Links am Morgen

Hier interessiert mich nur ein Satz, der aber sehr: “Die Rolle von Schulen und Kitas bleibt unklar.” Na gut, es gibt doch noch einen: “Großraumbüros, in denen sich viele Menschen lange Zeit aufhalten, sind Orte, an denen eine Infektion durchaus wahrscheinlich ist.” 

Die Hamburger Maiferien sind heute vorbei, ab Montag gibt es wieder Home-School und Home-Office. In den nächsten Wochen wird es so sein, dass hier tageweise wechselnd immer ein Sohn in der Schule und einer im Wohnzimmer ist, während die Herzdame und ich in nicht ganz so elegant abstimmbaren Zyklen Büro spielen werden. So schön.

Ich habe da übrigens noch einen ganz einfachen Vorschlag zur Vereinfachung des Home-School-Elends, er ist eigentlich naheliegend, aber ich habe ihn noch nirgendwo gelesen. Und ich sage gleich, ich meine ihn ernst, denn das werden einige wieder als Spaß verstehen wollen. Ist keiner. 

Der Vorschlag also – kann bitte alles, was in den Bereich Home-School fällt, komplett digital stattfinden? Ohne irgendein Papier, Heft, Buch, ohne irgendeinen greifbaren Schnickschnack, den ein Kind von A nach B tragen muss, aber dabei mit einer Wahrscheinlichkeit größer 50% irgendwo vergisst? Es kostet unfassbar viel Zeit, Elternzeit, die Materialstapel der Söhne durchzugehen und hier ein Blatt und dort ein Heft zu suchen, wobei das Blatt dann gerne noch auf ein Heft verweist und das Buch auf ein Blatt und einen separat zu findenden Plan, ich werde irre und aggressiv bei so etwas. Ich habe beruflich nicht wenig Zeit damit verbracht, solche Prozessbrüche komplett wegzudigitalisieren, jahrelang habe ich das gemacht, nur damit ich jetzt eine Mail von der Schule bekomme, in der auf ein Tool verwiesen wird, in dem ein Text steht, in dem ein Blatt erwähnt wird, das auf eine Aufgabe Bezug nimmt, die an der Tafel stand. Wobei der eigentliche Witz ist, dass das nur ganz, ganz leicht übertrieben ist.

Was wirklich schön wäre: Morgens an den Computer gehen, ein Tool aufmachen und da blinkt dann freundlich und völlig zweifelsfrei, was das Kind noch zu tun hat. Fertig. Und sage mir bitte keiner, dass das nicht geht, ich weiß, dass das geht. 

Aber bitte, das ist nur meine Sichtweise. 

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Links am Morgen

Barbara Vorsamer über brave Kinder auf Bildern. Wobei ich da etwas ergänzen möchte, was man auch während der Corona-Wochen gut beobachten konnte, also während dieser Wochen, in denen einige Eltern überraschend gut mit allem klar kamen (“Läuft doch alles!”) und einige vielleicht ähnlich überraschend ganz und gar nicht klar kamen (“Ich geh in die Klapse!”), da möchte ich nämlich ergänzen, dass sich auch Eltern in aller Regel nur sehr begrenzt vorstellen können, dass es bei anderen Eltern anders läuft als bei einem selbst: “Wieso geht das denn bei Euch nicht?”

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In der Tat ist es schwierig, gute Romane mit einem Happy End zu finden. Wie heisst es bei Homer: Die Götter geben uns das Unglück, damit wir etwas haben, worüber wir schreiben können.” Die beiden Beispiele für Happy Ends, die im Text genannt werden, kenne ich nicht – vorgemerkt. Das Lesen läuft wieder, ich bin bei Anne Tyler mittlerweile bei “Atemübungen”. Drüben bei der Wikipedia steht: “Sie (Anne Tyler) kann vermitteln, dass Glück und Alltag nicht in unversöhnlicher Opposition zueinander stehen.” Da muss man auch das Gegenteil mitlesen, nämlich dass Romane das normalerweise ausdrücklich nicht vermitteln. Ich habe übrigens den Verdacht, dass der gerade wieder unübersehbare Drang zum Reisen mit der wohl allgemein empfundenen und literarisch gut unterfütterten Unvereinbarkeit von Glück und Alltag in engem Zusammenhang steht. 

