "Fern von vier", Adelheid Duvanel, btb-Taschenbuchausgabe

Den Uwe Johnson, die Mutmaßungen über Jakob, habe ich allerdings in der Mitte abgebrochen und dann zurück in den öffentlichen Bücherschrank gebracht. Natürlich in den anderen der beiden Schränke um die Ecke, also in den, aus dem ich das Buch nicht habe. Immer für weiteren Umlauf sorgen! Ich glaube, es war nun mein vierter oder fünfter Versuch, dieses Werk bis zum Ende zu lesen. Aber es gibt eben Bücher, in die kommt man immer wieder gut rein, doch nie ganz durch. Mit Wolfgang Koeppen geht es mir ähnlich. Und es macht auch nichts, vielleicht habe ich im nächsten Sommer wieder Lust, noch einmal zu beginnen, die sich jährlich erneuernde Lust der ersten Seiten.

Jeder sportliche Ehrgeiz bei diesem Thema geht mir ab, ich bin längst bei einer tiefenentspannten Lesegrundhaltung angekommen. Weil das Leben ist doch hart genug, wie es bei Extrabreit damals vollkommen zu Recht hieß, und da wussten sie noch gar nichts von unserer Zeit.

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Ansonsten sah ich in den Timelines am Freitagmorgen der letzten Woche die ersten kapitulierenden Heizungsmeldungen. Im Supermarkt lag nun auch bei uns das erste Produkt mit Weihnachtsmannaufdruck und im Discounter wurde das übliche Saisonsonderwarenregal aufgebaut. Zucker, gestern wurde es gemeldet, wird passend wieder billiger, deutlich sogar.

Auf den Wegen in Hamburg mischten sich in den letzten Tagen bei teils überschaubaren sechzehn Grad die Menschen in T-Shirts und kurzen Hosen unter die Menschen in Winterjacken, mit Mützen und Schals. Beide Parteien sahen sich gelegentlich etwas entgeistert an, wenn sie nebeneinander an den Ampeln standen, denn die Temperaturempfindungen fallen beim Menschen krass weit auseinander. Ich hielt mich etwa in der Mitte, für mich war bestes Pulloverwetter.

Alle Pullover habe ich dermaßen lange nicht getragen, es ist ausgesprochen nett, sie nach und nach wiederzusehen. Alte, textile Kameraden. Wenn man sich darüber freut, was man vor Jahren einmal gekauft hat, es ist ein so billiges, einfaches Vergnügen.

In unserem Haus steht noch die Restwärme aus dem August. Heizen müssen wir hier nicht, und das kann noch zwei, drei Wochen dauern. Mit etwas Glück sogar länger, denn der Wetterbericht wirft noch einmal die 25 Grad für die nächsten Tage aus. Es ist mit den Jahreszeiten wie mit den Toten in den Gruselfilmen– manchmal kommen sie wieder.

reife Äpfel, rotgrün, an einem Baum, Regentropfen darauf, aber das Licht ist sonnig

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Im Bild hier unten das Riesenrad auf dem Hamburger Dom. Der längst vorbei ist, ich schiebe noch etliche verschleppte Bilder vor mir her. Demnächst wird schon wieder Winterdom sein, nehme ich an. Ich werde vom Veranstaltungskalender der Stadt überrundet, so sieht es aus.

Das obere rechte Viertel des Riesenrads auf dem Hambuger Dom

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Alice im Migräneland

Gehört: Eine Folge Radiowissen über Stresemann – das Genie des außenpolitischen Ausgleichs.

Ein Steg am Strand von Wackerballig, im Hintergrund der Mastenwald eines ´Segelclubs

Ansonsten habe ich weiter das bereits erwähnte Buch von Herta Müller gehört, Niederungen. Nicht eben einfach auszuhalten, diese Erzählungen, ob all der so gekonnt und auch schön geschilderten Schrecklichkeiten. Aber vermutlich ist es ein Buch über das Landleben, das in dieser Ausprägung sonst ausdrücklich fehlen würde. Etwas leidend gehört also, etwas gequält, aber doch gerne. Literatur und die Liebe zu ihr – manchmal auch eine merkwürdige Angelegenheit.

Ich habe mich außerdem endlich einmal um das Hören von Büchern bei den öffentlichen Büchereien gekümmert. Also die entsprechende App heruntergeladen (Libby), mich dort registriert etc. Zur Usability hätte ich diverse erstaunte Anmerkungen der wenig amüsierten Art, aber egal. In der App habe ich auf den ersten Blick auch weniger gefunden, als ich vorher angenommen hatte, am Ende liegt es an der Usability. Oder an mir. Öffentliche Bibliotheken muss man jedenfalls unterstützen und nutzen, wo es nur geht, da sollen Anfangsschwierigkeiten nicht hochgedreht werden. Im Gegensatz zum Streamingdienst merkt sich die App zuverlässig, wo man zuletzt aufgeört hat, ein lebenserleichternder Umstand.

