Vollkommen andere Menschen

Donnerstag, der 31. August. Ich habe gestern noch nach neuen Serien geguckt, ich habe aber keine gefunden, ich interessiere mich einfach nicht genug für all das. Dabei fand ich das Seriengucken beim Kochen recht nett, aber ich werde wohl eine Pause machen müssen, bis mir wieder etwas zufällt, an dem ich hängenbleiben kann. Es ist etwas irritierend, durch Netflix oder andere Streaming-Dienste zu scrollen und dauernd zu denken: „Ach nee, das nicht. Und das nicht. Und das da – bloß nicht.“ Es wäre manchmal deutlich einfacher, einen Geschmack etwas mittiger im Mainstream zu haben, also etwa Krimis zu mögen, Action oder Fantasy, es gibt doch immer genug Auswahl in diesen Genres. Man kann sich diesen Teil seiner Neigungen wohl nur schwer passend zurechtbiegen, aber es ist so wahnsinnig unpraktisch, schwierig zu sein.

Ich habe dann, das wird hier noch zur Gewohnheit, noch einmal eine Art Krimi nur wegen der Kulissen angefangen, Brügge sehen … und sterben? Die Stadt sieht sehr verlockend aus, man möchte gleich die Koffer packen. Aber gut besetzt ist der Film auch, keine Frage.

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Es kam noch einmal Geschenkpost, ganz herzlichen Dank! Und zwar gab es „Bedrohte Bücher“ von Richard Ovenden, Deutsch von Ulrike Bischoff. Ein Buch über Bibliotheken und Archive, da kann ich mich beim Lesen wieder kurz an meinen schönen Titel Dipl.-Bibl. erinnern, das habe ich schon lange nicht mehr gemacht. Viele Grüße nach Tetenbüll!

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Grundsätzliche Überlegungen zur Handy-Fotografie

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Ansonsten stürmt das SEK der Polizei eine Wohnung auf meinem Einkaufsweg, auf der Suche nach einer Waffe, mit der jemand auf meinem Weg in den Garten neulich erschossen wurde. Ich aber gehe mit meinem Einkaufstrolley an allem vorbei oder auch hindurch und murmele stoisch: „Gehobene Wohnlage.“

In dem Moment, in dem ich dieses schreibe, höre ich von draußen schon wieder Polizeisirenen in einem Ausmaß … Noch zwei, drei Minuten und ich sehe in den lokalen Medien nach, was diesmal um die Ecke passiert ist.

Okay. Es war nur eine Drogenrazzia. Nix weiter passiert.

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Im Vorübergehen gehört – ich habe lange nichts mehr in dieser Rubrik notiert, ich möchte es gerne wieder aufleben lassen – habe ich einen Satz, den eine ältere Frau zu einer weinenden, jüngeren Frau sprach, die sie an der Hand hielt, es sah mütterlich aus, die Körperhaltung so tröstend zugewandt, aber das kann selbstverständlich täuschen: „Was du jetzt brauchst, das sind vollkommen andere Menschen.“ Die Jüngere schluchzte nur und antwortete nicht, die beiden stiegen in einen Bus.

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Später Elternabend. Es gibt nichts Negatives zu berichten und keinen Grund, sich aufzuregen. Auch mal schön.

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Freitag, der 1. September. Home-Office am offenen Fenster, es ist frisch, es wird mir am frühen Morgen fast etwas pulloverig zumute. Nur fast, aber es ist ein äußerst angenehmes Gefühl, Sekunden vor der Gänsehaut, dann steigt die Temperatur doch wieder ins Sommerlich und der Raum wird warm, allzu warm.

Ich habe heute 30jähriges Firmenjubiläum im Brotjob, und durch den Umstand, dass ich zuhause arbeite, wird der Abstand zu der Zeit, in der ich dort begonnen habe, noch größer. Was für ein Unterschied, technisch gesehen, wie sehr war Arbeit damals mit dem Gebäude und auch mit greifbaren Gegenständen verbunden. Menschlich ist es selbstverständlich auch ein großer Unterschied, es war ein anderes Land zu jener Zeit, eine andere Kultur, ein erheblich anderer Alltag.

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Eine Meldung über Rückgang beim Autoverkehr. Das finde ich faszinierend, weil es meiner wahrgenommenen Realität nicht entspricht. Womit ich nicht meine, dass ich Recht habe oder etwas besser weiß, es fällt mir nur nicht auf, dass da etwas weniger wird. Ab wieviel Prozent merkt man wohl was? Ich merke bisher nur, dass alle immer schneller und also auch lauter fahren.

