Moby Dicks Ende

Ich will noch eben erzählen, wie es mit Moby Dick ausging. Also nicht mit der Handlung des Buches, ich nehme stark an, das wissen Sie schon, sondern wie es mir mit dem Ende des Hörbuchs erging. Es war nämlich so, dass ich in der Anfangszeit der Coronaphase einmal abends auf dem Sofa lag und mir dachte, jetzt ist es soweit, jetzt hast du definitiv nichts vor, überhaupt nichts, denn die Welt findet ja in absehbarer Zeit nicht mehr statt, jetzt kannst du das große Werk endlich in einem Rutsch bis zum Ende hören, bis der Erzähler da also als einziger Überlebender auf dem Sarg durchs Meer treibt, das ist ja auch eine der Szenen, die man aus dem Film oder auch aus den Filmen kennt.

Ich legte mich also hin und ließ das Hörbuch laufen. Ich war eventuell nervlich etwas stärker beansprucht und allgemein etwas durch, das werden die meisten in den letzten Tagen für sich nicht ganz ausschließen können. Jedenfalls dämmerte ich zwischendurch weg und das Sofa schwankte bald gefährlich, denn es kam Sturm auf und die kreuz und quer über das Deck hastenden Matrosen störten mich erheblich beim Einschlafen; zumal ich nie verstand, was sie mir zuriefen, lauter seemännische Ausdrücke waren das, die mir gar nicht geläufig waren. Es klang aber alles so, als hätte ich dringend mitmachen müssen, als hätte auch ich so wie sie irgendwo ins Tauwerk greifen und ziehen oder pullen müssen, irgendetwas einholen, losmachen, festmachen, vertäuen müssen und dabei brach dann noch ein unfassbarer Regen los, wie er nur in eine Südseesturm möglich ist und das ist übrigens gar nicht so günstig, wenn man nur leicht bekleidet auf einem Sofa auf Deck herumliegt und nicht recht versteht, was eigentlich vor sich geht. Die Herzdame erschien auf dem Achterdeck und wollte etwas, ich konnte sie allerdings nicht verstehen, denn sie rief gegen den Wind, und irgendein Wind war das nicht, das war immerhin ein Taifun. Der Klang von Kirchenglocken wehte darin zu mir und ich fragte mich, wieso die denn bei Sturm läuten, das gab es doch nur früher einmal, auf den Halligen bei Sturmflut oder so, und wieso überhaupt Glocken auf See, hängen die in den Masten oder was – und so ging alles in einem Maße durcheinander, es war eine so unbegreiflich psychedelische Erfahrung, ich bin vermutlich noch nie im Leben so dermaßen gründlich in ein Buch gefallen. Zwischendurch kam es mir auch so vor, als sei es ein kluger und enorm tiefgründiger Gedanke, dass nicht nur der Erzähler, sondern dass auch der Leser die letzte Reise der Pequod überlebt hat und dass man das unbedingt bei allem bedenken und einigermaßen dringend etwas darüber schreiben müsse – das scheint mir bei Licht betrachtet aber keinen Bestand mehr zu haben.

Natürlich weiß ich jetzt nicht genau, wie die letzten Kapitel wirklich abliefen, aber das ist auch egal, ich lass das so stehen, ich weiß ja, wie es ausging. Mehr noch, ich war selbst an Bord, das kann auch nicht jeder behaupten.

Als das Hörbuch vorbei war, rappelte ich mich wieder hoch, es war im Grunde viel zu früh für den Nachtschlaf, selbst für meine seltsamen Verhältnisse. Ich zog mich an und ging noch einmal um den Block, ich ging durch den Bahnhof, wie ich es oft tue. Der Bahnhof war leer, es war der erste Abend, an dem er so leer war, ich könnte also jetzt die Corona-Tage abzählen, welcher davon es gewesen sein müsste, aber es ist auch schon egal. Ich sah über die Bahnsteige, sie sahen aus, als sei es schon tief in der Nacht, dabei war es ein früher Werktagsabend. Tausende hätten da umhereilen müssen, so gut wie niemand war da.

Ich lag gedanklich noch immer bei Melville vor Anker und wage fast nicht, von dem Mann zu erzählen, dem einzigen Mann weit und breit, der mir in der Wandelhalle entgegenkam, und der Ölzeug und einen Südwester trug, obwohl das Wetter nicht danach war, die Szenerie schon gar nicht, das Jahrhundert eigentlich auch nicht. Es wird keine erhellende Erklärung dafür geben. Er gehörte entweder zu einem der benachbarten Theater und lief im Kostüm herum, Zigaretten holen oder so, oder er war zu einer privaten Party unterwegs, die es in diesen Tagen wohl gerade noch gab. Vielleicht war er auch einfach einer der zahllosen Großstadtverrückten oder er war Model und hatte einen Fototermin für irgendwas mit Hamburg und Meer und dergleichen, wir werden es leider nicht erfahren. Er ging einfach nur an mir vorbei, und mit seinen in der leeren Halle gut zu hörenden Schritten verhallte Moby Dick endgültig in mir.

Es war, das wollte ich nur eben sagen, eine einigermaßen spektakuläre Hörbucherfahrung und ich tausche jetzt gerne alle Arten von Drogen endgültig und wild entschlossen gegen die Literatur im Halbschlaf ein. Für meinen Bedarf reicht das so.

***

Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

***

Sie können hier Geld in den nur virtuell vorhandenen Hut werfen, ganz herzlichen Dank! Wenn Sie aber den konventionellen Weg bevorzugen und lieber ganz klassisch überweisen wollen, die Daten dazu finden Sie hier.

 

Es gibt Suppe

Eine kleine Szene vorweg. Es gibt hier im kleinen Bahnhofsviertel eine Dame, die jeder kennt. Sie steht jeden Tag an der Straße und hält einen kleinen Pappbecher vor sich, sie bettelt. Sie ist sehr freundlich, viele Menschen geben ihr ganz routiniert etwas, auch bei Kindern ist das beliebt, seit langer Zeit nun schon. Sie steht da einfach nur und ist nett, mehr macht sie nicht, aber so nett ist sie, das ist schon etwas. Sie sammelt immer nur bis zu einer bestimmten Summe, dann macht sie Feierabend, hat sie uns einmal erzählt, ich weiß aber nicht, wie hoch oder eher niedrig dieser Betrag sein mag. Sie steht da also manchmal nur bis zum frühen Nachmittag und mal bis zum späten Abend, sie kann sehr lange stehen. Manche Menschen gehen einfach an ihr vorbei, manche geben etwas Geld, manche geben etwas Geld und reden noch kurz mit ihr.

