Woanders – diesmal mit dem Winterende, Militärruinen, der deutschen Sprache und anderem

Andreas Wolf über das Winterende und eine nicht existierende Autorin und eine Freundschaft im Passionsorchester.

Sehr exotische Bilder von verlassenen Militäreinrichtungen aus aller Welt. Mein Favorit ist Bannerman’s Island. Was für eine großartige Kulisse.

Ein Blog mit historischen Bildern aus New York. Via wirres.

Im Freitag ein Artikel über den 5. März 1933. Ich schätze ja etwas Geschichtsunterricht in Blogs und anderen Onlinemedien sehr. Könnte gerne öfter vorkommen.

Der Autor Philip Meinhold fängt an zu bloggen und begründet das sehr schön.

In der NZZ geht es um den Gesundheitszustand der deutschen Sprache. Mit prächtigem Befund. Quasi als geheilt entlassen, die englische Krankheit ist doch gar nicht tödlich.

Videos einer sechsjährigen Breakdancerin, die ziemlich erstaunlich gut tanzen kann. Im ersten Video kommt sie nach kurzer Zeit auf die Tanzfläche. Wie Sohn I nach dem Betrachten etwas entgeistert sagte: “Wieso kann die das denn können, was die da kann?”

Dieter Pfaff ist verstorben. Ich mag seine Interpretation von “Ring of fire” sehr. Ruhig mehrmals gucken, wird immer besser.

Hier gibt es einen zehnminütigen Film über die Herstellung der “Berlinfolgen”-Reihe der taz, ich hatte bereits einmal auf die Reihe hingewiesen. In dem Film kann man sehen, wie die Macher vorgegangen sind. Man möchte sofort selbst so etwas anfangen. Was für Möglichkeiten! Hach.

Das Nuf hält Vorträge in der Kita. Die traut sich wirklich was. Das schwierigste Publikum, das man sich denken kann!

Und die liebe Nessy fährt im Krankenhaus Fahrstuhl und Elisabeth Rank vermisst jemanden und überhaupt sind Blogs super. Umso schlimmer, dass die Nachtschwester erst einmal aufhört. Aber verständlich ist auch das.

Das beste Essen der letzten sieben Tage war das Frühstück im Hotel in Kühlungsborn. Ich bin ja generell kein Freund des Reisens, aber zu den Argumenten, die mich aus dem Haus locken, gehört auf jeden Fall ein gutes Hotelfrühstück. Ich neige dann plötzlich zu morgendlichen Ausschweifungen, und das ist ab und zu ganz nett. Allerdings wieder festgestellt, quasi alte Regel: Mecklenburger können keinen Kaffee. Schlimm.



 

Woanders – Der Wirtschaftsteil

Die EU begrenzt nun tatsächlich Banker-Boni. Und zwar auf die Höhe der Fixgehälter. Da werden jetzt also einige Angestelle der Branche quasi schlagartig verarmen.  Schlimm, schlimm, es greift einem förmlich ans Herz. Da braucht man am besten gleich hinterher eine eher tröstliche Nachricht, wie die hier im Tagesschau-Blog: “Ungeachtet der schwächelnden Weltwirtschaft, war 2012 für die Superreichen dieser Welt ein Superjahr.” Ist das nicht schön und aufbauend? Nein? Oh. Pardon.

Und nun aber auch das noch: Die Schweizer begrenzen die Managergehälter.  O tempora, o mores!  Es wird ein Heulen und Zähneklappern in den Vorstandsetagen sein. Wobei allerdings im Blog “Wunderbare Welt der Wirtschaft” zu diesen populären Schlagzeilen doch so einiges korrigiert wird, und dann klingt es schon sehr, sehr anders. Währenddesen macht sich Marc Beise von der SZ ein paar grundsätzlichere Gedanken um Boni in Deutschland, und auch er rät am Ende dazu, lieber die Fixgehälter zu erhöhen und das Theater mit den Wahnsinns-Prämien einzustellen.

In der NZZ kann man nachlesen, dass bösen Bankern auf Island sogar einmal mit Hohnstangen begegnet wurde. Hohnstangen kennen Sie nicht, was? Kannten wir bisher auch nicht. Und hoffentlich lernen wir so etwas nicht auch noch live und in Farbe kennen.

