Die Fülle, die Leere

Auch der Montag beginnt piwarm, dazu regnet es immer weiter, après nous, le déluge, und es scheint schon loszugehen. Gut, wenn man für die Zeit am Abend genug Bücher, Hörbücher und auch leere Notizbücher vorrätig hat. Der Füller von Faber-Castell übrigens, das ist immer noch keine bezahlte Werbung, der hier neulich als Geschenk ankam, er ist überraschend gut, wirklich sehr gut. Ein überaus angenehmes Schreibgefühl.

Und, versteht sich, vielen Dank auch immer wieder für die Summen via Paypal etc., ich schaffe es leider nicht, die teils mitgeschickten und oft überaus freundlichen Nachrichten einzeln zu beantworten, aber ich freue mich.

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Neulich habe ich, obwohl ich doch einiges gewohnt bin, meinen Rekord an Bahnhofsfülle erlebt, der auch kaum noch zu steigern sein wird, weil es dabei nun einmal physikalische Grenzen gibt. Da war der ganze Südsteg (das ist, wenn Sie den Bahnhof vielleicht flüchtig kennen, nicht die Seite mit der großen Wandelhalle, sondern die andere) eine kompakte Masse Mensch, eine Masse von so viel Menschen, Tausenden gewiss, dass sie sich nicht mehr bewegte, dass sie für einen Moment wie ein Gesamtblock stand und stockte und man kaum noch mehr als einen Schritt machen konnte. An dem einen Ausgang dieser Passage war eine größere Polizeiaktion, an dem anderen Gott weiß was, vielleicht nur die querstehende Schlange vor dem Dönerladen im Tunnel zur Innenstadt, es ging jedenfalls nichts mehr, ein veritabler Fußgängerstau.

Für Menschen, die zu Panikreaktionen in Mengen neigen, wäre das ein überaus passender Moment für eine erinnerungswürdige Attacke gewesen, aber auch ohne solche Neigungen schien es dringend ratsam, sich vorsichtig nach Fluchtmöglichkeiten umzusehen, etwa über die Treppen runter zu den Gleisen. Es fühlte sich deutlich falsch an, dort zu sein, und da musste man nicht einmal an die allfälligen Infektionsrisiken denken und Masken zählen, wozu man aber ohnehin nur die Finger eine Hand gebraucht hätte.

Ich bin, fällt mir gerade auf, durch meine Bahnhofsspaziergänge mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit derjenige unter uns, der regelmäßig die größte Anzahl von Menschen pro Tag sieht. Dabei kontaktscheu wie ein alter Dachs, es ist schon auch eine seltsame Fügung.

Kurz darauf dann abends ein überraschend leerer Bahnhof. Es kam mir vor wie in einer Zeitmaschine, ruckartig einige Jahre zurück in die erste Hochphase der Pandemie geschaltet, Sie erinnern sich vielleicht, als die ganze Stadt auf einmal nicht mehr draußen stattfand, und ich stand einen Moment staunend – bis mir einfiel, dass es selbstverständlich am Bahnstreik lag. Man rechnete an diesem Abend kaum mit fahrenden Zügen, leere Gleise sah ich, leere Treppen und Tunnel, leere Wege. Also verhältnismäßig leer zumindest, für Hamburger Hauptbahnhofsverhältnisse. Für kleinstadt- oder dorfgewohnte Augen wäre dort immer noch Betrieb gewesen.

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Im Tagesbild der Kirchturm, der hier bereits in unzähligen Texten vorkam, mein geschätzter Nachbar. Im Moment mit leuchtendem Stern daran, wie in jedem Winter, und mit höchst attraktiven Schneerestdekostreifen. Das Bild ist schon ein paar Tage alt, merkt man daran.

Der Turm der Dreieinigkeitskirche in St. Georg bei Nacht

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Sie können hier Geld in den allerdings nur virtuell vorhandenen Hut werfen, herzlichen Dank! Sollten Sie den konventionellen Weg bevorzugen und lieber klassisch etwas überweisen wollen, das geht auch, die Daten dazu finden Sie hier. Wer mehr für Dinge ist, es gibt auch einen Wunschzettel.