Heute Morgen stand sie auch wieder da. Sie steht jetzt aber an einer fast menschenleeren Straße, das ist nun ein mühsames, ein sehr mühsames Geschäft. Und es gibt jetzt Menschen, die kommen da also diese Straße entlang und geben nicht nur nichts, nein, sie machen auch noch einen kleinen oder sogar deutlich größeren Bogen um sie. Sie steht da dennoch immer weiter und lächelt, denn das ist das, was sie wirklich gut kann.

Was ich nur eben sagen wollte – die Ärmsten trifft es wieder besonders heftig, und unter den Armen übrigens noch einmal besonders die Obdachlosen, alle Unterstützung bricht gerade weg. Denn alle bleiben zuhause. Wo bleiben die Wohnungslosen?

In unserem kleinen Bahnhofsviertel gibt es eine lange Tradition der Hilfe für Obdachlose und Arme, die Kirche, auf die ich aus unseren Fenstern sehe, spielt dabei eine große Rolle. Einige werden sich übrigens erinnern, die Herzdame und ich haben uns im Jahr 2015 schon einmal in Kooperation mit der Kirchengemeinde um eine Spendenseite gekümmert, da ging es um die Unterstützung von Gruppen, die damals Geflüchtete versorgt haben.

Unterstützung fehlt auch jetzt, aber das liest man am besten drüben weiter, denn wir haben, wie soll ich sagen, die Band wieder zusammengebracht, die Seite überarbeitet und wir legen jetzt noch einmal los. Die Zeiten sind so, und es ist immer gut, wenn man konstruktiv sein kann, das kann man ja überall nachlesen.

Hier drüben bei Sankt-Georg hilft wieder erklären wir den Rest, es geht dabei nicht nur um Geld, es geht auch um sinnvolle Sachspenden, denn es fehlt jetzt an vielem. Wenn Sie jemanden kennen, der oder die jemanden kennt – manches wird sich vielleicht ganz einfach lösen lassen.

***

Vielen Dank an die Herzdame, der ich diesen Text wieder diktiert habe.

***

Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

***

Der übliche Paypal-Link entfällt heute, wenn Sie einen Euro oder zwei übrig haben, werden Sie doch bitte drüben auf der Seite etwas ein. Es kommt da an, wo es ganz dringend gebraucht wird, ich kann das tatsächlich vom Balkon aus beobachten. Es gibt auch eine Spendenbescheinigung!

Die Opulenz des Jetzt

Den Titel, nicht wahr, den könnte es so auch als Taschenbuch von Suhrkamp gebe. Aber das nur am Rande. Die Kulturbranche streamt und sendet aus Leibeskräften. Jedes Museum, jedes Theater, jede Oper, jeder Verlag macht plötzlich in berauschender Offenheit und üppiger Fülle etwas online, macht viel online, irre viel sogar, in der Gesamtheit geradezu unfassbar viel, man kann darin schier untergehen. Es entsteht eine kulturelle Butterschicht im Digitalen, an der sich Heerscharen von Studierenden in der Zukunft einmal abarbeiten werden können. Bloggerinnen und Blogger wie ich sind da in der angefeuerten Produktion auch keine Ausnahme, auf einmal erscheinen überall wieder Artikel am laufenden Band, wie damals, als alle noch Spaß daran hatten. Man möchte überall Fleißkärtchen verteilen und weiß doch nicht, ob man sich wirklich freuen soll, zum einen ob des Anlasses, zum anderen aber natürlich auch, weil man nicht mehr hinterherkommt.

Ich weiß in all der opulenten Vielseitigkeit gar nicht mehr, wo ich zuerst hinklicken soll, ich bin dann gestern Abend hängengeblieben beim Instagram-Account des Hamburger Ernst-Deutsch-Theaters, auf dem der Schauspieler Sven Walser auftritt wie folgt – er geht auf eine spärlich beleuchtete leere Bühne vor einem natürlich auch leeren Zuschauerraum. Auf der Bühne steht ein Tisch, auf dem liegt ein dickes Buch, daneben brennt eine Kerze. Ein Glas Wasser steht da auch, eine Leselampe, das ist alles. Er nimmt das Buch und liest vor, und wenn die Wahl des Titels ein Hinweis auf die Dauer unseres Ausnahmezustandes ist, dann aber Gute Nacht, Marie, denn es ist der Zauberberg von Thomas Mann, für den brauchen wir eine Weile. Egal, wer wird an die Zukunft denken, wir sind im Jetzt. Alle sind wir auf einmal radikal und hellwach im Jetzt, wie es in gewissen Büchern doch immer schon empfohlen wurde, und dafür haben wir also gar keine Erleuchteten und keine Esoterik gebraucht, dafür brauchten wir nur einen Virus. That was easy!

Im Jetzt jedenfalls liest der Herr Walser, wie Hans Castorp im Gestern und im Zug nach Davos fährt. Bei mir löst das wundersame Reaktionen aus. Denn zum einen erinnere ich mich auf einmal seltsam deutlich an den Text, also an meine eigene Lektüre des Textes vor zig Jahren, das hätte ich gar nicht für möglich gehalten, zum anderen gefällt er mir auf einmal sogar, obwohl ich doch erhebliche Vorbehalte gegen Thomas Mann habe. Aber jetzt – dieser Erzählduktus ist gerade genau das, was ich brauche, um dem alles mitreißenden Mahlstrom der Nachrichtendienste und Ticker eine Weile zu entkommen.

Vielen Dank dafür, ich bin begeistert.

***

Vielen Dank auch an die Herzdame, der ich diesen Text wegen meiner kaputten Gräten größtenteils diktiert habe.

***

Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

***

Sie können hier Geld in den nur virtuell vorhandenen Hut werfen, ganz herzlichen Dank! Wenn Sie aber den konventionellen Weg bevorzugen und lieber ganz klassisch überweisen wollen, die Daten dazu finden Sie hier.