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What great literature can teach us about love with no contact

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Und übrigens bin ich der Meinung, dass sich der Fall des Innenministers bald erledigt hat

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Wir gehen herum

Ich gehe mit Sohn II durch die Gegend. Wir unterhalten uns über das Schreiben und darüber, dass ich gerade eine Idee für eine Kolumne brauche und auch deswegen so herumgehe und gucke, denn irgendwas ist ja immer, man muss es bloß sehen. Das ist so ähnlich wie bei einer Jagd, nur ohne Töten, wir mögen das beide. Wir gehen also herum und sehen überall nach, es ist aber nichts. Die Leute sehen heute geradezu aufreizend normal aus und sie machen auch nichts, was irgendwie interessant sein könnte, dabei gucken wir wirklich genau, der Sohn und ich. Wir haben immerhin Erfahrung und Übung zusammen, unsere Wanderungen an der Ostsee etwa waren recht ergiebig. Die sind in diesem Jahr übrigens schwierig, denn man wird keine spontanen Übernachtungsplätze an der Küste mehr bekommen können, da weiß ich noch nicht, ob ich das überhaupt irgendwie lösen kann. Vielleicht gehen wir stattdessen durch Hamburger Naturschutzgebiete, denn die kennen wir durch die Bank nicht, das ist auch schlimm. 

Erst einmal gehen wir aber einfach weiter durch unseren Stadtteil und reden dabei. Der Sohn kommt auf den fürchterlichen plattdeutsch-englischen Titel “Kieken und Speaken” für solche Spaziergänge. Das klingt leider nach Kaffeefahrt für ältere Herrschaften aus der norddeutschen Provinz. Ich bin wirklich entsetzt, aber der Sohn amüsiert sich bestens über meine Reaktion und wird sich daher noch lange an die Bezeichnung erinnern, ich lerne es auch nicht mehr. 

Wenn ich so alleine oder mit ihm herumgehe, dann ist das ja wie Freizeit, überlegt der Sohn, aber wenn ich dabei auf eine Idee warte, irgendwie auch nicht. Wir reden also über Arbeit und über Arbeit, die Spaß macht, und wir reden auch darüber, ob Schreiben überhaupt Arbeit ist. Wir reden darüber, wozu man Lust hat und was man will und was man muss, und wo da die Schnittmenge liegt, wenn sie denn irgendwo liegt. Wenn man zur Schule geht, dann kennt man das Thema ganz gut, stellen wir fest. Dann kommen wir noch auf das Können, da wird es gleich noch schwieriger. Das Wollen, das Müssen und das Können, das sind gleich drei bedeutende Themen in einem kurzen Straßengespräch. Wenn man das erst weiß, was man will, was man kann und was man muss, wenn man da erst einmal eine brauchbare Antwort drauf hat, dann ist man wirklich weit, denke ich und das sage ich auch. Wobei sich das aber auch noch dauernd ändert, denn man reift ja so heran, also im besten Fall wenigstens, es ist wirklich kompliziert und alleine die Frage, was man will, im Grunde ist sie ja ohne eine längere Therapie gar nicht zu beantworten und bleibt danach vielleicht dennoch ein Rätsel. Und was man kann, da ist man sofort knietief bei der immer heiklen Selbstbild/Fremdbild-Geschichte. Was man muss, da biegen gleich Jura, Philosophie, Soziologie und vermutlich noch ein paar andere Wissenschaften um die Ecke, gucken ernst und drohen einem Fachgespräche an. Währenddessen stehe ich an der Ampel, über die ich nicht bei Rot gehen will, obwohl ich das könnte, aber wegen der Erziehung des Sohnes sollte ich besser nicht. 

Wir sind, denke ich, einerseits sehr schlau, da wir darüber so tiefgründig nachdenken können, über all das, niemand sonst kann das, soweit wir wissen. Wir sind aber andererseits vielleicht auch die dümmste Art im All, weil wir darüber überhaupt nachdenken müssen, während alle anderen einfach machen. Im Zauberberg von Mann wird die Hauptfigur an einer Stelle als “Ah, der Herr Konfusionsrat” angeredet, das habe ich mir gemerkt. Eine alberne Bezeichnung, aber doch eine ungeheuer treffende. 