Wind von vorne für die Topverdiener also, niemand gönnt ihnen mehr das eine oder andere Milliönchen. Da wollen wir doch gleich einmal nachsehen, wie es eigentlich wirtschaftlich am anderen Ende der Nahrungskette aussieht, etwa bei einem der zahllosen Rosenverkäufer in Berlin. Und Gott sei Dank: Wenigstens bei dem ist alles okay.  Dann geht’s ja!  Sehr, sehr lesenswerte Reportage im Tagesspiegel.

Nachdem das Leistungsschutzrecht nun erwartungsgemäß geschmeidig durch den Bundestag ging, macht sich Jeff Jarvis, ein amerikanischer Professor, der immer binnen Sekunden etwas Zitierfähiges sagt, wenn es in den Schlagzeilen irgendwo um Internet und Printmedien geht,  Sorgen um Deutschland. Kann man hier in der Zeit nachlesen.

Überhaupt ist dies wohl eine sehr sorgenvolle Ausgabe des Wirtschaftsteils, ich kann es nicht ändern – nichts als besorgte Meldungen, wohin man auch sieht. Im Blog von Antje Schrupp geht es auch noch um das schlechte Gewissen der Medienkonsumenten, die online für gar nichts mehr bezahlen, aber doch vielleicht hier und da bezahlen wollen. Ein wenig. Wenn es denn nur machbar wäre.  Auch das sind Sorgen!  Pardon, der Artikel ist natürlich vollkommen ernstgemeint. Und das ist  wahrscheinlich keine Einzelmeinung, das wird es gar nicht selten geben, dieses Gefühl am Ende eines Textes, dass eine gewisse Summe jetzt wirklich völlig in Ordnung wäre – wenn man sie denn nur auf eine akzeptable Art loswerden könnte.  Eine flächendeckende Lösung scheint allerdings nicht in Sicht zu sein.

Sorgen machen muss man sich auch um Athen, gar keine Frage. In der NZZ beschreibt der Schriftsteller Petros Markaris eindrucksvoll den Niedergang der Stadt. Und im Standard geht es um die obdachlosen Frauen in Athen. Wirklich beklemmende Texte.

Von der Wirtschaftspolitik ist es nie weit bis zur Sozialpolitik, die direkten Zusammenhänge liegen auf der Hand. Deswegen hier noch ein Link zu einem Text im Blog von Christian Fischer, der sich mit denen befasst, die an unserer Wirtschaft gar keinen Anteil haben, weil sie ihn nicht haben dürfen – aber haben könnten und ganz sicher auch haben wollen. Menschen, deren verordnete wirtschaftliche Nichtteilhabe in Deutschland ein kaum beachteter Sonderfall in der EU ist: Die Flüchtlinge. Der Text wir mit jedem Absatz interessanter.

Katja Kraus, ehemaliger Marketingvorstand beim HSV, hat ein Buch über ganz besondere Sorgenkinder geschrieben – Manager, Sportler und Politiker, die ihre Top-Positionen verloren haben: “Macht – Geschichten vom Erfolg und Scheitern”.  Bei Saal Zwei kann man etwas über die Autorin und das Buch lesen. Es sind vielversprechende Zitate dabei, alleine die Stelle über Ron Sommer scheint schon das ganze Buch zu lohnen.

Und die Innenstädte, das sind natürlich auch alles Sorgenkinder, denn was machen sie, wenn sie in der Presse vorkommen? Na? Genau, sie veröden. Durch den bösen Onlinehandel, besonders in kleineren Städten sieht man die Effekte jetzt schon. Ein langer Artikel mit neuen, in der Tat teils dramatischen Zahlen und Fakten bei “Der Handel”.  Die Städte werden sich wirklich stark ändern, und anscheinend sogar ziemlich schnell.

Wenden wir uns jetzt lieber noch schnell dem Privatleben zu, wir brauchen hier dringend noch einen kleinen sorgenfreien Bereich. Wie viel Platz haben Sie denn so in der Küche? Ist da noch ein Eckchen frei? Hier gibt es ein neues Gerät, das zwar, zugegeben,  etwas Platz kostet, aber sehr schick aussieht, gewaltig etwas hermacht, total sinnvoll und auch noch pädagogisch wertvoll ist und, das ist fast das beste Feature, in einigen Fällen auch noch den Weg zum Bioladen spart.