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In den Foodblogs erscheint nun ein Kürbisrezept nach dem anderen, Kürbis, Kürbis kommt an alles. Der orangefarbene Pumpkin-Spice-Alltag im September.

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Sie können hier Geld in den allerdings nur virtuell vorhandenen Hut werfen, herzlichen Dank! Sollten Sie den konventionellen Weg bevorzugen und lieber klassisch etwas überweisen wollen, das geht auch, die Daten dazu finden Sie hier. Wer mehr für Dinge ist, es gibt auch einen Wunschzettel.

Von Kneipe zu Kneipe

Ich habe mir, nachdem mir freundlicherweise ein Invite geschickt wurde, Bluesky angesehen, noch so eine Social-Media-Plattform. Wenn man wie ich eine Twitter-Facebook- Etc.-Vergangenheit hat, kann man sich dort leicht seine mehr oder weniger gewohnte Timeline zusammenklicken, aber das konnte ich bei Mastodon auch schon und habe nicht ganz verstanden, warum das einigen so überaus schwergefallen ist. Es sieht ansonsten aus wie Twitter und kann naheliegenderweise ähnliche Dinge wie Twitter, und da viele aus der Timeline dort auch schon vorher auf Mastodon waren oder noch sind, ist es jetzt in etwa so, also sei man auf einer großen Party mit allen Freunden und Bekannten, und die Party zieht dann irgendwann am späten Abend eine Kneipe weiter, wobei man, wer kennt es nicht, ein paar Leute verliert und ein paar dazukommen, woher auch immer. Einige Typen hat man länger nicht gesehen, einige gerade eben erst. Und es ist dann eher egal, wie die nächste Kneipe heißt, aussieht und möbliert ist, man hängt eben immer noch mit derselben Gang herum, mit der man sich gewohnt gut unterhalten kann und immer wieder die alten Witze über die alten Themen macht, nur hat man jetzt nur auf einmal neue Sitznachbarn und hört daher für einen Moment andere Leute reden. Aber das durchmischt sich dann irgendwann auch wieder neu und unterm Strich ist es wohl online so wie offline, die Kneipe ist eigentlich egal, solange der Wirt kein Nazi ist oder auf die Tische kackt. Das Verrückte, das Surreale ist nur, wenn man noch einmal zur ersten Kneipe zurückgeht – dann sind die Leute noch da, mit denen man doch gerade woanders hingegangen ist, und sie führen hier wie da exakt die gleichen Gespräche, sie sagen sogar dieselben Sätze. Unheimlich.

Wenn ich beide Plattformen über Apps auf dem Smartphone betrachte, sind sie für mich kaum zu unterscheiden und ich vergesse nach einigen Scroll-Momenten, wo ich gerade bin. Ich weiß nur, Ex-Twitter kann es nicht sein, denn ich habe die App nicht mehr, aber es sah natürlich auch so aus.

Die Grundfunktion ist und bleibt bei all diesen Diensten simpel, eine schreibt was, eine antwortet, wie auch immer da der Hintergrund designt ist, mir ist das auch recht egal. Ich weiß, einige ziehen sich mit schon erstaunlich emotionalem Einsatz an Detailfunktionen hoch, quoted posts, Listen, Hashtags, Gifs und dergleichen, ich bin da wohl nicht empfindlich. Ich möchte, wenn etwa Frau Novemberregen schreibt, dass sie Hitze doof findet, darunter kurz schreiben können: „Ich auch.“ Außerdem möchte ich posten, wenn ich etwas Neues gebloggt habe, wie andere Bloggerinnen auch. Das können wir so jedenfalls auf allen textbasierten Plattformen, das ist bis dahin simpel und vermutlich leicht reproduzierbar. Das ist der elementare Sinn dieser Dienste im Alltag für mich und ja, ich weiß, man kann das berechtigt anders sehen, journalistische Interessen, politische usw., schon klar. Ich rede nur von mir.

