Währenddessen in den Blogs

Reisebericht Bornholm. Da vielleicht auch mal hin.

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Eine Erklärung zur Bewegung in den sozialen Medien Richtung Bluesky, die vermutlich zutreffend ist, so scheint es vielen zu gehen, auch wenn im Text Lehrerinnen gemeint sind. Es begeistert mich ganz und gar nicht, wie das läuft, aber gut. Es ist dann wohl so. Ich würde nur nicht allzu sehr darauf vertrauen, dass es dort so lauschig bleibt, wie es gerade allgemein empfunden wird. Nein, tatsächlich halte ich diese Erwartung für geradezu unfassbar naiv.

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Ferien auf Sagrotan (das kriege ich jetzt nie wieder aus dem Kopf). Und im gleichen Blog noch etwas zum Reisen an sich. Und hier noch Urlaub mit Erinnerungen.

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Bei der Kaltmamsell der letzte Absatz zu Wissenschaftsleugnern und Käse. Jo.

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Big ugly Parteien. Aber wem erzählen wir das. Sie und ich wissen es eh, der Rest liest es nicht.

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Sie können hier Geld in den allerdings nur virtuell vorhandenen Hut werfen, herzlichen Dank! Sollten Sie den konventionellen Weg bevorzugen und lieber klassisch etwas überweisen wollen, das geht auch, die Daten dazu finden Sie hier. Wer mehr für Dinge ist, es gibt auch einen Wunschzettel.

 

Es gibt Fisch

Weiterhin Dienstag, der 12. September. Gleich nach der Ankunft auf Helgoland (der Katamaran aus Hamburg legt jetzt vor den Hummerbuden an, nicht mehr im zumindest für Helgoländer Verhältnisse abgelegenen Südhafen, die Wege ins Ortszentrum des Unterlands sind dadurch viel kürzer geworden) bringen wir die Koffer aufs Zimmer mit Aussicht, sehen einen Augenblick hinaus und sind angemessen beeindruckt, denn das Licht, das Meer, die Wolken, der rotweiße Leuchtturm auf der Düne, wie Bilderbuch kann das alles denn sein. Es sieht ein wenig unwirklich aus, ausgedacht von Kulissenbauern für ein Stück mit maritimem Charakter. Und wie gut haben sie das hinbekommen.

Dann essen wir Fish and Chips an den blauen Hummerbuden. Für ein Imbissessen ist das hervorragend, es ist gar kein Vergleich zu dem, was ich etwa in Hamburg in der Innenstadt bekomme, es ist Klassen darüber. Die alarmierenden Warnungen des Imbissbudenpersonals vor den lauernden Möwen sind allerdings tatsächlich so eindringlich, und sie sehen dort so ernsthaft besorgt über die Schultern der Touristen in der Schlange vor ihnen immer wieder nach oben, dass man nach einer Weile geneigt ist, die Ermahnungen lieber ernst zu nehmen. Vermutlich werden sie da auch nicht ohne Grund jedem Gast einen Schirm ausleihen, um ihn beim Essen über sich halten zu können. Es wird gewisse Erfahrungswerte geben, und dann noch dieses Schild, „Deutschlands gefährlichste Fischbude“… Okay.

Die Gäste sehen daher etwas verunsichert immer wieder nach oben und behalten die Möwen, die im Moment eher vollkommen desinteressiert wirken und unverbindlich in das reichlich vorhandene Blau des Himmels starren, genau im Blick. Die essenden Menschen ziehen ihre Schultern hoch, schirmen die Pommes ab und gehen schon in Abwehrposition, wenn der eine Vogel auf dem Dach der Hummerbude da nur mal eben gelangweilt die Flügel weit ausstreckt, wie um sich sportlich zu dehnen, denn man weiß ja nicht, man weiß ja nicht, und hast du gesehen, wie die Möwe dahinten die Frau im Flug gerade angerempelt hat? Ist man schon einmal von einer Möwe angerempelt worden, wo gibt es denn so etwas bitte. Die Warnungen gehen in Wellen von Gruppe zu Gruppe und von Tisch zu Tisch.

