Links am Morgen

Für Deutsche scheint es schwer auszuhalten, einfach nur zu sein. Deswegen muss man sich Aufträge geben, Projekte erfinden und dafür in langen Schlangen vor Baumärkten anstehen. Oder: 30 days of yoga.

Wobei in meinem Umfeld fast niemand auch nur eine Chance auf Langeweile hatte, in den letzten Wochen. Ich würde Langeweile vielleicht ganz nett finden, ich komme nur nicht dazu. 

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Was am Home-Office eher nicht so toll ist.

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Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

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Online-Baby-Kurse mit der Herzdame

Ein Text von Maret Buddenbohm, die neuerdings online singt

Corona sorgt ja wirklich für die absurdesten Geschichten. Nicht nur, dass die ganze Welt gerade eingesperrt zu Hause sitzt und all diese Dinge, ich mache gerade etwas, von dem ich nie gedacht hätte, dass das jemals möglich gewesen wäre.

Wie vielleicht einige hier wissen, gebe ich einmal in der Woche in einer Familienbildungsstätte in Hamburg-Harburg Babykurse. Die nennen sich hier DELFI-Kurse. Deutlich bekannter sind PEKIP-Kurse, beides ist aber recht ähnlich. Ich habe da vor 10 Jahren mal eine richtige Ausbildung mit Zertifikat und so gemacht.

Bei meinen DELFI-Kursen begleite ich fast das komplette erste Lebensjahr eine feste Gruppe mit acht gleichaltrigen Babys und ihren Eltern (tatsächlich kommen in meine Kurse auch viele Väter, weil sie am Nachmittag stattfinden). Wir treffen uns einmal in der Woche in einem wirklich warmen Raum (Bikramyoga ist nichts dagegen …), in dem die Babys nackt ihre Umgebung und sich gegenseitig entdecken dürfen. Es gibt für den Entwicklungsstand entsprechende Anregungen und Spiele für die Kinder, welche die Bewegungs- und Sinnesentwicklung unterstützen sollen, außerdem Informationen und Erfahrungsaustausch für die Eltern. Ein besonderes Anliegen ist mir, dass die Gruppe zusammenwächst und auch über den Kurs hinaus Bestand hat, sowie dass die Eltern Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten gewinnen, das ist ja nicht immer ganz einfach.

Wir waren gerade mittendrin und dann kam Corona – von heute auf morgen keine Treffen mehr. Für mich war das am Anfang ganz okay, nach zehn Jahren auch mal eine kleine Kurspause zu haben.

Das Bedürfnis der Mütter nach Austausch und Kontakt ist aber geblieben. Also habe ich mein Kurskonzept auf Online umgestellt. Denn das machen irgendwie alle gerade, meine Tanzlehrer, die Swingbands, Theater, Autoren… Aber ein Konzept, welches ausschließlich auf direktem Kontakt und Austausch basiert digitalisieren? Und dabei die Babys, die normalerweise pädagogisch wertvolle Spielanregungen von mir bekommen, jetzt mit wenigen Monaten schon vor den Bildschirm setzen? Geniestreich oder Schnapsidee?

Noch bevor ich überhaupt einen Plan dafür hatte, habe ich den Müttern meine Idee mitgeteilt. Der eine meiner beiden Kurse konnte sich das nicht vorstellen, der andere fand die Idee sofort super. Also habe ich dann ein paar Tage über dem neuen Onlinekonzept gebrütet und danach den Kurs gestartet. Das Ganze funktioniert jetzt so:

Es gibt einen Onlineteil per Videokonferenz und dann eine Reihe Anregungen, was die Mütter im Anschluss mit ihren Babys und ggf. den Partnern machen können, als „Homework“ sozusagen. Unsere Onlinetreffen sind kürzer als die normalen Treffen, weil ich glaube, dass das sowohl die Mütter als auch die Babys sonst zu sehr stresst. Aus Datenschutz- und Sicherheitsgründen bleiben die Babys dabei angezogen.

Wenn alle online sind, müssen wir auch schnell mit unserem Begrüßungslied starten, bevor die Kleinen versuchen die Bildschirme abzuschlecken oder durch das Flimmern und die schrabbeligen Geräusche überdrehen. Wir machen dann jeder für sich und alle gemeinsam ein paar Sing- und Bewegungsspiele, so dass erstmal die Kinder zu ihrem Recht kommen. Und DAS ist für mich eine echte Herausforderung. Ich kann ja leider überhaupt nicht singen (schon immer die beste Vorrausetzung für Babykurse und eine echte Challenge für mich…) und jetzt muss ich mir dabei auch noch per Videokamera zusehen! Und damit nicht genug, wir singen aus technischen Gründen ja alle zeitversetzt. Die Mütter sind mir beim Singen und mit den Handbewegungen und Gesten immer eine Spur hinterher. Das bringt mich dann wieder total aus dem Konzept. Und zu wissen, dass die Restfamilie nebenan in der Küche sitzt und sich vor Lachen kaum auf dem Stuhl halten kann, macht die Sache dann auch nicht besser. Der Gatte meint auch, ich rede und singe viel zu laut. Aber ich meine, er hat zu sensible Ohren, sie sind ja auch sehr groß. Ich bin also froh, wenn wir die Lieder dann hinter uns gebracht haben.