Ein kleines, blaues Boot liegt kieloben am Strand von Wackerballig, dahinter aufgewühlte See, ein Sturmtag

Ein Hörbuch habe ich prompt auch auf dieser Plattform angefangen, und zwar Kempowskis letzten Roman: „Alles umsonst“ Interessanterweise gelesen von ihm selbst. Ich kenne Kempowskis Bücher nahezu komplett, dieses Werk, sein letztes, fehlt mir noch, er liest es mir jetzt elf Stunden lang vor. Und es passt wieder hinter den gerade gehörten Victor Klemperer, ich bleibe also im Kontext, bzw. eher: Ich entkomme dem im Moment nicht.

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Gesehen: Endlich wieder eine Doku auf arte, und zwar über Fleetwood Mac (verfügbar bis 13.10.). Die Band war so lange so erfolgreich, dass ich mich wundere, was ich alles von ihr kenne, und ich merke vor, auch die mir eher unbekannten Solowerke von Peter Green, Stevie Nicks und Christine McVie einmal anzuspielen. Begleitmusik für die Herbstspaziergänge.

Eine Hagebutte am Strauch, ein Fluginsekt krabbbelt darauf

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Ich habe vor zwei Tagen hier im Text gerade nebenbei Alice im Wunderland erwähnt, und weil ich bekanntlich eine seltsam innige Liaison mit dem Zufall habe, begegnete mir Alice am Abend des Blogeintrags schon wieder. Sie tritt nämlich in Siri Hustvedts „Leben, Denken, Schauen“ auf, das gerade auf dem Nachttisch liegt.

Das Buch "Leben, Denken, Schauen" von Siri Hustvedt

In einem der Essays dort geht es um Migräne. Grüße gehen an dieser Stelle raus an den weiten Freundeskreis dieser interessanten Krankheit, dem ebenfalls anzugehören ich die überaus zweifelhafte Ehre habe. Wobei ich mit etwa einem, höchstens zwei, drei Anfällen pro Jahr zu den Glücklicheren der Betroffenen zähle. Ich hätte vom Erbteil meines Vaters her reelle Chancen auf deutlich Schlimmeres gehabt, auch lange Angst davor gehabt, denn in meiner Jugend hatte ich wesentlich mehr Vorkommnisse der unangenehmen Art. Es hörte dann in meinen Zwanzigern auf, warum auch immer. Nicht hinterfragen, nur genießen.

Aber egal, es ging um Alice, genauer um ihr erstaunliches Größerwerden, Kleinerwerden, das ich in meinem Eintrag erwähnt hatte. Das wird im Essay in Verbindung gebracht mit der heftigen Migräne, an der Lewis Carroll litt. Migräne kann die seltsamsten körperlichen Empfindungen und Täuschungen auslösen, darunter auch überzeugend eingebildete Größenveränderungen von Körperteilen oder auch des ganzen Menschen.

Eine banale und nüchterne, wenn auch vielleicht treffende Erklärung für ein so schönes Stück Literatur. Ich finde das leider vorstellbar.

Die Autorin lässt dann im weiteren Verlauf nur kurz und eher scherzhaft anklingen, welche literarischen Werke vielleicht noch alle medizinisch erklärt oder zumindest unterfüttert werden könnten. Sie macht das, ohne die weiten Felder der Neurodivergenz zu erwähnen, wobei ich allerdings meine, dass der Deutungsspaß da erst richtig beginnt. Ich würde einen großen Teil meiner Lektüreerfahrungen wirklich gerne mit meinem Wissen von heute zu diesem Thema wiederholen. Allein die mir verbleibenden Lebensjahre werden dafür kaum ausreichen können, eine Frage der Statistik.

Ein Regenbogen vor grauem Himmel über der Ostsee vor Steinberghaff

Wie auch immer. Alice im Migräneland, das können Sie künftig gerne mitdenken, wenn es um ihre Abenteuer geht. Oder Sie können, wenn Sie bedauerlicherweise ab und zu ebenfalls Migräne haben, dabei verstärkt auf das weiße Kaninchen achten. Das wird sicher auch gehen und vielleicht sogar interessant sein, wenn nicht heilsam.

Ich hatte mir ansonsten deutlich mehr versprochen von diesem Buch, die Essays ließen mich bisher fast durchweg mit einem etwas ratlosen „Na und?“ zurück. Am Ende liegt es aber wieder nur an mir, an meiner geistigen Schlichtheit oder an meiner Phase, ich will damit also nichts Definitives über das Buch gesagt haben.

Ich sage lieber nur, dass es sich passagenlang erstaunlich blogartig liest. Was ich selbstverständlich als Kompliment meine, denn Sie können sich vermutlich vorstellen, ich mag einen blogartigen Stil.

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Im Text verteilt heute letzte Bilder aus Angeln, haben wir das auch erledigt. In den nächsten Tagen dann wieder Hamburg ansehen, wir haben hier immerhin auch Wasser, Ufer und etwas Herbst.

