Währenddessen in den Blogs, Ausgabe 24.6.2023

Christian, sichtlich um Ermutigung bemüht, schreibt über das Laden von E-Autos. Als Mensch, der nicht im Thema ist, verstehe ich teils einiges auf Anhieb nicht, nicht einmal die Vokabeln, aber ich bleibe bemüht und dran. Irgendwann ist man womöglich betroffen, ne. Auch die Kommentare unterm Text drüben beachten, dort liest man von weiteren Erfahrungen.

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Frau Büüsker, klar wie immer, über Heckenschnitt und Klimapolitik. Büüsker lesen bildet, falls sie noch einen Slogan braucht.

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Frau Novemberregen erklärt weiter den Kapitalismus, es kommen schlimme Wörter vor. Und hier noch weiter und bis zum Herzen des Menschen, wie schön klingt das denn, an dieser Stelle auch ein ausdrücklicher Dank für die ganze Artikelreihe.

Sie ist aber außerdem beachtlich schlecht gelaunt, es liegt nicht am Kapitalismus, und ich kann es nachvollziehen.

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Über die Linden und die Hitze, mit Erinnerungen an einen Kishon-Text, an den ich bei Hitze auch zuverlässig zurückdenke. Ich glaube, es ist auch der Text, in dem er durch Glühschaden im Hirn auf einmal nicht mehr weiß, ob es Afrika oder Arfika heißt, und ich kann auch das an heißen Tagen gut verstehen. Im gleichen Blog auch der konjunktive Kuchen.

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Über den Wert einer exzellenten Ausrüstung. Gleich mal einen weiteren Füller bestellen! Oder Tinte. Oder sonstwas. Egal.

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Über Integrationsangriffe, wieder ein frisches Wort gemerkt.

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Eine besondere Ausgabe von Nicolas Monatsnotizen, es geht um das Sterben, um das Umgehen mit dem Verlust.

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„Ich wollte darüber schon lange schreiben. Vor allem, weil mir einfach nicht in den Kopf will, wie Konservative seit Jahren immer wieder den gleichen Fehler machen, also den strategischen Fehler. Konservative hier im weiteren Sinne, aber dazu gleich mehr. Jedenfalls sind die begeisterten Reaktionen und die Tontaubheit von führenden CDU-Leuten nach dem grotesken Auftritt von Claudia Pechstein auf dem CDU-Konvent, oder wie der heißt, jetzt der Anlass. Denn dass Merz („brillant“) und Co nicht mal merken, was sie da tun, wenn sie reaktionäre, alltagsrassistische Bemerkungen bejubeln, halte ich auf der einen Seite für wenig überraschend. Auf der anderen Seite für ein Problem.“ 

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Weitere Links bei Kiki.

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Sie können hier Geld in den allerdings nur virtuell vorhandenen Hut werfen, herzlichen Dank! Sollten Sie den konventionellen Weg bevorzugen und lieber klassisch etwas überweisen wollen, das geht auch, die Daten dazu finden Sie hier. Wer mehr für Dinge ist, es gibt auch einen Wunschzettel.

Erzähl mir die Stille

Freitag, der 16.6. Die Herzdame und ich haben einen Tag Urlaub und verbringen ihn gemeinsam, ohne die Söhne, die in sturer Routine in die Schule müssen, ohne sonst irgendwen, sogar ohne To-Dos und Termine. Bis sechzehn Uhr dreißig nehmen wir beide uns frei von allem. Der Tag ist wundervoll entspannt, und nichts gibt es über ihn zu erzählen, gar nichts.

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Die Rente, die Rebellion

Die Rente, die Rebellion

Donnnerstag, der 15.6. Im Büro nehme ich Kolleginnen, die gerade in Rente gegangen sind, aus Verteilern und Listen. Das Thema bleibt bei mir jetzt im sichtbaren Bereich, es ist dauerhaft im Hintergrund der Wahrnehmung, es wird manchmal auch recht prominent. Ach guck, die ist auch schon nicht mehr da. Und oh, der geht ja schon nächsten Monat. Mein Jahrgang gehört zu den letzten der Kinderreichen, nein, ist wohl sogar amtlich das Schlusslicht, nach mir hat es sich dann ausgeboomert im Berufsleben, der Letzte macht das Licht aus.  Stimmt gar nicht, das Licht geht heutzutage selbstverständlich automatisch aus, wenn man den Raum verlässt. Sogar unsere Redewendungen sind mittlerweile veraltet und auf Dad-Joke-Niveau, merken Sie es auch. Wir können weg, ich sehe es ja ein. Oder, wie es in der Tagesschau heißt: „Was, du arbeitest noch?