Neulich übrigens bin ich im Garten von einer verwirrten Libelle angerempelt worden, und auch das ist schon ein erstaunlich spürbares Vorkommnis. Man rechnet nicht damit, dass man ein Insekt so überdeutlich fühlt, aber eine Libelle hat in vollem Flug schon etwas Kawumm. Na, sagen wir, sie hat immerhin ein Kawümmchen. Es war jedenfalls ein befremdliches Gefühl und ich denke, ein Zaunkönig etwa hat kaum mehr Einschlag, wenn er einen im Fehlflug am Arm treffen würde. Aber das nur am Rande.

Es wird also auf die Möwen gezeigt und es wird erzählt, das hat auf der Insel auch eine schöne Tradition, wie literarisch interessierte Menschen sofort parat haben. Viele wissen Geschichten von anderen Orten und anderen Möwen, in Rostock damals! Weißt du noch! Auf Usedom! Da könnten wir uns sogar anschließen, da hat eine Möwe Sohn II einmal in den Finger gebissen, oder war es doch der andere Sohn. Ich habe längst die Phase erreicht, in der ich die Erinnerungen aus der Kleinkindzeit nicht mehr korrekt zuordnen kann. Oder auf Sylt im letzten Sommer, auf Amrum!

Aber welche Möwenart das nun eigentlich ist, da auf dem Dach der Bude, dieser riesige Vogel da, ob Silber, Lach, Sturm, Mantel, Hering oder was, das weiß kein Mensch, buchstäblich kein Mensch, und es ist im Moment auch keine rettende Biolehrerin oder ein Vogelfreak, wie sie auf Helgoland sehr häufig vorkommen, in Sicht. Jemand sieht auf dem Handy nach, vergleicht Fotos und Wirklichkeit und sagt dann kopfschüttelnd: „Ich weiß nicht, ich sehe das nicht.“

Dann wieder vom Fischbrötchen abbeißen und kauen und sofort noch einmal vorsichtig hochsehen. Man könnte hier mit dem Handy die ganze Zeit Clips aufnehmen, die gewisse Hitchcock-Vibes hätten. Diese ängstlich besorgten Blicke nach oben, die in kalter Berechnung herabsehenden Vögel. Großes Kino gleich in der ersten Stunde auf der Insel.

Und sollte das alles nur inszeniert sein, um das Erlebnis zu verbessern, was ich allerdings nicht im Ernst annehme, es wäre ein ungeheuer gelungener Marketing-Spaß und mir sehr sympathisch.

Nur Minuten später weiß ich allerdings – nein, es ist wirklich kein Spaß und eine Möwe, die im Sturzflug und mit gnadenlosem Killerblick auf einen zukommt, sie ist am Ende doch besser als gar kein Abenteuer. Man ist geneigt, ihnen das Essen freiwillig zu geben, es ist ein wenig wie bei bewaffneten Raubüberfällen in der Großstadt.

Wir gehen unter den kalten, ernsten Blicken der Möwen weiter. Sie haben einen verbittert humorlosen Gesichtsausdruck wie Sam, der blaue Adler aus der Muppetshow damals, allerdings nehme ich an, sie sind nicht so konservativ wie er. Sie sind wohl eher bei den Piraten zu verorten.

Wir gehen durchs Mittelland aufs Oberland und dort die übliche weite Runde zu den Trottellummen und Basstölpeln. Dazu demnächst mehr.

Blick über die roten Felsen von Helgoland

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Weiße Klippen, blaue Vögel

Dienstag, der 12. September. Das Problem beim Reisen ist auch, dass ich dann zu viel schreiben kann. Wir fahren drei Tage nach Helgoland, das ist im Grunde keine romanfüllende Weltreise, aber wenn ich mich gehenlassen würde … dann eben doch. Wobei mir am Ende, versteht sich, die Zeit fehlen würde. Da ab dem Moment des Kofferpackens dieser Sprung aus dem Alltag stattfindet, in dem man auf einmal wieder Aufmerksamkeit für alles hat, jedes Detail registriert, alles bemerkenswert findet und dermaßen auf Empfang ist … ich habe am ersten Tag nicht einmal Notizen gemacht, ich kam mit dem Denken einfach nicht mehr hinterher.