Wilde Kamille vor Findlingen am Strand von Steinberghaff

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Zusammengefegte Reste

Verbleibende Anmerkungen von der kleinen Reise in den Norden. Ich fege eben die Reste zusammen, um wieder in der Gegenwart anzukommen, denn ich falle zurück.

Eine leere Bank am Strand von Steinberghaff

Im Sinne der großen Chronik stelle ich noch eben fest, dass der Personalmangel mittlerweile als platte Selbstverständlichkeit im Kontext der Öffnungszeiten benannt wird. „Küche nur bis 19 Uhr“ und dergleichen, der bekannte Personalmangel. So steht es dann auch wörtlich auf den Speisekarten oder auf den Schildern mit den Öffnungszeiten an den Eingängen. So wird es längst gedruckt und nicht mehr nur handschriftlich sondergemeldet, Textbausteine der Gegenwart. Es ist keine außergewöhnliche Situation mehr, es ist die Normalität, das gehört jetzt so.

Die Service-Zeiträume und -Möglichkeiten schnurren um uns herum zusammen in diesen postpandemischen Jahren der Boomer-Dämmerung, in den Großstädten und auch in den Touristenregionen. Ruhezeiten und Ruhetage, Mittagspausen und dergleichen, späteres Öffnen, früheres Schließen. Gestern gegen 18 Uhr am Dammtorbahnhof in Hamburg, es war dort alles zu, der Kiosk, der Blumenladen, die Imbisse.

Da sind sie also wieder, die Beschränkungen, und es ist ein wenig wie in meiner Kindheit, als alle kleinen Läden noch Pausen gemacht haben, machen mussten. Ein merkwürdiges zweites Mal im Leben, nachdem wir uns im Jahrzehnt vor Corona zumindest in den Millionenstädten so entschlossen vom Schließen entfernt hatten. Als alles immer länger geöffnet wurde, als wir es so gerne etwas mehr wie in New York etc. gehabt hätten. Als alles immer offen sein sollte und nie schlafen durfte.

Auch hier folgt umgehend eine Selbstbezichtigung, denn ich weiß noch, dass die Herzdame und ich bei unserer ersten Südtirolreise über die katholisch-ländlichen Öffnungszeiten dort unten in den Bergen gelästert haben. Dauernd war dort alles zu. Wir waren aus dem mondänen Hamburg anderes gewohnt, so holt einen das wieder ein. Am Ende ist es nur fair, ist alles wieder ausgleichende Gerechtigkeit. Lächelnde Göttinnen an der Waage, ein Stups mit dem Finger und die Geschichte wendet sich.

Ein ugestürzter Baum liegt auf dem Strand von Steinberghaff

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Und Helmbert und Helmtraut, es gibt sie wirklich. Sie kennen die beiden vielleicht von Tiktok oder Insta, Youtube etc., diese dort beliebten Karikaturfiguren älterer Deutscher auf dem Fahrrad oder eher auf dem E-Bike. In Angeln kommen sie in einer Form vor, die von einem Sketch praktisch nicht mehr zu unterscheiden ist.

Etwa die Version „Hotelankunft“: Ein Auto fährt vor dem Hotel vor, ein älteres Paar, Rentenalter, steigt aus. Sie regelt an der Rezeption die Ankunft und die Formalitäten, er montiert, stetig leise fluchend, die beiden Bikes von der Fahrradhalterung am Kofferraum. Klingt bis dahin nicht witzig, wird nur witzig durch die stete Wiederholung. Es ist bei allen Paaren gleich, noch einmal und noch einmal, als dürfe es nicht anders sein.

Kurz darauf dann der erste Aufbruch der beiden zur gemeinsamen Radtour über Land, wobei Mann und Frau in kompletter Outdoorgewandung mit viel Zubehör vor dem Hotel erscheinen. Wenn Wolken zu sehen sind, treten sie auch mit kompletter Regenschutzausrüstung auf. Und das ist alles so durchdacht, so vielschichtig und detailreich, dass es, wenn es ein Playmobilset wäre, wahnsinnig viele Einzelteile gäbe. Was man da alles zusammenstecken könnte, die Polizeiausrüstung ist nichts dagegen. Und es wirkt in den meisten Fällen alles noch recht neu und, das gehört auch dazu, es wird nicht eben billig gewesen sein.

Immer sind sie beide im nahezu vollständigen Partnerlook, wie auch ihre Räder zwingend aus gleicher Produktion sind, und immer, immer fährt er vor.

Es macht einen als Beobachter etwas unruhig, man möchte eine Abwechslung. Alles wirkt so erzwungen und vorherbeschrieben. Aber es wird keine Variante geben, sie machen alle alles gleich. Sie sehen auch alle gleich aus und Helmbert und Helmtraut, die selbstverständlich auch nur Versionen von uns sind, fahren über die Landstraßen und begegnen auf allen Wegen ihren Kopien, vermutlich hundertfach.