Ich höre auf meinen Wegen das nächste Buch über das Jahr 1923: Volker Ullrich: „Deutschland 1923 – Das Jahr am Abgrund“. Die Bezüge zur Gegenwart beißen einen wieder förmlich beim Lesen, mich vermutlich besonders. Denn während ich von Armenspeisung und Suppenküchen lese bzw. höre, sehe ich die heutige Entsprechung vor dem Wohnzimmerfenster, wie an jedem Donnerstag. Zwar ohne die großen, leidenden Kinderaugen wie auf den dramatischen Zeichnungen von Käthe Kollwitz, es war damals fraglos noch wesentlich schlimmer, aber um Hunger und Versorgungsprobleme geht es heute doch auch, das steht leider ebenfalls fest, und vor der Kirche stehen gerade etwa 50 Menschen oder mehr geduldig an und warten auf eine wöchentliche Zuteilung. Ein paar Meter weiter die Plakatwerbung der Hamburger Tafeln an einer Bushaltestelle: „Wir haben Hamburg noch lange nicht satt.“ Spendenaufrufe, sie sind dringend notwendig. Und an einer Laterne ruft eine linke Gruppierung per Aufkleber zur Rebellion auf. Unterscheiden sich die Gruppen, die zur Rebellion aufrufen eigentlich von denen, die zur Revolution aufrufen? Das würde mich nicht wundern.

Es geht im Buch auch wieder um die galoppierende Inflation, die in den heutigen Nachrichten gerade etwas sinkt, es wird eher am Rande gemeldet. Es geht auch um das Erstarken der Kräfte am rechten Rand. Den Bezug zur Gegenwart bei diesem Thema kann man sich denken, wenn man die Nachrichten und Wahlumfragen auch nur halbwegs verfolgt, und wer würde das nicht, mit freundlichen Grüßen auch nach Schwerin, Glückwünsche für den neuen Bürgermeister. Er hatte einen Gegenkandidaten von ganz rechts, Sie werden es gelesen haben, eine Schlagzeile dazu lautete tatsächlich: „Partei greift nach der Macht.“

Immer weiter Geschichtsbücher lesen und vage hoffen, dass doch ein paar Leute irgendwas gelernt haben.

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Freie Platzwahl vor Sonnenuntergang

Mittwoch, der 14.6. Auf der Insel weit draußen sterben die Vögel, lese ich am Morgen. Es ist in der Regel ganz und gar nicht erbaulich, morgens Nachrichtenseiten aufzumachen, aber die Neugier. Was soll man machen.

Bei einem der vollkommen altersgerechten Probleme von Sohn II fragte ich mich gestern, was wohl ab und zu eine sinnvolle Frage sein kann, nämlich wie das denn bloß vor zwei Jahren bei Sohn I war, aber mit dem habe ich, so vermutete ich, gewisse Diskussionen nie in dieser Art geführt, wieso denn eigentlich nicht, oder täusche ich mich da, ich musste doch etwas grübeln. Und dann fiel es mir wieder ein: Diese Gespräche gab es nicht. Denn er hat, wie alle Kinder seines Alters, ein paar Erfahrungen einfach ausgelassen, da war Corona, und wie das war. Da war einiges etwas anders, to say the least, und ein paar jugendromantypische Eskapaden kamen bei ihm und seinen Freunden einfach nicht vor. Die dazugehörige Welt fand für sie nicht statt.

Es ist sicher sinnvoll, sich das ab und zu wieder klarzumachen, denn es ging selbstverständlich nicht spurlos an denen vorbei. An ihren Eltern auch nicht, aber das führt schon wieder zu weit.