Schnell zwischendurch

Es bleibt hier noch etwa sieben Tage oder etwas länger bei kürzeren und wenigen Beiträgen. Ein Arm spielt nicht mit und mit nur einer Hand geht das alles nicht recht. Obwohl es natürlich viel zu schreiben gäbe, gar keine Frage. Aber vielleicht ist es auch gar nicht so unpassend, sich das alles erst einmal nur anzusehen, es gibt immerhin keinen Mangel an Szenen, Entwicklungen und Meldungen, die man bestaunen kann, aber doch auch erst einmal verarbeiten muss. Auf Twitter, Instagram und FB finde ich gerade deutlich mehr statt, das kann ich alles einhändig, aber einhändig reicht es eben nur für kurze Gedanken und Splitter. Für längere Ausführungen brauche ich unbedingt beide Hände, was wiederum beweist, dass ich eigentlich mit den Fingern denke und mich daher zum wiederholten Male fragen muss, was genau eigentlich mein Hirn macht. Egal.

Eine Anmerkung noch zu der hier vorgestern in den Kommentaren geäußerten Frage, ob man Kulturschaffenden aller Art irgendwie zentral helfen kann. Das kann man m.W nicht, jedenfalls nicht sozusagen branchenübergreifend. Es wäre auch wahnwitzig kompliziert, das zu organisieren. Man kann die Frage aber vielleicht von den Kulturschaffenden lösen und anders herangehen. Ich bin kein Topexperte für Resilienz und dergleichen, aber es erscheint mir doch sinnvoll, wenn jeder zunächst genau da hilft – wie und womit er eben helfen kann, das muss ja kein Geld sein -, wo er sich auskennt oder beheimatet ist, ob nun im Netz oder in der Wirklichkeit. Hegt und pflegt die Timelines und die Hood, seid unbedingt nett und hilfreich zueinander, bildet Trostbanden. Und wenn man das gemacht hat und dann hoffentlich noch etwas übrig ist, an Kraft, Geld oder woran auch immer, dann gibt es genug da draußen, was unbedingt auch noch zu retten ist, angefangen beim Obdachlosen um die Ecke, dem jetzt kaum eine Institution noch hilft.

***

Ich denke an einen schon länger verstorbenen Blogger, ich denke an eine unlängst verstorbene Bloggerin, beide mit ausgewiesener Expertise im Nettsein. Man kann da etwas nachmachen, das passt jetzt. Be kind, wie es auf amerikanischen Seiten immer heißt.

Es ist noch viel zu früh,um sich unterkriegen zu lassen, das stelle ich jedenfalls für mich fest, auch wenn die Lage noch so desolat ist. Oder anders gesagt: Ich übe doch nicht seit fünfzehn Jahren an öffentlichem Humor herum, nur um bei einer Krise sofort einzuknicken, so ja nun nicht. Im Arbeitszeugnis hat bitte zu stehen: “In seiner Rolle als Clown war er stets mit Ernst bei der Sache.”

***

Hinz & Kunzt stoppt Straßenverkauf

***

Der Homeschooling-Wutausbruch

***

Egal, was die Lehrerinnen und Lehrer so an Aufgaben schicken, gehen Sie doch bitte mit den Kindern auch so etwas durch, es ist wichtig: Zehn Tipps gegen die Lügen.

***

Ein Elternblog für diese Zeit

***

Digitale Angebote der Hamburger Öffentlichen Bücherhallen – jetzt kostenlos, falls Sie das verpasst haben.

***

Leider vergessen, durch wen gefunden – die Definitionen für Clusterfuck, SNAFU, FUBAR und Shitshow. Wer weiß, wann man sie braucht.

***

Eine Infoseite und wer sie warum macht

***

Momentan kostenlose Apps und Programme

***

Ein Wiener Psychiater redet über diese Zeit und den Nutzen. Gefunden via Au fil des mots. Mich beruhigt ja schon der Dialekt, was Wiener vermutlich nicht nachvollziehen können. Ich möchte, wenn ich es noch einmal zu einer Therapie bringen sollte, bitte auch einen Wiener Psychiater, der sinnend vom Herumsandeln spricht, wenn er im Gespräch mit mir meinen Tagesablauf bedenkt, doch, der Gedanke gefällt mir. Sehr.

***
Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

***

Sie können hier Geld in den nur virtuell vorhandenen Hut werfen, ganz herzlichen Dank! Wenn Sie aber den konventionellen Weg bevorzugen und lieber ganz klassisch überweisen wollen, die Daten dazu finden Sie hier.

Abenteuer Garten

Ein Text von Maret Buddenbohm, die hier lange nichts geschrieben hat. Manchmal kommen sie wieder! Und der Gatte kann ja gerade nicht recht.

Passend zur aktuellen Zwangspause ist ein großartiges neues (Klein-)Gartenbuch erschienen: „Abenteuer Garten – mein erstes Jahr im Schrebergarten“ von Carolin Engwert im Kosmos-Verlag. Wer Gartenblogs liest, der kennt Caro sicher vom Hauptstadtgarten. Das Buch ist nach Jahreszeiten aufgebaut und behandelt neben einigen kleingartentypischen Themen wie Laubenbau, Abwasser und Komposttoilette auch super viele Themen, die alle Gartenanfänger dringend interessieren werden.

Das Buch "Abenteuer Garten" neben Grühnkohl

U.a. befasst sich Caro mit Gartengestaltung, Beetplanung, Aussaat & Ernte, Schädlingen & Pflanzenkrankheiten, Rasen-, Baum- und Heckenpflege. Caro hat auch DIY-Tipps, wie Ollas oder Hochbeete selbst bauen, Fermentieren, Biodünger oder Kompost selbst herstellen oder Erdbeeren vermehren und eigenes Saatgut ernten. Es gibt auch viele Checklisten und Tabellen, z.B. den saisonalen Erntekalender oder eine umfangreiche Tabelle mit Mischkultur-Kombinationen. Oder eine Mengenempfehlung für eine vierköpfige Familie, eine tolle Idee übrigens.

Eien Seite aus dem Buch "Abenteuer Garten"

Wir gehen inzwischen in den vierten Gartensommer und ich finde im Buch noch 1000 Dinge, die ich noch nicht wusste. Ich bin jedenfalls beeindruckt, was Caro alles mehr weiß als ich, obwohl sie den Garten auch nicht viel länger hat. Wenn es keine Ausgangssperre gibt, kann ich demnächst vielleicht etwas aufholen, man kann ja sonst nichts mehr machen. Und weil das Buch auch noch super schön gestaltet ist, mit vielen selbstgeschossenen Fotos, macht das Lesen gleich doppelt so viel Freude.