In Eintracht mit der Amsel

Es regnete den ganzen Sonntag über, feiner, lästiger Stadtregen. Und warm ist es dabei, acht Grad, schon wieder zu viel für die Winterjacken, an die wir uns doch gerade erst gewöhnt haben. Ein unerfreuliches Wetter ist es, ich gehe zehntausend Schritte durch Pfützen, Matsch, über modernde, rutschige Herbstlaubreste und an nassem Müll vorbei. Es ist alles nicht sehr attraktiv heute und die Schmutzspritzer reichen nach einer halben Stunde Marsch bis über die Knie, die Menschen tragen Sprenkel. An den Wegrändern und unter den Brücken die aufgeweichten Lager der Obdachlosen, in der Fußgängerzone die verlaufende Schrift auf den Pappschildern der Bettelnden.

In der Deutschstunde schildert Lenz gerade den letzten Einsatz des Volkssturms, und während mein Hörbuch durch dieses Kapitel läuft, gehe ich an der zerschossenen Gedächtniskirche St. Nikolai vorbei, es ist fürchterlich passend.

Ich gehe dann tatsächlich, wie gestern erwähnt, runter zum Hafen, um wenigstens Bewegung zu haben, und auch um Bilder für die nächsten zwei, drei Tage und Blogeinträge zu organisieren. Wie etwa dieses hier, mit dem ich vielleicht plausibel belegen kann, dass es gewisse ästhetische Mängel gibt, wenn der Stadtschnee allmählich aufgebraucht ist und der Winter graue Wochen einlegt.

Ein schmuddeliger Schneerest auf der Hafenpromenade, kurz vor der Rickmer Rickmers, im Hintergrund die Elbphilharmonie vor grauem Himmel

Es sind nicht viele Touristen unterwegs, für Hamburger Verhältnisse ist es fast leer im Regen an der Elbe. Man kann zügig geradeaus gehen und muss nicht alle zwei Meter jemandem ausweichen, das ist auch einmal schön. „Es wird langsam Zeit, über Glühwein nachzudenken“ steht auf einem Schild vor einem Restaurant, und das mache ich dann also auch und koche später am Tag das hier, Zimthähnchen in Glühweinsauce, das hatte sich früher bereits bewährt. Es ist auch als für die Köchin oder den Koch eher simples Weihnachtsessen brauchbar, denke ich, falls Sie da gerade einen Tipp brauchen. Nicht alle wollen wahnsinnig viel Aufwand treiben.

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Auf unseren Balkon kommt neuerdings auch eine Amsel, und sie kommt nicht nur, sie bleibt auch, im Gegensatz zu allen anderen Vögeln. Sie isst ein wenig und setzt sich dann mitten auf den Balkontisch, guckt sich um, guckt auch zu mir herein, plustert sich etwas auf und scheint es sich gemütlich zu machen, sofern das für Amseln eine überhaupt sinnvoll anwendbare Kategorie ist – und sitzt dann da. Lange. Ich sitze auch, nur eben drinnen, ich tippe am Notebook. Ab und zu sehe ich raus zum Vogel, ab und zu guckt der Vogel rein zu mir, und ich denke, wir finden das beide gut. Dann sehen wir beide einen Moment in den öden hellgrauen Himmel über uns, dann wieder einander an.

Näher komme ich hier nicht an ein Haustiergefühl. Es reicht mir allerdings auch so und ich freue mich sehr über die Amsel, der ich später noch etwas Nachschub hinstelle, was sie ohne Fluchtgedanken freundlich zur Kenntnis nimmt und dann ohne Hast noch etwas davon zu sich nimmt. Ich fühle mich, ohne recht zu wissen, ob ich auf Gegenseitigkeit hoffen darf, in Eintracht mit der Amsel.

Es sind die kleinen Freuden, wissen Sie, die man höher gewichten, die man immer ausführlicher beschreiben muss.