Die Herzdame am Notebook

Dann sind die Mütter an der Reihe. Ich lasse sie berichten, wie es ihnen geht, wie sie die letzte Woche verbracht haben und ob es etwas Neues bei den Kindern gibt. Oft ergeben sich daraus auch Fragen zu verschiedenen Themen oder ein reger Austausch über Probleme und Tipps dafür. Das ist dann auch der Teil, wo die Kinder anfangen unruhig zu werden und oft auch laut. Einige nutzen die Zeit dann, um ihre Umgebung zu verwüsten oder einen Angriff auf das schöne, blinkende, technische Endgerät, mit dem sich Mutter da so intensiv beschäftigt, zu starten. Manchmal ist auch der Platz vor der Videokamera plötzlich ganz leer und man hört nur noch im Hintergrund Gebrüll. Aber eigentlich ist es nichts anderes als auch im echten Leben, wenn sich die Mutter einmal länger als 2 Minuten unterhält.

Je nach Zeit und Intensität der Quengeleien machen wir dann noch ein paar Sing- und Fingerspiele. Und dann gibt es „Hausaufgaben“ von mir. Dafür denke ich mir Bewegungsanregungen oder etwas zur Entwicklung der Sinne aus, Kleinigkeiten, die ich normalerweise im Kurs gemacht hätte und die die Eltern mit einfachen Mitteln auch zu Hause machen können. Außerdem stelle ich jede Woche Bastelideen für „Babyspielzeug“ aus Haushaltsgegenständen vor, Rezepte für Beikost, Lesetipps zu Themen, die im Kurs gerade aktuell sind, sowie neue Lieder, die die Eltern per Youtube lernen können. Das gibt es dann noch mal zusammengefasst als PDF.

Wir singen noch unser Abschlusslied und dann ist eine Stunde schon um. Aus der Küche kommt dann wieder Gekicher und für einen Moment finde ich meine Familie echt doof. Aber ich glaube, den Müttern gefällt es (sie achten im besten Fall auch mehr auf ihr eigenes Singen) und es tut ihnen gut, zu reden und miteinander Zeit zu verbringen. Und die Babys genießen es, im Hintergrund das Kinderzimmer neu zu sortieren.

Es ist natürlich nicht das Gleiche und für mich ist es auch viel mehr Arbeit, als die Kurse in meiner flauschigen Schwitzhölle mit acht wuseligen Babys vor Ort, aber aktuell ist einfach nichts wie gewohnt und man muss das Beste aus den bestehenden Möglichkeiten machen. Und dafür fand ich es richtig gut – mich, die Mütter und die Babys. Es hat Spaß gemacht, und so ein bisschen Normalität mit regelmäßigen Kursen tut auch mal wieder gut.

Was für seltsame Dinge macht Ihr gerade, von denen Ihr nie gedacht hättet, dass das jemals möglich wäre?

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Links am Morgen

Zur Abwechslung und zum Einstieg mal eine andere Plage. Hatten wir immerhin schon ein Jahr nicht. Aber Gartenbesitzer wissen eh Bescheid.

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Jochen schildert die Maßnahmen in Taiwan, mit denen man gegen Corona vorgeht.

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Wenn Sie schon im Leopoldina-Thema und da besonders im Schulteil drin sind, dann werden Sie die drei folgenden Texte schon kennen, nehme ich an. Ansonsten:

Wieso “Leopoldina” für Schulen Zeitverschwendung bedeutet.

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Und was ist mit den Kleinen

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Die Lockerungen der Corona-Maßnahmen dürfen nicht auf dem Rücken von Eltern ausgetragen werden.

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Und noch einmal Leopoldina, gestern Abend erst erschienen: Anja hat vier Fragen und besonders der Aspekt in der zweiten davon kommt sonst eher zu kurz, scheint mir: “Es könnte also sein, dass wir Schulen und Kindergärten öffnen – und binnen weniger Wochen massive neue Infektionswellen erleben, weil das Coronavirus sich eben doch unter Kindern und von diesen auf Eltern und Großeltern überträgt. Es könnte aber auch sein, dass wir Schulen und Kindergärten über Wochen und Monate geschlossen lassen, ohne dass das einen wesentlichen Beitrag zur Dämpfung des Infektionsgeschehens leistet – während die direkten praktischen und psychischen Auswirkungen auf Kinder, Familien, Lehrkräfte, Erzieher*innen – und damit indirekt auf die gesamte Gesellschaft – immens sind.” Noch ein Update dazu: Nein, man weiß es nicht.

