Kurz und klein

Beifang vom 05.04.2017

Die Bank macht zu” ist ein neues Stück aus der Serie “Überland” in der Zeit. Von solchen Serien kann es gerne mehr geben.

In der NZZ geht es um Toleranz. Mit interessantem Goethe-Zitat.

Noch einmal NZZ: Musil und die Negativzinsen.

Und für die GLS Bank habe ich den geschätzten Christoph Koch gebeten, einige Links zum Thema Innovation und Digitalisierung zusammenzustellen. Natürlich hat er ein paar Quellen verlinkt, die mir bisher nicht einmal geläufig waren. Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert. Bitte hier entlang.

Und jetzt endlich einmal Rollenspiele mit strenger Lehrerin, Peggy Lee in der Hauptrolle. Wenn die Angaben in den Kommentaren dort stimmen, ist der Herr an der Gitarre Dave Barbour, Ehemann von Peggy Lee und den Titel hat er zumindest mitgeschrieben.

Kleiner Tipp für Restaurantbesuche mit Kindern

Die einen oder anderen Eltern werden das Problem kennen, ein Restaurantbesuch mit Kindern ist nicht in jedem Fall und schon gar nicht mit jedem Kind ganz einfach. Es kommt manchem Kind leider äußerst langweilig vor, da so einfach am Tisch zu sitzen und endlos auf ein fremdgekochtes Essen zu warten, das womöglich nicht einmal schmeckt oder unbekanntes Gemüse und andere Schweinereien enthält oder was es da an Schrecken noch alles gibt. Gläser kippen, Besteck fällt, Stühle kippeln, Fangen spielen um die Tische herum, zischende Eltern, geflüsterte Drohungen wüstester Natur, schmollender Nachwuchs, hektisches Essen, bloß raus hier, na, und so weiter, das hat jeder in der eigenen Familie oder doch bei den verzweifelten Eltern am Nebentisch schon erlebt. Die Lage wird nicht gerade einfacher, wenn man mehrere Kinder dabei hat, die Lage wird auch nicht unbedingt besser, nur weil die Kinder irgendwann ein gewisses Alter erreicht haben. “Du bist doch nicht mehr 5!” (6! 7! 8! Und immer so weiter, wie viele Jahre lang auch immer.)

Weil wir aber gerade eher zufällig herausgefunden haben, wie sich Kinder im Restaurant absolut tadellos benehmen, ohne jeden in welcher Form auch immer angewandten elterlichen Druck, möchte ich dieses Wissen schnell mit eventuell notleidenden Eltern teilen, fast hätte ich gerade etwas von froher Botschaft geschrieben. Es handelt sich um einen Tipp für etwa neun- oder fast zehnjährige Kinder, sie müssen lesen und rechnen können, dann läuft das. Der Trick besteht einfach darin, die Kinder ohne Eltern ins Restaurant zu schicken.

Wir haben hier nämlich einen Neuneinhalbjährigen, der seinen Kumpel zum Geburtstag zum Essen eingeladen hat, wobei Eltern natürlich nur gestört hätten, es gab immerhin Dinge zu besprechen. Das ist übrigens auch als Geburtstagsgeschenk ein wirklich brauchbarer Tipp für die Altersklasse, das kam gut an, aber das nur am Rande. Die beiden hatten genug Geld dabei, sie konnten die Karte lesen. Sie saßen, wie uns hinterher berichtet wurde, gerade und konzentriert am Tisch, warteten geduldig aufs Essen, aßen alles auf, wobei sie das Besteck benutzt haben, wie es unter zivilisierten Menschen üblich ist. Sie haben nicht mit den Kerzen herumgespielt und auch keine Gläser umgeworfen, sie haben das Brot nicht zu Mehl zerbröselt. Sie teilten sich die Reste, sie verzichteten nach sinniger Überlegung auf Nachtisch. Sie rechneten nach Kenntnisnahme der Rechnung mit Feuereifer und vereinten Kräften ein passendes Trinkgeld aus und verließen das Restaurant stolz wie Bolle. Das Kapitel haben wir jetzt pädagogisch abgehakt, Essen gehen können die.