Der Sohn fragt, worüber ich schreibe, ich sage, ich schreibe meistens über so Kleinigkeiten zwischen den Menschen, über Winzigkeiten eigentlich nur, die irgendwie zu Geschichten werden können. Er hört zu und sieht sich suchend um, er zeigt dann auf ein Paar, das gerade vor uns geht und sagt: “Wie bei denen da.” Ich sehe mir das Paar an und entdecke absolut nichts, was mir auffallen müsste, die beiden sind so unauffällig wie die grauen Verteilerkästen der Telekom am Straßenrand. “Was ist mit denen?”, frage ich den Sohn. “Zwischen denen”, sagt er und grinst, “es ist zwischen denen.” Ich sehe noch einmal genau hin, ich sehe nichts. 

“Zwischen denen ist das Virus”, sagt der Sohn. “Aber eine Geschichte wird das erst etwas später. Weißte ja, das dauert immer ein paar Tage.”

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Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte. Auch wenn sich das bald erledigt hat

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Links am Morgen

Über Tschechow und das Nichtstun. Passt vielleicht ganz gut zum Brückentag.

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Warum Hummeln Pflanzen anbeißen und was dann passiert. Das ist schon beeindruckend, ist es nicht?

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Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

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Links am Morgen

Ich habe nach Anne Tylers “Der Sinn des Ganzen” nun auch den “Leuchtend blauen Faden” durch, bei dem fand ich allerdings das letzte Fünftel seltsam entbehrlich. Jetzt bin ich bei “Damals als ich erwachsen war” (Deutsch Christel Dormagen) und versuche, von ihrer Sichtweise auf Familien etwas zu lernen. Sie hat ja, wie sie selbst sagt, immer wieder das gleiche Buch geschrieben, da kann man also gründlich lernen. Eine schöne Rezension zu dem aktuellen Band ist hier: “Die Provinz ist grausam – und Anne Tyler auch. Allerdings darf man prophezeien, dass der Leser spätestens nach drei Dutzend Seiten seine Verwunderung vergisst und sich staunend in eben diese Figuren vertieft – als seien sie die Hüter letzter Geheimnisse. So läuft das immer mit Anne Tylers Romanen.

Da kommt ein wenig später auch dieser Satz: “Die Vergeblichkeit ist keine erschütternde Erkenntnis, sondern das heiter verwegene Milieu des Menschseins. Ich bin ganz hingerissen, Walter von Rossum hat diese Rezension verfasst. 

Die nächsten Bände liegen bereit.

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Warum man nichts auf den Herbst schieben sollte.

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Rechtes Vokabular spielt in der Bundesrepublik aktuell eine viel größere Rolle als linkes. Deshalb bedienen sich die affektgestörten und narzisstisch übersteuerten Leute dieses Vokabulars. Wäre die politische Großwetterlage eine andere, würden sie linkes Vokabular verwenden.

Sehr gutes Interview. “Was kann man dann dagegen machen?” “Nichts. Nicht hingehen.”

Fertig, aus die Maus, mehr Erläuterung braucht es nicht. Vielleicht ist es so, und nur so. Ich neige dieser Ansicht mittlerweile zu. 

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Katrin Seddig über den Vatertag. Ich kenne den auch nur als Fest der anderen und hatte damit nie etwas zu tun, auch familiär nicht. Dito Muttertag. Für mich alles äußerst seltsame Bräuche mit bizarren Ritualen.

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Musik! Für alle, die sich nach mehr Sozialleben sehnen: “Packed like sardines is the stuff of my dreams.” Für mich gilt das nicht, aber das Lied ist nett.


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Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

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Links am Morgen

Warten, warten, warten. Same here, Warten ist meine Entschleunigung. Ich finde grundsätzlich gut, dass in der aktuellen Situation einiges komplizierter und langsamer geworden ist, das stört mich nicht.  Jetzt bitte noch Tempo 30 in der ganzen Stadt. 

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Ein Nachruf auf Peter Thomas.

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Ob es Reisen gibt im Sommer, ist Thema unter Kollegen und im Freundeskreis. Da ich Gnadenloswoche habe, frage ich bei jedem Ziel: Und da willst Du im Krankenhaus liegen?