 

GLS Bank mit Sinn

Gone to the beach

Untitled

 

Die Herzdame und ich sind überzeugte Familienmenschen, wir mögen diesen Irrsinn mit mehreren Kindern wirklich ganz gern. Sonst würden wir es auch nicht aushalten, dass die Söhne dauernd Besuch haben, und manchmal sogar ziemlich viel davon. Das ist alles in Ordnung so, das gehört so, hier geht es eben turbulent zu. Fast immer. Nur drei Tage im Jahr nehmen wir uns frei. Frei von der Familie, frei von Kindern, frei von allem. Dann fahren wir ans Meer, als Traditionsmenschen natürlich immer ins gleiche Hotel, weil es sich sehr bewährt hat und kostenloses WLAN hat, wie es sich gehört . Die Großeltern kümmern sich an diesen Tagen um die Söhne, niemand kümmert sich um die Arbeit. Tolle Sache. Theoretisch.

Die Herzdame und ich sind allerdings beide auf vielfältige Arten beruflich und privat beschäftigt und engagiert, deswegen ist es für uns nicht ganz einfach, tatsächlich freie Tage zu haben. Es reicht bei unserem Lebenswandel eben nicht mehr aus, einfach im Festanstellungsjob Bescheid zu geben, wir seien mal kurz weg. Da hängt noch ein wenig mehr dran. Da müssen noch Texte auf Vorrat geschrieben werden, Treffen umgelegt werden, Meetings und Telefonate neu arrangiert und Kunden wegen verschobener Projektdaten angerufen werden und so weiter und so weiter. Das ist im Laufe der Jahre in einem mich immer wieder verblüffenden Ausmaß heillos kompliziert geworden und treibt uns, je näher diese drei besonderen Tage kommen, komplett in den Wahnsinn. Im Grunde ist es so anstrengend, diese drei Tage richtig freizukämpfen,  dass wir eigentlich für die Urlaubsvorbereitungen extra Urlaub nehmen müssten, allerdings ahne ich, dass diese Gleichung am Ende auch irgendwie nicht aufgehen würde. Stunden vor der Abfahrt sind wir beide mit den Nerven völlig am Ende, stehen kurz vor der Trennung und überlegen, der Einfachheit halber alles abzusagen.  Aber gebucht ist gebucht ist bezahlt, sagt der Controller in mir, und dem widerspreche ich nicht

Dann treten zwei Effekte ein. Immer. Erstens: Das Wetter verschlechtert sich. Sie werden das in wenigen Stunden live am Himmel beobachten können. Es verschlechtert sich nicht nur ein wenig, sondern geradezu dramatisch, so dass man definitiv keine Lust mehr hat, vor die Tür zu gehen. Gleichzeitig haben wir zweitens plötzlich vor lauter Erschöpfung keine Lust mehr, uns zu streiten und zu stressen. Und das zusammen führt dazu, dass wir die Zeit am Meer nahezu durchgehend im Bett verbringen. Nicht aus Liebesfuror, wie es unser schalkhafter Bundespräsident nennen würde, nein, einfach weil es geht. Lesen, Schlafen, Lesen, Schlafen, zwischendurch ein Nickerchen oder eine verträumte Pause, man macht sich überhaupt keinen Begriff, wie toll das sein kann, wenn man es nicht ein paar hundert Tage im Jahr definitiv niemals in Ruhe kann. Vor dem Hotelfenster findet die Ostsee statt, ab und zu fragen wir uns, ob wir nicht doch einmal rausgehen sollten. Dann ziehen wir nur schweigend die Decken höher. Die letzten Male haben wir noch einen Pflichtspaziergang am Strand gemacht, irgendwann werden wir sicher auch auf den verzichten können.