So habe ich das auch verstanden. Man weiß es schlicht nicht. Aber auch ihr “Was also nun …” in Frage vier, man kann das oft wiederholen im Moment, da es überall unklar ist, auch in etlichen Kommentaren in der Presse.

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Zum Feuilleton:

In der Krise scheint nun das Bewusstsein dafür zu wachsen, dass es auch in der globalisierten Buchwelt einen Nebenraum gibt, in dem sich das Geschäft kleiner, aber im Zweifel intelligenter betreiben lässt.

Na gut, das ist jetzt sehr positiv betrachtet. Aber man kann es immerhin versuchsweise auf sich selbst übertragen, in einen kleinen Nebenraum gehen und überlegen, ob man sich von da aus intelligenter betreiben kann. Das ist doch vielleicht mal ein nützlicher Gedanke, so im Home-Office.

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Zack, gelöscht

Gefühlt kann ich gerade etwa ein Drittel aller erscheinenden Texte einfach ignorieren, weil sie sich mit mäandernden Mutmaßungen über ein Morgen beschäftigen, an dem irgendwas anders sein wird, und dann könnte also irgendwas passieren oder irgendwie womöglich anders sein als vorher, also wenn und vielleicht jedenfalls, und alles verliert sich in den weiteren Absätzen im ungefähren Konjunktiv und in der Kristallkugelguckerei und es interessiert mich so herrlich überhaupt nicht. “XY sagt voraus …” zack, gelöscht. “Die Welt nach Corona …” zack, gelöscht. “Wir werden alle …” zack, gelöscht. “Horx” … zack, gelöscht, aufgestanden und zwei Stunden spazieren gegangen.

Und nachdem Corona, Sie werden es gemerkt haben, etwas länger dauert, weiß ich jetzt auch wieder etwas Neues über mich und ich bin ja ein Thema, ich meine das ganz uneitel, über das ich recht gerne etwas lerne. Ich weiß jetzt nämlich, wie lange es dauert, bis sogar einem extremen News-Junkie wie mir Newsticker zu einem hochaktuellen Thema endgültig langweilig und über werden, bis ich also tatsächlich denke, ach komm, der Zauberberg vom ollen Mann ist jetzt aber doch irgendwie unterhaltsamer und bringt mich am Ende sogar weiter, geh mal weg von der Nachrichtenseite da und mach auch den Tab mit dem Feedreader und den mit Twitter zu. Drei Woche dauert das. Ich bin vermutlich ein schwerer Fall, aber ich bin dann doch nicht hoffnungslos. Das ist eine interessante Erkenntnis, denn falls in meinem Leben so etwas noch einmal passiert, ich kann mich jetzt darauf einstellen. Für die vierte Woche muss ich mir einfach Urlaub nehmen, ich bin dann nämlich endgültig hängemattenkompatibel und offline-affin. 

Bei der nächsten Pandemie wird alles besser! Und das Schickal natürlich so: “Bei der nächsten Pandemie raffe ich dich dann genau in Woche drei dahin.” Denn das Schicksal hat bekanntlich einen etwas seltsamen Humor. Kichernde Parzen, man kennt das.

Aber apropos Zauberberg, das Lesen ist bei mir nach wie vor völlig kaputt. Hörbücher gehen, Bücher gehen nicht, die Konzentrationsfähigkeit reicht keine Seite weit. Das scheint mir nicht ganz logisch zu sein, aber was soll’s. Ich habe gestern zum ersten Mal getestet, wie lange ich eigentlich brauche, wenn ich zum Garten zu Fuß gehe, das war eine entspannte Stunde. Im Hörbuchkontext ist das sogar eine ziemlich gute Stunde, da schafft man nämlich etwas. Stefan Zweigs “Brief einer Unbekannten” habe ich dabei gehört, es wurde von einem Mann (Reiner Unglaub) vorgelesen, das kann man natürlich so oder so sehen. 

Reich-Ranicki hat Zweig einmal “parfümierte Prosa” vorgeworfen, man kann die Kritik bei diesem Text halbwegs nachvollziehen. Es ist schon enorm viel Pathos und zuckriger Bombast darin und es trieft hier und da doch etwas viel Süße aus den Beschreibungen der im Grunde inhaltslosen und geradezu psychotischen Verliebtheit. Es machte mir das Buch auch nicht sympathischer, das ich diese dort beschriebene Art der völlig unangemessen und, um im Jargon der Zeit zu bleiben, törichten Verliebtheit dummerweise nur allzu gut nachvollziehen kann. Been there, done that, got the t-shirt. Man wird aber nicht an alles gerne erinnert, auch nicht von der Weltliteratur.

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Links am Morgen

Ein vernünftiger Text über die Kinder und das Schreiben. Von Florian Wacker. 