Warum aber auf Bluesky so viele und so oft schreiben, dass es dort besser sei, obwohl es doch im Erleben der Nutzerinnen eher gleich ist, das kommt mir schon, wie soll ich sagen, etwas seltsam vor. Und diejenigen, die sich so vehement über die Erfahrungen mit belehrenden anderen Usern auf Mastodon beschweren, die drücken das manchmal, nun ja, verblüffend belehrend aus. Es ist jedenfalls ein seltsames Spiel und ich verstehe vielleicht die Regeln nicht ganz, siehe auch der Rest des Lebens.

Welchen dramatischen, entscheidenden Vorteil Bluesky also haben soll, das erschließt sich mir noch nicht. Die Nachteile verstehe ich ein wenig eher und sehe auch einige sofort, allein der Gründer. Und man kann auch, das wiegt fast noch schwerer, wieder hinterher nicht bearbeiten und korrigieren, was man gepostet hat, meine Güte, da waren wir doch jetzt technisch schon weiter auf Mastodon.

Ob es jetzt im Ernst sinnvoll sein kann, auf beiden Plattformen dauerhaft Gleiches zu posten, wie es manche oder sogar viele gerade tun – ich weiß ja nicht, das war schon bei Mastodon und Twitter unbefriedigend. Oder ob die Party irgendwann doch wie von selbst in zwei oder mehr Teile zerfällt, die sich irgendwie halbwegs klar definieren lassen? Hier die neunmalklugen Nerds, dort die kalauernden Komikerinnen, die pöbelnde Politikbande usw.? Ich würde es viel interessanter finden, wenn es überall gemischte Verhältnisse gäbe. Ich könnte sicher auch zwei Plattformen als Spielplatz nutzen, aber dann wäre es für mich deutlich schicker, sie wären irgendwie unterschiedlicher. So wie jetzt ist es auf Dauer nicht gut.

Ich fühle mich vorerst auf Mastodon wohler. Das ist in der letzten Zeit nun einmal meine Stammkneipe geworden, und dass sie keinem Verrückten gehört, das ist mir doch recht sympathisch. Ich schließe aber auch nicht vollkommen aus, dass ich irgendeinen entscheidenden Vorteil von Bluesky (jemand schlug vor, es polnisch auszusprechen, das fand ich schön) tatsächlich nicht verstanden habe.

Wie auch immer, ich stelle jedenfalls unterm Strich zufrieden fest, dass ich nennenswert weniger Zeit in diese Themen investiere als früher. Etwas hat sich doch geändert, und es ist vermutlich nicht schlecht für meinen Seelenfrieden.

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Währenddessen in den Blogs

Über Oberstufen in den späten Achtzigern. Es entspricht in etwa auch meiner damaligen Wahrnehmung. Und es ist natürlich schwer, sich das noch korrekt vorzustellen, aber ein Flugblatt wie das der Gebrüder Aiwanger hätte vermutlich einen eher riesigen Skandal ausgelöst. Ich kann mir nicht recht vorstellen, dass man das erfolgreich heruntergespielt hätte. Man darf aber auch gar nicht zu lange an die Achtziger denken, denn dann fällt einem unweigerlich wieder auf, wie omnipräsent Nazigedankengut seitdem in den öffentlichen Debatten wieder geworden ist. Es war damals doch entschieden seltener Bestandteil des medialen oder erlebten Alltags. Was für eine unfassbar traurige Entwicklung.

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Ein Update aus Frankreich zum in der Luft liegenden Thema Familienpfiff, in den Kommentaren etliche Ergänzungen.

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Ich sehe die erste Rezension zum Vorweiner von Bov Bjerg, hier noch eine weitere und auch die Kaltmamsell schreibt darüber. Ich habe noch nicht in das Buch hineingesehen, aber es liegt hier bereit und ich freue mich darauf, obwohl es weit außerhalb meiner literarischen Komfortzone zu liegen scheint.

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Unterwegs

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Anke über die Arbeit in Archiven

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Ein Interview mit Frédéric Valin über Inklusion, Behinderung und die Pandemie.

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Eine definitiv gruselige Therapiegeschichte.

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Gehört: Die neue Folge der Lage der Nation, wieder interessant zum Thema Migration.

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Weitere Links auch diesmal bei Kiki.

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Verlorene Jahre

Dienstag, der 29. August. Erstmalig wieder eine einstellige Temperatur am Morgen, aber die Wohnung glüht noch nach. Es dauert eine Weile, bis das ganze Gebäude auskühlt.