Man muss manchmal als Eltern gar nichts machen, man muss vielleicht nur einfach einen Tisch reservieren und ein nettes oder besser noch sehr nettes Lokal kennen, in dem es zum Beispiel eine anständige Pizza gibt. Zack, fertig. Wir reservieren dann schon einmal einen Tisch im April 2019, wenn das andere Kind auch soweit ist.

Beifang vom 03.04.2017

Hier, diese erinnerte Friseurszene bei HONY – einfach mal kurz als Film vorstellen. Beste Unterhaltung.

Das Lächeln meiner Mörderin”, auch so eine kleine Geschichte..

Ein Comic zum Rollen. Eine ziemlich interessante Idee, das will ich schon wieder haben. Schlimm.

Gott fährt zweiter Klasse.

Im Blog der GLS Bank habe ich ein paar Links zu Elektro- und sonstigen Autos. Man beachte die Sache mit der “Faktor-10-Mobilität.” Die Söhne etwa finden den Gedanken super.

Ich habe Bob Dylans “Triplicate” durchgehört, hier eine wenig begeisterte Rezension in der SZ. Ich finde den Gesang auf dem Album enthemmend – wenn man das gehört hat, muss man sich nie wieder für den eigenen Gesang unter der Dusche schämen. Und das ist doch irgendwie ein schöner Effekt.

Und apropos seltsamer Gesang, Alessandro Alessandroni ist gestorben, da können wir alle noch einmal einen Ohrwurm zum Abschied mitsingen.

Buddenbohms Weltgeschichte: Bademode

(Zur Erklärung dieser neuen Rubrik siehe hier.)

Wir gingen mit den Söhnen in eine Schwimmhalle, Pädagogen hatten die Schwimmleistung bei einem von ihnen bemängelt. Beim Schwimmen leistet man Nachhilfe immerhin viel schneller und effektiver als in Mathe. Jedenfalls wenn das Kind grundsätzlich schwimmen kann und nur zu lange nicht im Wasser war, weil beide Eltern die Vorstellung so schrecklich fanden, im Winter in ein Hallenbad zu gehen. Man geht bei dieser Art der Nachhilfe einfach im Rudel baden, planscht herum, hat Spaß und zieht zwischendurch einmal eine Bahn, das ist dann auch schon alles.

Deswegen lagen die Herzdame und ich also im Whirlpool der Badeanstalt einer nordostwestfälischen Metropole in der Nähe ihres Heimatdorfs herum. Von da aus konnten wir, jedenfalls wenn wir die Hälse ein wenig aus dem wohlig warmen Wasser reckten, die Söhne im Kinderbecken beobachten, die dort mit riesigen Plastikflößen herumspielten. Vom Spielen mit Plastikflößen in bauchtiefem Wasser lernt zwar niemand schwimmen, aber fachlich korrekt geleitete Schwimmkurse fangen auch mit der entspannten Wassergewöhnung an, das spielten wir ganz korrekt nach.

Danach gingen wir rüber zu den großen Becken, eines mit Sprungturm, eines ohne. Der beanstandete Sohn zog vorbildlich Bahnen, viel mehr als nötig sogar. Wir liefen nur freundlich motivierend nebenher, denn das Wasser in diesem Becken war deutlich kühler als im Whirlpool und man muss den Einsatz der Eltern auch nicht übertreiben. Auf dem Sprungturm ein Becken weiter stand währenddessen ein junger Mann im besten Olympiagewinneralter auf dem Fünfer und machte professionell aussehende Dehnübungen, also solche, bei denen mir schon vom Zusehen einiges wehtat. Dann stellte er sich an die Kante und sah so konzentriert und ernst hinunter, stand so gerade und war so perfekt gebaut, dass man schon wusste, da kommt gleich was. Und was dann kam, das kann man kaum beschreiben, wenn man nicht gerade Sportreporter ist. Ein zwei- bis dreifacher Salto mit Schraube, als Laie kann man nicht einmal so schnell gucken, wie diese Sportler da im Flug Figuren zusammenbasteln und aneinanderreihen. Eine Figur jedenfalls, die man sicher nur zustande bringt, wenn man sich diesem Sport seit mehreren Jahren einigermaßen gründlich hingegeben hat. Ein Eintauchen mit bemerkenswert wenig Spritzern. Applaus der wenigen Gäste in der Halle, anerkennende Pfiffe. Der Springer kraulte zum Beckenrand und ging mit ernstem Blick und kopfschüttelnd sofort wieder zum Turm, das war ihm noch nicht gut genug. Er kletterte nach oben, dehnte sich. Machte seltsam ritualisiert wirkende Bewegungen, sprang noch einmal, noch komplizierter. Das ging eine Weile so weiter, bis andere junge Männer kamen, die mit gleich viel Ehrgeiz, aber nicht halb so viel Können sprangen, dann wurde es für uns Zuschauer allmählich etwas langweilig.