Wäre ich Reiseschriftsteller, was in meinem Fall in Ermangelung chronischen Fernwehs eine einigermaßen absurde Berufsvorstellung ist, ich könnte wohl nur Stop-and-Go-Reisen machen, einen Tag unterwegs sein und hinsehen, einen Tag irgendwo im Zimmer bleiben und dann darüber etwas schreiben, es wäre ein krasser Fall von Slow-Travelling.

Restliches Packen am Morgen jedenfalls. Mit der S-Bahn fahren wir durch eine Stadt im Frühdunst zu den Landungsbrücken. Über der Elbe wabert es, die Hafenbebauungen sind heute freundlich unscharf gestellt und werden erst langsam klarer, während wir auf dem Katamaran nach Helgoland einchecken und das geringe Gepäck abgeben. Es wird nicht sehr voll auf den Decks, die meisten Gäste werden erst später in Cuxhaven zusteigen.

Fluss und Luft haben etwa die gleiche Temperatur. Es sind die Tage, an denen die Hitze für dieses Jahr endet, aber es ist noch spätsommerlich warm, die Stadt glüht nach. Die Farbtöne über der Elbe sind heute besonders geschmackvoll gewählt, ein ausgesprochen freundliches Grau mit einem hellblau angedeuteten Versprechen auf späteres Aufklaren. Man kann den Stand der Sonne schon ahnen, wenn man über die wehenden Wimpel der Schiffe nach oben sieht, aber sie hält sich noch zurück.

Blick über die Elbe Richtung Elphie, vom Deck des Katamarans nach Helgoland aus aufgenommen

Die Fahrt ist ruhig, der auffrischende Wind und das Eintreffen der Kaltfront wurden gerade noch um einen Tag verschoben, es soll uns recht sein.

Wir haben auf der Insel ein Zimmer mit Aussicht auf die Düne im Hotel Rickmers Insulaner, und ich muss den Bezug vielleicht kurz erklären. Das ist hier keine bezahlte Werbung, aber ich habe mit den Betreibern sowohl privat als auch geschäftlich zu tun, ich bin da also auch nicht zufällig. Und es gibt auf Helgoland, Stammleserinnen wissen es seit Jahren, ein Hotelzimmer, das unfassbarerweise nach mir benannt wurde. Wenn Sie im Hotel auf den Hummerklippen nächtigen, können Sie ganz im Ernst das Buddenbohm-Zimmer buchen (es hat einen fantastischen Ausblick), was mir immer noch wie ein besonders attraktiver Literaturpreis vorkommt. Ja, andere haben berühmte Auszeichnungen, schon klar, aber ich habe – hey, ein Zimmer. Wie toll ist das denn.

Blück über den Südstrand auf die Düne vor Helgoland

Zwischendurch haben wir kurz Kontakt mit Sohn II, der gut in England angekommen ist, sozusagen eine Insel weiter, via Dover. Ich denke dauernd an die weißen Klippen, seit ich von seiner Reiseroute weiß, und ich habe von unserem Zimmer aus Blick auf die Fähre zur Düne, sie heißt „Witte Kliff“, ich gehe später an einem Haus vorbei, das ebenfalls „Witte Kliff“ heißt, und ich höre dann eine Weile lang Vera Lynn in Dauerschleife. Den Zeichen im Alltag immer folgen.

In der Wikipedia sehe ich noch den Hinweis, dass die Bluebird aus der ersten Zeile des Liedes in Großbritannien gar nicht heimisch sind, der amerikanische Autor der Lyrics hat es vielleicht nicht gewusst. Aber wer wird es so genau nehmen, in einem gewissen Licht sind fast alle Vögel blau.

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02:30

Montag, der 11. September. Ein ausgesprochen schwieriger Morgen nach nahezu komplett schlafloser Nacht, da ein Sohn auf eine Klassenfahrt geht, die um 02:30 startet. Kann man so etwas bitte verbieten, es kostet hier zwei Erwachsene eine Nacht und damit quasi einen Werktag, den ich jetzt nämlich in einem Zustand durchleben muss, als hätte ich wüst feiernd durchgemacht, meine Güte. Ich hatte schon ganz vergessen, wie sich das anfühlt, aber es fällt mir jetzt doch wieder ein. Ein heruntergedimmtes Denkvermögen wie bei schlimmstem Kater, wobei ich einen solchen seit etlichen Jahren nicht mehr hatte. Lange ist es her und ich vermisse es nicht.