Ich lese wenigstens flüchtig die Nachrichten nach, die Sache mit der Kindergrundsicherung etc. Ich habe den starken Verdacht, dass bei allen, die da auf dem Begriff „Erwerbsanreiz“ herumreiten, eine eher infame Geisteshaltung dahintersteckt und vielleicht in keinem einzigen Fall etwas tatsächlich Wohlmeinendes, Hilfsorientiertes, Humanes, Soziales.

Erwerbsanreize, Abwählreize.

Gestern probierte die Herzdame am Abend Kleider und anderes an, wobei ihr die Frisur nervtötend oft im Weg war und sie sie kurzerhand etwas ruppig reffte und mit einem Haargummi dergestalt bändigte, dass ich einen Scherz über die Ähnlichkeit zu einer von Kohlhiesels Töchtern machte – und sie mich dann mangels Kenntnis dieses alten Films vollkommen verständnislos ansah, ich also in dieser kurzen Sequenz deutlich weiter ins Großvaterhafte, Seniorige vorrückte. Es gibt Sätze, mit denen verliert man Jahre.

Letzte Woche, das habe ich nicht erwähnt, brannte hier um die Ecke ein Haus, gleich zweimal an einem Tag sogar, es entzündete sich irgendwas erneut, nur ein paar Stunden, nachdem das beeindruckende Großaufgebot von Feuerwehr und Polizei wieder abgerückt war. Es brennt, über die ganze Zeit gesehen, die ich in diesem Stadtteil wohne, etwa alle 3 Jahre bei uns um die Ecke. Oder auch direkt unter uns, wie in dem einen Fall damals, als die Nachbarin den Herd angelassen und dann stundenlang das Haus verlassen hat. In Anbetracht dieser Brandfrequenz werden in dieser Gegend sämtliche Feuerwehrzufahrten doch erstaunlich konsequent und verlässlich zugeparkt, aber das ist sicher wieder so eine Angelegenheit mit regelorientierter, muffiger Vernunft einerseits und fröhlicher Freiheit, Freiheit andererseits. Vielleicht aber fehlen auch nur die Tiefgaragenanreize, was weiß ich.

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Ein Sohn, der gerade ausgeprägt keine Lust auf gar nichts hat, auf keine Anreize reagiert und lieber nicht mitmachen möchte, woher auch immer er das bloß haben mag, erklärt mir seine Verweigerungen wortreich mit seiner aktuellen Vorliebe für Diogenes. Also der Philosoph damals in dem Fass in Korinth, der sich auch nicht einfach angepasst hat, ganz im Gegenteil – ich vergebe still und vergnügt bildungsbürgerliche Pluspunkte. Viele. Auch wenn das Wissen nicht aus Büchern kommt, wie es damals bei uns noch selbstverständlich gewesen wäre, but the times, they are a-changin …

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Den „Stoner“ von John Williams durchgelesen, es ist ein sehr gutes Buch, dicke Empfehlung. Eine ruhige Angelegenheit, das scheint mir passend für den Frühherbst zu sein.

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Unentwirrbarer Alltag

Montag, der 28. August. Am Sonntagnachmittag der erste Spaziergang nach dem für mich stets fürchterlichem Hochsommer bei endlich wieder akzeptabler Außentemperatur, bei 19 Grad. Ich gehe durch die Hafencity, in der schon wieder neue Gebäude wachsen. Ich finde dort nichts schön, ich finde nur alles sehr urban, ordentlich aufgestapelt und immerhin gut temperiert, aber auch das ist nicht nichts. Es gibt schlimmere Gegenden in dieser Stadt und es ist immerhin verlässlich menschenleer dort am Hafen, zwischen den Neubauten und Baustellen. Ich gehe daher eher beschwingt und genießend, geradezu federnd. Es ist mir eine große, eine wirklich große Freude, wenn ich Ende August draußen wieder atmen kann. Ich atme ab und zu ganz gerne.

Blick über einen Elbeseitenarm und die Hafencity an den Ufern

Menschen sitzen auf Bänken in der Hafencizy, neue Gebäude, Kräne am Horizont

Und ich weiß, es ist noch deutlich zu früh, aber ich rüste, kaum dass ich wieder zuhause bin, im Übermut meinen Kleiderschrank schon auf Herbst um. Ich finde es immer belebend, im Kleiderschrank die Saison zu wechseln. Wobei ich gar nicht so viel Kleidung besitze, dass es da viel zu wechseln gäbe, aber hinterher liegt dann jedenfalls alles immer sehr ordentlich, adrett und Naht auf Naht, ich liebe das. Dem inneren Spießer Raum geben, und sei es nur in einem Schrank.