Zwischendurch gab es etwas Abwechslung durch ein etwa sechsjähriges Mädchen, das sich auch einmal probeweise oben an die Kante stellte, eine ganze Reihe wartende Sportler hinter ihr. Das Mädchen guckte in das Wasser, ihre Augen weiteten sich, das war doch dramatisch viel höher, als sie vorher gedacht hatte. Ein Schritt zurück, zwei Schritte zurück, drei Schritte zurück, da stieß sie mit dem Rücken schon an den ersten jungen Mann in der Reihe hinter ihr. Grinsende Männer, freundliche Handzeichen, doch, sie dürfe ruhig zuerst, gar kein Problem, bitte, nur zu. Den Rückweg zur Leiter machte man aber auch schon einmal vorsorglich frei. Das Mädchen ging wieder an die Kante, sah hinunter, der Körper brettsteif, die Hände griffen krampfend in die Luft. Ihre Mutter stand unten, lachte, klatschte und rief von unten “Na los! Eins, zwei …!” Und noch vor der Drei sprang das Mädchen, vermutlich weil wenige Elternzaubereien so wirksam sind wie diese kleine Zahlenfolge, jegliches pädagogische Abrakadabra ist gar nichts dagegen. Sie tauchte ein, kam wieder hoch, schwamm vor Freude kreischend zur Leiter, um sofort wieder auf den Turm zu steigen. Woraufhin sich einer unserer Söhne umgehend von der Familiengruppe absetzte und ebenfalls auf den Turm stieg, das wollen wir doch mal sehen, wenn die das kann! Und dann ohne Zögern an der Kante gleich hinunter, bloß nicht nachdenken,bloß nicht warten, gleich in den Flug. Und sofort wieder auf den Turm, da gibt es jetzt einen ganz neuen Hauptspaß im Leben! Das hätte man schon viel früher machen sollen. “Papa, gibt es nicht auch irgendwo Siebener?”

Dann war der Sprungturm eine Weile gut besucht, Sportler, Nachwuchssportler, Kinder, Jugendliche. Am Beckenrand tauchten Männer in blauen Arbeitsanzügen auf, die in diesem Outfit so gar nicht nach Schwimmhallenbesuch aussahen. Erst nur zwei, dann zehn, vielleicht auch mehr. Sie zogen an ihrer Kleidung, bei sich selbst und bei den anderen, so wie man in Umkleidekabinen an sich herumzupft, wenn man einen Anzug anprobiert und nicht recht weiß, ob der nun gut sitzt oder nicht. Ist das zu eng? Zu weit? Zu kurz? Kann man so überhaupt herumlaufen? Sie schlackerten mit den Armen, rollten die Schultern und sahen auf ihre Knöchel, wie saß das Zeug? Sie diskutierten eine Weile, dann sprangen sie mit den Klamotten vom Beckenrand ins Wasser. ”THW” stand groß auf dem Rücken der Anzüge und von Gast zu Gast ging die Erklärung durch die Halle, dass da neue Einsatzanzüge auf ihre Verwendbarkeit im Wasser getestet werden mussten. Man kann beim THW auch einmal ins Wasser fallen, aber man ist eben beim THW, damit es dann auch klappt. Und man ist bei allem richtig ausgerüstet, eh klar.