Es gibt keinen Grund, darüber zu spotten, ich schreibe es nur so mit. Es verwirrt etwas durch das Unweigerliche – wie gleich und ungemein berechenbar wir alle sind. Oder aber in Kürze werden. Warte, warte nur ein Weilchen, dann kommt E-Bike auch zu Dir. Mit Zubehör, mit viel Zubehör.

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Wie waren auf dem Hof Norderlück in Steinberghaff. Keine bezahlte Werbung, nein. Es hat uns gefallen dort, das kann man gut machen. Ringsum ist recht wenig, ist also viel ansprechende Gegend, sind zu dieser Jahreszeit auch angenehm leere Strände. Das war uns alles recht so und wie erhofft, das kann ich empfehlen.

Ein paar Meter vom Hotel entfernt gibt es ein Restaurant mit Meerblick, und was wir dort aßen, es war erfreulich fein. Für die Auszeit zwischendurch ist das da oben also eine gute Wahl und eine Wiederholung kommt für mich sicher in Betracht.

Der Strand bei Steinberghaff

Diesen Kurz-Tripp haben uns freundlicherweise erneut die Leserinnen und Leser mit den Trinkgeldern finanziert, wofür wir wiederum herzlich danken! Es macht die Ausflüge noch ein wenig schöner für mich, dass ich sie mir erschreibe.

Um in Bewegung zu bleiben, gleich einmal etwas für das nächste Wochenende einplanen. Wenigstens für einen Tag. Es gibt Ziele auch im Hamburger Umland, und mir scheint, ich könnte da öfter mal hin.

Menschenleerer Strand bei Steinberghaff, ein umgestürzter Baum im Bildschirmhintergrund, der über den Strand hängt

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Ich werde älter, ich werde jünger

Ein Tipp für Instagram in Verbindung mit Hamburg: Ulrike Schimming besucht nach und nach alle (über hundert) Hamburger Stadtteile und dokumentiert ihre Touren jeweils mit kurzem Text und einigen Fotos. Hier etwa beispielhaft und zuletzt besucht Altengamme. Kann man was lernen, kann man was gucken, kann man sich Ausflugsziele vornehmen. In etwa 20 der Stadtteile war ich noch nie. Ich stelle es gerade beim Sichten der Liste fest, darunter auch der Klassiker fürs Nichtdagewesensein, die Insel Neuwerk. Die ist allerdings auch mehr als einen Nachmittagsspaziergang entfernt.

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Weiter mit dem Bericht aus Angeln. Es gibt erwartbare Standarddialoge bei Paaren, die gemeinsam durch die Jahre heranreifen. Etwa die morgendlichen Gespräche über Nächte in Hotels oder Ferienwohnungen, wenn man sich zu früher Stunde stöhnend darüber austauscht, wie man in den ungewohnten Betten geschlafen hat. Das knurrende Abwinken, die hochgezogenen Brauen, der Griff zu den Lendenwirbeln oder wo immer es morgens schmerzt.

Die leere Außenterrasse eines Restaurants am Strand von Steinberghaff

Und dann erwähnt der eine oder die andere, dass der Schlaf schlecht war. Weil die Matratze zu weich oder zu hart, zu durchgelegen oder sonst etwas war, weil das Bett gequietscht hat oder das geöffnete Fenster zu nah dran am Bett oder aber zu weit weg davon war. Oder weil es ein nicht zu erkennendes Geräusch in der Nacht gab oder eine Eule im Wald rief und der Stier auf der nahen Weide herumbrüllte. Weil dann auch noch der verdammte Hahn morgens um fünf krähte und ein Lieferwagen kam, was einem alles einfallen kann. Jedenfalls aber: Nein, leider nicht so gut geschlafen.

Die schlichte Wahrheit ist allerdings, dass man sich die Aufzählung der Argumente und Umstände auch sparen könnte. Die Wahrheit ist, dass man schlecht schläft, weil das Bett ein anderes Bett ist. Man schläft schlecht, weil man die Zeiten längst hinter sich gelassen hat, in denen man bei Eintritt von Müdigkeit überall selig schlafen konnte, Hauptsache man war irgendwie horizontal ausgerichtet. Das können die Söhne, das können wir nicht mehr.

Der Strand von Steinberghaff im Morgenlicht

Die Rückkehr nach Hause wird einem nach jedem Urlaub immer mehr schon durch die bloße Aussicht auf das eigene Bett versüßt. Ein vorausgreifendes Wohlgefühl spürt man beim Gedanken an die richtigen Kissen und die einzig zum abendlichen Lesen passende Nachttischbeleuchtung, mit der man nicht kämpfen muss. Was man wieder als eindeutigen Vorteil sehen kann, denn Zufriedenheit im Alltag wird bei manchen Aspekten mit jedem Jahr leichter erreichbar. Es ist nicht alles schlecht am Altern, ein paar Stücke vom Glück liegen deutlich näher um einen herum als in der Jugend.