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Das Elend der vollen Schränke.

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Zur Leopoldina gab es gestern viel Lob, da reizt es ja umso mehr, eine Gegenmeinung zu teilen: “Zur Wiederinbetriebnahme des öffentlichen Lebens gibt es keine Forschung. Kein Wunder, dass die „Ad-hoc-Stellungnahme“ der Leopoldina vor allem Allgemeinplätze und wohlfeile Forderungen versammelt.”

Egal – man kann so etwas lesen, wie natürlich auch die Gegenmeinung, und dabei heilfroh sein, gerade nichts entscheiden zu müssen. Ich halte das alles schon alleine aus Elternsicht für einen ziemlich unauflösbaren Knoten und kann mir, wie ich es auch drehe und wende, in den nächsten paar Wochen etwa beim Schulthema keine Verbesserung vorstellen. Ich lasse mich aber gerne positiv überraschen, versteht sich. Sehr gerne!

Wobei noch anzumerken ist, dass eine teilweise Schulöffnung, also im Sinne von morgens zwei Stunden oder ähnliche Späße, zwar sachlich völlig richtig sein kann, für Eltern aber sogar eher noch schwieriger wird, sozusagen das Schlechteste aus den beiden Schooling-Welten vereint, die Kinder müssen morgens aus dem Bett geschubst und dann noch am gleichen Tag doch wieder homebeschoolt werden. 

Und was ich vermisse, dafür war die Leopoldina aber auch nicht zuständig, was ich allmählich wirklich vermisse, das ist ein Wort der Entspannung bezogen auf Lehrpläne und Leistungsziele. Die Kinder sind jetzt seit x Wochen raus, ich müsste erst rechnen, seit wie vielen Wochen eigentlich, sie werden, selbst wenn morgen die Schule wieder anfinge, etwa zwei Wochen brauchen, um alles wieder auch nur halbwegs einzupegeln. Die Schule fängt aber, wir wir alle wissen, morgen nicht an und das Schuljahr endet in nicht allzu weiter Ferne schon – wir kommen da mit “normal” nicht durch. Es wird am Ende etwas fehlen. Es werden Vokabeln fehlen, Formeln, römische Geschichte, Kiemenatmung, der ACI, irgendwas. Es wird in allen Klassenstufen und in allen Schulformen etwas fehlen und irgendwer müsste mal offiziell das tun, was wohl das Allerschwerste ist, nämlich offiziell und von möglichst weit oben etwas Leichtigkeit und Entspannung verbreiten. Aber nein, “Leistungsnachweise” und “Prüfungen finden statt” und all das. Ich weiß ja nicht. 

Mir scheint, es wird auf diese Art das ungerechteste Schuljahr ever, und es gab mit der Gerechtigkeit auch schon vorher einige Probleme, wir erinnern uns.

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Über Leonard Cohen und die Religion.

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Links am Morgen

Nach der Katastrophe. Eine Reportage über ein anderes Desaster, es gibt ja nicht nur Corona. Gefunden via Kieselblog.

Mehr gibt es heute nicht. Nanu!

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12 von 12 im April

Alle anderen Ausgaben der Reihe “12 von 12” von etlichen Bloggerinnen wie immer drüben bei Caro. Fast unnötig zu erwähnen, dass ich über den Monat im Titel etwas nachgedacht habe, März? April? Und macht es überhaupt etwas aus?

Ich wachte mitten in der Nacht durch penetranten Feuergeruch auf, womit wieder ein Stück vermeintlicher Allgemeinbildung dahinging, denn ich habe einmal gelesen, man würde durch Geruch eben nicht aufwachen. Fake-Bildung! Zum zweiten Mal wachte ich dann durch die frühmorgendlichen Osterglocken der Kirche auf und kurz darauf prügelten sich zum wiederholten Male zwei halbstarke Ringeltauben lautstark auf unserem Balkon, der dafür neuerdings eine Art Arena zu werden scheint: “Morgen früh bei Buddenbohms, Digger, kriegste auf den Schnabel.” „Alter, ich bin da, pass ma auf, was da passiert!” Die schenken sich nichts, die Täubchen.

Passend dazu haben sich im Garten gestern eine Rabenkrähe und eine Elster auf dem Rasen angemacht und einander lauernd umkreist, eine längere Abfolge von “Was guckst du? Was guckst du?” und “Hast du ein Problem oder was?”, wie man es von Jugendlichen an Tankstellen kennt, also von früher noch kennt. Und das ist also nun der berühmte Osterfrieden in der Natur. Im weiteren Verlauf des Tages, ich ergänze hier aus späterer Sicht, gehen sich auf der Bille eine Graugans und ein Schwan an die langen Gurgeln, die Vogelwelt, so scheint es, ist ringsum auf Krawall gebürstet und nein, wir kennen alle keinen passenden Film dazu.