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Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

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Es sind die Kleinigkeiten

Es sind die Kleinigkeiten. Gestern oder vorgestern blieb ich abends an einer Kreuzung stehen, weil von rechts und links ziemlich viele Autos kamen, da fiel mir auf, dass ich da zum ersten Mal seit Mitte März stand. In all den Wochen vorher konnte ich auf meinen Spaziergängen durchs Revier einfach ohne Halt quer über diese Kreuzung gehen, denn es gab keine, wenig oder höchstens überschaubar viele Autos und die Ampeln waren nur Deko. Aber jetzt wieder: Volles Programm. Alles braust irgendwohin.

Ich habe noch eine kryptische Notiz aus dem letzten Jahr, es ist gerade eine meiner ältesten Notizen, die drösel ich an dieser Stelle einmal auf. “Rechts, links, Kreuzung” steht da, was in etwa so geistreich klingt, als würde ich mir abends im Bett noch einmal elementare Verkehrsregeln für Kindergartenkinder notieren, es ist fast ein wenig peinlich. Es ist eine handschriftliche Notiz, etwas ungelenk geschrieben, in seltsamer Haltung und im Stehen. Ich kann im Stehen nicht gut schreiben. Ich denke, wenn ich solche Notizen später leser, immer, wenn du jetzt plötzlich stirbst, und die Leute lesen dein Notizbuch, die halten dich doch für bekloppt. Aber dann komme ich darauf, denn ich bin ja gar nicht bekloppt, also nicht so zumindest, dass mir das dann auch egal sein kann, weil tot, und dann geht es wieder.

Ich kann im Stehen nicht gut schreiben, nicht einmal ich kann das gut lesen. Es gibt so viele alte Schwarzweißbilder von Presseleuten, die sich im Stehen Notizen machen, ob die alle das Problem hatten? Manchmal diktiere ich mir daher lieber schnell eine Notiz ins Handy, also wenn nicht allzu viele Menschen mithören können jedenfalls. Das geht auch, dabei gibt es aber das Risiko, dass die Notizbuchfunktion des Handys die vermeintlich kostbaren Gedanken per Rechtschreibkorrektur so dermaßen grausam verunstaltet, dass sie wertlos werden. So habe ich eine gespeicherte Notiz, die lautet schlicht “Corwin von Amberg”. Es ist mir ein völliges Rätsel, was ich ursprünglich gemeint haben könnte, ich komme durch Drehen und Tauschen der Buchstaben nicht mehr darauf. Und es gibt keinen Corwin von Amberg, den Namen hat sich das Handy ganz alleine ausgedacht. Allerdings klingt der Name vollkommen plausibel und sollte ich jemals wieder Geschichten schreiben und der Namen darin vorkommen, jetzt wissen Sie also schon einmal Bescheid. Denn wenn man schreibt und so etwas passiert einem, dass ein solcher Name aus dem Nichts irgendwie auftaucht, dann hört man dabei im Kopf ein seltsames: “Lass mich vorkommen!” Wobei ich gerade, haben Sie es gemerkt, ein wenig getrickst habe, denn jetzt kam er ja vor. Was bin ich heute wieder für ein Fuchs! Zack, Notiz gelöscht.