Deswegen sprangen die Herren da also immer wieder vom Rand, vom Einer, vom Fünfer, mit Schwimmweste und ohne. Sie ließen sich im Wasser treiben, sie schwammen Brust und Rücken und kraulten, sie zogen sich prustend am Beckenrand hoch, standen tropfend und kichernd in nassen Klamotten am Rand, schlugen sich auf die Schultern, dass es weit spritzte und ließen sich in Dreierreihe gemeinsam wieder rückwärts ins Wasser fallen, wobei ihre Stimmung besser und besser wurde. Die Anzüge waren wohl in Ordnung.

Am Beckenrand gegenüber schwamm ein Familie südlicher Herkunft. Eine Frau hatte etwas an, was ich bisher nur aus den Nachrichten kannte, einen Burkini. Wobei ich nicht sicher bin, ob es die richtige Bezeichnung ist, es gibt sicher Varianten, aber ich kenne mich damit nicht aus. Ein dunkelblauer Ganzkörperanzug jedenfalls, sagen wir ruhig ein THW-blauer Anzug, der Zufall des gleichzeitigen Badens legte diese Bezeichnung wirklich sehr nahe. Das war also diese Bademode, die in anderen Teilen der Welt im letzten Sommer für erhebliche Aufregung und Skandale gesorgt hat, etwa in Frankreich, mir war so etwas bisher nicht begegnet. Die Frau, die das trug, alberte im Wasser mit den begleitenden Männern herum, so wie es alle Badegäste machen, wenn sie mit Freunden oder mit der Familie in einer Schwimmhalle landen. Sie guckte zwischendurch immer wieder zu den Turmspringern hoch, zu den THW-Leuten und zum Kiosk, vielleicht stand dort gerade ein Kind dieser Familie an und holte Eis, die Schlange vor der Kasse wurde langsam länger.

Niemand interessierte sich für diese Frau. Den Söhnen fiel sie nicht einmal auf, da waren eben irgendwelche Leute im Becken, die Springerei mit Schwimmwesten war allemal aufregender als eine Frau am Beckenrand. Es standen auch sonst keine Leute herum und zeigten mit dem Finger auf die Frau, es schwammen keine anderen Gäste neugierig näher, nichts, niemand sah da zweimal hin. Mich erinnerte dieser Badeanzug an die historischen Bilder, mit denen man als Küstenbewohner in Deutschland unweigerlich groß wird, weil sie in in jedem Kurhaus hängen, auf jeder Strandpromenade findet man sie, vergilbte Poster zur Geschichte des Ortes. Die Damen aus den Anfängen der Badezeit um achtzehnhundertirgendwas, die mit blauweiß gestreiften Ganzkörperanzügen und Haube auf dem Haar vorsichtig und geziert einen Zeh in die Wellen hielten. Wobei sie auf diesen alten Bildern meist gerade aus Badekarren stiegen, die von männlichen Hilfskräften in die Wellen gerollt worden waren. Diese Karren haben nirgendwo eine moderne Entsprechung, soweit ich weiß. An der Ost- und Nordsee stellt man sie heute aber gerne wieder dort auf, wo die Touristen scharenweise herumlaufen, das sieht dann so nett nostalgisch aus, die gute alte Zeit.

Die Bademode an den deutschen Küstenorten hat sich geändert, über die Jahrzehnte wurde immer weniger vom Körper bedeckt. Als ich als Jugendlicher in Travemünde lebte, liefen viele Damen dort gerade oben ohne herum und zwar nicht nur am Strand, das war normal und kam mir nicht spektakulär vor. Das hat sich mittlerweile schon wieder gedreht, das ist Vergangenheit und klingt irgendwie nach der Hippie-Zeit, das sieht man heute kaum noch. Man sieht immer nur auf einen Ausschnitt der Modegeschichte und man weiß auch, das wird vergehen. Die Ärmel und die Beine gehen rauf und runter. Manchmal dauert es Jahrzehnte und es müssen erst Generationen, Regierungen und Religionen kommen und vergehen, manchmal dauert es auch nur einen Saisonwechsel bis Schnitte möglich sind, die vorher alle Mitglieder einer bestimmten Gesellschaft entsetzt haben.