Hier dieser Hase, der ist friedlich, ein wahres Vorbild. Der steht aber auch vor einem Bücherregal, das beruhigt ja manchmal, ich kenne das.

 

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Wir fahren in den Garten und frühstücken dort, hier ein Tilsiterbeweisbild. Es jetzt Zeit, etwas zu bekennen. Denn leider ist es so, wir haben keine Bilder mit gefärbten Eiern, wie sie doch zu Ostern Pflicht zu sein scheinen, was ein kurzer Blick in die Timelines sofort beweist. Es verhält sich mit dem Eierfärben aber so, dass wir die ersten, na, sagen wir acht Jahre mit Kindern einfach nicht dazu gekommen sind, trotz bester Absichten, weitere vier Jahre etwa war es dann einfach keinem richtig wichtig. Und mittlerweile vermeiden wir es bewusst und ich denke mir, wenn die Kinder einmal ausgezogen sind, dann fangen wir endlich damit an, es wird dann ja Zeit genug sein, und wir haben gleich ein schönes Hobby.

 

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Die Billerhuder Insel liegt in schönstem Frieden, also wenn man von den Krawallvögeln absieht. Der Himmel blaut, die Bienchen summen und die Bille plätschert so ans Ufer, es ist allerliebst. Leider stinkt alles erbärmlich nach Rauch, denn private Osterfeuer, Brauchtumsfeuer also, die sind oder waren nach wie vor erlaubt. Feuer immer nett, Rauch immer furchtbar, alte Regel. Es ist ein Aroma in der Luft, als hätte man Hamburg niedergebrannt.

 

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Der Osterhase hat Eier im Garten versteckt, und weil er ziemlich schlau ist, lagen alle im Schatten, denn es wurde geradezu heiß in der Sonne.

 

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Ich verbringe längere Zeit damit, mir draußen einen guten Platz für ein Nickerchen zu suchen, stelle aber fest, dass ich zu anspruchsvoll bin. Dauernd stört etwas, Wind, Sonne, Hitze, Kälte, Insekten, Aggroflattermänner. Während ich in der Wohnung also überall und sofort einschlafen kann, stelle ich mich draußen an wie eine Prinzessin, daran ist noch zu arbeiten. Ich bleibe aus Prinzip in unbequemer Haltung eine halbe Stunde so liegen, dass ich oben herum vergrille und unten herum friere, denn Schwachstellen werden hier sofort in Angriff genommen. Einige Vögel gucken mich lauernd an, die Meise lästert hinter meinem Rücken.

Beim Herumliegen fällt mir auf, dass das junge Laub an der Birke hängt wie Lametta an der Tanne, und ich bin mir nicht sicher, ob mir das vorher schon jemals aufgefallen ist: “Herr Buddenbohm müsste noch besser aufpassen.” Ich ziehe mich in die Laube zurück, um eben dieses aufzuschreiben. In der Laube ist lauter Zeug der verstorbenen Großmutter der Herzdame, es könnte aber auch Zeug meiner Großmutter sein, das sah auch so aus. Ich fühle mich sehr wohl dazwischen.

 

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Wenn man Kinder nach Essenswünschen fragt, dann gibt es Ostern eben Spaghetti Bolognese, warum auch nicht. Ich koche in der Laube, mit Blick in den Garten.

 

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Im Garten übrigens keimt und sprießt hier und da etwas in den Beeten, wenn man aber nur so drüber hin fotografiert, machen sie noch nicht allzu viel her.

 

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Das hier etwa, das werden Pastinaken. Aber die kommen erst in etwa 14 Tagen raus und halten dann zögerlich ein erstes Blättchen in die Luft, um mal zu fühlen.

 

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Und das hier ist blühender Grünkohl. Ich finde den ja ansehnlich, wenn man ihn einfach mal stehen lässt, in Wahrheit aber sind wir einfach nicht dazu gekommen, den zu verzehren, vor allem, weil gar kein Winter stattgefunden hat, und ohne Winter schmeckt kein Grünkohl.

 

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In der Laube warten noch weitere Pflanzen auf ihren Einsatz, hier etwa Spitzkohlkleinkinder:

 

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Erstaunlich viel Zeit geht heute wieder für Phase 10 drauf. Wir werden das Spiel nach Corona nicht mehr sehen können und es wird uns unweigerlich immer an Corona erinnern, aber zunächst spielen wir das weiter. Jeden Tag und immer wieder. Es beruhigt.