02:30 jedenfalls. Was erlauben Schule! Aber Hauptsache, die Kinder, nein, die Teenager haben Spaß, schon klar, es sei ihnen auch alles von Herzen gegönnt, ich freue mich für sie. Für das begleitende Lehrpersonal, stelle ich mir vor, ist das allerdings auch kein reines Vergnügen.

Es geht nach England, mit der Fähre von Calais to the white cliffs of Dover, nach England, wo sie so seltsames Geld haben, das war im Vorwege schon Thema. Gute Güte, andere Scheine und Münzen! Die spinnen, die Briten.

Um 4:00, nachdem wir endlich wieder eingeschlafen waren, dann eine Schlägerei mit filmreifen Geräuschen (*smack*, *batsch*) vor unserem Haus, es ist alles wieder sehr vergnüglich in diesem so besonders beliebten Stadtteil.

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Ich sehe in den Timelines, dass viele Erinnerungen an 9/11 geteilt werden, da wir alle, die wir es bewusst erlebt haben, noch wissen, was wir zu dem Zeitpunkt gemacht haben, als wir es damals erfahren haben. Oder fast alle. Und so viele Ereignisse mit dieser Wirkung gab es gar nicht, über mein ganzes Leben gesehen. Es mag heute vielleicht überraschen, nehme ich an, dass Dianas Tod für viele ein anderer dieser Momente war.

Bei 9/11 war ich in einem stundenlangen Meeting im Büro, wir verhandelten zu dritt, zäh und mühsam, es war kein gutes Gespräch. Mein damaliger Chef war kurz vorm Durchdrehen, weil er im Büro des Oberchefs nicht rauchen durfte. Der Mann war ohne Zigaretten schnell in höchster Not, er war Gauloises-Kettenraucher in der heftigsten Ausprägung, Pariser Taxifahrer nichts dagegen. Und es zog und zog sich alles, die Argumente kamen im Kreisverkehr immer wieder vorbei, immer noch eine Runde und noch eine. Nach dem vollkommen ergebnislosen Meeting gingen wir aus dem Büro, so erinnere ich es, und würde mich übrigens nicht wundern, wenn es anders war, denn das Gedächtnis lügt wie ChatGPT, und die Büros und Flure waren sämtlich leer. In dem Stockwerk, in dem wir waren, und auch in dem darunter. Es war in diesem Moment schon eine dystopische Situation, denn es konnte einfach keine vernünftige Erklärung dafür geben, es war mitten am Tag.

Es waren dann alle unten im großen Konferenzraum, vor dem einzigen Fernseher weit und breit. Niemand sagte etwas, nur die Stimmen und Bilder aus dem Gerät, und alle sahen dahin. Lange.

Mein Chef hatte später am Tag einen Nervenzusammenbruch. Es gab niemanden, der das nicht verstanden hätte.

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Schreiben, Lesen, Gucken, Denken

Sonntag, der 10. September. Ich sehe den Rest der Doku über die Country-Musik auf arte, so viel habe ich lange nicht mehr am Stück gesehen. Die Herzdame ist den ganzen Tag im Garten, die Söhne sind Gott weiß wo, wie es sich in dem Alter gehört. Ich bin fast den ganzen Tag allein in der Wohnung und ich liebe es. Schreiben, Lesen, Gucken und Denken, fast planlos, fast zeitverschwendend. Lange zuhören, wie eine Kohlmeise auf dem Balkon in emsiger Arbeit eine Erdnuss perforiert, es ist ein allerliebstes Geräusch.

Mir fehlen solche Tage sehr, und ich denke zwischendurch, wenn ich nur ein paar mehr dieser Art hätte, ich wüsste doch etwas besser, wer ich bin. Man kommt nicht nur zu nichts, man kommt auch nicht zu sich, das kann man so auf Kalendern verwenden.