Eine Seite aus dem Buch "Abenteuer Garten"

Ich kann es allen Gartenanfängern und Fast-Anfängern sehr empfehlen. Ein super Zeitvertreib zur Überbrückung, bis man endlich wieder raus darf.

Eine Seite aus dem Buch "Abenteuer Garten"

Übrigens war das jetzt unbezahlte Werbung, ist klar ‘ne? Wir kennen Caro, wir kennen ihren Garten, wir finden Caro super. Eigentlich würden wir sie auch gerne einmal wieder besuchen. Aber.

***

Sie können hier Geld für die Umsetzung von Ideen aus Buch in den nur virtuell vorhandenen Hut werfen, ganz herzlichen Dank! Wenn Sie aber den konventionellen Weg bevorzugen und lieber ganz klassisch überweisen wollen, die Daten dazu finden Sie hier.

 

Wo die Bären und die Bücher sind

Kiki braucht Hilfe. Und bietet Bären. Ich sehe in meinen Timelines viele, zu viele, die gerade spontan Hilfe brauchen und würde jeder und jedem am liebsten sofort beidhändig Geld über den Zaun werfen, allerdings ergeht es mir mit meiner Teilselbständigkeit dummerweise nicht anders als ihnen und die Lage ist daher etwas vertrackt. To say the least.

***

Willkommen in Retrotopia

***

Leben mit dem Virus

***

How to protect your mental health

***

Eine komplett ausgedacht klingende Szene, aber so ist es nun einmal im Moment: Im Rewe steht eine ältere Dame vor einem Regal und schimpft über die Ausländer, die uns jetzt das ganze Mehl wegkaufen, während ein Regal weiter zwei vermutlich türkischstämmige Jugendliche laut fragen, ob jetzt alle Deutschen endgültig verrückt geworden seien, oder warum schleppen die da alle plötzlich kiloweise Mehl raus? Hallo? Und die Mitarbeiter des Ladens knien dazwischen, füllen unentwegt nach und murmeln immer wieder: “Leute, Leute …”

***

Ich kann nur ganz kurz und einhändig schreiben, wie bereits gestern angedeutet, das wird auch noch ein paar Tage so bleiben. Heute Morgen beim Arzt gewesen, also beim Orthopäden, das musste sein, war aber eine eher gespenstische Erfahrung, nach Möglichkeit bitte nicht nachmachen.

Die Schulen der Söhne schicken Aufträge, sinnige Aufträge sogar, wobei es ja Abgründe gibt, auf die Nichteltern vielleicht gar nicht kommen. So liegen die Bücher der Jungs natürlich in den Schulen, wie es bei Ganztagsschülern üblich ist – da nützen sie uns aber gerade nichts. An der einen Schule wird es eine Art Materialübergabe am Schultor geben, bei der anderen bisher nicht. Ich lese, dass Schulbuchverlage ihre Bücher online stellen, müsste aber erst einmal herausfinden, welche Bücher es überhaupt sind (“so ein weißes”) und welcher Verlag denn usw., das kostet alles Zeit, Zeit, Zeit. Der Teufel steckt auch hier im Detail.

So ganz einfach ist das alles also nicht, aber die Lehrerinnen und Lehrer sind wahnsinnig bemüht und großartig, keine üble Nachrede meinerseits, ganz im Gegenteil. Die hängen sich rein. Wie stark man sich aber als Elter reinhängen kann und welche Folgen das dann für die schulische Leistung und/oder für die Eltern-Kind-Beziehung hat – die nächsten Wochen werden es zeigen. Ich folge auch hier einfach dem bewährten Motto: “Herr Buddenbohm war stets bemüht.”

Morgen mehr.

***

Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

***

Sie können hier Geld für – ja, für was eigentlich, was hat denn noch auf? Für Kaffee, das wird noch gehen – in den nur virtuell vorhandenen Hut werfen, ganz herzlichen Dank! Wenn Sie aber den konventionellen Weg bevorzugen und lieber ganz klassisch überweisen wollen, die Daten dazu finden Sie hier.

 

So ist das

Der Text des Tages steht heute beim Goethe-Institut, geschrieben noch in Zeiten vor Corona, wie man deutlich und sofort merkt, er spielt in einer geöffneten Bücherei. Also damals.

***

Apropos Bücherei. Da habe ich kurz vor der großen Schließung noch einen letzten Mohnkuchen gegessen, während um mich herum Menschen Berge von Büchern hamsterten und ich folgendes Gespräch zwischen drei Damen neben hörte:

“Na, es ist nun so, wie es ist.”

“Und so ist es dann eben.”

“Genau. So ist das.”

Und das, scheint mir, kann man erstens erstaunlich weit verallgemeinern und zweitens auch eine Weile so stehen lassen.

***

In Quarantäne

***

Nachdem ich neulich den Gap zwischen Medien und Wirklichkeit mehrmals im Blog erwähnt habe, trat wiederum ein fast schon befremdlich pointensicherer Humor des Schicksals zutage und der Gap wurde für eine Weile auf ungeahnte Weise aufgehoben. Was in den Newstickern ist, das ist auch da draußen, ich gucke auf den Bildschirm, ich gucke auf den Spielplatz, hier und dort Menschen mit Mundschutz, ein paar Meter weiter der ungeahnt leere Hauptbahnhof. Hätte ich gestern oder vorgestern das Liveblog zur Wirklichkeit weitergeschrieben, es hätte wie all die anderen Liveblogs geklungen. Wie abgefahren ist das denn?

***

Ich beherrsche mich übrigens nur mühsam, hier ein wirklich schlechtes Wortspiel mit “Schpreppergarten” unterzubringen.

***

Ansonsten neige ich zu Gebrechen neben dem Trend, Schultergelenkentzündung, ich tippe hier also wieder wie ein einarmiger Bandit und muss mich kürzer fassen, als es mir lieb ist. Das wird leider auch noch ein paar Tage so bleiben, sagen die Erfahrungswerte. Vielleicht eher ein paar kurze Einträge mehr, mal sehen. Die Schreiblust vergeht mir so schnell nicht.