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Die Wirklichkeit in aller Härte

Manchmal auch interessant, wie lange ein Highlight im Internet kursieren kann, ohne dass man es mitbekommt. Was für eine absonderliche Aneinanderreihung von Zufällen das sein muss. Wenn etwas wieder und wieder durch die Timelines geistert und man es aber nach Jahren erst sieht – so geht es mir gerade mit der Leipziger WG-Version des Weihnachtsoratoriums von Bach, immerhin schon zehn Jahre alt. Ich habe es mir ganz angesehen und fand es deutlich stimmungsaufhellend, nehmen wir es als Advent-Highlight heute:

Nebenbei habe ich beim Sehen dieses schon etwas abgehangenen Videos wieder gemerkt, dass ich die letzten zwei Jahrzehnte bis zur Gegenwart modisch nicht recht auseinanderhalten kann. Ich sehe da keine Anhaltspunkte, um zu sagen: „Ah ja, die Nuller“, wie ich es bei den Sechzigern, Siebzigern, Achtzigern doch deutlich zu sehen meine. Ich weiß nicht zuverlässig, wie sich die Zehner von den Zwanzigern unterscheiden, es fällt mir nicht auf. Die Gegenwart beginnt für mich kurz nach 2000 und ist ein einziger Block, was den Look angeht. Aber vielleicht geht es Ihnen ja anders, vielleicht fehlt mir da etwas in der Wahrnehmung.

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Auch interessant: Über die Geschichte der Weihnachtsmärkte. Gefunden via Nicola Karnick auf Bluesky.

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Ich bin in der Bücherei gewesen und habe mir Bücher für den allerdings eher unwahrscheinlichen Fall besorgt, dass im Dezember irgendwann überraschend noch einer dieser langen Winterabende eintritt, an denen auch Zeit für die dickere Romane anfällt, etwa für Volter Kilpi mit „Im Saal von Alastalo“, Deutsch von Stefan Moster, das ich schon einmal begonnen und dann doch in Richtung Winter verschoben habe.

Über tausend Seiten sind das, die an einem einzigen Nachmittag spielen, und die man sicher nicht an einem einzigen Abend lesen kann. Ich finde das ansprechend.

Bis dahin lese ich zwischendurch die Erzählungen von Siegfried Lenz und höre weiter seine Deutschstunde, ich bin im letzten Drittel. Vermutlich ist es dann nach Moby Dick das umfangreichste Werk, das ich als Hörbuch konsumiert habe.

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Auf arte gesehen und gemocht: Undine von Christian Petzold, mit Paula Beer und Franz Rogowski in den Hauptrollen. Etwas zu sommerlich für die Jahreszeit, aber irgendwas ist ja immer. Hier ein Interview mit dem Regisseur über die Dreharbeiten und die Geschichte.

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Im Tagesbild noch einmal winterliche Schönheit an der Alster, von der in Wahrheit allerdings nichts mehr da ist, wir sind in einer ziemlich hässlichen Winterphase, wie meistens kurz vor und auch an Weihnachten. In den Timelines klagen vor allem Menschen aus Berlin über das Wetter und die Aussichten vor den Fenstern, als sei es da noch furchtbarer als anderswo, noch dunkler, kälter, grässlicher. Ich weiß nicht, ob das so ist, aber hier kann man immerhin zur Not runter zum Hafen gehen, dem das Grau irgendwie steht.

Die Schneebilder sind damit leider verbraucht, entweder das Wetter legt bald nach oder die Wirklichkeit wird in aller Härte abgebildet werden müssen. Schlimm.

Ein eingeschneites Segelboot unter einer Persenning an der Alster

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Währenddessen in den Blogs

Long-Covid, ein Link verbunden mit den besten Wünschen für Besserung. Und wie tolldreist die diagnostischen Kommentare unter dem Text wieder …

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Die Kaltmamsell empfiehlt “Menschen im Hotel“, das mir auch als sehr lesbares Buch in Erinnerung ist.

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Frau Büüsker erneut im Weiterbildungsteil, sie erklärt uns die Klimakonferenz.

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Frau Herzbruch mit zwei Themen der Zeit, es geht um das Heizen und um Schöffen.

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Kiki verlinkt das Video zur tanzbarsten Beerdigung des Jahres. Es sieht alles sehr angemessen aus und es klingt auch so.

Vorher sang Nick Cave, und wem das nicht das Herz bricht, der hat vielleicht nie eines gehabt.


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Angeschmutzte Schneereste mit gelben Spuren darin

Vorweg ein herzlicher Dank für die überaus freundliche Zusendung eines Füllfederhalters von Faber-Castell mit Birnbaumholzgriff (keine bezahlte Werbung, nein), es war mir ein Fest, damit testzuschreiben.