Ein exzellenter Tag ist es, nur viel zu heiß, versteht sich, aber irgendwas ist eben immer und ein Ende der Wärmephase ist immerhin absehbar. Ich durchlebe gerade das Finale, und wenn ich es so sehe, dann geht es. Ein, zwei Tage, die schafft man noch.

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Gelesen: Über Over-Tourism in Hallstatt und über das gleiche Problem auf und am Fuji in Japan. Abends gehe ich noch einmal um den Block, und die Außengastro in meinem kleinen Szenebezirk ist voller denn je. Aufgrund des allgemeinen Sommerfinalgefühls kommen alle noch einmal vor die Tür und drängen sich vor den Kneipen und Cafés um kalte Getränke. Vermutlich wird die halbe Stadt von dem beunruhigenden Gefühl umgetrieben, es könnte der letzte Abend sein, der vorletzte vielleicht, es ist die allgemeine sommerliche Torschlusspanik. Ich habe übrigens sehr, sehr lange gedacht, es hieße Torschusspanik. Ich habe das immer falsch gehört, viele Jahre lang, kam dabei aber auch zu sinnigen Deutungen. Im Wikipedia-Artikel zum Begriff findet man ein historisches Beispiel einer Hamburger Torschlusspanik, guck an.

Egal, man kommt hier jedenfalls an manchen Stellen im Stadtteil kaum noch durch, und die Bilder auf den Straßen passen recht gut, viel zu gut zu den beiden Artikeln.

Außerdem gelesen: In Bov Bjergs Vorweiner, der mir sprachlich sehr gefällt, wie erwartet, und der mich inhaltlich, wie ebenfalls erwartet, komplett überfordert, aber das darf auch einmal sein. Außerdem habe ich etwas in Bukowskis Briefen gelesen und nein, das passt wirklich überhaupt nicht zusammen, aber das macht nichts. Hauptsache Autoren mit B.

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Abgedunkelt abwarten

Sonnabend, der 9. September, ich bin fast wieder in der Gegenwart mit dem Blog, nur ein bescheidener Zweitagepuffer bleibt noch als Denkabstand zum Geschehen.

Nachdem ich gestern so begeistert von der Roberta-Flack-Doku auf arte war, habe ich heute dort mit der neunteiligen Serie über Country-Musik weitergemacht, hier die erste Folge mit der Carter-Family und Jimmy Rodgers als Anfang von so ziemlich allem. Sehr gerne gesehen, und wieder viel gelernt. Man muss kein Country-Fan sein, um das sehen zu wollen, es gibt genug Querverbindungen in andere Genres, es ist einfach Kulturgeschichte, auch Weltgeschichte. Ich schaffe immerhin die ersten vier Folgen der neunteiligen Doku-Reihe, obwohl ich dafür gar keine Zeit habe, es lockt mich also enorm. Es gibt aber auch fantastisches Foto- und Filmmaterial zu sehen, ich könnte dauernd anhalten und genauer hinsehen oder auf Youtube etc. nach weiteren Aufnahmen der Songs suchen. Aber wo kommt man da hin.

Ansonsten ein Tag zum Abwarten, bei abgedunkelten Fenstern und eingeschaltetem Ventilator. Ich recherchiere für ein Projekt und stelle überrascht fest, dass ChatGPT und andere mir nicht mehr etwa 75% Schrott, Halluzinationen und Lügen liefern, sondern 100%. Es ist tatsächlich alles völliger Unsinn, es sieht aber auf den ersten Blick hervorragend aus, entspricht also vollkommen den erwartbaren Wahrscheinlichkeiten. Aber gar keine gültigen Ergebnisse mehr? Sollten meine Erfahrung übertragbar sein, hat sich die Software in den letzten Monaten schon signifikant verschlechtert. Und da es um ein enges Thema geht, zu dem es nicht viel gibt, also im Sinne von nicht Hunderttausende Treffer, sehe ich auch, dass da nicht etwa breit gesucht wird, sondern nur ein höchst überschaubarer Kreis von Ergebnisseiten durchflöht und dann immer wieder sinnlos umgetextet wird, es läuft wirklich sehr schlicht.

Ich gehe zwischendurch zur Bücherei und lese etwas nach, wie so ein Mensch aus dem letzten Jahrhundert. Ich schreibe etwas aus einem Buch ab und fühle mich ebenso altmodisch wie wohl dabei.