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12 Grad am Montagmorgen, es ist zu und zu schön. Auf dem Land wäre es jetzt sicher noch ein wenig besser, mit etwas verwehendem Nebel über den Weiden und Gräben, mit zwei, drei Rehen am Waldrand und dunklen, reifen, taubenetzten Brombeeren am Weg, aber gut, man kann nicht alles haben. Und ich habe hier immerhin die Ringeltauben im Holunder auf dem Spielplatz unten, die Meisen in der Mirabelle daneben und die segelnden Möwen hoch über der Kirche. Na gut, und den lallenden Betrunkenen an der Straßenecke, den habe ich unweigerlich auch im Bild.

Am gestrigen Abend The Kominsky Method weitergesehen, während die Herzdame wieder zum Tanzen aus war. Die Serie wird allerdings in der dritten Staffel ohne Alan Larkin nicht besser. Aber nun mache ich es, wie die Herzdame es machen würde, ich gucke stoisch fertig. Auch hier ein späteres Update: Die Serie endet ausgesprochen nett und ich merke, mit so etwas rechne ich gar nicht. Wie überaus konventionell, eine Art Happy-End. Auch mal schön.

Ich habe beim Kochen (Lohikeittto) einen Historien-Podcast gehört, in dem es um einen Vorfall ging, den ich gründlich vergessen hatte, den Abschuss eines südkoreanischen Flugzeugs durch die Sowjetunion im Jahr 1983. Interessant darin die wiedergegebene Rede von Ronald Reagan, allein schon sein Tonfall – es fällt einem doch wieder ein, was man geschichtlich bereits alles mitgemacht und erfolgreich wieder verdrängt hat. Interessant aber auch der Zusammenhang des Vorfalls mit der allgemeinen Einführung von GPS, das war mir nicht klar.

Ansonsten unentwirrbarer Alltag, um Effizienz bemühtes Herumgewusel und nagende Unzufriedenheit mit fortschreitenden Verstrickungen, auch Staunen über neue Knoten und Schlingen im Gewirr der To-Do-Fäden.

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Auf den Wegen weiter den Lenz gehört, „Der Überläufer“, Burghart Klaußner liest das hervorragend, man ist sehr in den Szenen.

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Menschenleer, neblig und verregnet

Sonntag, der 27. August. Ich werde um 4 Uhr 30 von der verrückten Nachbarin geweckt, sie hört „I will always love you“ von Whitney Houston in Stadtteilfestlautstärke. Und ich weiß, da es quartalsmäßig auftritt, dass dann bald wieder „Heal the world“ von Michael Jackson folgen wird, etwa zwanzigmal wird sie es im Laufe des Vormittags mindestens abspielen, dabei immer noch etwas lauter werdend. Heal the world, make it a better place. Meinetwegen könnte sie dabei gerne mit ihrem Auszug anfangen, for you and for me and the entire human race.

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Gestern habe ich mit der Herzdame noch zwei Folgen einer Krimiserie auf arte gesehen: „Trom – Tödliche Klippen.“ Das interessiert mich inhaltlich eher nicht, Krimis sind nicht mein Ding, aber es spielt auf den Färöer-Inseln, da kann ich also Kulissen und schöne Landschaften gucken. Und nebenbei auf dem Handy alles zur Inselgruppe nachlesen. Wer da aber in den Folgen wen warum umgebracht hat – mir doch egal. Das ist kein Werturteil, es hat mit der Qualität der Sendung nichts zu tun, es ist nur mein Geschmack, also kein Maßstab für überhaupt nichts, abgesehen von meiner Freizeitgestaltung. Vielleicht ist es sogar ein hervorragender Krimi, mir fehlen da generell auch die Kriterien und Vergleichsmöglichkeiten. Ich füge hier eben ein späteres Update ein, nachdem wir alle Folgen gesehen haben: Nein, es ist wohl eher kein guter Krimi, die Dialoge sind gegen Ende hin dermaßen deppert und aufgesetzt, hohl runtergeplappert, um dem Publikum nur bloß alle Informationen zu geben, das kann nicht gut sein. Es endet zudem mit einem Cliff-Hanger, und es wurden dann allerdings keine weiteren Folgen gedreht, wie fatal ist das denn.

