Es starb hochbetagt Alice Munro. Hier ein Nachruf in der FAZ, hier einer im Guardian und in diesem Blogtext ist das sehenswerte Video eines halbstündigen Interviews mit ihr verlinkt. Wie sympathisch ist dabei das, was sie gleich am Anfang über die kleine Meerjungfrau von Andersen sagt, ein hervorragender Einstieg. Aber auch sonst:
„How did you learn to write stories?”
„[…] I had a long way to school.“
Eine einleuchtende Erklärung, ich mochte ihre Antworten. In meinen Timelines ist die Munro allerdings kein großes Thema, wenn man es etwa mit den so emotionalen Reaktionen beim Tod von Auster vor ein paar Tagen vergleicht. Bei ihm war es die große Betroffenheit, die auch etliche Lektüreerzählungen auslöste, bei der Munro ist es eher ein beiläufiges Abnicken und lässiges Winken. Selbst in den Literaturblogs sind die Erwähnungen überschaubar.
Ich verstehe diese Verteilungen manchmal nicht recht. Ich meine es nicht als Vorwurf, vielleicht fehlt mir tatsächlich etwas, um das richtig einschätzen zu können. Aber gut, ihr Alter wird eine Rolle gespielt haben.
Ich habe ihre Erzählungen jedenfalls gemocht. Ich habe auch ihre Meisterschaft in der Kurzform verstanden, glaube ich zumindest, und ich merke mir ihre Geschichten gerne noch einmal vor, zum ehrenden Abschiedslesen später im Jahr. Der vorher zu konsumierende Bücherstapel ist allerdings bereits herrlich hoch. Ich kenne gar nicht alle Texte von ihr, da gibt es noch etwas zu holen, das ist auch schön. Es ist oft etwas bedauerlich, schon alles von einer Dichterin zu kennen, nichts mehr übrig zu haben.
Sie hat Geschichten geschrieben, die man gut ein zweites Mal lesen kann, daran erinnere ich mich. In den Nachrufen der Zeitungen wird sie mit Maupassant, Mansfield, Hemingway und Tscheschow verglichen, und höher kann man kaum greifen.
Wenn Sie noch Urlaubslektüre für den Sommer brauchen, nehmen Sie ruhig die Munro mit. Ihre Texte passen von der Länge her immer zwischen zwei oder Strandbesuche oder Bergwanderungen, und es gibt rund 150 Geschichten zur Auswahl.
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Gehört: Ein Zeitzeichen (13 Minuten) über Henry John Heinz, also über den Mann mit dem Ketchup. Eine amerikanische Erfolgsgeschichte, die als literarische Kurzgeschichte viel zu langweilig und deutlich zu vorhersehbar wäre, bis hin zum Ende, dem so erwartbaren Verkauf des Familienunternehmens und der nun schlechteren Qualität des Produktes. Die Sendung enthält die etwas verstörende Information, dass der Sänger Ed Sheeran ein Tattoo hat, welches eine Flasche dieses Ketchups abbildet. Weil er das Zeug so unglaublich gerne und geradezu leidenschaftlich konsumiert. Man kann dieses Tattoo leider auch per Bildersuche im Internet verifizieren.
Andere Menschen sind immer noch seltsamer, als man ohnehin schon denkt. Vielleicht sollte man es beruhigend finden.
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