Abends mit der Herzdame ein Bier in der Außengastro am Fluss, damit sind wir in diesem Sommer immerhin zweimal dazu gekommen. Keine schlechte Quote.

Ich sehe nebenbei einen Hinweis auf ein Theaterstück, das mich interessiert, da könnte man doch mal – und damit bin ich dann gedanklich wieder im Herbst, in der nächsten Saison, und ich bin so etwas von bereit.

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Eingerastete Empörung

Freitag, der 8. September. Gestern gesehen: Diese Doku auf arte über Roberta Flack. Wobei alle Dokus über schwarze Sängerinnen, Künstlerinnen etc., kategorisch immer auch Lehrstücke über Rassismus und Feminismus sind. Wenn es nicht mehr so wäre, dann hätten wir endlich etwas erreicht, aber mein Optimismus hält sich da in engen Grenzen. Wir fallen, so scheint mir, in der Geschichte gerade eher wieder hinter die 70er und 60er zurück, mit dem weltweiten Erstarken der rigiden Rechten und all den immer gewöhnlicher werdenden religiös verbrämten moralischen Herrschaftsansprüchen aus diversen Richtungen. Eine schauderhafte Entwicklung ist das für mich als Kind der 60er und 70er, und es nützt mir nichts zu wissen, dass es in der Geschichte immer wieder diese Rückschläge gegeben hat und sie den Fortschritt letztlich doch nicht aufgehalten haben. Ich habe dann wohl gerade Pech mit der Phase. Vorsicht beim Geburtszeitpunkt!

Gute Doku jedenfalls, viel gelernt. Roberta Flack war z.B. die direkte Nachbarin von John Lennon, und ich mag es sehr, dergleichen erzählt zu bekommen. Hier noch ein anderes Video von ihr, eine lange, fantastische Version von Suzanne.

Beim Abendspaziergang, als es endlich wieder kühler in der glühenden Stadt wurde, habe ich weitere Lieder von ihr gehört, auch die von dem Album „Killing me softly“ von 1973, bei dem man den Klavierdeckel vorne auf dem Cover so hochklappen konnte. Das Album stand im Plattenregal meiner Mutter, das ich einmal, an einem langen Herbstabend vielleicht, komplett rekonstruieren müsste. So viele Platten waren es gar nicht, vierzig vielleicht in der Zeit, bevor ich eigene kaufte, und ich nehme an, mindestens die Hälfte müsste mir recht schnell wieder einfallen.

Ich könnte den Söhnen kaum erklären, wie oft wir diese Platten damals gehört haben. Wir hatten ja nichts, da ist man gleich wieder bei der alten Leier.

Bob Dylan live at Budokan, so etwas. Ein Doppelalbum von Elvis mit pinkfarbenen Platten, das war damals sehr abgefahren. Melanie Safka, das Cover war in roten Tönen, aber ich finde es gerade nicht im Internet … im Grunde ist es doch eine schöne Denksportaufgabe. Kinski spricht Villon, ach, ich hör schon auf. Später einmal mehr.

Ansonsten Home-Office, Alltagsklimbim, es ist alles nicht berichtenswert. Die lokalen Medien bejubeln währenddessen die Cruise-Days, bei denen etliche Kreuzfahrtschiffe die Luft der Stadt verpesten und abends noch Feuerwerk in den Dunst geschossen wird. Ich könnte mich aufregen oder nicht aufregen, es kostet beides Kraft. Empörungsfasten, das hatte der Herr Korten, die Älteren erinnern sich, einmal eingeführt, und eine dumme Idee war es tatsächlich nicht, auch mit einigem zeitlichem Abstand betrachtet. Denn die Empörung ist im Dauerzustand eine wenig nützliche Haltung, so sinnvoll und richtig sie in vielen Momenten zunächst auch sein mag.

Eingerastete Empörung ist allerdings eine erschreckend allgemein verbreitete Grundhaltung und ich denke, man muss ab und zu prüfen, ob man betroffen ist.

Andererseits: Cruise-Days. Herrje.