Jedenfalls bei den Badegästen ist das so, woher auch immer sie kommen mögen und wo auch immer sie baden. Beim THW verläuft das selbstverständlich etwas konservativer.

 

13 & 3 & ein neues Türschild

Ich habe einen Hang zu ritualisierten Beiträgen, nicht nur zum Jahreswechsel. Auch zum 1. April passiert hier immer wieder Erwartbares, das Blog, nein, die Blogs altern nämlich so vor sich hin und ändern sich dabei ab und zu ein wenig. Also das Folgende einmal fast wie immer und durchaus nicht als Aprilscherz zu verstehen.

Dieses Blog wird heute dreizehn Jahre alt und ist damit jetzt ein Blog-Teenie. (Ich habe tatsächlich gerade erst kapiert, dass sich die Bezeichnung Teenager genau auf die Altersstufen 13 bis 19 bezieht, weil die im Englischen auf -teen enden. Man hat aber auch Bildungslücken! Schlimm.) Das andere Blog, “Was machen die da” wird immerhin schon drei Jahre alt und lebt gerade wieder neu auf, die nächsten Termine sind bereits gemacht, es geht in Kürze also wieder los mit Isa und mir. Sogar auswärts! Es wird uns ein Fest sein.

In diesem Blog hier gibt es ab heute eine kleine Änderung, es hängt sozusagen ein neues Schild an der Tür, an der Firma selbst ändert sich aber nichts. Oben in der Browserzeile, das haben Sie jetzt vermutlich gar nicht gemerkt, nicht wahr, steht aber nicht mehr “Herzdamengeschichten”, da steht jetzt “Buddenbohm und Söhne” (technische Umsetzung: Christian Fischer, super und empfehlenswert wie immer).

Buddenbohm und Söhne: weil es viel besser passt und weil es den Nachwuchs ganz ungemein freut. Weil die Herzdame öfter selbst schreiben wird, ich aber schon seit längerer Zeit gar nicht mehr so viele Geschichten über sie schreibe. Sondern eher anderes Zeug. Und Buddenbohm & Söhne, das ist eben der Laden hier, was auch immer wir machen. Der Name Buddenbohm kommt von der Herzdame, ohne sie würde ich nicht einmal so heißen, sie bleibt also im Blognamen präsent. Buddenbohm und Söhne kann man scherzhaft als ironische Firmenbezeichnung verstehen, als Fortführung der Familienbetriebstraditon im digitalen Zeitalter, als Projektraum für Nachwuchsblogger, als Möglichkeit für jeden nur denkbaren Content, als Online-Spielwiese für vier Menschen, von denen einer immer und drei immerhin manchmal schreiben. Oder andere Dinge machen, vielleicht kommt es doch noch irgendwann zu Podcasts, Filmen, was weiß ich, da ist ja langfristig vieles denkbar. Die Bezeichnung Herzdamengeschichten hatte dafür jedenfalls nicht mehr den richtigen Klang, fand ich.

Wer dieses Blog in einer Blogroll oder ähnlichem gelistet hat – es wäre natürlich äußerst zauberhaft, très charmant und voll nice oder wie immer man heute sagt, wenn der Link auf die neue Domain angepasst werden könnte.

Und schließlich wie in jedem Jahr: Herzlichen Dank an alle, die hier lesen! Denn das sind weiterhin, um mich auch in diesem Jahr wieder selbst zu zitieren, die Konstanten dieses Blogs – ich denke immer noch nach jedem Eintrag, dass mir jetzt aber wirklich nie wieder etwas einfallen wird, und ich freue mich immer noch jeden Tag, dass das gelesen wird, was mir dann doch noch irgendwann eingefallen ist. Manches bleibt eben.

Beifang vom 28.03.2017

Kiki über Novemberregen. Alles richtig so.

Das hier löst den gefürchteten Haben-Wollen-Reflex bei mir aus.  

Drüben bei der GLS habe ich eine Handvoll Links zum Thema Klimawandel zusammengestellt, beim letzten kann man mit Landkarten herumspielen. Aber leider nicht auf die lustige Art, schon gar nicht aus norddeutscher Perspektive. Après nous le déluge.