In der nächsten logischen Steigerungsstufe müssen wir dann Hamburg an den freien Tagen gar nicht mehr verlassen, hier gibt es ja auch Hotels, und nicht wenige. Wenn man eh nicht vor die Tür geht, kann man auch gleich das Hotel an der nächsten Straßenecke nehmen, warum denn nicht, Hauptsache Bett. Das spart die Reisezeit und das Benzin, das sind sehr erfreuliche Effekte. Und wenn man erst so weit ist, dann muss es auch bald gar kein Hotel mehr sein, man nimmt auf diese Art eigentlich kaum Service in Anspruch, das braucht man in Wahrheit alles gar nicht. Wir könnten uns einfach bei irgendwelchen kinderlosen Freunden hier im Stadtteil ins Gästezimmer zurückziehen: “Wir möchten hier einfach nur liegen.” Einfach nichts machen. Das geht doch wirklich überall.

Aber dann fällt mir wieder ein: Das Nichts an der Ostsee wirkt einfach gründlicher.  Ich habe sogar, erinnere ich mich dunkel, einmal ein Buch darüber geschrieben. Aber es fällt mir tatsächlich jetzt zum ersten Mal auf, mit welch großem Genuss ich heute an die Ostsee fahren kann, um sie zu ignorieren.

Wir sind ab morgen mal kurz am Meer, und es wird sehr schön und furchtbar langweilig werden. Nur kein Neid.

(Der Wirtschaftsteil und die Sonntagskolumne für die Lübecker Nachrichten erscheinen dennoch wie gewohnt.)


Danke!

Zwischendurch ganz herzlichen Dank an die Leserin aus Meppen und den Leser aus Hilpoltsheim, die sehr großzügige Geschenke für die Söhne geschickt und immens große Begeisterung im Kinderzimmer ausgelöst haben. Wirklich tolle Geschenke!

Gelesen im Februar

Ich gucke schon seit einiger Zeit mit Neid und Missgunst auf die Grönersche Leseliste, siehe etwa hier das letzte Beispiel. Wie schafft die das denn bloß? Und wieso schaffe ich eigentlich gar nichts mehr? Bei mir wird der Stapel auf dem Nachttisch immer nur größer, eines Tages wird er mich vermutlich erschlagen, aber irgendwie gibt es nur eine sehr, sehr geringe Abwanderung. Das liegt, wie mir nach einigem Nachdenken auffällt, daran, dass ich zwar immer noch viel lese, aber deutlich seltener als früher etwas tatsächlich durchlese. Weil ich so selten stundenlang Zeit am Stück habe und ein Buch für mich auch unbedingt zur Gelegenheit und Stimmung passen muss. Ich wechsel also dauernd, wie es gerade passt, wie es zu den paar Viertelstündchen passt, die mir zum Lesen bleiben. Ich lese im Bad ein anderes Buch als im Schlafzimmer oder im Wohnzimmer, ich habe ein Buch im Rucksack und eines im Jackett, ich lese auf dem iPad etwas anderes als auf dem E-Reader oder auf dem Handy. Deswegen schreibe ich jetzt monatlich auf, worin ich gelesen habe, weil ich auch so eine tolle Liste haben will wie die Gröner  – aber ohne jeden Anspruch, mit den Büchern tatsächlich fertig zu sein.

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Woanders – diesmal mit Kaffeehäusern, Camus, Fußball und anderem

Felix Schwenzel vergleicht das Internet mit einem Kaffeehaus. In diesem Vergleich ist der Flattr-Button unter den Texten dann vermutlich die kleine Untertasse, auf der man ein paar Münzen liegen lassen kann, bevor man geht. Auch recht.

Im Freitag ein längerer Artikel über das Darknet, also den Keller des Internets. Wenn das normale Internet ein Kaffeehaus ist, dann ist das Darknet irgendeine Absteige im Rotlichtbezirk. Vielleicht eher noch das dubiose Hinterzimmer darin. Auch die Kommentare dazu lesen, da sind sinnvolle Ergänzungen dabei..

Hier eine Meldung zu Twitterlyrik (englischer Text), da geht es um Tweets im shakespearschen Sprachrhythmus, die gesammelt und nach Reimen zusammengefügt werden – faszinierend. Hat das schon jemand mit deutschen Tweets gemacht?

Über den Zusammenhang zwischen Briefkastenschlüsseln und Albert Camus wird ja auch eher selten gebloggt. Manchmal aber doch.