Am Abend nach der Arbeit gehen die Herzdame und ich noch auf einen Drink raus. Das kommt bei uns ausgesprochen selten vor, wir kommen ja zu nichts. Heute aber doch einmal, und da die Herzdame an diesem Tag noch gar nicht vor der Tür war, gehen wir runter zur Alster, zum Sonnenuntergang. Auch das machen wir normalerweise nicht, denn da unten ist es uns immer zu voll, zu überlaufen, zu betriebsam, schon gar bei gutem Wetter. Wir gehen fest davon aus, auf dem Steg eh keinen Platz zu bekommen, auf diesem Steg mit der Gastronomie darauf, von der wie nicht einmal wissen, wie sie heißt, wie wir amüsiert feststellen. Wir gucken da normalerweise nicht einmal hin. Wir sind dann überrascht, dass es da eher leer ist, fast freie Platzwahl vor Sonnenuntergang, vor Alster, vor Segelbooten und Stand-Up-Paddelnden, vor Schwänen und Gänsen. Vielleicht denken heute viele wie wir und gehen gar nicht erst los, man ist immerhin nie der Einzige mit seinen so betont hochindividuellen Gedanken.

Ein Steg an der Alster, eine Bank mit Sitzpolster darauf, daneben ein Glas Bier

Windig ist es allerdings da am Wasser, wieder sehr windig, fast schon zu kalt dadurch. Die Bedienung hat Ohrenschmerzen und klagt und leidet, sie steht schon den ganzen Tag in den Böen, die mit jeder Stunde kühler werden. Sie vergräbt sich in ihre Hoodie-Kapuze und bleibt morgen vermutlich krank im Bett, zumindest dem Aussehen nach. Neben uns sitzen zwei Männer in T-Shirts und kurzen Hosen. Sie haben einen besonders exponierten Platz im, lassen sich dadurch aber überhaupt nicht stören und besprechen hochkonzentriert Softwareprojekte. Englisch mit indischem Akzent. Sie sprechen ruhig, sie lassen sich ausreden und sind überhaupt sehr höflich miteinander. Sie trinken ihr Bier dabei langsam, in kleinen Schlucken, wie pflichtgemäß. Untypische Biertrinker sind es. Man muss doch etwas trinken, denken sie vielleicht, wenn man hier schon sitzt.

Die Herzdame und ich sitzen auf diesem Steg und wir wundern uns. Wir spielen Touristen nur ein paar Meter von unserem Haus entfernt, wie gut uns das also gelingen kann.

Einfach mal rausgehen.

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Schreibwarenmeldungen

Dienstag, der 13.6. Am Montag habe ich Vollzeit gearbeitet, also bis zur normalen Feierabendzeit und etwas darüber hinaus, wie es unter den meisten Büromenschen nach wie vor üblich ist. Das mache ich als Teilzeitangestellter sonst nie und es ist fast lustig, wie seltsam es sich für mich anfühlen kann, nach 17 Uhr noch in einem Büro zu sein. Auch diese Szenerie kurz darauf vor der Tür, dass da diese Hundertschaften gleichzeitig aus den Büros kommen und mit deutlicher Müdigkeit und vereinzelt auch Hitzeschäden im Gesicht zur S-Bahn streben, dabei ausgiebig und ungemein gehässig über die Menschen lästernd, mit denen gemeinsam sie sich gerade eben noch in aller Loyalität als teamfähig deklariert haben – wie fremd mir das alles geworden ist, ich bekomme das sonst nie mit. Anstrengend war es, das allerdings auch. Ich kann mir Achtstundentage in nur einem Beruf längst nicht mehr vorstellen, ich bin da schon zu lange raus und gründlich entwöhnt. Mehr als zwanzig Jahre schon, guck an.