Das Wetter präsentiert sich in den letzten Tagen in fast beleidigender Hässlichkeit, man möchte das da draußen nicht einmal zur Kenntnis nehmen. Angeschmutzte Schneereste mit gelben Spuren von Hunden oder Menschen darin, in der großen Stadt taugt der Schnee wirklich nur etwas, wenn er ganz frisch ist, noch warm hätte ich fast geschrieben. Lieber nicht aus dem Fenster auf das urbane Elend in den Straßen sehen, lieber auf arte Nosferatu in der Version von Werner Herzog sehen, mit der Adjani und ihrem sehr weißen Hals, mit Kinski und seinen sehr bleichen Ohren und den Rattenzähnen, und mit einem ach so jungen Bruno Ganz geschwind zu Pferd. Und, nicht zu vergessen, mit Roland Topor als Renfield, dessen Gehabe und Gekichere ich zu gerne einmal im Büro nachspielen würde.

Meine Heimatstadt kommt auch kurz vor, als Wismar-Ersatz, da muss ich dann kurz „Kenne ich!“ rufen, das ist auch wichtig.

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Im Laufe des Donnerstags stieß ich mehrfach und in verschiedenen beruflichen Umfeldern auf KI-Bilder in Präsentationen und ich stelle für mich fest, dass ich die in ihrer leichten Erkennbarkeit und in ihrem im wahrsten Sinne des Wortes berechenbaren Stil mittlerweile ganz furchtbar langweilig finde. Wir können meinetwegen gerne wieder Illustratorinnen und Fotografinnen beschäftigen, das hat mir und denen doch deutlich mehr Spaß gemacht.

Für Texte kann man sich leicht Entsprechendes denken, eh klar. Wobei mich ein KI-Text in einem eher sachlichen Zusammenhang im Brotberuf nicht stört, aber doch heftig gegen den Strich geht, sobald emotionale Aspekte dazu kommen, wenn also Menschen „mitgenommen werden sollen“, wenn es um eine Ansprache geht, die irgendetwas Gefühliges auslösen soll – da graut es mir doch sehr, und ich bilde mir auch immer noch ein, diese Texte gerade im Business-Umfeld halbwegs gut erkennen zu können. Solche Texte waren meist vorher schon schlecht, sie werden plastifiziert eindeutig nicht besser.

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Im Bild des Tages fortgeschritten eingewinterte Tretboote am Ufer der Außenalster. Man bekommt nicht sofort Lust auf eine Fahrt, nicht wahr. Oder ich zumindest nicht.

Eingeschneite Tretboote an einem Steg an der Außenalster

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Der gegenläufige Midas

Durch die Woche gedreht werden wie durch eine Heißmangel, und am Ende liegt dann die Betonung aber auf platt, nicht auf glatt.

Was sich durchzieht, ist das etwas nicht funktioniert, ich fühle mich geradezu verfolgt davon. Es ist nicht nur, dass die Bahn nicht fährt, es ist auch, dass die Software beim Arzt nicht läuft und Daten nicht verarbeitet, dass in der Apotheke die Kartenzahlung aus technischen Gründen gerade nicht geht, dass beim Bäcker die Brotschneidemaschine kaputt ist und sie auch niemand mehr reparieren kann, dass bei neu bestellter Hardware die Ausführung nicht mit der Beschreibung übereinstimmt und immer so weiter, wo ich nur hinsehe. Es ist, als würde das Jahr nicht einfach enden wie gewöhnlich, sondern eher verschrottet werden.

Ich stehe auf, ich mache das Fenster auf, der Griff wackelt auf einmal. Es ist ein gegenläufiger Midas-Effekt, was ich anfasse, das kann weg und Achtung, ich werde gleich mit durchaus boshaften Hintergedanken den Jahresplaner 2023 in die Hand nehmen.

Wie immer brechen jetzt schon die ersten Menschen in die Weihnachts- und Resturlaube weg, es werden bereits Wünsche zu den Feiertagen und für das nächste Jahr in Abwesenheitsmails hinterlassen, na, vielen Dank auch. Jo, du mi ook, wie man da plattdeutsch leicht angebittert reagiert, wenn man selbst noch keinen Urlaub hat.