Man kann auf die gute, alte Art zu einem Kind kommen, man kann aber auch einfach ein Baby  in der U-Bahn finden. Sehr schöne Geschichte (englischer Text).

Apropos Baby, hier tatsächlich einmal eine sensationell gute Nachricht: In den USA wurde erstmalig ein Baby von AIDS geheilt (englischer Text).  Das ist der bisher erst der zweite Fall von Heilung überhaupt bei dieser Krankheit.

Im Kinderfilmblog kann man sich einen Kurzfilm ansehen – “Mein seltsamer Großvater”. Sohn I hat ihn sich gleich dreimal nacheinander angesehen und übt jetzt Musik auf Flaschen. Das Kinderfilmblog ist natürlich sowieso sehr nützlich, ich erwähnte es bereits einmal.

Bilder aus einer anderen Welt: Die USA in den 70ern.

Im Standard ein erhellender Text zum Glutamat. Ich fand es schon lange erheiternd, dass nur etwa 1% aller Menschen tatsächlich auf Glutamat negativ reagieren, also statistisch gesehen, unter den Damen in meinem Bekanntenkreis das aber etwa 10% von sich behaupten. Zufall, alles Zufall. Was hab ich vor fünfzehn Jahren etwa mit gewissen mir damals äußerst nahestehenden Damen herumdiskutiert, die schon vom Vorbeigehen an einem Chinarestaurant Migräne bekamen. Und dass die so heftig reagierenden Damen dass mit dem Glutamat-Anteil im Parmesan einfach nicht wussten, und den also auch einfach unbeirrt essen konnten – HAHAHA! Großartig. Ich freu mich schon seit Tagen über den Text.

Bei Mela geht es um die Art, wie die Gesellschaft Behinderungen wahrnimmt und damit umgeht.

Das beste Essen der letzten sieben Tage war eine Hühnersuppe, die ich nicht verlinken kann, weil sie nach dem Familienrezept der Herzdame gekocht wurde. Eine Traditionssuppe sozusagen. Da ich aber von den einzelnen Schritten der Zubereitung eine doch ziemlich andere Auffassung als die Herzdame hatte, war das hier eher eine Streitsuppe. Gemeinsam zu kochen ist anscheinend mehr etwas für andere Paare, nicht für uns – ich bin ja schon mißtrauisch, wenn die Herzdame auch nur meine Küche betritt. Ich meine, ich geh ja auch nicht mit einem Schraubenschlüssel zum Auto, wir haben da eigentlich sehr klar getrennte Reviere in dieser Ehe. Geschmeckt hat es aber dennoch. sogar sehr gut. Wobei es allerdings ein seltsames Gefühl ist, Hühnersuppe zu machen, ohne einen Kranken in der Familie zu haben.

 

 

Grammatik und Wut

Sohn II wirft sich, wenn er meint, bei etwas zu kurz zu kommen, was altersbedingt bemerkenswert oft der Fall ist, auf den Boden und brüllt dabei aus Leibeskräften immer wieder: “Das ist so ungefähr!” Das klingt einigermaßen sinnlos, ist es aber gar nicht, wenn man es nur richtig versteht. Die Formulierung ist nämlich das ziemlich durchdachte Ergebnis einer sprachlichen Bastelarbeit und vereint und steigert dadurch die Begriffe “unfair” und “ungerecht”, es heißt also eigentlich “ungefair”, worauf man aber erst einmal kommen muss, denn das hört man leider nicht.

Wenn man das Wort zum ersten Mal hört, dann kommt man also nicht sofort darauf, was tatsächlich gemeint ist. Weswegen Sohn I, der vorhin desinteressiert an dem wieder einmal auf dem Boden strampelnden Bruder vorbeiging, nebenher korrigierend sagte: “Es heißt ungefährlich, du Doofmann. Nicht ungefähr.” Sohn II, gewohnt von seinem Bruder zu lernen, brüllte prompt “Das ist ungefährlich” weiter, korrigierte sich dann aber nach zwei, drei Rufen. Denn es ging ja um ihn und wie man ihn in dieser ungeheuerlichen Familie behandelte, und nicht um die Sache als solche, daher stimmte etwas mit dem Satzbau so nicht, das kam ihm komisch vor, er stockte einen Moment. Und dann wechselte er zu einem immer noch zornesrot gegeiferten “Ich bin so ungefährlich!”