Ein neues Notebook gab es im Büro, das immerhin ist erfreulich. Ich habe in all den Jahren, die ich in Büros und an Schreibtischen verbracht habe, nie die Freude an neuen Geräten und neuer Software verloren, ich finde das immer fein, wenn es bei Schreibwaren und Büroartikeln im allerweitesten Sinne und auch bei Software und Systemen irgendwie weitergeht. Von der ollen Olypmpia, auf der ich in der Oberstufe die Hausaufgaben und Referate getippt habe, und die noch tonnenschwer war, ein wahres Trumm von Metallklotz, auf das man mit Kraft und Kawumm einhämmern musste, bis heute, zu den fast federleichten Notebooks. Nur mir sinnlos vorkommende Updates werden mir allmählich lästiger, wie unlängst bereits irgendwo erwähnt, besonders dann, wenn sie nur dekorativen Zwecken dienen. Aber Sachen oder Programme, die tatsächlich etwas Neues können oder dieses zumindest überzeugend vorgeben – immer spannend. Das geht nicht allen Menschen so, viele sind selbst bei Bürotechnik ausgesprochen änderungsavers. Das spaltet auch wieder die Gesellschaft, wie die Medien reflexmäßig dazu schreiben würden, aber bei denen sind wir hier ja nicht. Oder nur ganz am Rande.

Neue Hardware allerdings, so stellt es sich heraus, kann gerade im Vergleich zu der Hardware vor ein paar Jahren nichts großartig anderes. Schade eigentlich. Na gut, die Kameraabdeckung ist jetzt eingebaut und wird nicht mehr aufgeklebt. Na ja. Slow clap.

Wo ich schon beim Thema bin, ich gehöre zu denen, die eine bedeutende Büroevolution erlebt haben, unvorstellbar eigentlich, was für ein Wandel das war. Wie krass, wie umfassend, wie grundsätzlich, wie sprunghaft teils auch – aber kein einziger der Entwicklungsschritte, von meinem ersten Arbeitsjahr 1987 bis heute, hat in der Berufswelt, die ich mitbekommen habe, unterm Strich Arbeitsplätze gekostet. Das mag in anderen Branchen anders sein, ich weiß es, aber für mein Umfeld gilt das, und ich kann es vielleicht in Bezug auf AI auch ein wenig beruhigend finden. Wir finden schon eine neue Beschäftigung, wenn eine alte Beschäftigung wegfällt, wir haben immer eine gefunden, auch nach der langen, langen Phase mit Lochen, Heften und Ablegen damals. Es kann kein Zweifel an unserer Fähigkeit bestehen, uns zu beschäftigen, wenn ich die letzten Jahrzehnte dabei für beweisfähig halten möchte.

Sind sie noch beweisfähig, oder müssen wir mittlerweile auch daran zweifeln? Da vielleicht auch mal drüber nachdenken.

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Freizeitarbeit

Montag, der 11.6. Ich habe am Sonntag noch einmal erneut festgestellt, dass die genau richtige Arbeit mindestens so entspannend wie alles Freizeitmäßige ist, also für mich jedenfalls. Die genau richtige Arbeit, die sich nicht nach Druck und Termin anfühlt, zu der man eine gewisse Neigung hat und für die man im exakt richtigen Umfang etwas Mühe und ruhige Zeit aufwenden muss. Sie ist allerdings verdammt schwer zu finden und nur selten im rechten Moment zur Hand. Das habe ich nicht so gut hinbekommen, wenn ich an mein Berufsleben denke. Aber so besinnlich ein wenig an einem Werk herumklicken oder tippen – schon schön jedenfalls, wenn es der Stimmung dienlich ist. Ich stelle mir vor, dass andere das dauerhaft und oft so erleben, das muss ausgesprochen nett sein, ich bin da womöglich etwas neidisch. Bilder von japanischen Schriftkünstlern im Kopf, die aufreizend langsam einen Pinsel bewegen, dabei in sich ruhend und zufrieden aussehen – so etwas. Nach ein paar Tagen wäre es mir allerdings wieder nicht aufregend genug, stelle ich mir vor. Irgendwas ist eben immer.