Aber die Straßen, die da durch die menschenleeren, nebligen oder verregneten Landschaften führen, die könnte ich mir stundenlang ansehen, die sind grandios. Da könnte man kaum entlangfahren, ohne pausenlos „Gott, ist das großartig“ zu brüllen.

Auf den Inseln da oben wird es gar nicht richtig kalt, dort liegt auch kaum jemals Schnee, das wusste ich nicht. An Tagen in zu warmer Dachwohnung wirkt das Wetter dort jedenfalls nicht unattraktiv auf mich. Es hat für den Freundeskreis 12 Grad ganzjährig viel zu bieten.

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Nebenbei sehe ich, dass die Ringeltaube, die ich vermutlich im Plural bezeichnen sollte, aber für mich ist es einfach immer derselbe Vogel, nach mehreren Monaten der intensiven Konkurrenzbeobachtung tatsächlich gelernt hat, mit den Erdnüssen auf dem Balkon umzugehen. Also im Rahmen ihrer Möglichkeiten, versteht sich, es haftet ihren Bemühungen dabei stets etwas Trampeliges, Clowneskes an. Aber sie hat es jetzt jedenfalls raus, die Erdnüsse aus dem kleinen Blumentopf, in den ich sie jeden Morgen lege, auf den Balkonboden zu werfen und die Schalen dort dann zu zerhacken, was wohl keine leichte Arbeit für sie ist. Sie braucht lange dafür und von gezielter Aktion kann kaum die Rede sein, sie rät wohl mehr, was da zu tun ist und sieht dabei aus, als würde sie sich fortwährend über positive Arbeitsergebnisse wundern. Es ist auch eng auf dem Balkonboden, zwischen den Stuhl- und Tischbeinen und den Blumentöpfen und Pflanzenständern, sie hat nicht genug Bewegungsfreiheit da unten für einen doch so stattlichen Vogel, und sie rempelt daher unentwegt alles an, es scheppert, es lärmt. Wir haben einen Flatterpoltergeist vor dem Fenster, es rumort und randaliert dort. Wenn ich nachsehen gehe und die Balkontür öffne, hat die Taube nicht genug Zeit, aus der arg eingeengten Lage herauszukommen und rechtzeitig vor mir zu fliehen, sie sitzt dann da kurz erstarrt unter dem Tisch auf ihren hart erwirtschafteten Erdnusstrümmern, sieht konsterniert zu mir hoch und hat dabei einen Gesichtsausdruck, als würde sie jeden Moment im Tonfall von Miss Piggy „Mon Dieu!“ rufen.

Die Kohlmeisen, die sich solche Szenen vom Dach aus mitansehen, lachen hysterisch. Hast du gesehen, die Taubentrulla wieder.

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Ein Dorf verschwindet im tauenden Permafrost

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Zur Kenntnis genommen

Sonnabend, der 26. August. Morgens emsige Textarbeit, solange der Rest der Familie und überhaupt der Stadt noch schläft.

Nach dem aus meiner Sicht stets späten Familienfrühstück gehe ich in die Innenstadt, um Hosen zu kaufen, die mir online entschieden zu schwierig zu erwerben sind, ich scheine eine Spezialfigur zu haben, keiner Norm genügend. Ich gehe in eines dieser darbenden Kaufhäuser und stelle wieder und nur äußerst ungern fest, dass sie auch einfach keine Kunden haben wollen, es sind schier unbegreifliche Erfahrungen, die man dort macht. Die Verkäufer verweisen bei Fragen auf jeweils andere Verkäufer, weil angeblich nur der andere etwas im System nachsehen kann, wenn es um Lagerbestände, Größen und Farben geht. Was ich mir zwar nicht vorstellen kann, aber wenn es so sein sollte … meine Güte, gar nicht erst darüber nachdenken.

Wie aber kommt man heute zu Hosen, wenn man nicht -zig Retouren produzieren möchte und Kaufhäuser eher ungastlich findet, es ist mir allmählich ein Rätsel. Ich googele Maßschneider, ich staune dann kurz über die Preise. Ich denke lieber noch weiter nach und trage alte Hosen auf, sie werden schon noch Weile reichen, verschlissen wir ihr Besitzer.