Ein still liegender Katamaran auf der Ostsee vor Steinberghaff

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Ich bin ansonsten aber in den Cafés in Angeln, beim Hotelfrühstück und auch am Strand über weite Strecken das, was ich sonst nur noch ziemlich selten bin: Ich bin mit Abstand der jüngste Mann weit und breit. Alle um mich herum sind mir zehn, zwanzig Jahre und mehr voraus. Sie sind deutlich eine andere Boomer-Charge als ich oder etwas, das noch deutlich davor war. Die Silent Generation ist dann wohl der Fachbegriff, das musste ich kurz nachsehen. Oder dreht man es um, Generation Silent? Es scheint beides vorzukommen. Wie auch immer, Geburtsjahr 1928 bis 1945 jedenfalls, meine, vermutlich in vielen Fällen unsere Eltern.

Verblühende Kletterrosen in Rosa

In Hamburg muss ich erst ins Ohnsorg-Theater gehen, um eine derartige Jungbrunnerfahrung zu machen. Hier oben im ländlichen Norden fällt sie mir überall zu. Und das ist auch einmal nett, fast möchte ich ein wenig hüpfen beim Gehen. Es ist eine spürbar belebende Erfahrung, der Jüngste zu sein, vielleicht geht es noch Neunzigjährigen unter Hundertjährigen so.

Mir ist ein wenig zumute wie Alice im Wunderland. Die wurde in schneller Folge größer oder kleiner, der Buddenbohm im Angelland wird binnen Stunden älter oder jünger. Je nach gerade beachtetem Umstand.

Am Ende ist es bei der komplexen Frage, wie alt man sich fühlt, so wie bei der Bruchrechnung, man kann einige Gefühle einfach herauskürzen. Und das, was nach dieser Operation noch übrigbleibt, das ist man selbst als kleinster gemeinsamer Nenner seiner variablen Zustände.

Das vielleicht mal ermitteln.

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Über der Schlei der Vogelzug

Über der Schlei der Vogelzug, die fortziehenden Flattermigranten. Die hauen jetzt alle ab, bevor die Grenzen wieder geschlossen werden. So wirkt der wirre Wahnsinn der Tagespolitik selbst dann noch auf die Gedanken, wenn man sich in den letzten Winkel des Landes zurückzieht und kaum noch Nachrichten liest. Man entkommt dem nicht ganz, man hat es immer weiter alles im Sinn, zumindest am Rande.

Unwirklich schöne Bilder sehen wir jedenfalls in Angeln. Strebsam ziehende Gänse und andere Vögel über den sturmgetriebenen Wassern am Tag der Anreise, dekorativ komponiert wie auf Fototapeten und Postern. Dabei ist es umgekehrt, und die Tapeten, Poster und Postkarten richten sich nach eben solchen Bildern hier draußen, etliche Vorlagen könnte ich heute aufnehmen.

Das Nach- oder Nebensaisonale steht der Gegend hier ausgesprochen gut. Die weite, sanft hügelige Leere in Angeln, die schon etwas hinfällige, septembrige Müdigkeit im Grün der Wäldchen und Hecken. Die am Wegesrand schwarz und krumpelig werdenden Brombeeren, die wegknickenden Stockrosen an den Gartenzäunen, die Blüten im Wegsinken noch weit offen. Überhaupt die Stauden aller Art mit den letzten Blüten, etliche aber auch schon schmucklos, starr und in Tarnfarben. Darüber das Bojenrot der Hagebutten und der üppig angerichteten Vogelbeeren. Die Reste vom Fest des großen Sommers.

Schwalben fliegen noch kleinteilig kurvend darüber hin. Aber es wird nur noch um wenige verbleibende Tage gehen, es sind ihre Abschlussrunden, dann ziehen auch sie.

Etwas in dieser Stimmung, etwas im graublauen Licht des aufklarenden nächsten Morgens und in der Ausstrahlung der alten Dörfer und der Reetdachhäuser passt seltsam gut zum zwischendurch gelesenen Uwe Johnson. Obwohl der nicht reich an Naturbeschreibungen ist, aber einige Zeilen zwischendurch treffen für mich doch etwas. Wie auch das eingestreute Plattdeutsch, selbst wenn seine Version von einem anderen Ostseestrand kommt, aus einer östlicheren Richtung.

Das aufgeschlagene Buch "Mutmaßungen über Jakob" auf dem Hotelfrühstückstisch

Es fühlt sich passend an. Und es ist nur schade, dass ich nicht mehr Zeit habe, dem etwas nachzuspüren. Dieses vage Gefühl, ich käme, wenn ich nur etwas länger unter dem großen Birnbaum stünde, unter dessen Ästen es längst fruchtig gärt und herbstlich modert, noch auf etwas.  Auf etwas Wichtiges, Vergessenes oder zumindest auf bisher Unerkanntes. Auf irgendeinen Zusammenhang, der, wer weiß, in diesem Leben noch herzustellen ist. Aber zu greifen ist es doch nicht. Vielleicht noch nicht, und da fängt es auch wieder an zu regnen, ich gehe weiter und ins Trockene. Unklar, dies alles, was auch immer da innerlich wölkt und wabert. Urlaube bringen die Alltagsgedanken durcheinander und stellen vor neue, andere Rätsel.