Die Woche beginnt mit einem Hautarzttermin am Morgen. Dies ist also wieder ein betont influencender Hinweis auf die üblichen Vorsorgetermine, fühlen Sie sich angesprochen und nachdrücklich geschubst. In den Niederlanden, haben Sie die Meldungen auch gelesen, stellen Sie jetzt Sonnencremespender auf, für die kostenlose Versorgung mit dem Zeug etwa in Parks und Grundschulen. Ein dezentes Nebenbeizeitzeichen, eine Mahnung auch. Sie werden es dort sicher gründlich durchgerechnet haben, das nämlich ist der gruselige Aspekt dieser Nachricht. Die Hautärztin stellt erfreut fest, dass ich kein Sonnenanbeter bin und wir würdigen gemeinsam die Vorteile der klassischen Herrenmode: Man trägt lang. „Das sollten Sie mal missionieren“, sagt sie, aber was soll man noch alles machen. Ein knapper Absatz muss in diesem Sinne erst einmal reichen.

Beim morgendlichen Brötchenholen an einem Kiosk in Hammerbrook fällt mir etwas auf, das sich längst eingeschlichen hat, aber hier noch einmal festgestellt werden soll. Der Verkäufer fragt mich nämlich: „Was kann ich für dich tun, mein Lieber?“ Und dieses angehängte „Mein Lieber“, das eine lustige Entsprechung zu derartigen Anredeformen in Nordengland und Schottland ist, wo ich sie auch vor langer Zeit zum ersten Mal überhaupt wahrgenommen habe, dieses „Mein Lieber“ es wäre noch vor ein paar Jahren vollkommen undenkbar gewesen. Einen wildfremden Kunden und dann noch von Mann zu Mann mit „Mein Lieber“ anreden, was für ein überaus grotesker Gedanke. Es hat sich mittlerweile hier normalisiert, es ist gekommen, um zu bleiben, und ich finde es ausgesprochen nett. Es hat etwas Entspanntes, Deeskaliertes, Verbindliches, es gefällt mir. „Hier, dein Franzbrötchen, mein Lieber.“

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Ich habe ansonsten noch angefangen, die Filmchen von dieser Konferenz in Berlin da anzusehen, auch wenn mich von den Titeln her nicht so viele ansprechen, was sicher nur an mir liegt. Tante über AI habe ich aber doch interessant gefunden. Er spricht da auch über T.I.N.A. („there is no alternative“ als Mittel der Rhetorik und PR) – das ruhig auch mal im eigenen beruflichen Kontext beobachten. Es ist eine in Konzernen und größeren Firmen ungemein beliebte Strategie der Argumentation.

Bemerkenswert ist aber sicher auch seine Spitze gegen Sascha Lobo, was für eine Verschiebung in der Wertung, in der Szene.

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Mit Smoking im Dschungel

Sonntag, der 11.6., offensichtlich bleibe ich hier halbwegs zuverlässig etwa eine Woche hinter dem Tagesgeschehen. Das wird mir bei Ereignissen aus den Nachrichten ab und zu die Gelegenheit geben, wahnsinnig reflektiert zu wirken, immer überall die Vorteile sehen. Aber, und das jetzt im Ernst, weil ich an ungefähr sieben Blogtexten gleichzeitig schreibe, die alle erst nach und nach fertig werden, ist meine Gegenwart ein wenig breiter geworden, falls mir da noch jemand folgen kann, ein wenig gedehnter und wahrnehmbarer. Slow Blogging als Lebenshilfe, jedem seine Methode.

Am Sonnabendabend habe ich noch Somerset Maugham gelesen, Kurzgeschichten. Da kam wieder einer der Figuren vor, die er öfter in dieser Art beschreibt, ein Kolonialbeamter, der irgendwo in dschungelähnlicher Umgebung fernab der Heimat sitzt und sich dennoch jeden Tag stoisch zum Abendessen umzieht, mit weißem Smoking, Lackschuhen etc., das volle Programm. Nirgendwo Menschen aus seiner Schicht, Bezugsgruppe oder Peer Group, die das zur Kenntnis nehmen und würdigen könnten. Davon abgesehen, dass man heute selbstverständlich beim Lesen mehr und mehr das Fatale, das Leid und das unfassbare Unrecht der Kolonialgeschichte mitdenkt, was ich als jüngerer Mensch ziemlich sicher nicht einmal annähernd getan habe, gibt es da noch eine weitere Deutungsverschiebung beim zweiten Lesen bei mir. Denn früher, ich nehme an, ich habe das mit etwa Zwanzig zum ersten Mal gelesen, habe ich Figuren wie diese des Beamten im Smoking im Dschungel nur milde irre und grotesk gefunden, heute sehe ich, wie nahe ich an diesen Menschen bin. Ich meine, wer im Anzug im Home-Office sitzt, ohne einen einzigen Video-Call im Kalender zu haben, der sollte vielleicht etwas Verständnis für solche alltagskulturellen Marotten haben, sollte er nicht?