Die Kreuzungsnotiz also. Die bezieht sich auf einen Abend vor einem Jahr, vielleicht auch vor zwei oder drei Jahren, ich bin leider unfassbar schlecht darin, die Vergangenheit zeitlich korrekt einzuordnen. Früher eben. Ein Abend irgendwann. Ein Sommerabend jedenfalls, großstadtwarm und schlecht gelüftet, so ein Abend, an dem damals die Menschen in den Szenevierteln noch lange vor den Kneipen und Cafés saßen und alles herrlich fanden, warum auch immer. Ich stand an einer Kreuzung, es war eine sehr große Kreuzung. Ausfall-oder Einfallstraße, wichtige Straße, Hauptverkehrsader, so etwas. Ich wartete auf Grün, denn das war so eine Kreuzung, da gehen nur Lebensmüde bei Rot. So gut wie alle Autos sind zu schnell, haben noch oder schon diesen Autobahnmodus und gebremst wird da nicht gern. Ich wartete auf Grün und sah nach rechts und nach links, wo soll man an Kreuzungen auch hinsehen. Es wurde Rot für die Autos. Rechts hielt ein Autofahrer, der zur Autobahn wollte, also mit hoher Wahrscheinlichkeit jedenfalls. Der saß nicht entspannt, der saß eher ins Lenkrad verkrallt und sah wütend aus. Verbissen starrte der nach vorne, der wollte weiter und weg, raus aus der Stadt oder jedenfalls irgendwohin und die Ampel machte ihn fertig, das sah man, der fluchte und schimpfte und behielt den Fuß auf dem Gas und sah getrieben aus wie nur je einer, und aus meiner Sicht wollte der nach links. Der wollte also dahin, wo auch ein Auto stand, in dem, es gibt ja so Zufälle, ein Typ saß, der dem anderen völlig entsprach. In Körperhaltung, Gesichtsausdruck, in Eile und Drängelei und Hektik und allem, und aus meiner Sicht wollte der rein in die Stadt und also nach rechts. Für einen kurzen Moment kam mir das völlig absurd vor, wie die beiden da ihre Lenkräder umklammerten und weiter wollten, einer nach links und einer nach rechts, als ob davon irgendwas besser werden würde. Als ob es das wirklich bringen könnte, irgendwohin zu fahren, es spricht ja doch alle Erfahrung dagegen. Und fast wollte ich mich schon total geistreich finden, wie ich da stand und die Eitelkeit allen menschlichen Strebens so überaus klar erkannte, bis mir einfiel, dass ich da zwar einfach nur stand, bei mir aber überhaupt nichts besser war. Keine Spur von Glück oder Ruhe, Entspannung oder Seelenfrieden, ich wollte da im Grunde auch nur auf die andere Seite, hatte aber nicht einmal einen Plan, warum überhaupt und wohin dann weiter, ich ging da nur durch die Gegend und geistreich geht ja nun anders. Das war es. Drei Menschen, eine Sekunde, aber mir kam das wichtig vor, ich blieb auf der anderen Seite stehen und schrieb mir eine Notiz. 

Und wenn ich einmal in ein Kloster gehen sollte, was ich gewiss niemals tun werde, dann wegen solcher Momente.

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Links am Morgen

Der Fußmatten-Genießertresen, es ist nicht alles schlecht. 

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Christian Buggisch über Frühstücksbuffets.

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Für den Freundeskreis Insel: Borkum in Zeiten der Lockerung.

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Das Wörterbuch der Schönheit. Gefunden durch den Newsletter der Republik.

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Über den ausbleibenden Konsum in den Innenstädten. In Hamburg kann man es auch sehen: Das kann alles nicht reichen, das kann sich nicht lohnen, was da von den wenigen Kundinnen zusammenkommt, und wenn es noch ein wenig so weitergeht, dann wird es die Stadt ungeahnt gründlich und nachhaltig verändern. Das gilt natürlich auch für die Gastronomie, die halb und eher sonderbar geöffnet ebenfalls nicht klarkommen wird. Falls Sie aber Hamburg gar nicht kennen und jetzt einmal durch die Innenstadt gehen, dann denken Sie vermutlich: “Nanu, ist doch voll hier, was hat er denn.” Aber das sind eben nur etwa 50% der üblichen Gäste, was Sie da sehen, denn normalerweise ist Hamburg nicht voll, sondern sehr voll. So, wie es jetzt ist, ist es eigentlich voll genug, also vom Straßenbild her, nicht aber für den Umsatz, da müssen sich die konsumgeilen Massen schon zu Klumpen ballen und die Klumpen müssen vor allem in die Häuser, an die Kassen. Es ist kompliziert.

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Ein Update zu gestern, Jochen sagt, den Dunning-Kruger-Effekt gibt es doch. Na, Gott sei Dank!

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Es wird anstrengend, wieder ins Büro zu gehen. Aber nicht wie nach dem Urlaub, es ist anders. 

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Großartige Bilder – gardens in lockdown.

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Musik! Ein wenig Gedenken ist natürlich auch dabei.


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Links am Morgen

Eine Fotogalerie über wieder geöffnete Restaurants weltweit. 

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Den Dunning-Kruger-Effekt gibt es nicht. Sehr schade, ich mochte den. Aber egal, ich suche mir jetzt hier aus der Liste der kognitiven Verzerrungen einen neuen Liebling aus und bleibe dabei, dass wir kollektiv nicht alle Tassen im Schrank haben.

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Ein Eintrag fürs Geschichtsbuch, der Rückblick auf die letzten Wochen von Frau Novemberregen. Ich denke, sie gehörte zu den Frühstartern, bei beinahe allen Aspekten. Ein weiterer Eintrag in der Art, nur mit dem Zusatz, dass der Virus persönlich auftritt.