Vollkommen klar ist dagegen der Blick über die Ostsee beim ersten Strandspaziergang nach dem Frühstück im Hotel. Detailreich die ruhig liegenden Segelboote, gestochen scharf die Möwen im freien Flug nach Dänemark. Eine Luft, eine Fernsicht, als hätte man die Schärfe in der Foto-App ein wenig höher als sonst geregelt.

Ruhende Segelboote auf der morgendlichen Ostsee

Langsam und allein am Strand entlanggehen, über braunen Tang und herbstfarbenen Sand. Dabei ein Gefühl aus der Vergangenheit in den Beinen, ein fernvertrautes Gehen. Längst und vollkommen zu Recht verblasste Erinnerungen fallen mir ein, aber auch wie beruhigend das immer war, Strecke zu machen am Meer entlang. Dieses besondere Küstenlicht des Vormittags, diese umarmende Ruhe abseits der touristisch interessanten Zeiten. Als Erwachsener weiß ich die Abwesenheit von Trubel und Unruhe eher zu würdigen als damals, wie es zu erwarten war.

Ein Gestänge mit aufgehängten, leeren Schaukelbänken auf einem Steg an der Ostsee

Eine tief schweigende Szenerie um mich herum. Nur mit dem leisen Schwappen der kleinen Wellen darin. Die heute in der Windstille am Tag nach dem Sturm niemanden mehr belästigen wollen, die nur äußerst unverbindlich an diesen Strand rollen und in aller Zurückhaltung flüsternd auf den Kieseln vergehen.

Wie die eigenen Gedanken, die nicht weit genug kommen.

Ein leerer Steg an der Ostsee, Steinberghaff

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Mit Hui durchs Gekachelte

Andere schaffen es noch, über alles nachzudenken, ohne vor Widerwillen zwischendurch abzubrechen, Respekt: Giardino über hierarchische Weltbilder

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Auf dem Weg zum Hotel an der Ostsee halten wir in Arnis, bzw. vor Arnis. In diese winzige Stadt kann man nicht fahren, sie ist zu überschaubar für die Autos der Gäste. Eine Handvoll SUVs und dort würde schon nichts mehr gehen oder fahren. Die kleinste Stadt Deutschlands, ich wollte sie doch einmal gesehen haben, seit Jahren schon, nachdem ich oft davon gelesen hatte. Die größte Stadt, die kleinste Stadt, ein paar Superlative doch einsammeln im Laufe des Lebens. Die nördlichste Stadt fehlt mir auch noch, merke ich gerade, das ist Glücksburg, das habe ich merkwürdigerweise immer verpasst. Die südlichste Stadt fehlt eh, das ist Sonthofen, von westlich und östlich zu schweigen.

Ruhig ist es da, in Arnis, sehr ruhig. Es ist ausgesprochen sonntäglich in der Ausstrahlung, wenn nicht feiertäglich und außerdem nachsaisonal, an einem Dienstag Anfang September. Eine etwas unwirkliche, kulissenhafte Stimmung herrscht dort, wenn man sonst die Mitte der Großstadt gewohnt ist, das stete Tosen, Brausen und Wimmeln. Ein schöner Spaziergang führt um die Stadt herum, am heute unruhigen Wasser der Schlei entlang. Durch heftigen, rempelnden Wind gehen wir, bzw. gegen diesen Wind an, und uns wird dabei tatsächlich und ernsthaft herbstkalt. Da ist es also, dieses so gründlich vergessene Gefühl. Uns wird dann schnell bewusst, was wir alles doch nicht eingepackt haben, etwa Mützen und Schals.

Die Schlei an der Werft auf Arnis, unruhiges Wasser, bedeckter Himmel, graue Stimmung

Ein rabiater, heftiger Wechsel ist das, von den fast dreißig Grad am Sonntag in Hamburg zu diesen sechzehn Grad am Dienstag an der Küste. Ein Herbsteintritt wie mit dem Vorschlaghammer in unseren Kalender geprügelt.

Eine verlassene Rutsche für Kinder am Strand von Arnis, ziemlich verloren aussehend

In der Nähe von Arnis gehen wir in ein Café mit traditionell unfreundlicher Bedienung, das korrekte Wort ist wohl pampig. Für mich sind es Kindheitserinnerungen, so ist man im Service an der Ostsee gerne einmal. Zumindest an der in Schleswig-Holstein, für die ich es aus reicher Erfahrung beurteilen kann. Irgendeine Art von ruppigem Charme kann ich dabei nicht ausmachen, ich finde diese Art eher anstrengend. Aber es wirkt natürlich und echt, könnte man anfügen, fast entschuldigend. Aber nur fast.