***

Nur eine schnelle Erwähnung noch. In der Nacht zum Sonnabend schreit jemand auf der Straße herum, was hier wirklich nicht ungewöhnlich ist, Mitte der der Millionenstadt, das zieht sie eben alle an. Ein Mann steht um 04:30 vor der Kirche und brüllt mit tiefer Stimme: “Das ist die wahre Dreieinigkeit!” Oft brüllt er das, aber erklären tut er es leider nicht, und das ist ein wenig nervtötend, denn man wüsste dann doch ganz gerne, was das denn nun genau ist, die wahre Dreieinigkeit. Die Auflösung kommt aber hartnäckig nicht. Dann brüllt er: “Die Schergen des Todes!”, was eine immerhin erstaunliche Wortwahl für einen dieser meist stark alkoholisierten Brüller ist, die können sich in aller Regel nicht so gewählt ausdrücken. “Die Schergen des Todes” brüllt er, und weiß sicher gar nicht, dass er dabei auf einem ehemaligen Friedhof steht, was in einer Schauergeschichte immerhin ein nettes Detail wäre und also auch absatzlang erwähnt werden müsste. Und dann kommt nur noch der nicht weiter ausgeführte Abgesang, man hört es, während er weiterzieht und leiser wird: “Corona! Corona!”

So also kommt die Nachrichtenlage bei den verwirrten nächtlichen Brüllern an. Fast kann ich es verstehen, ich habe zum ersten Mal seit langer Zeit auch das Gefühl, nicht mehr recht hinterherzukommen und “Corona, Corona”, das hört man in absolut jedem Gespräch, wo, wann und an wem man auch vorbeigeht.

***

Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

***

Sie können hier Geld für Mohnkuchen aus anderen Cafés in den nur virtuell vorhandenen Hut werfen, ganz herzlichen Dank! Wenn Sie aber den konventionellen Weg bevorzugen und lieber ganz klassisch überweisen wollen, die Daten dazu finden Sie hier.

Das Liveblog zur Wirklichkeit

Wie bei Liveblogs üblich, steht in diesem Text das Neueste oben. Sollten Sie also später dazukommen und alles nachlesen wollen, müssten Sie bitte unten anfangen. Wie im richtigen Leben. 

***

18:50 Bebilderung: Vor dem Fenster wird es dunkel, der Blick vom Balkon geht über den Spielplatz, an dessen Rand zwei farbige Kleckse leuchten. Das eine ist eine Zierkirsche, das andere eine Mirabelle, einmal Rosa, einmal Weiß. Für einen kurzen Moment sehen die blühenden Bäume im Restlicht aus, als würden sie aufleuchten. Durch die Sandkiste schreitet ein Vater und sucht wohl etwas, er macht staksende Schritte wie ein Storch auf dem Acker und wir wollen, damit das hier zu einem besinnlichen Ende kommt, uns vorstellen, dass er gleich findet, was er sucht und was ein Kind sicher schon schmerzlich vermisst hat, wir wollen uns vorstellen, dass es wichtig war und dass das Kind zuhause gleich sehr begeistert aussehen wird und dann wird alles doch noch gut. Denn so etwas findet ja auch statt, alle paar Minuten findet das statt.

Und damit gute Nacht. Wie schreiben die Kolleginnen drüben bei den News-Seiten immer, wir beenden das Live-Blog für heute. Morgen früh übernimmt …  Na, und so weiter.

***

18:19 Musik! Wilhelmine, gefunden via Knuspermagier. Der Spaß am Lied kommt rüber, und wie.


***

18:06 Ich habe zwischendurch ein Kapitel Moby Dick gehört. Kapitän Ahab legt sich gerade mit dem Elmsfeuer an, eine der bekanntesten Szenen also. Er ruft den Feuergeist an, der da mitten im Taifun unheilvoll auf den Masten leuchtet, und er ruft einen Gruß, den man sich merken müsste, als literarische Variante von  “Come as you are”, als wesentlich interessantere und tiefere Variante allerdings: “Komm in deiner niedrigsten Gestalt!”

***
17:58 Hier kann man lesen, natürlich im Blogstyle, News gucke ich ja nicht an, wie es einem ergeht, wenn man jetzt krank wird.

***

17:50

Ich habe neulich diesen Scherz auf Twitter gepostet, der erklärt sich übrigens durch Gewichtsabnahme. Ich bin schlanker als im letzten Jahr, deswegen schlackert hier und da etwas, z.B. der Ring. Da das Thema Abnehmen viele interessant finden, eine kurze Erläuterung dazu, wie habe ich das gemacht? Mit der altbewährten KUSS-Methode, also durch Kummer, Sorgen und Stress. That was easy! Und so gut habe ich das gemacht, ich könnte andere glatt bei dieser Methode begleiten, quasi als Kummer-Coach. Wenn es ihnen zu gut geht. rufen Sie mich an! Wir besprechen ihr Leben und ich sage Ihnen, worüber Sie sich Sorgen machen sollten. Viel Kummer unter dieser Nummer, ich arbeite im Moment noch am Marketing-Konzept, aber da geht was.

Schwierig wird es nur, diesen Weg im Frühling weiter zu verfolgen, es kommt ja doch bei passendem Wetter gebietsweise zu guter Laune und Aufheiterungen, ich habe da schon so eine Vorahnung.

***

17:01 Ich stelle mit Amüsement fest, dass der Gedanke, wegen Corona nicht mehr reisen zu dürfen, in mir fast so etwas wie Reiselust auslöst. Die ich natürlich im Zweifelsfall beherrschen könnte, keine Frage. Ich denke aber so gut wie nie ans Reisen, es sei denn, ich darf das nicht – es ist vielleicht doch die Reaktanz, die uns über Wasser hält.

***

16:56 Sohn I macht schon seit einer ganzen Weile Sport in der Parkour-Halle, die bei uns fast um die Ecke liegt und ein Ort mit einer sehr angenehmen Stimmung ist, ich mag das da auch als Zuschauer. Es sind auch schon Blogartikel dort entstanden, weil der Raum für Wartende dafür bestens geeignet ist. Neuerdings macht der Sohn da auch Breakdance, und der Kurs könnte noch einige Anmeldungen vertragen. Für Kinder ab 12, der Kurs ist, wie sagt Sohn I, “very nice”.