Aber noch einmal kurz zurück zum ersten Lesen und zum Kolonialismus. Man kann sich rückblickend schon wundern, und ich schreibe „man“, weil ich glaube, dass ich es tatsächlich verallgemeinern kann, wie sehr wir auf die Sichtweise der Briten in solchen Büchern eingestiegen sind. Wenn man sich mit Kolonialismus auch nur flüchtig beschäftigt hat, gibt es kein Zurück zu dieser Art des Lesens, bei der man das Unrecht nonchalant überblättert, was gewisse Kreise jetzt wieder wild und woke finden werden. Egal.

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Wir haben den Igel im Garten rascheln gehört und dann auch noch gesehen, er ist deutlich fetter als im letzten Jahr, es fällt sofort auf. „Vielleicht ist das so, weil er ein anderer ist“, sagt die Herzdame in all ihrer so ungemein lebenstauglichen Klugheit, und es ist ein Satz, den ich zur Wiedervorlage empfehle, wenn man doch einmal wieder etwas zugenommen hat – vielleicht ja, weil man ein anderer ist.

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In der Luft nun die Flusen der Pappelwolle, der Sommerschnee, die Pflanzenflocken. Jedes Spinnennetz fällt in dieser Zeit auf, weil es weiß verklebt ist und seltsam ausfranst, zuckerwattenmäßige Fetzen wehen aus den sonst so strengen Formen. Ganze Brückengeländer sehen aus, als seien sie mit zerrissener Spitze unbeholfen von Gespenstergesindel dekoriert worden. Ich stelle es mir für die Spinnen sehr nervtötend vor, man webt da einzigartig klare Kunstwerke, filigran und mit Sorgfalt und Geschmack durchkonstruiert, und nur Minuten später werfen die Pflanzen lumpiges Zeug dort hinein, und wie viel davon. Für die Beuteinsekten wiederum ist es sicher nett, denn unauffällig sind die Netze der Jägerinnen in diesen Wochen nicht, eher im Gegenteil.

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Das Wochenende war insgesamt nicht ohne jeden Charme, stelle ich am Sonntagabend zögerlich lobend fest. Das mal so verstetigen! Na, was man sich so vornimmt.

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Währenddessen in den Blogs, Ausgabe 18.6.2023

Neues aus dem Fachblog für Bewölkung.

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Jochen hat die KI getestet, die ich neulich im Blog erwähnt habe und von der ich ihm erzählt habe, jene Variante, die auf emotionale Intelligenz hin gebaut wurde. Ich denke, er war einigermaßen beeindruckt.

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Frau Ziefle schreibt wieder, guck an. Und gleich mit Explosivstoffen.

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Weitere E-Auto-Lade-Erfahrungen.

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Zeitgemäße Geburtstagswünsche, passend dazu eine Dschungelmeldung. Wir haben das Glück, das bei uns im Garten schon Bäume standen, was in Schrebergärten eher nicht so vorgesehen ist, aber Birke, Weißdorn und Weide waren schon da, auch die alten drei Apfelbäume und die Sauerkirsche, und alle sorgen sie für Schatten. Die von uns gepflanzten Bäume fangen allmählich an, uns zu überragen und sich vor die Sonne zu schieben, so war es auch gedacht. Apropos überragen, wussten Sie, wie groß Mohn werden kann? Haben Sie schon einmal einer Mohnblüte von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden, ohne sich zu bücken? Das war eine neue Erfahrung für mich. Diese Höhe auf diesem dünnen Stängel, eigentlich kaum vorstellbar. Die Blume hat sich aber auch in aller Dezenz ein klein wenig an einen benachbarten Schneeball angelehnt. Wer so hoch hinauswill, der braucht etwas Support.