 

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Und noch ein letztes Bild mit indirektem Corona-Content, denn man ist ja findig und weiß sich unter Gartennachbarn völlig kontaktlos zu Kuchen, Kaffee und Eierlikör zu verhelfen. Und fast ist es mittlerweile auch so, dass die kontaktlosen Umstände einem schon gar nicht mehr albern vorkommen. Der Mensch ist erstaunlich schnell und gründlich anpassungsfähig. Es ist vielleicht doch die Eigenschaft, die unser Überleben als Art erst ermöglicht hat, sie war vielleicht doch wichtiger als all die Erfindungen, als die Sprache, die Technik und das Geschick. Nicht unser Genie hat uns durch die Geschichte gerettet, es war unsere eselhafte Duldsamkeit und unsere Anpassungsfähigkeit an nahezu alles, wie widrig auch immer.

Na, das ist nur eine wilde Hypothese Aber es ist doch immerhin die eines gestandenen Esels.

 

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Links am Morgen

Ein Kernsatz, etwas brutal aus dem Artikel gerissen: “Je grüner der Wohnort eines Menschen in den ersten zehn Lebensjahren, desto geringer sein Risiko für eine psychische Krankheit im späteren Leben.

Und ein paar Zeilen später noch: “20 Minuten pro Tag in einer grünen Umgebung reichen aus, um die Menge des Stresshormons Kortisol im Speichel messbar sinken zu lassen.” 

Also falls Sie sich gefragt haben, ob Sie heute noch zum Osterspaziergang rausgehen sollten: Jo. (Im Garten getippt. Ausnahmsweise alles richtig gemacht, nehme ich an.)

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Weltliteratur und Epidemien: Die Krankheit der anderen. Gefunden via Mama hat jetzt keine Zeit. Wenn Sie keine Zeit oder keine Lust haben und Camus ncht mehr hören können, Sie können bei dem Text die letzten drei Absätze als To-Go-Erkenntnis mitnehmen. 

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Auf Twitter wurde ich auf eine Bildungslücke aufmerksam, der Name Veza Canetti war mir nicht geläufig. Falls es Ihnen auch so geht, hier ihr Wikipedia-Eintrag als Einstieg, die Bücher von ihr habe ich mir mal vorgemerkt (via Maria Hofbauer).

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Katalog der nächtlichen Schreie erwachsener Menschen

Da ich jetzt zu jeder Tageszeit zuhause und außerdem beruflich gerade etwas ausgebremst bin, kann ich mich auch zu jeder Tageszeit ins Bett legen, nichts hält mich mehr davon ab. Ich kann in der Home-School am Vormittag schnell ein paar komplexe Aufgaben verteilen und habe dann erst einmal wieder frei, ich gehe ins Schlafzimmer und lege mich hin. Das mache ich sonst nie, das ist also mal etwas anderes, der Mensch braucht doch Abwechslung. Vor den beiden Dachfenstern im Schlafzimmer hängen weiße Vorhänge, die ein wenig wehen, wenn Luft hereinkommt. Ich sehe mir das gerne an, besonders wenn dahinter blauer Himmel zu vermuten ist und sommerlich durchscheint. Es hat immer etwas von Urlaub oder auch von Filminszenierung, von Szenen in Werbespots, wie der helle Stoff da so sachte bewegt wird und das Licht in den Falten spielt, es beruhigt mich ungemein. Ich stehe noch einmal auf und öffne die Fenster, es ist still da draußen, ganz still. Wenn ich nicht hinaussehe – vor dem Fenster könnte eine Großstadt liegen, die auf eine nie dagewesene Art zur Ruhe gekommen ist, oder aber die gottverlassenen Außenbezirke einer uninteressanten Kreisstadt oder auch der erste öde Maisacker hinter einem beliebigen Dorf in der tiefsten Provinz, die Unterschiede sind als Ohrenzeuge nicht zu ermitteln. Ich lege mich wieder hin und höre konzentriert auf die Geräusche von draußen, es ist wirklich gar nichts zu hören, aber um mich herum sind mehr als eine Million Menschen, ich weiß das. Eine Möwe schreit schließlich, ich könnte auch am Meer sein, und gleich kommen mir die weißen Vorhänge mit ihren leichten Wellen noch etwas romantischer vor und ich könnte mich jetzt unklaren Urlaubserinnerungen hingeben, wenn ich das nur wollte, irgendwas mit Strand im Süden und sehr weitem Himmel und einer geöffneten Balkontür im Hotel zur trägen Mittagszeit vielleicht, solche Erinnerungen, wie sie wohl fast jeder parat hat, der schon einmal pauschal gereist ist. 

Was in der Wohnung passiert, das ist fast durchgehend lauter als das Draußen, und selbst dann ist es lauter, wenn die Herzdame im Nebenraum nur eben etwas in ihr Notebook tippt oder wenn Sohn I am improvisierten Schreibtisch gedankenverloren und mit höchstens halber Stimme einen Song seiner Playlist mitsummt, während er Matheaufgaben macht. Nach einer Weile höre ich von der Straße her immerhin Schritte in Richtung Alster – dann aber wieder lange nichts. Und diese Schritte sind nicht besonders schnell und auch nicht besonders langsam, sie sind nicht schwer und nicht leicht, es sind einfach nur irgendwelche Schritte, sie geben nichts her, die Gedanken bleiben daran nicht hängen und sie gehen auch nicht mit ihnen mit. Irgendwann, nach mir endlos vorkommenden Minuten, fährt ein Auto vorbei und bremst in der Kurve vor dem Haus etwas ab. Dann wieder nichts. Viel länger kann ich dem nicht mehr zuhören, ich schlafe unweigerlich ein bei dieser Übung und das macht nichts.