Und weil die schärfsten Kritiker der Elche bekanntlich früher selbst welche waren, beeile ich mich, eine an dieser Stelle unvermeidliche Selbstbezichtigung hinzuzufügen. Denn auch ich komme von der Ostsee, wie sattsam anderweitig beschrieben, und kann daher keineswegs ausschließen, selbst so zu sein. Im Gegenteil, es ist wahrscheinlich so. Lieber also nicht in Cafés oder überhaupt im Tourismus arbeiten, das vielleicht daraus ableiten.

Eine Standardsituation in deutschen Cafés wird jedenfalls für uns aufgeführt: Es gibt Kuchen in einer Vitrine. Es ist für die Gäste nicht genau zu erkennen, was für Sorten wohl auf den Tellern stehen und es sind auch keine hilfreichen Schildchen dabei. Also fragt man das Personal – und das Personal rollt schwer genervt die Augen, also wirklich, diese Gäste, was für sensationell blöde Fragen die heute wieder stellen. Sollen sie doch irgendwas bestellen, Kuchen ist Kuchen. Meine Güte, was ist mit den Leuten.

Kurz zwischendurch die ferne Erinnerung an eine Bedienung im mecklenburgischen Zarrentin, die vor vielen, vielen Jahren, als wir in einem Café dort fragten, welchen Kuchen es gebe, die vermutlich in diesem Zusammenhang treffendste Antwort gab, schnippisch wie nur denkbar: „Das sehen Sie ja dann.“ Drehte ab und brachte zwei Teller. Es gab nur eine Sorte Kuchen, und ja, wir sahen es dann.

Die junge Frau, die bei uns am Tisch heute die Augen tatsächlich so rollt, dass es wie in einem alten amerikanischen Cartoon aussieht, fragt irgendwann ihren gutmütigen und ob ihrer Art sichtlich etwas verzweifelten Chef zischend hinter dem Tresen, wir hören es nur zufällig: „Was soll ich denn noch alles machen!?“ Und in dieser Frage erkennt man die Haltung gut beschrieben, denke ich mir, erkennt man auch die Erklärung. Der Alltag als bloße Zumutung, und es ist nun nicht so, dass ich oder wir es gar nicht nachvollziehen könnten.

Auf der Toilette des Cafés dann aber etwas ausgesprochen versöhnend norddeutsch Nettes, ein maritimes Pinkeln gewissermaßen. Denn in den Räumen sind zwei gegenüberliegende Fenster weit geöffnet und es zieht dort nicht etwa nur, nein, es stürmt einfach quer durch. Draußen tobt der Wind mit Stärke sieben oder acht, wenn nicht mehr, und mit ordentlich Hui pfeift es ungebremst um mich herum durchs Gekachelte, dass es mir den Seifenschaum am Waschbecken flockig von den Händen treibt und im Raum verweht. Ich mag das sehr, es fühlt sich ausgesprochen heimatlich an.

Gellende Möwenschreie in den durchjagenden Böen, während man die Kleidung vor dem Heraustreten wieder richtet, ach ja. Es ist ein mir so vertrautes Szenario, und die frühherbstlichen Strandtage meines früheren Lebens ziehen kurz an mir vorbei.

Wir fahren dann weiter zum Hotel, von dem ich hoffe, es gut ausgesucht zu haben. Die Optik stimmt schon einmal.

Ein Fachwerkhaus unter alten Bäumen

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Kühle, Wind und Wetter

Ein Sohn ist also auf Klassenfahrt, wie gestern angerissen, das ist eine gute Gelegenheit für Eltern, sich einfach davonzumachen, den Pflichten des durchgetakteten Familien- und Berufsalltags zwischendurch zu entkommen. Das gilt sogar noch für Teenager-Eltern, haben wir uns gedacht, und es ist auch ein alter Brauch bei uns. Die Herzdame und ich haben also drei Tage Urlaub eingeplant, mittendrin im Alltag und außerhalb der Saison. Wir verdrücken uns für einige Tage an die Ostsee.

Wenn Sie sich die Landkarte von Deutschland bitte eben vorstellen, da oben, wo man Dänemark schon sehen und hören kann, wo man gerade Grenzen unbegreiflicherweise wieder dicht machen will, wo einem nicht mehr viele Städte einfallen und man den genauen Küstenverlauf vermutlich nicht mal eben aus dem Gedächtnis nachzeichnen könnte, denn es gibt da so Schlenker, dort fahren wir hin. Denn da kennen wir beide eher wenig, in der Gegend da, in Angeln, an der Schlei, zwischen Kappeln und Flensburg. So in etwa. Wenn Sie öfter in Blogs lesen, kennen Sie da einiges sicher von der Frischen Brise, sie ist da öfter und macht sehr schicke Fotos.

Der Wetterbericht wirft Kühle, Wind und Wetter aller Art für die nächsten Tage aus, etliches davon, viel Regen wird auch dabei sein. Mir ist das alles recht und angenehm, ich finde das erholsam nach den letzten Wochen mit der deutlichen Überdosis Sommer. Wind und Regen am Meer klingen für mich im Moment eher nach Rettung, keinesfalls aber nach Herausforderung.