Das hier ist auch nicht gerade lustig – die Landesmedienanstalten wollen Yotuber als Rundfunk betrachten. Oder gleich alles, was streamt.

Josef Hader über das Schreiben: “Schreiben ist die beglückendste Arbeit, die ich kenne. Es ist wie eine Bio-Droge, mit der man aus völliger Verzweiflung darüber, dass einem nichts einfällt, in die größte Euphorie gelangen kann, wenn man den richtigen Einfall hat. So einen Effekt bewirken normalerweise nur verbotene Substanzen, aber beim Schreiben geht es ganz von selbst.” Man bekommt fast Lust, mal wieder was zu schreiben, hm?

Die Musik heute in bedauerlicher Bildqualität, es ist aber dennoch eine wunderschöne Version von “As tears go by”. Nancy Sinatra.

Buddenbohms Weltgeschichte

Ich denke schon seit Tagen über ein neues Format im Blog ab April nach, und gerade fiel mir ein, das kann ich ja auch öffentlich tun. Am Ende interessiert es sogar jemanden, wie ich darauf gekommen bin. Da treffen drei bis vier Gedankengänge zusammen, die bisher getrennt liefen, man kennt das, irgendwann fühlt sich plötzlich alles passend an und dann klickt es (oder es klackt, kleiner Insiderscherz).

Erstens nämlich habe ich vor gefühlten zwanzig Jahren einmal Probetexte für ein Kolumnenformat in einer Tageszeitung geschrieben, da sollte es es um neue Begriffe in den Nachrichten gehen. Etwas mehr oder weniger heiteres Herumdenken auf dem Vokabular sozusagen. Gemeint waren jene Begriffe, die einem beim Lesen der Nachrichten nur auffallen, wenn man genau aufpasst. Wenn man nicht aufpasst, schleichen sie sich ein und man denkt man nur irgendwann: “Komisch, das haben wir doch früher nicht so gesagt”. Wie in letzter Zeit etwa beim Populismus, einem Wort, das früher keine Rolle gespielt hat und nun in jeder Nachrichtensendung und auf jeder Zeitungsseite täglich mehrfach vorkommt. Aus der Kolumne wurde dann nichts, ich habe etwas ganz anderes für sie gemacht, die Idee habe ich aber nie aus den Augen verloren. Es wäre eben auch eine nette Aufmerksamkeitsübung gewesen.

Zweitens war ich gerade im nordostwestfälischen Heimatdorf der Herzdame, als Trump präsidial startete. Wie fast alle in meinen Timelines hing ich stundenlang vor Twitter und auf Nachrichtenseiten, las immer wieder die Ereignisse und Kommentare nach, folgte auf einmal etlichen Journalisten der Washington Post und von CNN etc., Sie kennen vermutlich auch das. Allerdings fiel mir irgendwann der wirklich krasse Gegensatz zwischen dem ruhigen und völlig ereignislosen Tag auf dem Land und dem äußerst unruhigen Tag in den sozialen Medien auf und ich twitterte sinngemäß etwa so: “Was sich in Nordostwestfalen bisher durch Trump verändert hat: Nichts. Ich sehe aber sicherheitshalber nachher auch noch im Kuhstall nach.” Und dieser Gedanke blieb mir auch präsent. Dass man von dem, was uns in den Nachrichten und in meinem Fall besonders im Internet aufregt, manchmal ü-ber-haupt nichts im Alltag wiederfindet, nicht die allergeringste Spur. Also abgesehen von Gesprächsinhalten unter Kollegen und Freundinnen, die meine ich aber eigentlich nicht. Oder zumindest nicht primär. Mir fiel das schon beim Jahr 2016 auf, das sich in den künftigen Geschichtsbüchern vermutlich die eine oder andere besondere Erwähnung verdient hat – im Alltag schlug sich das aber kaum nieder. 2015 hat dagegen auch im Familienalltag als geschichtsträchtiges Jahr definitiv stattgefunden, die durchreisenden Flüchtlinge am Hamburger Hauptbahnhof und ihre desolate Lage im Spätsommer und Herbst, das haben alle hier intensiv mitbekommen. 2016 war dagegen ganz ohne besondere Vorkommnisse vor der Haustür, es war erstaunlich. 2015 habe ich etliche kleine Szenen zur Lage der Flüchtlinge und der Helferinnen im Stadtteil geschrieben, 2016 keine einzige. Weil ich keine mehr gesehen habe. Man kann das auch im Zusammenhang mit der Diskussion um Fake-News und Nachrichtenqualität sehen. Es gab 2016 in unserem kleinen Bahnhofsviertel mehrere teils spektakuläre Vorfälle, die mit der Weltgeschichte viel zu tun hatten. Die Lage hier wurden in Hamburger Medien teils sehr kritisch dargestellt, es wurde sogar explizit vor einzelnen Straßen gewarnt – durch die ich jeden Tag einkaufen gehe. Einfach so. Und mir ist da nichts aufgefallen. Die Nachrichten waren nicht unbedingt falsch, aber ich lebte in einem anderen Bildausschnitt. In meinen eigenen News ist nichts davon vorgekommen.