Restaurants hängen viergängige Weihnachtsmenüs aus, auf den Plätzen im Stadtteil stehen tauende Schneemänner und -frauen in grauem Nebel und neigen sich langsam, der Winter dreht für einige Tage ins entschlossen Unschöne. Die Luft ist jetzt dick und suppig und schlecht, aber hey, die Söhne haben in dieser Woche Schnee gesehen, sogar viel davon. Das ist nicht nichts.

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Es stirbt Denny Laine (The Moody Blues, Wings), hier singt er noch einmal:


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Im Tagesbild noch eben das nächstbeste Schneewesen, es wird mittlerweile sicher schon wieder verschwunden sein.

Eine kleine Schneefigur mit deutlichen Brüsten und einem geknickten Grashalm als Lächeln im Gesicht

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Eiszeichen und Schneeränder

Noch einmal eine interessante Radiosendung gehört: Care-Arbeit – wer sich kümmert und wer nicht, da geht es u.a. um die frühere Gesindeordnung und um die heutige Situation der Live-Ins in der Pflege. Live-Ins ist ein Ausdruck, den ich nicht parat gehabt hätte. Immer weiter lernen.

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Am Sonntag haben wir das erste Mal in dieser Saison Bratapfel gegessen. Das Rezept hatte ich vor Urzeiten auch einmal hier im Blog, bzw. die Herzdame hatte es, als sie für das Format noch gebacken hat, es ist schon eine Weile her. Ein Dessert als adventliches Highlight war es, wenn es auch nach dem asiatischen Hauptgericht nicht recht passte. Irgendwas ist immer.

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Am Montagmorgen dann Home-Office in heimeligem Dämmer, es fällt stundenlang Schnee auf die Dachfenster neben dem Schreibtisch, und er bleibt dort auch liegen. Erst gegen Mittag rutscht er allmählich zu den Rändern, es wird dabei langsam zerlaufendes Eis daraus, das sich zu unverständlichen Schriftzeichen auf dem Glas gruppiert und formt, zu Schriftzeichen, die ich zwar nicht recht deuten kann, die aber doch seltsam inhaltsschwer und mitteilungswillig aussehen vor dem Hintergrund des grauen Himmels. Ab und zu segeln Möwen oder Krähen durch das Bild und unterstreichen dabei Sätze, aber auch das hilft mir nicht weiter, dieser Alltag ist keine Seite aus einem Fantasy-Roman und wer weiß, ob es nicht gut so ist.

Von der Straße her höre ich während der Arbeit kratzende Schneeschiebegeräusche und ich glaube, die habe ich hier schon sehr lange nicht mehr gehört. Noch viel länger ist es her, dass ich fürs Schneeschieben sogar einmal selbst zuständig war. Ewigkeiten ist das her, und in Hamburg war es nicht. Die Söhne haben so etwas noch nie gemacht.

Noch liegen zehn prallgefüllte Werktage vor mir, es sind traditionell die programmreichsten des Jahres. Mit kleineren Unterbrechungen im Blog ist weiterhin zu rechnen und auch dieser Text bricht gleich etwas unvermutet ab, es ist doch auf einmal noch dies und das zu regeln.

Im Bild des Tages noch einmal Alstereis.

Blick über die dünn vereiste Außenalster vom Anleger am Hotel Atlantic aus, weiße Schneereste auf schwarzer Eisfläche

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Es wintert ein

Ich gehe die Straße entlang, ich sehe dabei auf dem Handy, dass eine Mail mit einem Termin ankam. Eine Routinemail mit einem jährlichen Routinetermin in 2024, ich übertrage ihn eben in meinen Onlinekalender. Als ich wieder hochsehe, merke ich, dass ich dabei vor einem großen Plakat für ein Howard-Carpendale-Konzert stehe, es hat den Titel: „Let’s do it again.“ Passt schon.