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Lottrige Kinder und verlauste Affen

Mittwoch, der 6. September. Wir werden am Morgen ungewohnt hektisch wach und springen in unsere Kleidung, denn es riecht ums Bett herum intensiv nach Feuer, nach Hausbrand. Sehr deutlich riecht es danach, kein Versehen ist möglich, es brennt, es muss dicht sein, im Haus, im Nebenhaus vielleicht, um die Ecke – wir wissen leider, wie das riecht, und es gab ja in der letzten Woche erst eine Erinnerung ein paar Häuser weiter, als dort ein Dachstuhl gleich zweimal brannte. Die Herzdame rennt runter und vor das Haus und guckt, wo Rauch herkommt, ob aus irgendeinem Fenster … aber es nicht bei uns, es ist ein Steakhouse am Platz um die Ecke. Da brennt die Küche, und ein kleines Feuer scheint das nicht gerade zu sein, der Rauch zieht weit durch den Stadtteil. Ich sagte es bereits, die Gegend hier ist mir im Moment entschieden zu actionlastig.

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In der Hamburger Morgenpost sehe ich später eine Schlagzeile mit einem trocken lapidaren Update zur Pandemie: „Corona und Grippe – Hamburger sterben wieder früher.“ Es wird uns mit erstaunlicher Beiläufigkeit Lebenszeit abgezogen, aber es macht nichts weiter, es regt niemanden mehr auf. Weit sind wir gekommen in den letzten Jahren, Seltsames haben wir erreicht.

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Donnerstag, der 7. September. Wetterbericht: Mir ist das Headset im Home-Office zu warm.

In den Medien geht es um „lottrige Kleidung“ bei Schülern, ich denke mir diese Wortwahl nicht aus. Wir sind also wieder im Jahr 1968 gelandet, zumindest ungefähr; ich sage meinen Friseurtermin ab und lasse alles wachsen, es wird schon passen. Lottrig! Ich komme gar nicht darüber weg. Wie lange habe ich das Wort wohl nicht mehr gehört.

Ich höre mir mehrfach einen Song von 1970 an, es hilft meiner Stimmung wieder etwas: „Wir sind verlauste Affen.“ Manchmal muss man doch auf die Klassiker zurückgreifen und weiß dann auch wieder, wie und warum sie entstehen konnten. Auch das ist eine Form des Geschichtsunterrichts.

Zur weiteren Erheiterung stellen wir uns bitte vor, dass der Bundeselternrat auf die gleiche Weise zustande kommt, wie alle Elternvertretungen, dass also in einer Menge von nach einer Lehrerinnenansage minutenlang peinlich schweigenden Menschen irgendwann drei, vier endlich aufgeben und gottergeben sagen: “Na gut, okay, ich mach’s“. woraufhin alle anderen sie sofort und sichtlich erleichtert sämtlich per Handzeichen bestätigen, und dann ist der Tagesordnungspunkt erledigt.

Und eine, es ist immer eine Frau, holt dann einen Block und einen Kugelscheiber raus und schreibt auch noch Protokoll.

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Später Elternabend in einem viel zu heißen, viel zu lauten Klassenraum. Ich verstehe die Beschwerden des Sohnes jetzt besser, obwohl ich nur anderthalb Stunden dort war. Jeden Tag acht Stunden dort– eine anstrengende Vorstellung.

Ich halte es ohnehin für einen unterschätzten Aspekt bei all den Schuldiskussionen, dass wir dem Nachwuchs fortwährend Belastungen verschiedener Art zumuten, längst nicht nur bezogen auf Räume, die wir für uns selbst gerne ausschließen möchten. Es ist nämlich so, dass der Nachwuchs das merkt. Problem.

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September-Song

Ein aktuelles Update: Ich habe für das Goethe-Institut etwas Abschließendes zum Sommer 23 geschrieben.

Dienstag, der 5. September. Am Morgen gelesen: Die Tigermücke in Frankreich, die Abwehrmaßnahmen. Demnächst dann vermutlich auch in Ihrem Theater.