Vor elf Jahren, vor zehn, vor neun Jahren und auch noch vor acht Jahren lag ich abends oft mit den kleinen Söhnen in diesem Schlafzimmer und habe darauf gewartet, dass sie endlich, endlich einschliefen. Sie lagen neben mir oder in meinem Arm, vielleicht lagen sie sogar links und rechts in meinen Armen, das kam manchmal vor, und sie dämmerten mit etwas Glück nach einer Weile allmählich in ihre Kinderträume, aber ich hatte nicht oft Glück dabei. Ich lag und atmete so ruhig, wie ich nur konnte. Ich versuchte, die Ruhe selbst zu sein, der Fels und die Sicherheit, der Vater schlechthin, das Alleswirdgut in Person. Ich bemühte mich, in dieser Einschlafzeit überhaupt nichts anderes mehr zu wollen und schon gar nichts anderes zu machen. Ich war in beiden Aufgaben nie wirklich gut, fürchte ich, ich war vielleicht nicht einmal befriedigend und ich bin im Laufe der Jahre darin auch nicht besser geworden. Ich habe aber wenigstens interessiert teilgenommen, so könnte man es im Zeugnis vermerken und ein weiteres Urteil dazu dann dezent vermeiden. Ich bemühte mich damals auch, diese Momente intensiv und ausschließlich als Glück zu erleben und dabei immerhin, dabei haben die Söhne mich vielleicht doch etwas vorangebracht. 

Mein Handy war in diesen Stunden natürlich leise gestellt, das Notebook war nicht in Griffweite. Die Herzdame machte im Nebenraum kaum einen Laut. So wie auch ich nur auf Zehenspitzen durch die Wohnung schlich, wenn sie an der Reihe war und die Kinder in den Schlaf begleitete, wir wechselten uns ab, so gut es nur ging.

Da lag ich also, und oft schrie dann draußen jemand herum. Man macht sich keinen Begriff, wie oft da draußen jemand herumschrie, aus Leibeskräften schrie, und so laut schrie, dass die Söhne, die beide nicht so leicht einschliefen, wieder wach wurden oder gar nicht erst die Augen zu machten. Das entsprach nun ganz und gar nicht meinen Erwartungen an diese Zeit mit Kleinkindern. Ich hatte immer angenommen, die Kinder würden abends unruhig etwas herumschreien und ich würde sie dann als Vater sachte wiegend, gütig brummend und natürlich erfolgreich wie im Bilderbuch beruhigen, ich hatte da so ein beglückendes Bild im Kopf. Noch bevor wir überhaupt Kinder hatten, lange davor, war dieses Bild schon da. Ich dachte, ich würde mich abends um die Bauchschmerzen der schreienden Kinder kümmern, um ihre Wachstumsschmerzen und um die durchbrechenden Zähne, um die Monster unterm Bett und auch um die im Schrank oder hinterm Vorhang. Aber so war es dann nicht, sondern die Erwachsenen schrien draußen herum, und wie sie das taten. Und die Söhne sahen mich im Halbdunkel mit großen Augen an und schliefen nicht. 

Unsere Wohnung liegt zwischen der Außenalster und dem Hauptbahnhof. Ortskundige Menschen gehen, laufen oder torkeln dort abends und nachts hin und her, besonders natürlich im Sommer. Die einen wollen nach Hause, die anderen wollen noch grillen oder sonst etwas in der freien, aber doch stets drangvoll gut besuchten Natur am ach so berühmten Ufer machen. Unsere Wohnung liegt in einer eigentlich ruhigen Nebenstraße, in der aber seltsam viele erwachsene Menschen in der Dämmerung oder in der Dunkelheit herumschreien. Aus ganz verschiedenen Gründen machen sie das, die man aber oft aus dem herausdeuten kann, was da gebrüllt wird, und selbst dann kann man das, wenn man eher wenig davon versteht oder der gebrüllten Sprache nicht einmal kundig ist. Das Präsens ist hier eigentlich falsch, fällt mir beim Schreiben auf, aber noch klingt es auch falsch, wenn ich das alles in die Vergangenheitsform setze. 