Wir können hier zwar nicht mit München mithalten, wo die Jahreszeit etwas mehr saisonal Typisches zu bieten hat, wie ich in den sozialen und anderen Medien auf zahlreichen Bildern sehe, aber der Schnee bei uns reichte immerhin für einen bemerkenswert anerkennenden Kommentar von Sohn II am Morgen: „Cool, es wintert ein.“

Die Krähen, die sich die Erdnüsse aus dem dick eingeschneiten Blumentopf auf dem Balkon holen, haben danach für Sekunden einen weißen Schneeschal um den Hals, gut, edel und elegant sieht es aus. Sie sehen jetzt übrigens nach, hinter welchem Fenster dieser Wohnung ich vielleicht gerade zu sehen sein könnte, und sie machen dann durch kurvende Vorbeiflüge auf sich und ihren Hunger aufmerksam, freundlich und diskret, es ist ein ausgesprochen angenehmer Umgang mit ihnen. Ein zivilisiertes Volk.

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Passend zum Klimagipfel habe ich ein längeres Radio-Feature gehört: Die Vertriebenen von Louisiana. Da kommt zur Geltung, was in den Nachrichten meist fehlt, wie der Klimawandel nämlich mittlerweile zu Geschichten wird, die, versteht sich, keine schönen Erzählungen sind. Hier geht es um die (wiederholte) Vertreibung der indigenen Einwohnerinnen an der Küste in den Südstaaten der USA, es geht um den steigenden Meeresspiegel, um aufgegebenes Land, um Umsiedlungen. Das ist dort alles vielleicht schon viel weiter fortgeschritten, als wir es bei uns parat haben, und das wird nebenbei auch erklärt, warum wir es uns etwa an den norddeutschen Küsten und auch in Hamburg leisten können, das noch nicht so parat zu haben. Es ist auch eine Frage des Geldes.

Es sind 52 gut aufbereitete, angenehm gesprochene Minuten, da weiß man dann wieder, was man an den großen Radiosendern hat.

Ich gehe gerade trotz der dunklen Jahreszeit eher mehr als weniger draußen herum, ich habe also Zeit, etwas zu hören, da sind mir neben den Hörbüchern solche Formate ebenfalls willkommen.

Auch interessant war, wenn ich schon dabei bin, eine halbe Stunde über die innere Stimme im Kopf, also über ein eher schwer zu erforschendes, aber faszinierendes Thema – hier beim Deutschlandfunk.

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Weihnachtszeit ist bald schon, sie fällen alle Tannen, stellen alles auf und überall Gesang“ – Wilhelmine wird mir zur Weihnachtstradition, und die Stelle „Sie weint wieder“ kann ich dann bei jährlich erneutem Abspielen mit den Erinnerungen an die letzten Feste verknüpfen, wie es sich bei Weihnachtsliedern gehört. Alle Jahre wieder.

Und auch der jährliche Erdmöbel-Song ist mittlerweile draußen, diesmal mit Cäthe: Winterblüher. „Die Bäume sehen aus wie Skelette, im Park schmilzt der Regen Discounterprospekte.“

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Im Bild noch eben ein wenig Alstereis. Vor dem Betreten wird gewarnt.

Blick über die Binnenalster auf den Jungfernstieg, dünnes, frisches Eis im Vordergrund, es reicht nicht über die ganze Fläche

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Währenddessen in den Blogs

Über nominativen Determinismus. Das kommt bei mir nicht so recht hin, aber ich bin ja auch schon beim dritten Nachnamen und arbeite immer noch in derselben Firma wie immer, die ihren Namen in den letzten dreißig Jahren allerdings auch dreimal geändert hat. Wie soll man da dauerhaft nominativ determiniert sein.

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Sensory overload

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Schnee als Normalität. Da staunt der Norddeutsche und verkneift es sich nur mühsam, schon wieder von 78/79 zu faseln, als der Schnee noch so hoch (der Autor deutet an dieser Stelle mit dem Arm in eine ungewisse, schwer erreichbare, fast märchenhafte Höhe) …