Der Sommer zeigt ansonsten in der Nachspielzeit noch einmal, was er so draufhat, und wenig ist das in dieser Stadt nicht gerade. Ich hänge entsprechend in den Seilen, arbeite im Home-Office stöhnend neben dem Ventilator und mühe mich redlich, die letzten Hitzetage wenigstens denjenigen zu gönnen, die auf so etwas stehen. Ich bin allerdings bestenfalls mäßig erfolgreich darin, und wenn ich auf wunderbare Weise die Temperatur für diese Stadt gesamt runterregeln könnte, ich würde es hemmungslos tun und vom Balkon aus den Herbst verkünden.

Ich verifiziere später in historischen Tondokumenten, wie der September früher war, und da heißt es „kühl“, eindeutig heißt es da “kühl.“ Meine mittlerweile vage gewordene Erinnerung stimmt.


Auf dem Tisch, an dem ich im Wohnzimmer arbeite, liegen noch die Geschenke von den Geburtstagen der Söhne, verstreute Weingummis auch und Luftschlangen. Die Pappkrone, die das jeweilige Geburtstagskind immer beim Auspacken der Pakete aufgesetzt hat; sie hat jetzt viele Jahre und Feiern mitgemacht und sieht daher ziemlich hinüber aus, angestoßen, zerknickt und eingerissen, die Spuren der Jahre. Bis zur Volljährigkeit des ersten Sohnes hält sie wohl nicht mehr durch, aber sie hat es immerhin fast geschafft. Im Luftzug des Ventilators zittert über mir eine Girlande mit bunten Elefanten aus Papier, die ist auch so alt wie diese Krone, aber noch gut in Schuss. An die kam keiner an, sie hing immer zu weit oben. Ritualisiert habe ich mir jedes Jahr einen Stuhl herangezogen und die Schnur mit einer Stecknadel in der Raufaser ganz oben an der Wand befestigt, das war immer der Anfang dieser Feiern für mich. Die zerstochene Stelle in der Wand, das waren die Geburtstagselefanten.

Nachmittags fahren wir noch einmal in den Garten, es gibt ein Familienabendessen draußen. Feta mit Tomaten aus unseren Beeten vom Grill, für die Söhne wieder etwas anderes. Jedes gemeinsame Abendessen im September kann das letzte im Garten für dieses Jahr sein, so oft schaffen wir es nicht zu viert dorthin. Und das Saisonende naht, auch wenn es noch unfassbar heiß ist in der Stadt.

Frisch geerntete Tomaten auf einem weißen Teller

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Am Abend sehe ich noch ein Film, „Am goldenen See“ auf arte, mit Katharine Hepburn und Henry Fonda (seine letzte Rolle), Jane Fonda (zu der ich schon einmal „Hello“ gesagt habe, als ich neben ihr stand, soviel Angeberei muss schon sein – mehr fiel mir dann allerdings nicht mehr ein). Von 1981 ist der Film. Es geht um grantelnde Senioren, ich fühle mich vom Thema angesprochen.

In der Wikipedia sehe ich, dass der Hut, den Henry Fonda in vielen Szenen trägt, Spencer Tracy gehörte, Katharine Hepburn hatte ihn Fonda zu den Dreharbeiten geschenkt. Solche Details mag ich, der Film fällt ansonsten trotz großartiger Besetzung wohl eher unter rührselig, was durch den arg lieblichen Soundtrack noch erheblich unterstützt wird. Aber bereuen muss man das Ansehen auch nicht.

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Währenddessen in den Blogs

Die wunderschöne Fuchsstute vor meinem Fenster, die mit sehr unterschiedlicher Begeisterung das Wetter anzeigt.

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Eine Buchrezension für den Freundeskreis Tagebücher und auch für Menschen mit Interesse an NS-Geschichte, es soll da ja den einen oder anderen Gegenwartsbezug geben.

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Apropos Bezüge zur Gegenwart, Herr Rau bekennt sich zum Nichtwissen, und auch in den Kommentaren geht es ratlos zu.

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Auch mal wieder einen Instagram-Account empfehlen: Kristopher Shinn. „Shooting film on the ferries“, in Seattle. Ruhige Bilder, gefallen mir sehr.

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Es gibt einen neuen Roman von Wolf Haas

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Jochen steht vor Rätseln

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Gillamoos als Teilvolksfest

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Ein kritischer Rückblick auf die Dornenvögel, die Älteren erinnern sich.

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