Drittens lese ich nach wie vor in den Tagebüchern von Erich Mühsam aus dem Jahr 1919. Neulich fragte jemand in den Kommentaren hier, warum ich das denn überhaupt lese. Es geht doch hauptsächlich nur ums Küssen, Griffe an fremde Knie und Liebschaften mit Dienstmädchen, warum ist das denn interessant? Das ist interessant, weil wir die Geschichte kennen. Weil wir wissen, was sich in den Jahren danach ereignet hat, weil wir jede kleine Andeutung zu rechtsextremen Inhalten, Formulierungen, Ereignissen heute auf eine bestimmte Art deuten, die Mühsam natürlich nicht zur Verfügung stand. Der Mann, der im Tagebuch 1919 hauptsächlich harmlose Knutscherfolge aufzählt, ist später von den Nazis ermordet worden. Er war ein durch und durch politischer Mensch, auch wenn das im frühen Tagebuch kaum vorkommt. Aber wie spannend und manchmal unheimlich sind aus heutiger Sicht die paar Erwähnungen, in denen es doch um Politik geht! Wie gruselig die Begegnungen mit Personen, von denen man als heutiger Leser weiß, sie werden 1933 auf der falschen Seite stehen. Und wie interessant auch die Szenen, in denen es um Änderungen im Alltag geht, um das Aufkommen der Automobile, der Telefone etc., man wünscht sich beim Lesen dringend, er hätte mehr darüber geschrieben, genauer hingesehen, mehr erzählt. Es gibt andere berühmte Tagebuchschreiber, die das in aller Gründlichkeit gemacht haben, ich habe das immer gerne gelesen.

Und weil schließlich auch meine Söhne oder deren Kinder diese Einträge hier vielleicht irgendwann nachlesen, in was weiß ich wie vielen Jahren, möchte ich ab und zu versuchen, etwas genauer hinzusehen und mitzubekommen, wo und wie Weltgeschichte im Alltag um uns herum tatsächlich stattfindet. Und dann darüber schreiben. Also wo und wie etwas anders wird, neu ist, sich zum ersten Mal ereignet, uns zum ersten Mal auffällt, begegnet. Weil die Söhne es vermutlich doch irgendwann interessant finden werden, wie das damals um 2017 herum mit dem Aufkommen der Elektroautos war , mit den Nazis in den Parlamenten, mit den Anfängen des Klimawandels, mit dem Untergang des Abendlandes, mit dem Impeachment, mit der Regierungskrise in Frankreich und dem Brexit, mit der großen Sturmflut, mit dem Hubschraubereinsatz und den Handtaschenräubern, all das. Da möchte ich doch zumindest ein paar Einträge parat haben, die dann als Fundstelle halbwegs befriedigend sein können.

Die erste Begegnung mit der Geschichte, die wir in diesem Sinne hatten, fand neulich beim Schwimmengehen im Melitta-Bad in Minden statt, es ist nur eine ganz kleine Szene. Demnächst auf diesem Sender.

Beifang vom 27.03.2017

Noch ein Text über Trump und seine Wähler. Ab und zu entdeckt man doch noch einige neue Aspekte.