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Nebenbei fragen wir ins, ob Firmen jetzt Katastrophenschutzpläne brauchen. Natürlich kann man sich da leicht täuschen, aber das Naheliegendste im Moment scheint mir eine Hitzewelle zu sein, bei der ich dann vor dem Problem stehe, dass sowohl das Home-Office als auch das Office-Office zu heiß sind, letzteres vielleicht zwei, drei Grad kühler, aber mir immer noch zu warm. Das ist nicht einfach, das mit den Plänen.

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Die Kaltmamsell mit dem alltagstauglichen Tipp: Listen statt Kaufen. Wende ich auch so an, funktioniert. Wobei ich das Befüllen eines Wunschzettels auch für eine Tätigkeit mit Dopaminbelohnung halte. Am nächsten Tag alles wieder von der Liste schmeißen, keinen Schaden angerichtet. Man muss sich seine Auswege suchen, ne.

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Herr Rau, eine Instanz, wenn es um das Erzählen in der Literatur geht, erzählt uns was über die Erzählinstanz.

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Der Kaffeehaussitzer bloggt auch schon zehn Jahre.

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Beste Verpflegung im Garten der Buddenbohms

Sonnabend, der 10.6. Ein Sohn hat den Garten am Abend mit seinen Freunden genutzt, es ist jetzt das Alter, in dem man Party-Locations sucht. Die Herzdame hat ein bemerkenswertes Foto der Szene gemacht, bevor sie dort nicht weiter gestört und die Bühne verlassen hat. Zumindest auf dem Smartphone sieht das Bild aus, als sei es aus einem Fotobuch, aus einem Coffeetablebook über das Nachtleben in Schrebergärten vielleicht.

Eine Hollywoodschaukel im dunklen Garten, davor ein großer Monitor und Gaming-Zubehör

Am Nachmittag des nächsten Tages, nach dem die Jugend alles wieder aufgeräumt und verstaut hat, sitze ich tippend in der Laube. Die Herzdame liegt wieder in der Hollywoodschaukel, es ist gerade unser bevorzugtes Arrangement für ein, zwei gelungene, ruhige Stunden. Zwischen uns steht die Magnolie, die seltsamerweise in diesem Jahr viel dichter belaubt ist als sonst, üppiger grün, vielleicht mag sie Trockenheit. In der Magnolie hängt ein Drahtkorb für Meisenbälle, einer ist noch darin. Aus dem Magnolienlaub kommen zwei Ärmchen und strecken sich nach unten. Das Eichhörnchen turnt mit dem Kopf nach unten zum Ball. Es sieht prüfend erst kurz nach rechts zur Herzdame und dann nach durch die offene Tür zu mir in die Laube, dann fängt es unbeirrt an zu fressen. Es knabbert mit großer Hingabe und in aller Ruhe. Der Meisenknödel geht dabei weg wie nix, beste Verpflegung wieder im Garten der Buddenbohms. Die ganze Zeit hängt das Tier dabei mit dem Kopf nach unten, in einer Haltung, in der Sie und ich eher nicht entspannt essen würden, nehme ich an. Nicht einmal meinem Lieblingsgericht würde ich mich freiwillig so nähern. Aber was ist überhaupt mein Lieblingsgericht. Egal, das führt zu weit.

Das Tier streckt sich jedenfalls dabei immer weiter, wie es sich streckt! Ich kann gar nicht in Ruhe weiterschreiben, ich muss die ganze Zeit dahin sehen. Es hat bereits etwa doppelte Eichhörnchenlänge in dieser Haltung, wenn nicht schon mehr, es sieht mindestens wieselhaft gedehnt aus. Wie weit sind denn diese Tiere ausfahrbar, das sieht man ihnen überhaupt nicht an, wenn sie zusammengekauert auf einem Ast sitzen. Eine Meise fliegt an, setzt sich auf einen Pfahl vor dem Baum und guckt indigniert. „Meisenball“, wird sie denken, „da sagt doch der Name schon alles! Mei-sen-ball!“ Wütendes Zwitschern, jede Silbe betont der Vogel. Das Eichhörnchen ignoriert das allerdings routiniert, es ist mit bösen Meisenblicken durchaus nicht zu beeindrucken. Es frisst in großer Ruhe erst einmal alles auf. Dann turnt es gemächlich und mit sichtlich vollem Bauch am Stamm der Magnolie hinunter ins Gras und kümmert sich auch noch um die heruntergefallenen Krümel. Aufräumen nach dem Essen, das gilt hier nicht nur für unsere Söhne, das gilt auch für andere Gartengäste. Allerdings wirkt das Eichhörnchen dabei deutlich bemühter als so manch anderer, wie ich als Freund der gepflegten Haushaltung sehe.