Als nächstes bringen wir ihm dann bei, den Satz durch ein ebenso bestimmtes “Ich will  nur spielen!” zu ergänzen – und schon hat er trotz gelegentlicher Wutanfälle beste Aussichten auf ein friedliches Sozialleben. Erziehung kann so einfach sein.


Woanders – der Wirtschaftsteil

Im Blog “Dieseldunst” geht es im Zusammenhang mit dem Pferdefleischskandal in aller gebotenen Deutlichkeit darum, dass der Verbraucher eben nicht an allem Elend des Marktes und der Welt Schuld hat und sich auch nicht unbedingt strengen Exerzitien unterziehen muss, bevor er etwas kauft. Er kann natürlich, er will es in erfreulich vielen Fällen auch, aber er muss nicht. Sehr nachvollziehbar geschrieben. Der Autor betreibt Landwirtschaft, aber das ist in diesem Fall völlig unerheblich, er könnte auch Fliesenleger oder Apotheker sein.

Auf Wiwo-Green ein langer Artikel von Eike Wenzel über Ernährung und Lebensstil, das passt ganz gut dahinter. Was macht es eigentlich aus, wenn man im Bioladen einkauft, was interessiert es die Märkte überhaupt, wenn sie irgendwo “bio” draufschreiben müssen? Verändert man die Welt denn nun wirklich mit seinem Dinkelbrötchen? Die Polemik in dem Artikel wird nicht unbedingt jeder teilen wollen, mir würden auch Gegenargumente einfallen – Spaß macht sie aber in jedem Fall. Irritierenderweise sind unter dem Artikel nur zwei Kommentare, auf Trolle ist auch kein Verlass mehr. Zu dem Artikel wird es noch einen zweiten Teil geben. Darauf ein regionales Bio-Bier. Weil es besser schmeckt, versteht sich.

Immer noch im Kontext der Ernährung ein Artikel mit Zahlen und Fakten zur Piratenfischerei, also zur illegalen Fischerei, in der Zeit. Mit Zahlen, die man kaum glauben mag, aber doch wohl glauben muss. Da macht es tatsächlich gleich viel weniger Spaß, den Kindern die nächste Ladung Fischstäbchen in die Pfanne zu hauen.

Und wo wir schon beim Essen sind, können wir auch einmal den Hunger erwähnen, den wir in Deutschland nicht sehr oft wahrnehmen. Im österreichischen Standard ein Interview mit Jean Ziegler, dem ehemaligen UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung. Mit Fakten, die von führenden Banken, auch deutschen Banken, gerne sehr, sehr anders gesehen werden. Mit einem Satz, über den man nicht mal eben hinweglesen sollte, denn man darf annehmen, dass Herr Ziegler sehr gut weiß, wovon er redet: “Seit Beginn dieses Jahrtausends gibt es keinen objektiven Nahrungsmittelmangel mehr. Jedes Kind, das gerade jetzt, wo wir reden, stirbt, wird ermordet.” Da passt es übrigens ganz gut, dass die taz ein kleines Update zur Frage der Lebensmittelspekulation liefert.

Kurz noch einmal zurück zu Amazon, bevor über den letzten Skandal dort niemand mehr nachdenkt, weil andere Themen schon nachdrängen und Empörung bekanntlich nur ganz frisch aufgekocht wirklich bekömmlich ist: Die Romanautorin Zoë Beck schreibt im Cultmag sehr differenziert und ausführlich über Amazon aus Kunden-, Handels- und Autorensicht, auch über den Buchmarkt und auch über das Einkaufen schlechthin. Volle Ladung, da bleibt kein Nebenthemenwunsch offen. Ergänzend dazu und aus ganz anderem Blickwinkel dann noch Nico Lumma zum eCommerce, mit einigen Aspekten, die sonst eher nicht in der allgemeinen Diskussion vorkommen. Auch bei Nico geht es um das Einkaufen schlechthin und seine Meinung wird viele irritieren. Es ist wirklich nicht einfach, zu einem vollständigen Bild zu kommen, aber an der Gründlichkeit des Wandels zu zweifeln hat definitiv auch überhaupt keinen Zweck mehr. Und wenn man noch etwas weiter über all das nachdenken möchte – dann kann man jetzt einen Kaffee holen, sich zurücklehnen und ganz in Ruhe diesen etwas längeren Text über Werte und Technik lesen.