Außerdem lese ich gerade in “Künstlerkolonie Wilmersdorf”. Ich habe überhaupt keinen Bezug zu Wilmersdorf, ich weiß nicht einmal, wo in Berlin das genau ist. Aber Manfred Maurenbrecher hat so einen Tonfall, da möchte man immer “Ach egal, erzähl mir einfach irgendwas” sagen. Ob er nun am Klavier sitzt und dazu singt oder ob er ein Buch schreibt – es wird schon interessant sein. Und so ist es dann auch.

Und wo wir gerade so schwungvoll ins Wahljahr starten und in Pressehäusern und Blogs wieder über Richtungen debattieren: “The one on the left is on the right” von den Smothers Brothers mit Gaststar Noel Harrison. Wer die Smothers Brothers nicht kennt, man kann sich auf Youtube ruhig mal ein Stündchen mit ihnen amüsieren, das ist ziemlich abgefahrene US-Humorgeschichte, es gibt ein paar schöne Clips.

Briefkastenonkel Buddenbohm

In diesem Blog landen auch Menschen durch Suchanfragen bei Google und anderen Seiten. Technisch bedingt sehe ich immer seltener, was da genau gesucht wurde, manchmal aber doch, dann denke ich natürlich über Antworten nach. Zu den Fragen der letzten Wochen:

“Vorteile Kinder”

Wenn man Kinder bekommt, lernt man schlagartig viele Menschen kennen, sogenannte andere Eltern. Die werden von einigen als Problem empfunden, tatsächlich handelt es sich aber um DEN Boost im Sozialleben und die Wahrscheinlichkeit, dass mehrere sympathische Menschen dabei sind, sie ist recht hoch. Für Norddeutsche, die einander bekanntlich mangels Kölschkneipen an jeder Ecke nicht einfach so kennenlernen können, gibt es überhaupt nur eine einzige andere denkbare Variante der sozialen Spontanbelebung, das ist die mit dem Hund. Sowohl Hundehalter als auch Eltern reden immer und überall miteinander, sogar nördlich von Hamburg, sogar auf den Inseln. Hierbei ist aber unbedingt zu bedenken, dass man zumindest in Hamburg während der gesamten Lebensdauer des Hundes Kacke einbeuteln muss, während sich das bei Kindern nach vergleichsweise kurzer Zeit erledigt hat. 

“Nymphensittich braten”

Über die Motivation hinter dieser Suchanfrage möchte man lieber nicht nachdenken, aber tatsächlich habe ich zu dem Thema einmal einen Text geschrieben, da ging es um ein Rezept mit Chicorée. Mein Verhältnis zu diesem Gemüse ist seitdem leicht gestört, zu Nymphensittichen hatte ich noch nie eines.

“Wie frage ich einen Kellner im Restaurant nach Kokain”

“Entschuldigen Sie bitte, haben Sie Kokain?” That was easy.

“Ist Bibliomantie erlaubt”

Ja, ganz sicher. Ich glaube sogar, fast alle Formen der -mantie sind erlaubt, es sei denn, man muss dafür erst Tiere opfern und aufschneiden, um ihre Eingeweide genauer zu besehen. Das war nur im alten Rom und noch älteren Kulturen legal. Zu den möglichen Nebenwirkungen der Bibliomantie habe ich hier etwas geschrieben.

“Meine Freundin spielt mit Luftballons”

Das ist eine der besten Google-Suchen überhaupt, die ich hier jemals entdeckt habe. Wenn ich schlecht gelaunt bin, lese ich gerne diesen Satz nach und stelle mir einen komplett ratlosen Jüngling vor, den die obsessive Beschäftigung seiner Freundin mit Luftballons so verwirrt, dass er schließlich entnervt das Notebook aufklappt und zögernd etwas ins Suchfeld tippt. Dann geht es mir meistens schon wieder besser.

“Wale Wale manche Strecke”

Ein Zitat aus der kaum bekannten sogenannten maritimen Version des Zauberlehrlings, die Goethe im Jahr nach seiner großen Grönlandreise geschrieben hat. Die Version hat sich nie durchgesetzt. Siehe auch -> über allem Stockfisch ist Ruh.