Apropos Sohn I, der sorgt jetzt dafür, dass sich Menschen auf der Straße nach uns umdrehen, denn es scheint gar nicht so viele Kinder mit lilafarbenen Haaren in seinem Alter zu geben. Wie sang damals mein Nachbar, der Herr Lindenberg: “’N bisschen punky, gottseidanki.”

***

16:33 Das Wort zum Mittwoch heute hier, es geht um Hiob. Zwar ohne Moral am Ende, dennoch interessant.

***

16:01 Wenn es hier übrigens zu italienischen Zuständen kommen sollte, wenn ich mich etwa ein paar Tage als Schmuck-Eremit in die Laube im Schrebergarten auf der Insel flüchten müsste – ich könnte tagelang so weiter schreiben. Aber Problem – da ist kein WLAN, das wächst da nicht.

***

15:52 Sven fährt wieder Fahrrad durch Hamburg

***

15:49 Im letzten Sommer, so lange geht das hier nämlich eigentlich nach, habe ich vor der Abreise nach Südtirol nicht gewusst, was ich lesen sollte, also ich wusste auf einmal nicht mehr, was mir gefällt. Und dann habe ich mir gedacht, du hast fast dein ganzes Leben lang gelesen, du kannst ja auch mal nichts lesen. Da habe ich also mal, wie wir im Büro sagen, out of the box gedacht. Dann bin ich tatsächlich ohne Bücher in Urlaub gefahren, also ganz ohne, und ich habe, das erinnere ich sehr genau, z.B. so etwas gemacht: Am Fenster stehend beobachten, wie draußen ein Regenschauer durch einen Weinberg zog. Wie es dabei erst dunkel wurde und dann allmählich wieder heller, wie der Regen erst mehr und lauter wurde und dann wieder weniger und leiser, wie nur noch einige silbern blinkende Tropfen zu sehen waren und die dann aber lange, lange, wie es schließlich ganz aufhörte, wie die Sonne wieder durchkam und das Laub in der aufflammenden Hitze trocknete und ich dachte die ganze Zeit, das ist alles sehr schön, super Landschaft auch, erstklassige Berge, mustergültiger Sommer, aber gleich zerreißt es mich.

***

15:35 Im Coffeeshop läuft natürlich diese loungige Musik, die in solchen Läden immer läuft, gerade singt eine Frau immer wieder eine Zeile: “I think you should know”, und die Frau, die einen Tisch weiter sitzt, sieht dabei sinnend aus dem Fenster und es sieht so aus, als habe sie Tränen in den Augen. Bild und Ton passen so dermaßen gut, es ist mir ein Fest.

***

15:15 Heute, früher am Tag: Auf der Toilette im Büro steht ein Kollege neben mir am Waschbecken und sagt, als ich mir die Hände wasche: “Aber schön 20 Sekunden!” Und das ist ja auch erfreulich, dass man sich noch einmal ganz wie als Kind fühlen darf, in Alltagsdingen sorgsam belehrt.

***

15:01 News-Junkie bin ich übrigens schon, seit ich als Kind die erste Zeitung gelesen habe, was übrigens die gewesen sein dürfte, für die ich heute Kolumnen schreibe, ich winke freundlich nach Lübeck. Es ist nämlich gar keine Frage des Mediums, es ist eine Frage der Psyche. Ich halte es nicht gut aus, nichts lesen zu können, wahrnehmen zu können, wenigstens beobachten zu können. Und egal, worum es dabei geht, am besten ist es kurz, dann kann ich schnell weiter, etwas anderes könnte ja noch interessanter sein. Weswegen, das wird vielleicht jetzt noch deutlicher, auch so ein Hörbuch wie Moby Dick für mich eine irre Mühsal ist und ich dabei gewissermaßen meine Komfortzone verlasse, ohne auch nur einen Schritt zu gehen. Das Internet ist, das wollte ich noch eben erwähnt haben, also nicht als schuldig anzusehen. Ich habe früher, Achtung, Opa erzählt vom Krieg, gewisse Tasten auf der Fernbedienung des Fernsehers geradezu durchgerubbelt, weil ich die Bildschirmtextseite mit den letzten Meldungen so oft aktualisiert habe. Es liegt nicht am Medium, nein.

Bebilderung: Ich schreibe dies in einem Coffeeshop, der junge Mann neben mir spricht eine arabisch klingende Sprache und erwähnt oft den Begriff Corona, den er aber in etwa so ausspricht, wie die Spanier Cojones aussprechen.

14:45 In der Cafeteria der Bücherei beugt sich eine Frau vom Nebentisch aus zu mir und fragt: “Kennen wir uns nicht? Wir kennen uns doch!” Ich verneine das wahrheitsgemäß und sie guckt dann aber weiter mit einem Gesichtsausdruck zu mir, als könne das nicht stimmen, als müsse das so etwas wie eine zweckmäßige Lüge sein, aber warum genau lügt der Typ jetzt – und ihr Blick wird immer skeptischer, nachdenklicher und misstrauischer, ich sehe ihr an, dass sie ganz sicher ist, doch, wir kennen uns und sie kommt nur nicht darauf, woher wir uns kennen und es ärgert sie immer mehr, und da habe ich also einer Frau glatt die halbe Stunde mit Kaffee und Kuchen versaut, einfach nur durch meine Anwesenheit. Es ist doch immer ein Risiko, auch nur vor die Tür zu gehen, dazu muss man nicht einmal an Corona denken.

14:15 Ich habe mir auf Anregung von Frau Novemberregen eine Klapptastatur gekauft, sehr handlich und einladend transportabel, die kann ich über Bluetooth mit dem Handy verbinden und dann … dann weiß ich auch nicht. Dann kann ich überall Romane schreiben, ohne dafür ein Notebook mitschleppen zu müssen. Oder Blogartikel, das  vielleicht eher. Also etwa während einer langen Zugfahrt. Das Problem ist nur, ich habe gar keine lange Zugfahrt vor und das Reisen ist momentan eh nicht zu empfehlen,wie man hört, ich werde mir also etwas anderes suchen müssen. Wenn ich etwas finde, blogge ich dann live, rasender Reporter nichts dagegen.