Auf die Serie im “Geschichtsblog” über die Wirtschaft im Dritten Reich hatten wir bereits einmal hingewiesen, mittlerweile ist schon der dritte Teil erschienen. Auch hier ein Satz, über den man nicht hinweglesen sollte:: “Hätten die Nationalsozialisten rational gehandelt, wären sie zu dem Schluss gekommen, dass die angestrebten Ziele unmöglich waren und von ihnen abgekommen, kurz: sie wären nicht die Nationalsozialisten gewesen.”

Die Barbie wird nicht mehr in China hergestellt, die Produktion wird verlagert – natürlich aus Kostengründen, warum sonst. In ein Billigland. Also billiger als China. In diesem Artikel in der Zeit geht es um aktuelle Verschiebungen bei der Billigstherstellung und um neuere Entwicklungen in China. Es werden bessere Stellen geschaffen, qualifizierte Jobs entstehen, die chinesischen Lokalpolitiker jubeln – und erst in den Kommentaren fragt jemand nach den Arbeitern, die die Barbie bisher hergestellt haben. Das waren nämlich Wanderarbeiter, wobei einem jetzt -nanu! – auch schon wieder Amazon einfallen könnte, da war doch was vor der eigenen Haustür.

Erinnern Sie sich noch an Oskar aus der Mülltonne, in der Sesamstraße? Haben Sie sich früher auch gefragt, wie man in dem Ding eigentlich richtig wohnen kann? Falls Sie das Wohnen in Containern immer noch interessant finden, auf einem vielleicht etwas erwachseneren Niveau – sehen Sie doch mal hier.

Ein ungewöhnlicher und wirklich markanter Eingriff in das ach so freie Marktgeschehen wäre das vieldiskutierte Leistungsschutzrecht. Man kann bei der Romanautorin und Bloggerin Pia Ziefle und beim SPON-Kolumnisten Sascha Lobo oder im Notizblog von Torsten Kleinz noch einmal nachlesen, worum es geht und was genau daran grober Unfug ist. Wenn es noch nicht reicht, hilft vielleicht die Einschätzung vom Lawblogger Udo Vetter etwas weiter? Und dann kann man sehr viel Zeit mit intensivem  Kopfschütteln verbringen. Oder mit ungläubigem Staunen den Prozess der überaus seltsamen Gesetzgebung am Freitag live verfolgen.

Apropos freier Markt: je teurer das Hotel, desto teurer auch das WLAN für die Gäste – und desto schlechter die Verbindung (englischer Text). Das wäre doch einmal eine schöne BWL-Klausur: Erörtern Sie die Zusammenhänge, prognostizieren Sie Marktentwicklungen und entwickeln Sie eine lösungsorientierte Strategie für ein Grand Hotel in bester Lage. Und errechnen Sie bitte das Alter des Hoteliers.

Die Jugend rebelliert zur Zeit zwar gerade nicht, also sie hängt zumindest nicht auf Barrikaden herum und tanzt um brennende Mülltonnen, aber anscheinend ändert sie das Land doch ziemlich grundlegend. Sehr subtil, aber nachhaltig. Gucken Sie mal hier. Und in ein paar Jahren dann bitte für die Umwandlung von Parkhäusern zu Wohnraum demonstrieren.

Letzte Woche hatten wir auf ein besonders naturnahes Hotel in Belgien hingewiesen, diese Woche verweisen wir auf zwei ziemlich spezielle Modelle für besonders energie-effizientes Bauen – und schon wieder ist es ein Beispiel aus Belgien (englischer Text). Nanu! Hinweise auf spannende Beispiele modernen Bauens aus Bochum, Hamburg oder Dresden usw. nehmen wir übrigens gerne entgegen.

GLS Bank mit Sinn