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Durch den Garten

Anne Tyler fand ich wohltuend. Das Lesen geht auf einmal wieder, ich habe also ein Heilmittel gefunden. Und mache jetzt, was ich in solchen Fällen meistens tue, ich fräse mich einfach durch mehr Werke von ihr. Im Moment liegt hier “Der leuchtend blaue Faden”, Deutsch von Ursula-Maria Mössner, das ist angenehm dick, das hält eine Weile.

Beim Lesen sitzt oder liegt man still, noch stiller als beim Schreiben, das soll ja ganz gut sein, wenn man krank ist. Ich sitze in der Laube und lese, ich stehe zwischendurch auf und ernte zehn Radieschen, das fühlt sich an wie eine Stunde schwere Arbeit. Weiterlesen.

Ich stehe doch wieder auf, die Unruhe. Ich gehe durch den Garten, in dem ist in diesem Jahr etwas anders. Und zwar auf eine bemerkenswerte und ganz seltsame Art, zu der mir keine Erklärung einfällt. Es ist nämlich mehr los. Viel mehr. Es gibt auf einmal mehr Insekten, mehr Spinnen, mehr Schmetterlinge und Käfer, es gibt auch mehr Schnecken und Blattläuse, es gibt mehr von allem. Es gibt mehr Vögel mehrerer Arten, auch solche, die wir vorher noch nie gesehen haben. Der Eichelhäher sitzt auf einem der unteren Äste des Weißdornbaumes, sieht sich lange um und denkt vielleicht so etwas wie: “Ach guck. Auch interessant.” Und dann fliegt er nicht weiter, nein, dann hüpft er nur kurz rüber auf den benachbarten Apfelbaum und setzt sich dort so hin, als wollte er es sich gemütlich machen. Er hat eine etwas arrogante Kopfhaltung, vermutlich weil er so gut angezogen ist, aber er guckt nicht unfreundlich. Es gibt auch mehr Säugetiere, wir haben endlich einen Igel, garden is healing oder was, und guck mal, da ist auch noch eine Kröte. 

Der Unterschied zum Vorjahr ist tatsächlich krass, 2019 war nämlich so ein Jahr, da verleitete der Garten manchmal etwas zu Weltuntergangsstimmung. Da lebte nichts, also außer dem, was wir da gezogen haben, aber so sah das auch aus – als hätten wir daran gezogen. Nichts war üppig. Auf dem Boden krabbelte nichts, durch die Luft schwirrte nichts und es gab nur eine Handvoll Vögel, nie mehr. In diesem Jahr kommt alles von selbst, blüht, wächst, gedeiht, sprießt. Auch die Pflanzen, die wir im letzten Jahr für eingegangen gehalten haben, bei denen wir im Vorbeigehen schon manchmal leise “Exitus” gemurmelt haben, sie erwachen zu neuem Leben, manchmal kommen sie wieder. Es zwitschert und brummt, es singt und sirrt überall, die Vögel umflattern uns. Elster und Krähe hüpfen immer noch auf dem Rasen umeinander herum und drohen sich Schläge an, seit Wochen machen sie das so, da guckt schon niemand mehr hin, nicht einmal die vielbeschäftigten Meiseneltern, wer kümmert sich schon um herumfliegende Jugendliche. In keinem Jahr vorher war bei uns im Garten eine Elster, in keinem eine Krähe. 

Ein paar Stockenten landet und sie prüfen in aller Ruhe, ob es schon wieder frische Rasensamen für sie gibt, da hauen die beiden Raufbolde Elster und Krähe laut fluchend ab, das wird ihnen hier zu seriös, das ist ja ein Ambiente wie im Kurpark. Herr und Frau Ente gehen Seite an Seite leise plaudernd über den Rasen. Sie sind etwas spießig, die beiden, das stimmt schon. Aber sie sind sehr nett. Ich habe ihnen schon oft zugehört, ihr Gequake ist stets beiläufig, ohne Schwere und ohne jede Aggression.

Es ist ein Idyll.

Ich habe keinen Schimmer, warum das alles hier auf einmal so ist, ich freue mich einfach nur. Das ist im Grunde also wie bei den meisten guten Sachen im Leben.

Egal. Weiterlesen.

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