Apropos! Ich reagiere zusehends gereizt auf die ganzen Liveblogs zu Corona gerade. Zum einen, weil sie für mich als Newsjunkie ein erhebliches Suchtpotential haben, zum anderen aber auch, weil ich mir denke, dass der Begriff Liveblog zu Blogs gehören müsste, nicht zu Medienseiten, das wäre doch viel schöner. Zum Begriff “Liveblog” fallen einem nur Desaster und Hysterie ein, das ist überaus bedauerlich. Und wenn ich so drüber nachdenke, ich bin auch jetzt gerade in Versuchung, mich schon wieder vor News-Seiten zu setzen und F5 zu drücken, ich finde das aber gar nicht in Ordnung. Es wäre viel besser, ich würde etwas schreiben. Also für mich wäre das besser, weiter reicht das Denken da noch nicht. Ich müsste etwas schreiben, um mich von News abzuhalten und mich meiner Wirklichkeit zuzuwenden. News reichen auch zur Tagesschau und sind ansonsten Zeitverschwendung, sie halten mich von anderer Lektüre und anderem Erleben ab und überhaupt von allem. Und das möchte man als Autor ja eigentlich dauernd, irgendwas erleben und darauf dann genüsslich etwas herumdenken. Das Erleben kann dabei auch rein geistiger Natur sein, versteht sich, das Aufkommen einer Erinnerung, so etwas in der Art, wozu man den Gedanken aber auch erst Raum lassen muss. Immer will man eigentlich selber denken und kommt dann nicht dazu, weil man sich dauernd damit beschäftigt, das Denken der anderen zur Kenntnis zu nehmen.

Weswegen ich jetzt einfach aus therapeutischen Gründen und zur Suchtbekämpfung heute ein Live-Blog mache und meine sinnfreie Aktualitätsgeilheit mit dem Schreiben verheirate. Gar nicht erst auf eine Gelegenheit warten! Denn das mit dem Warten, das ist auch nur so ein Trick zur Sebstüberlistung. Mal sehen, was dabei herauskommt, ich weiß es doch auch nicht

Also hier heute ein Live-Blog zur Wirklichkeit. Es geht gleich weiter, ich muss nur kurz nachdenken. Aber oben dann, wie das so üblich ist.

***

Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

***

Sie können hier Geld in den nur virtuell vorhandenen Hut werfen, ganz herzlichen Dank! Wenn Sie aber den konventionellen Weg bevorzugen und lieber ganz klassisch überweisen wollen, die Daten dazu finden Sie hier.

Zeitzeichen

Am Sonntagnachmittag habe ich lange, allzu lange Newsticker und Nachrichtenseiten gelesen, hatte dann drängenden Nachholbedarf in Sachen Wirklichkeit und ging daher in den Hauptbahnhof, der ein besonders üppiges Stück Wirklichkeit ist. Mehr wirkliche Personen auf einen Schlag bekommt man hier vermutlich nur in Fußballstadien zu sehen. Durch den Hauptbahnhof rauscht alles durch, Typen, Figuren und leibhaftige Klischees, wenn man da eine Weile im Menschenstrom steht, dann meint man bald alles gesehen zu haben, was in dieser Stadt überhaupt an Menschen vorkommen kann. Das stimmt natürlich nicht ganz, denn es lassen sich gar nicht alle Menschen zum ÖPNV herab und vielleicht auch nicht zu Fernzügen – aber es stimmt doch fast.

Ich habe etwa eine halbe Stunde dort zugebracht und es ist mir fast nichts aufgefallen – da kann man wieder einmal sehen, wie dick die Normalität manchmal aufträgt. Es gab auf den ersten Blick keine beschreibenswerte Szene, es gab keine besonders auffälligen Menschen, also fast keine, aber dazu komme ich noch. Es gab auch kein Bahnchaos oder dergleichen, es gab nicht einmal Straßenmusiker, die sich mit dem Sicherheitspersonal herumstritten, es gab keine Bettler und keine Schlägereien unter den Obdachlosen, es gab, das war fast schon unglaubwürdig, nicht einmal einen Mülleimerbrand. Ein Krankenwagen fuhr gerade einen der Trinker vom Bahnhofsvorplatz weg, aber das ist normal, das fällt nicht unbedingt auf. Das müsste man schon wollen, dass es einem auffällt, etwa für eine Sozialreportage.

Eine Soldatin und ein Soldat in Kampfanzügen schleppten riesige Rucksäcke zu Zügen, das sehe ich seit der neuen Fahrpreisregelung für die Bundeswehr wieder etwas öfter, aber insgesamt doch weiterhin selten, es geht in der Menge unter, dass sich da etwas geändert hat.

Drei Menschen mit Mundschutz habe ich gesehen, und das war also das auffälligste Zeichen der Zeit, das sehe ich sonst nicht, wenn nicht gerade große Touristengruppen aus Asien vorbeigehen, aber die gibt es erst einmal nicht mehr. Eine junge Frau, sie trug einen Mundschutz in hellblau und er passte so dermaßen gut zu ihrem dunkelblauen Mantel und überhaupt zu ihrem betont schicken Outfit, es hätte auch ein besonders hippes modisches Accessoire sein können, er saß auch seltsam perfekt. Sie blieb mehrfach für ein Selfie stehen, schüttelte ihre sicher frisch frisierten Haare und fand sich offensichtlich gut, wenn nicht sogar sehr gut. Und keine Frage, sie sah auch gut damit aus. Die beiden Männer sahen sich zufällig ähnlich, sie waren beide schon etwas älter und in Arbeitskleidung. Wie Männer aussehen, die aus einem Raum kommen, in dem sie gerade stundenlang die Dielen abgeschliffen oder die Decke gestrichen haben oder dergleichen, sie waren gleich groß, gleich alt und sie gingen beide so, als hätten sie Rückenschmerzen oder Knieprobleme, etwas in der Art. Auch die Masken sahen nach Handwerk aus, robust und etwas angeschmuddelt.

Die beiden gingen in der Wandelhalle aneinander vorbei und als Beobachter fand ich, die hätten sich dabei ruhig kumpelhaft winkend grüßen können, ob ihrer erstaunlichen Ähnlichkeit und dann auch noch so auffällig gleich ausgerüstet, aber sie gingen grußlos weiter und einfach ihrer Wege, die Ähnlichkeit habe vielleicht auch nur ich gesehen. Der Gedanke war ohnehin sinnlos, fiel mir ein paar Schritte weiter ein, denn ich grüße ja auch nicht, sobald ich einen Anzug trage, andere Anzugträger kumpelhaft winkend, wo kommen wir denn da hin und was ist das überhaupt für eine Idee. Diese Geste bleibt in Hamburg Busfahrerinnen und Busfahrern vorbehalten, die immerhin machen das verlässlich, wenn sie am Steuer sitzen und ihnen eine oder einer der gleichen Art entgegen kommt, da geht die Hand unweigerlich auf eine besonders lässige Art hoch.