Ich hatte im Laufe der Jahre jedenfalls genug Gelegenheit und auch Muße, mich damit zu befassen, denn die Söhne brauchten lange, um zu ihren Träumen zu finden und hatten über Jahre einen nur leichten Schlaf. Ich lag da also und hörte, was auf der Straße vor sich ging und ich verfluchte alle Menschen, die sich dort unten nicht im Griff hatten. Ich hatte oft Lust, Wassereimer oder Schlimmeres aus dem Dachfenster nach draußen zu kippen, ich habe es natürlich nie gemacht. Und ich will auch nicht übertreiben, es gab selbstverständlich auch Abende, da waren die Menschen auf der Straße nicht ganz so schlimm. 

An diesen Abenden hörte ich, hörten wir dann die anderen Geräusche umso besser, etwa die vom Feuerwerk. Es gab früher erstaunlich oft Feuerwerk in dieser Stadt, zu gewissen Zeiten etwa jeden Freitagabend, und kleine Kinder, die von buntflackerndem Feuerwerksgeknalle vor dunklem Nachthimmel wach werden, sie schlafen so schnell nicht wieder ein. Ich habe heute noch, viele Jahre später, eine tiefe Abneigung gegen Böller und Raketen, die hat sich in dieser Zeit entwickelt. Und es gab selbstverständlich auch Autos, die vor dem Haus stark beschleunigt oder abrupt abgebremst wurden, es gab Fahrradklingeln und bellende Hunde und Polizeisirenen, es gab Rollkoffer, klackernde Absätze und zerklirrende Flaschen und all das. Wie es in der Mitte einer Großstadt eben ist oder war, ich will mich nicht beschweren, ich berichte nur. 

Nein, dass stimmt nicht. Ich will mich schon beschweren, aber ich bin mir der Sinnlosigkeit und Ignoranz dieser Haltung dabei bewusst. Ich wohne ja nicht aus Versehen in der Mitte der Stadt. 

Jetzt jedenfalls höre ich überhaupt nichts mehr. Die Stadt verharrt in der vielleicht größten Stille ihrer Geschichte, in einer Stille, die man kaum genießen kann, auch wenn man sich noch so sehr nach ihr gesehnt hat. Zu unheimlich ist das Ausbleiben der Geräusche und all der anderen Menschen, es ist schwer, das so hinzunehmen. Es ist eine lastende Stille der Unfreiwilligkeit, sie fühlt sich nicht gut an.

Zumindest in den nächsten beiden Wochen habe ich viel Zeit, das ist ein ungewohnter Zustand für mich. Ich will versuchen, diese nächtlichen Schreie erwachsener Menschen zu katalogisieren und durchzudeklinieren, was soll man als schreibender Mensch mit seinen Erinnerungen an lautere Zeiten auch sonst anfangen, man lässt sie ja doch nicht einfach ungenutzt verblassen. Auch wenn ich nur auf fünf, sechs Einträge kommen werde, aber in Zeiten, in denen man sich nicht mehr um den Kalender kümmert, ist auch der Begriff Katalog nicht mehr ganz so ernst zu nehmen.

Beginnen wir einfach mit dem Schreien der Verrückten, denn verrückt sind viele in der großen Stadt. Verrückt wird man ja leicht, in jeder großen Stadt. 

(Fortsetzung folgt)

 

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Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

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Sie können hier Geld für in den allerdings nur virtuell vorhandenen Hut werfen, ganz herzlichen Dank! Sollten Sie den konventionellen Weg bevorzugen und lieber ganz klassisch etwas überweisen wollen, das geht auch, die Daten dazu finden Sie hier. Merci! 

Links am Morgen

Kunst mit leicht zu ergänzendem Corona-Bezug: Ich und mein Kokon. Wozu ich als Vater mit Erziehungsauftrag sofort ergänzen möchte: Es heißt: „Mein Kokon und ich.“ Ach, die Reflexe.

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Noch eine interessante Randbemerkung: “Körperlich mögen wir gerade sehr distanziert sein, aber so häufig habe ich mit meinen Geschwistern nicht mehr zusammen Abendbrot gegessen, seit ich ausgezogen bin.

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Im Grunde mittlerweile eine Binse, aber dennoch: “Die Alternative zur unbedingten Marktfreiheit besteht in der Besinnung auf das globale Gemeinwohl.”

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Falls Sie gerade “aufgrund der aktuellen Lage”, wie es an jedem Laden und an jedem Restaurant steht, Schwierigkeiten mit dem Glücklichsein haben – passt schon, hier ein Buchtipp dazu. Die Rezension liest sich so, als könnte das Buch gerade hilfreich sein. Vielleicht reicht es sogar schon, mal eben schnell die Rezension zu lesen. 

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Und übrigens bin ich der Meinung, dass der Innenminister zurücktreten sollte.

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Sie können hier Geld für in den allerdings nur virtuell vorhandenen Hut werfen, ganz herzlichen Dank! Sollten Sie den konventionellen Weg bevorzugen und lieber ganz klassisch etwas überweisen wollen, das geht auch, die Daten dazu finden Sie hier. Merci!