Schwierig, ungewöhnlich schwierig ist für mich nur das Packen, und der Herzdame geht es ähnlich. Denn nach wie vor fehlt uns jede Vorstellung vom Frieren, vom Frösteln, von kalten Füßen, von textilkuscheliger Gemütlichkeit etc. Als habe unser Körpergedächtnis alle Herbste und Winter der letzten Jahre gelöscht. Wie war das denn bloß noch? Ich habe tatsächlich etwas Mühe, mir die richtige Herbstgarderobe vorzustellen. Monatelang habe ich keinen Pullover mehr angehabt, dermaßen gründlich raus war ich aus warmer Kleidung selten im Leben.

Aber egal, wir fahren mit dem Auto, da oben fahren eh keine Züge hin, wo wir hinwollen. Einfach alles in den Kofferraum hineinwerfen, was irgend in Betracht kommt. Das gilt dann auch für die Lektüre, einfach den Bestand auf einem Regalbrett komplett mitnehmen.

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Nicole Seiferts Buch habe ich nun durchgelesen. Ich bin sehr zufrieden damit, eine dicke Empfehlung ist das, Sie wollen das auch lesen. Und bestimmt ist es auch gut für Literaturinteressierte zu Weihnachten. Jetzt an Schenken denken!

In meiner Antiquariatszeit, die mittlerweile etwa hundertfünfzig Jahre her sein muss, haben wir früh im Herbst ein altes Poster ins Schaufenster gehängt. Ein gemalter Weihnachtsmann mit streng erhobenem Zeigefinger und eben diesem Satz war darauf, jetzt ans Schenken denken. Rituale aus der Vergangenheit.

Aus dem Laden heraus haben wir dann beobachtet, wie die Leute stehenblieben, die Zeile lasen und lachten. Und weitergingen.

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Die bisher verfügbaren Klemperer-Folgen hatte ich gerade sämtlich durchgehört, da wurden schon frische Folgen nachgelegt, es war just in time und wie bestellt von mir. In den neuen Episoden geht es um seinen letzten Lebensabschnitt in der DDR.

Ungemein bedrückend sind die gehörten Auszüge quer durch die Systeme, Zeiten und Staaten, wirklich schrecklich. Aber angemessen und richtig ist es doch, sich das alles noch einmal bewusst zu machen. So ist sie eben, unsere Geschichte, die unseres Landes und auch die unserer Familien. Kurz dann auch über die Bezüge meiner Sippe zur Geschichte nachgedacht. Aber nur einen Moment, man ist sonst schlagartig in Familienromandimensionen. Wer kennt es nicht, und wer hat schon die Zeit für so etwas.

Zumindest für mein Gefühl war das Hörerlebnis jedenfalls passend zur aktuellen Entwicklung. Und im öffentlichen Bücherschrank sehe ich auf meiner Morgenrunde eine alte Fischer-Taschenbuch-Ausgabe der Mutmaßungen über Jakob vom Johnson, gut abgegriffen und mit emsigen Kugelschreiberanmerkungen der altklugen Art. Das Buch passt hervorragend hinter Klemperers letzte Jahre, ich werde also an der Ostsee, auch das passt, noch einmal hineinsehen. „Aber Jakob ist immer quer über die Gleise gegangen“, es ist immer noch mein Lieblingsanfangssatz, nennenswert besser als „Ilsebill salzte nach.“

Ich lese das nach, das mit dem schönsten ersten Satz und dem Wettbewerb damals. Auf Platz zwei nach Grass war Kafka mit Gregor Samsa, das können wir alle auswendig, auf Platz drei war Siegfried Lenz: „Hamilkar Schaß, mein Großvater, ein Herrchen von, sagen wir mal, einundsiebzig Jahren, hatte sich gerade das Lesen beigebracht, als die Sache losging.“

Das ist aus der Geschichtensammlung „So zärtlich war Suleyken“, und jetzt raten Sie mal, was gleich neben dem Johnson im öffentlichen Bücherschrank stand.

„Hex, hex“, sagte der Autor kichernd.

Blick über Barkasssen am Anleger an den Landungsbrücken

 

Blick on oben aus einem Fenster heraus auf eine Fußgängerbrücke über den Alsterfleet, Höhe Buceriurs-Forum

Blick über Boote der weißen Flotte am Anleger Jungfernstieg

Ich muss in den nächsten Tagen dringend all die Sommerbilder verbraten, bevor sie saisonal vollkommen falsch aussehen.

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Sie können hier Geld in die virtuelle Version des Hutes werfen, herzlichen Dank! Sollten Sie den konventionellen Weg bevorzugen und lieber klassisch etwas überweisen wollen, das geht auch. Die Daten dazu finden Sie hier. Wer mehr für Dinge ist, es gibt auch einen Wunschzettel.