Ich fahre später in den Garten, in dem die Herzdame und Sohn II schon sind. Ich bringe ihnen Kuchen mit, es wird höchste Zeit für die Pflaumensaison. Der Kuchen gibt sich fotogen im Gras, er ist allerdings nennenswert zu sauer, in den Früchten keine ruhig gereifte Sommersüße. Wir essen ihn dennoch tapfer mit eskalierender Mimik und haben das jetzt also abgehakt, wenn auch nicht allzu freudig. Aber falls der Herbst allzu hastig über uns hereinbrechen sollte, meinetwegen. Ich habe die letzte Sommerpflicht heute erledigt. Been there, done that, ich habe keine sommerlichen To-Dos mehr.

Ein Teller mit Pflaumenkuchen, auf Rasen abgestellt

Ich höre auf meinen Wegen den Podcast Die Lage der Nation, in der in zweifelsfreier Deutlichkeit festgestellt wird: „Der Bundeskanzler lügt die Menschen an.“ Nichts an dieser Folge könnte die Laune heben, aber man will ja halbwegs informiert sein.

Es ist manchmal ein harter Job, alles zur Kenntnis zu nehmen.

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Dies und jenes anprangern

Freitag, der 25. August. Die Kaltmamsell und auch andere hatten es bereits verlinkt, aber ich wiederhole es, weil es wirklich interessant ist, das Interview mit Elisabeth Bronfen. Halten wir in der Gesellschaft Ambivalenzen schlechter aus, weil wir weniger Zeit haben oder weniger Zeit auch nur zum Denken aufzuwenden bereit sind? Das sind schon Gedanken, die man weiterführen kann, nicht wahr.

Mit meiner Annahme, dass die unblogbaren Probleme mit dem nahenden September wieder die Lage dominieren würden, lag ich dummerweise richtig, obwohl wir nach Kräften alles tun, es nicht zu einer self-fulfilling prophecy werden zu lassen, wir sind da nämlich so weit aufgeklärt. Herrje. Ein schlechter, ein sehr schlechter Tag. Alles mühsam veratmen.

Der versprochene Regen kommt ansonsten nicht, die gründliche Abkühlung kommt auch nicht, nicht einmal die Wolken kommen. Ich stehe am frühen Morgen auf dem Balkon und hadere mit allem, ich prangere dies und jenes an, aber wenigstens mache ich das leise. Es gibt genug andere Verrückte, die hier den ganzen Tag laut brabbelnd und mit dem Schicksal verbal ringend durch den Stadtteil laufen, viel zu viele gibt es davon, zu denen möchte ich freiwillig nicht gehören.

Kathrin Passig über Blogs:

Wir lesen Blogs nicht mehr so wissentlich wie vor 15 Jahren, „ich rufe diese Seite in meinem Browser auf“ oder „ich abonniere diesen Blog“. („Abonnieren“ bestand darin, dass man den Blog in den eigenen Feedreader aufnahm, aber Feedreader sind so erklärungsbedürftig geworden wie Wählscheibentelefone.) Ein Großteil von dem, was wir in unsere Social-Media-Timelines gespült bekommen, sind technisch gesehen in Blogs erschienene Beiträge. Aber wenn wir anderen davon erzählen, sagen wir nicht „stand im Nachtleuchtende-Grottenolme-Blog“, sondern wahrscheinlich nur „hab ich irgendwo gelesen, find ich jetzt nicht wieder“. Das Kassenbon-Textformat hat sich so flächendeckend durchgesetzt, dass es unsichtbar geworden ist.

Man möchte sich ja boomerhafte Sätze, die mit „Man …“ beginnen, gerne verkneifen, aber dass die Menschheit Feedreader mehrheitlich nicht verstanden hat – man kann einfach nicht aufhören, sich darüber zu wundern, nicht wahr, wenn man die Hochphase dieser unfassbar nützlichen Tools erlebt hat.

Aber gut, ich fühle mich bei dieser Feststellung mittlerweile auch schon wie jemand, der immer noch ein Wählscheibentelefon hat und nicht aufhört, dessen Vorzüge zu preisen.

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Knick und Kapitelende

Donnerstag, der 24. August. Schulanfang. Einer geht nun in die zehnte Klasse, wie fortgeschritten klingt das denn, einer geht in die achte Klasse. Morgens wieder knurrende, murrende Kinder, die unmotiviert im Weg herumlungern, aber danach, wenn sie dann weg sind, gibt es hier zwei freie Schreibtische zur Auswahl. Es hat also auch etwas Gutes. Okay, nur für mich. Aber immerhin.