Dann hüpft es über den Rasen in Richtung Weide. Es kommt dicht am bloßen Fuß der Herzdame vorbei, der über dem grüngelben Gras schlenkert, es würdigt sie aber keines Blickes. Es ist wohl okay, dass wir da sind, aber mit uns reden muss es nun auch nicht, bloß nichts übertreiben. „Schönen Abend noch“, sage ich, und es dreht sich immerhin kurz um zu mir. Und das ist schon viel in diesen Kreisen.

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Ohne Segel, kein Hafen

Freitag, der 9.6. Ich beschäftige mich bei einem Projekt mit einer bibliothekarischen Aufgabe, es geht um die Klassifikation von Mediendateien. Es kommen Schiffe vor, sie haben Merkmale und Namen oder nicht, sie liegen im Hafen oder nicht, es ist Sturm oder nicht, es muss alles irgendwie erfasst werden. Nachdenken über Schlagwörter und Strukturen und Ordner und Ablagen, es ist wie Aufräumen, und ich mag Aufräumen. Sehr sogar. „Ohne Segel, kein Hafen“, das steht als Angabe unter einem Bild, es ist ein Sortierversuch. Wie traurig das klingt. Dabei kann man sich sofort muntere Bilder vorstellen, Sommerreisebilder etwa, auf denen Schiffe ohne Segel sind, die in keinem Hafen liegen. Aber wenn man nur das Negative hervorhebt, das Fehlen von etwas, wird des gleich melancholisch, ohne Segel, kein Hafen, so sad. Irgendwo in der Flaute herumdümpeln, danach klingt es. Joseph Conrad hätte so etwas glatt für ein, zwei Kapitel gereicht.

Es ist der erste Tag, an dem unsere Wohnung heiß ist, nicht nur einfach warm. Ich merke es bei der Arbeit am Schreibtisch, das Gefühl schleicht sich an und wird dann auf einmal bewusst: Es ist viel zu warm hier drin. Spontan alles von sich werfen wollen, den Ventilator im Keller suchen, die Fenster schließen, die Jalousien runterziehen, auch die Vorhänge zumachen. Alles lange nicht mehr gemacht. Es ist Juni, es passt, es wird nur jedes Jahr etwas schlimmer. Ich habe schon wieder vergessen oder verdrängt, wie anstrengend ich Hitze finde, ich werde mich erst neu daran gewöhnen müssen. Den Tagesablauf umstellen, mittags nicht mehr rausgehen und so weiter, die Bewegung in die anderen Stunden verschieben. Noch früher aufstehen oder doch einmal länger aufbleiben, irgendwas mit den Rändern des Tages machen, mit den Zonen der etwas frischeren Luft in der Stadt.

Für heute aber ergebe ich mich der plötzlichen Schwäche, und gerne sogar. Siesta, fordert der Körper nachdrücklich, dem gebe ich nach und schlafe in dem Moment ein, in dem ich das Bett berühre. Es ist viel zu warm auf dem Bett, es macht nichts. Auf den winzigen Lufthauch im Raum achten, denn den gibt es immer, man muss ihn nur wahrnehmen. Schön ist das.

Ein Sohn kommt am frühen Abend aus seinem Zimmer, er sieht aus wie nach dem Sport, er hat da aber nur vor seinem PC gesessen. „Es geht wieder los“, sagt er und „Ja“, sage ich, „das habe ich auch gemerkt. Im Kühlschrank ist noch Eis.“

Das beste Wetter ist dann, wenn ich in einem Anzug weder friere noch schwitze, wenn ich auch nicht nass werde und nicht wegwehe. Dieses Wetter ist ausgesprochen selten. Ohne Regen, kein Wind.

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