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Die Kaltmamsell listet ihre Medienausgaben, ich staune über ihre Anmerkung zur SZ, das habe ich nicht gewusst. Auch bei der Kaltmamsell der Hinweis auf eine kaum beachtete Selbstverständlichkeit – niemand versteht seinen Gehaltszettel. Wobei ich anmerken möchte, ich habe es heute mit der Nostalgie, dass ich in immerhin drei Jobs am Anfang meines Berufslebens noch bar bezahlt worden bin, und zwar auch in der Firma, in der ich heute noch arbeite. Wenn ich das jungen Menschen erzähle, gucken sie so, als sei ich in meiner Jugend noch zur Arbeit geritten, bei welcher Gelegenheit ich dann freudig ergänzen kann, dass mein Vater in seiner Ausbildung noch eine Kutsche als Lieferwagen hatte. Na gut, einen Pritschenwagen wohl eher, in der Nachkriegszeit war das nicht so ungewöhnlich. Ich erinnere mich auch noch an Lohntüten, die im Handwerksbetrieb meiner Eltern zum Monatsende an die Angestellten ausgegeben wurden. Lohntüte, was für ein nettes Wort eigentlich, es ist doch wesentlich wohlklingender als das „PDF der Gehaltsabrechnung“.

Na egal, zurück in den Schaukelstuhl.

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Politische Fantasie ist nirgends zu erkennen. Nils Minkmar über die Lage. „Die besten PolitikerInnen, fürchte ich, kommen noch. Sie machen heute ihren Adventskalender auf und gehen am Montag zur Schule.“ Und sie machen da, kann ich anfügen, vielleicht gerade interessante Projekte zur Verkehrspolitik, und deren Beschreibungen lesen sich ein klein wenig progressiver als das, was der Verkehrsminister im Sinn hat.

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Ab und zu zurückdenken

Ich werde überraschend aus der Arztpraxis angerufen, man habe dort gerade Dosen über, ob ich nicht eben zur Doppelimpfung … ja, aber gerne doch. Ich klappe das Home-Office zu und eile. Und so stellt man sich das eigentlich auch vor, in einer idealen Welt, dass man freundlich gebeten wird, sich doch mal eben impfen zu lassen, dass man dem Zeug also nicht nachjagen muss wie schon damals, 2021, 2022 etc., in den dunklen Schwarzmarktzeiten, als die Informationen zu Impfgelegenheiten noch wie in kriminellen Netzwerken weitergereicht wurden, wissen Sie noch? Und dann quer durch die Stadt, zu Adressen, wo man noch nie war. Ich habe in diesem Jahr wieder ähnliche Erlebnisse mitbekommen.

Wir haben, das muss man sich vermutlich aus Gründen der seelischen Gesundheit ab und zu wieder aufsagen, schon etwas mitgemacht in den letzten Jahren. To say the least. Ab und zu zurückdenken und den Kopf schütteln. Lange.

Am Morgen nach den Impfungen fühle ich mich mäßig grippig, von einem Nebenwirkungsdrama kann ich da nicht reden. Andere hatten es am Tag nach der Impfung deutlich schwerer, las ich mehrfach.

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Ansonsten habe ich wieder einen Tag erlebt, der einleuchtend demonstrierte, wie schnell man zerrieben werden kann, wenn man für mehrere Personen aus verschiedenen Generationen mehr oder weniger zuständig ist. Auch die kleinen Besorgungen und organisatorischen Aufgaben addieren sich nämlich, auch wenn gar nichts oder doch kaum etwas ist, so ist immer doch etwas, wie man dann am Abend merkt, der so erstaunlich schnell kommt, nach einem Tag, von dem man kaum etwas mitbekommen hat, so dermaßen voll war der, so herumgerannt ist man.

Es ist im Grunde, aber das haben andere schon wesentlich gründlicher ausgeführt als ich, ein vollkommen verrücktes Konstrukt, berufstätig zu sein und auch noch den Haushalt, den Rest des Lebens und auch der Care-Arbeit im weitesten Sinne regeln und erledigen zu wollen. Man kann das leicht nachrechnen, dass diese Aufgabe gar nicht aufgehen kann, es ist nicht möglich. Es ist wie damals bei dieser einen Mathe-Aufgabe mit dem Druckfehler im Lehrbuch.

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And he took the road to heaven in the morning: Wir winken Shane MacGowan. Er hat lange durchgehalten, wie man bei seinem Lebenslauf wohl sagen muss. Danke für die Lieder.

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Im Bild ein Nebenarm der Elbe am Oberhafen. Im Hintergrund die wachsende Stadt, da wuchert sie hin.

Blick von der Oberhafenbrücke in Richtung Neubaugebiete

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