Ich sehe auf Mastodon jetzt häufig Meldungen zu Bluesky, es werden dort Parallel-Accounts eingerichtet, es gibt wohl auch eine Abwanderungsbewegung dorthin. Ich habe da bisher keinen Account, das stellt für mich eine Neuerung dar. Früher, und dieses früher ist nicht allzu lange her, wäre ich vor Neugier schier eingegangen, heute warte ich das alles entspannt ab. Vielleicht sehe ich es mir einmal an, um zu wissen, worüber sie da alle reden, vielleicht mache ich das aber auch nicht. Kommste heut nicht, kommste morgen, meine Güte, was bin ich gelassen, so kenne ich mich gar nicht. Es hat doch etwas, dergleichen etwas ruhiger zu betrachten. Und das ist hier zwar nur eine persönliche Anmerkung, sie lässt sich aber vermutlich mühelos in den kulturhistorischen Kontext einfügen – die große Zeit der sozialen Medien ist mit einiger Sicherheit vorüber. Wie überhaupt das Internet, wie wir es kannten, so nicht mehr existiert, man wird später diese Phase, in der Twitter einging und gleichzeitig die AI auftauchte und alle Suchergebnisse zuverlässig komplett vermüllte, mühelos als Knick ausmachen können, als ein Kapitelende. Der Rest ist Nostalgie, Opa erzählt von Twitter und Google.

Es ist ansonsten auch der erste Morgen mit kühlerer, dunklerer Anmutung. Ich stelle es mit großer Zufriedenheit fest und weiß recht sicher, ich werde erst wieder Mitte Januar endgültig genervt vom Wetter sein. Bis dahin wird mein weitgehendes Einverständnis mit der Jahreszeit, dem Regen und der Temperatur etwa reichen, so zumindest der Erfahrungswert, und tatsächlich ist meine Zufriedenheit über die Stimmung dieses Morgens so groß, ich könnte sie auch unter der alten Rubrik „Was schön war“ verbuchen.

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Hier ohne jeden Zusammenhang eine Aufzählung, welche europäische Stadt wie oft in der Literatur seit 1920 vorkommt. Überraschend fand ich darin nur Porto. Na, vielleicht auch Brüssel.

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Und es kam tatsächlich noch einmal Geschenkpost, ich danke herzlich für das Treibhaus vom ollen Koeppen. Sehr schön!

 

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Im Bild ein Hausboot auf der Bille, gegenüber der Billerhuder Insel.

Ein lilafarbenes Hausboot auf der Bille

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Währenddessen in den Blogs

Ein Verriss zu John Irving, der sich nachvollziehbar liest. Wobei ich ihn schon sehr lange nicht mehr gelesen habe, ich bin eher der Hotel-New-Hampshire-Nostalgiker. Das wird mir bleiben und auf eine Art ewig nachklingen, das war damals ein gutes Leseerlebnis. Selbst wenn das Buch nicht gut war, ich würde es gar nicht wissen wollen.

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Gröner über Turner

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Die Kaltmamsell über den Familienpfiff. Einen solchen gab es bei uns auch, ich könnte ihn allerdings nicht fachgerecht beschreiben und die Erinnerung daran ist mir auch eher unangenehm. Er wurde von meiner Mutter rege eingesetzt, etwa am Strand. In meiner eigenen Familie habe ich nichts dergleichen eingeführt, es pfeift auch im Umfeld niemand nach seinen Kindern. Nein, wirklich niemand, auch nach längerem Nachdenken fällt mir kein Beispiel dafür ein, ich höre dergleichen auch nicht vom Spielplatz unten vor der Tür. In der Firma hat mich vor vielen, vielen Jahren einmal eine Kollegin darauf hingewiesen, dass man ja immer wisse, wo ich sei, wegen dieser dauernd gepfiffenen Melodie … ich wusste gar nicht, was sie meinte, ich pfiff das sozusagen nicht mit klarer Absicht, es war so eine verinnerlichte Selbstverständlichkeit für mich, beim Gehen machte ich das eben. Die Titelmelodie von Pippi Langstrumpf war es, und ich habe sie von dieser Stunde an nicht mehr gepfiffen. Glaube ich jedenfalls.

Und auch herzliche Glückwünsche nach München, ins andere Bahnhofsviertel, das Blog der Kaltmamsell wird 20.

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Weitere Links wieder bei Kiki

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