Und mehr Corona war hier erst einmal nicht. Aber wir stehen ja auch erst am Anfang, sagt man. Auf dem Rückweg ging ich an einer Bar vorbei, dort hatten sie etliche Corona-Flaschen ins Fenster gestellt und gefällig drapiert, das war die Deko zur Lage. Passanten blieben stehen und zeigten lachend darauf, guck mal, guck doch mal.

***

Lesen nach Hanau

***

Samira El Ouassil über Kontrollverlust.

***

Wolfgang Michal über Medienkritik.

***

Musik! Mir fällt nur ein Stück mit “Corona” im Text ein.

***

Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

***

Sie können hier Geld in den nur virtuell vorhandenen Hut werfen, ganz herzlichen Dank! Wenn Sie aber den konventionellen Weg bevorzugen und lieber ganz klassisch überweisen wollen, die Daten dazu finden Sie hier.

Die Gottseibeiuns-App

Wenn man, was fraglos angebracht ist, mehr Frauen lesen oder hören möchte, dann hat man, wenn ich das richtig sehe, bei den Hörbüchern auf Spotify z.B. schlechte Chancen, also jedenfalls, wenn man sich eher für etwas ältere Literatur interessiert, da sind Frauen dann kaum zu finden, von der Droste mal abgesehen. Wenn ich mir ansehe, was ich mir da gespeichert habe: Jane Austen ist mit mehreren Romanen dabei, Anna Seghers, Djuna Barnes, Bettina von Arnims Briefwechsel mit dem Gatten, Marie von Ebner-Eschenbach, Irmgard Keun. Aus.

Ich muss das noch einmal alles durchsuchen.

***

Auf meinem Arbeitsweg kam ich bis vor einiger Zeit an einer Glaserei vorbei. Das hatte für mich herkunftsbedingt zwar einen gewissen nostalgischen Wert, war aber sonst nicht weiter interessant, also habe ich da auch nicht weiter hingesehen, weswegen es sein kann, dass es die schon länger nicht mehr gibt. Wie wenig man aufpasst! Dort ist neuerdings ein Laden für seltsame Sitzmöbel, die man wohl mit Fachbegriff Barbierstuhl bezeichnet, Friseurstühle also, eventuell tatsächlich nur in der Ausprägung für Herrenfriseure, Barbershops, ich müsste einmal stehen bleiben und genauer hinsehen. Wenn man Barbierstuhl einmal in die Google-Bildersuche eingibt, dann sieht man da ziemlich abgefahrene Ergebnisse. Es scheint eine ausgeprägte Verbindung zum Retro-Charme und zur Nostalgieberauschung zu geben, womit auch immer das genau zusammenhängt. Der gepflegte Bart zieht den Mann ins Viktorianische oder aber in den Wilden Westen, das wäre auch noch zu ergründen, warum das wohl so ist. Vielleicht waren es die Goldenen Zeiten für ein gewisses Männlichkeitsbild, was weiß ich. Ich wollt’ ich wär Clark Gable, mit Schnurrbart und mit Säbel, wie man vor ein paar Jahrzehnten sang, Moment, ich sehe nach, 1936 war es: “Er lebt, wenn’s hoch kommt, 100 Jahr‘ und bringt’s bei gutem Start, und nur, wenn er sehr fleißig war, zu einem Rauschebart.” Peter Kreuder hat es geschrieben und jetzt, wo ich das gerade nachlese, macht mit erheblicher Verspätung gerade etwas Klick in meinem Hirn. Denn in der Wikipedia steht auch, dass die Melodie zu seinem Schlager “Musik! Musik! Musik!” mit der bekannten Zeile “Ich brauche keinen Millionen …” den späteren Titelsong der Muppetshow ergeben hat, das ist mir unfassbarer Weise nie aufgefallen. Wie wenig man aufpasst!

Was aber wollte ich eigentlich sagen? Als ich da also vorbeiging, an dieser Möbelausstellung für Barbiere, Friseure, wie auch immer, da, genau auf den paar Metern, kam im endlosen Moby-Dick-Hörbuch gerade die Erwähnung einer äußerst marginalen Figur, die vom Namen her sensationell gut zu dem passte, was ich gerade sah, es ging nämlich kurz um Dr. Schniegelscheitel, ein fachkundiger Sprachexperte für Holländisch und Hochdeutsch. Und jetzt sehe ich dauernd einen Laden in Steampunk-Optik vor mir, mit einem prächtigen Ladenschild, auf dem “Dr. Schniegelscheitel” in altmodischen Lettern Bart und Frisurpflege anbietet, und diese Idee ist eigentlich so schön, das müsste jetzt bitte mal jemand übernehmen.

***

Inhaltlich so originell, dass es wirklich heraussticht – ein positiver Artikel über Tiktok. Ich habe Tiktok weder je benutzt noch mehr als ein paar Minuten gesehen, ich habe also gar keine handgeklöppelte Meinung zu Tiktok, aber ich weiß doch immerhin, dass es alle ganz furchtbar finden und dass es bei Kindern und Jugendlichen aus Eltern- und Lehrerinnensicht gerade die allerschlimmste Gottseibeiuns-App ist, und wenn ich Kind wäre, ich würde sie schon deswegen installieren. Logisch. Denn, falls Sie das auch vergessen haben, wie so viele: So funktioniert das.

Wenn ich mich damit aber als Erwachsener, schon gar als Vater, etwas ernsthafter und länger befassen würde, ich würde es vermutlich pflichtgemäß ganz schrecklich finden. Versteht sich.

***

Christa Pfafferott über die Gedenkstätte am Bullenhuser Damm. In die ich mich übrigens, und das meine ich völlig ernst, nicht hineintraue, weil mich schon das Nachlesen der Geschichte jedes Mal fertig macht. Die nicht verurteilten Täter, die Schicksale der Kinder, all das, es ist das Grauen schlechthin.

Unser Garten ist gar nicht weit von da.

***

Die Frau von Hopper.

***

Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

***

Sie können hier Geld in den nur virtuell vorhandenen Hut werfen, ganz herzlichen Dank!